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gegen den Willen und die Einsicht ihrer lichen Führer, in die Leitung des von vorn- herein zum Zusammenbruch verurteilten R ä t e e x p e r i m e n t e s hineingetrieben mur- d e n? Damals war Karl Liebknecht ebenso tot wie Rosa Luxemburg und Leo Iogiches— der lebende Erbe aber dreier toter Führer war Dr. Paul Levi! Dr. Paul Levi übernahm die Erbschaft nicht ohne die intimste Kenntnis der nun offen von ihm zu verwaltenden Erbschaftsmasse. Er war es, der unmittelbar vor der Revo- lution jene verkommenen Gewalthaufen zu schaffen begonnen hatte, die als„Roter Soldaten- bund" nach seinem' eigenen späteren Eingeständnis bis zu 60 Pro z. von Lockspitzeln durchsetzt waren. Karl Liebknecht saß im Zuchthaus, Rosa Luxemburg im Gefängnis, Leo Iogiches in Schutzhaft, als Paul Levi gegendenein- mütigen Willen aller revolutionären Grup- Pen seinen berüchtigten Aufruf zur Massen- desertion an die Front versandte, in welchem den Herren Deserteuren angekündigt wurde, in der Heimat„würde für sie gesorgt". Nur die Zusammenfassung und Finanzie- rung seiner Lumpengarde hat das Abgleiten der Revolution in den bewaffneten Kampf der Arbeiter widereinander und die kapitalistische Restauration ermöglicht. Was bezweckt dieser Mann mit seinen plötzlichen Ent- deckungen? Er wittert das Kommen der„r e i n s o z i a l i st i- s ch e n Re g i e r u n g"— und wünscht dabei zu sein. Es ist nicht unseres Amtes, den parlamentarischen Arbeiterparteien Ratschläge zu erteilen. Langjährige Führer der deutschen Ar- beiterbewegung in diesen Parteien werden selber wissen, wie sie einen Menschen vom Schlage des Dr. Paul Levi zu werten haben. Hamburg , den 3. Juni 1921. Heinrich Laufenberg . Fritz W o l s f h e i m.
Der§all Nissen. Der Hauptredner der Skagerack -Feier, Oberbootsmanns- maat N i s s e n, ist am gestrigen Tage im Polizeipräsidium ver- Nammen worden. Er bestreitet entschieden, die in dem Versammlungsbericht der„Freiheit" wiedergegebenen Aeuße- rungen getan zu babest und beruft sich dabei auf das Zeug- nis verschiedener Teilnehmer bzw. Mitglieder des Vorstandes der� Versammlung. Diese stehen Nissen natürlich restlos bei. Aus der anderen Seite ist der Lokalberichterstatter der„Frei- heit",.K o h l e r, vernommen worden, der der Feier in der Singakade.'ne beiwohnte und von dem der Bericht im unab- hängigen Zentralorgan stand. Kohler versichert demgegenüber, daß er alle von ihni mitgeteilten Aeußerungen Nissen und der anderen Redner des Abends nicht nur gehört, sondern auch m i.t 9: e n o g r a p h i e r t habe. Auf die entlastenden Aussagen der von Nissen angeführten Zeugen, die selbstverständlich lauter Gesinnungs - genossen von ihm sind, unter anderem ein Major a. D., geben in i r gar nichts. Wir wissen aus Erfahrung, wie die Offiziere der alten Regimes, aus denen der Deutsche Offiziers- bund zusammengesetzt ist, zu schwindeln imstande sind, wenn es der„guten Sache" dienlich sein kann. Eine Krähe hackt be- kanntlich der anderen die Augen nicht aus. Auch berührt es eigenartig, daß kein einziges rechtsstehendes Blatt nach dem Erscheinen des Berichtes der„Freiheit" irgendeine Entgeg- nuna� sei es von Nissen, sei e's von einem anderen Veranstalter des Skagerack-Abends veröffentlicht hat, obgleich die betreffen- d-n Herren, wenn sie sich unschuldig fühlten, das größte Jnter- esse und logar die P f l i ch t gehabt hätten, von den ungeheuer- lichen Aussprüchen, die ihnen angeblich in den Mund gelegt worden sind, sofort und entschieden abzurücken. Auf das Leug- neu sind die Herrschaften offenbar erst gekommen, als die Ge- schichte brenzlsch zu werden anfing. Indessen ist, so wie die Dinge liegen, die ganze Angelegen- heit vom Polizeipräsidium pflichtgemäß der Staats- a n w altschaft übergeben worden. Wie wir hören,
wird von dieser die Hoch verratsanklage erhoben, da- mit der Tatbestand in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung klargestellt wird. Der Fall Nissen wird demnächst vor das außerordentliche Gericht des Landgerichts I in Ber- lin kommen, das das Urteil zu fällen haben wird.
Bismarck bleibt verboten!
In der Klagesache des Verlages Cotta gegen den ehe- maligen Kaiser Wilhelm wegen Aufhebung seines Ein- spruches gegen die Herausgabe des dntten Bandes von Bis- marcks„Gedanken und Erinnerungen " wurde heute vom 10. Zivilsenat des Kammergerichts die Entscheid u n g gefällt, nachdem vor kurzem die mündliche Verhandlung voraus- gegangen war. Bekanntlich hatte das Landgericht I dem Ein- ipruch des Kaisers gegen die Veröffentlichung des dritten Bandes stattgegeben. Hiergegen hatte der Verlag Cotta als Kläger die Entscheidung des Kammergerichts angerufen. "Das heute vom Senatspräsidenten Dr. Queck verkündete Urteil lautet: Auf die Berufung der Klägerin s'Serlag Totta) wird das Urieil der 4. Zivilkammer vorn 3. Dezember 1920 dahin abgeändert: Es wird versiigk, daß die Klägerin berechtigt ist, die Briefe des Beklagten an den Fürsten Bismarck vom 14. lluli 1889 und die Briese des Kronprinzen Friedrich Wilhelm , des späteren Kaisers Friedrich III. , an den Fürsten Bismarck vom 17. August 1881 und vom 28. September 1886 als Bestaudleile des Werkes zu oerösfentlichen und gewerbsmäßig zu verbreiten. Die weitere Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten werden unter den Parteien gegenseitig aufgewogen. Im übrigen bleibt das Verbot bestehen. Bei den freigegebenen Briefen handelt es sich um den zweiten Stadtmissionsbrief des früheren Kaisers Wilhelm, dann um den Brief des Kaisers Friedrich, mit dem der Band beginnt, und um den Brief Des Kaisers Friedrich, der sich mit der Erhebung Badens zum Königreich beschäftigt. Der Kern des Urteils ist also die Aufrechterhal- t u n g des bisherigen Verbotes. Während das Ausland — insbesondere Holland und Amerika — durch ausführliche Auszüge aus Bismarcks Werk längst genaue Kenntnis seines Inhalts erworben haben, gilt in Deutschland der Wunsch des fahnenflüchtigen Exmonarchen als maßgebend, und Deutsch- land muh zum Gespött des Auslandes seine Informationen über Bismarcks Gedanken sich aus fremden Sprachen ins Deutsche zurückübersetzen! Hierbei ist besonders charakteristisch, daß das Verbot der Veröffentlichung von Bismarcks Erinne- ningen von einem Richterkollegium ausgesprochen wird, das sicher der ehrlichen Ueberzeugung ist, daß nur die mangelnde Kenntnis bismärckifcher Staatskunst uns in den„Fluch der Revolution" gestürzt habe!— Das schwächliche Kompromiß, das den Abdruck einiger Briefe freigibt, ändert nichts an der Tatsache, daß Wilhelm von Doorn als Sieger aus dem Prozeß hervorgegangen ist. Rechtliche, politische und künst- lerische Erwägungen hätte nzu einem entgegengesetzten Urteil führen müssen, das der politischen Einsicht ein besseres Zeug- nis ausgestellt hätte._
die ein so erdrückendes Material beibrachten, daß dessen Verlesung bzw. Berücksichtigung bei der Verhandlung vollauf genügt hätte, um die Richtigkeit der seinerzeit von Lehmann in dem genannten Artikel ausgesprochenen Behauptung über die Etappen- offiziere zu bekräftigen. Das Gericht lehnte jedoch die Beweisanträge als belanglos ab! Der Staatsanwalt beantragte 300 M. Geldstrafe. Der Vertreter des Nebenklägers be- antragte eine exemplarische Gefängnis st rase. Das Gericht erkannte auf 1000 M. Geldstrafe. Gegen das Urteil ist sofort B e- r u f u n g eingelegt worden.
parlamentskretim'smus. Die kommunistischen Abgeordneten, die vor den Wahlen parla- mentarisch und nach den Wahlen antiparlamentarisch sind, benutzen
die Tribüne des Reichstags, um auch von ihr aus den„proleta- rischen Klassenkampf" nicht nur gegen die bürgerliche Gesellschaft, sondern in erster Linie gegen die nicht kommunistischen Arbeiter- Parteien zu führen. Von der katastrophalen Wirkung der dreistün- digen Rede des gefürchteten Herrn H ö l l e i n auf seine näheren und weiteren Kollegen hatten wir bereits berichtet. Als nun Höllein im besten Zuge war und vor völlig geleertem Hause zwei Stunden gesprochen hatte, wurde ihm von einem Parteifreunde ein Zettel mit folgendem klassischen Inhalt heraufgereicht: Du mußt mal sagen: Ich komme zum Schluß! damit der klingelt. Und dann weiter reden! Wenn sie alle hereinkommen, Zur Erklärung dieses köstlichen Sprüchleins sei bemerkt, daß der Präsident des Reichstages gegen Schluß besonders langer Reden zur Informierung des Hauses das Klingelzeichen gibt. Aber die freund- schaftlichs Mahnung nützte nichts. Ob Höllein die Drohung aus- sprach, er komme zum Schluß oder nicht, wissen wir nicht: feststeht, daß der Präsident ihm nicht den Gefallen tat, die geflüchteten Ab- geordneten herbeizuholen, und daß Höllein seine Dreistundenrede un- gestört zu Ende halten konnte.
Das beleiöigte Gstizierkorps.
Frankfurt a. O„ 4. Juni.(Eigener Drahtbericht des„Vorm.") Heute vormittag 10 Uhr fand vor dem Schöffengericht die Verhand- lung gegen den Lokalredakteur des„Frankfurter Volksfreund". Ge- nossen Kurt Lehmann, statt, der unter Anklage stand, das Offizierskorps in seiner Gesamtheit durch einen am 9. No- vember v. I. im lokalen Teil des„Volksfreund" erschienenen Artikel beleidigt zu haben. Lehmann hatte in dem betreffenden Artikel von einer schlemmenden und prassenden Ossiziersmeute hinter der Front „weitab von dem Schreckensschrei der Front" berichtet. Obwohl nur Etappenoffiziere gemeint waren, hat trotzdem der Deutsche Offlziersbund Strafantrag bei der Staatsanwalt- schast gestellt. Der Staatsanwalt ist dem Offiziersbund zu Willen gewesen. Als Nebenkläger trat u. a. ein General v o n H u t i e r auf. Infolge eines durch die sozialdemokratische Presse gegangenen Aufrufs nach Zeugen hatten sich zirka 1S00 Personen gemeldet,
Elberfeld . 4. Juni. (Eigener Drahtbericht des„Vorwärts".) Vor dem außerordentlichen Gericht hatten sich gestern einige Teil- nehmer an dem Bankraub in M e t t m a n n am 2. Osterfeiertage zu oerantworten. Es handelt sich um den Roller Woche, den Fliesenleger Schmidt und den Kohlenarbeiter Mahl, sämtlich aus Düsseldorf . Alle drei sind Mitglieder der Kommunisti - schen Partei. Aus den Verhältnissen der Angeklagten ist besonders bemerkenswert, daß der Angeklagte Woche es im Kriege vom ge- meinen Mann bis zum Vizefeldwebel gebracht hat, und, wie sein Verteidiger ausführte, ihm die Disziplin noch so in den Knochen saß, daß er den Befehlen seiner Partei blindlings Folge leistete! Der Bankraub ist mit militärischem Schneid ausgeführt worden. Der Angeklagte Schmidt stand trotz seiner 2S Lebens- jähre schon mehrmals vor Gericht und ist. bereits mit Gefängnis und Zuchthaus in Höhe von etwa 10 Iahren vorbestraft. Drei Jahre Zuchthaus hat er noch wegen schweren Diebstahls zu verbüßen. Es handelte sich bei ihm natürlich nicht um politische, sondern restlos um schwere Eigentumsvergehen. Von ihm behauptet der Ver- teidiger, daß er aus l a u t e r en und ernsthaften Motiven heraus gehandelt habe, da er„ehrlich bestrebt gewesen sei, an der Umgestaltung der politischen und wirtschastsichen Verhältnisse im Sinne der Kommunistischen Partei mitzuarbeiten." Wie diese Mit- arbeit aber in Wirklichkeit aussah, darüber ergab die Verhandlung ein eigentümliches Bild. Schmidt ist beobachtet worden, daß er bei dem Bankraub etwa 100 000 Mk. in die eigene Tasche gesteckt hat. Er ist dann in die Wohnungen der Polizeibeamten von Mettmann eingedrungen, die ihm von einer früheren Straftat her bekannt und verhaßt waren: ihre Angehörigen bedrohte er mit dem Revolver. Nach dem Raub von über 487 000 Mk. wurden die Angehörigen der„Roten Armee" gelöhnt. Verheiratete bekamen 200 Mk., Unverheiratete 100 Mk. Löhnung. Mit dem Rest ist ein gewisser I a e ck e l in Begleitung des Mahl nach Düsseldorf
El
Staatstheatee.
„Stroh* von Hans I o h st.—„Die Fliege" von ß e o n■ hard S ch r i ck e l.
Hans Iahst, einer unserer jüngeren Autoren, dessen eigenartig bizarres Grabbe-Drama und expressionistisch stilisiertes Werk„Der junge Mensch" früher über Berliner Bühnen gingen, zeigt sich in diesem neuen Stück von völlig anderer Seite. Seine in drei kurze Szenenbildcr gegliederte„Bauernkomödie" ist ein interessanter An- satz zu aktueller kecker Zeitsatire, leuchtet grell und schneidend ins moderne Schiebertum, wie es uns dos moralische„Stahlbad" des großen Krieges als glorreiche Erbschaft hinterlassen. Er nimmt in seiner Schilderung des Treibens habsüchtig verlogener Lumperei, das überall in allen Klassen wuchert, speziell die wackere, seit altersher ob ihrer Steuerscheu berufene Landwirtschaft aufs Korn, die in dem Kriege und dann später durch systematische Umgehung der Gesetze die Not des Volkes rentabel für sich ausmünzt. Die Solidarität spitzbübischer Praktiker, die gegen jede staatliche Kontrolle und For- dcrung eine geschlossene Phalanx bilden, wird in markanten, bei aller Kraßheit im wesentlichen doch nicht übertriebenen Zügen dar- gestellt. Im Haus des Müllerbauern wie auch sonst im Dorf herrscht trotz des Krieges eine innere Vergnügiheit, di» sich hinter dem üb- lichen Lamentieren über schwere Zeiten mühsam nur verbirgt. Hauptsache ist, die Summen, die man in sicherem Unterschlupf aus- gehäuft hat, wachsen unaufhörlich. Das Korn, das abgeliefert wer- den sollte, liegt wohl geborgen vor dem Auge des Gesetzes unter den Strohhaufen der Scheunen. Indes bei Angabe der Ernte hat jeder einzelne so stark gemogelt, daß die Behörde stutzig wurde und In- spektion in Aussicht stellte. Mit ernster Amtsmiene macht der Ge- meindevorsteher dem Müllerbauern Mitteilung von dem Schreiben. Er solle sich noch einmal überlegen, ob er nicht ein bißchen gor zu wenig angegeben habe und die Zahlen rechtzeitig revidieren wolle. Ein Ansinnen, das ungeheuere Entrüstung weckt. Wie kann man so was von ihm glauben? Und außerdem, warum soll gerade er der Dumme sein, der nun herausrückt? Die andern und der Vor- steher selber hätten es doch genau so gemacht. Mögen die Stadt- Herren nur kommen, sie werden nichts entdecken! Des Vorstehers offiziöse Hoheit schmilzt, so abgeblitzt, zu verständnisinnig schmun- ecladcm Wohlwollen. Es wird auch so schon gehen! Man wird doch nicht sein wohlverdiente? Eigentum sich mir nichts dm nichts aus den Händen winden lassen! Ein Schnaps hift der Erneuerung genossenschaftlichen Sinnes nach� Im zweiten Bild ficht man d>e Bauern des Gemeindevorstondes, wie sie nach der Beratung beim Glase Bier sich über die angesagte Untersuchung lustig machen. In dem Gemälde dieser hartgesottenen
Unvernunft, die, wenn's ihr in den Kram paßt, jederzeit bereit ist, darauf zu schwören,' daß zweimal zwei gleich fünf sei, liegt viel treffende Beobachtung. Aber die Umsetzung satirischer Zustands- schilierung in Handlung kommt nicht in gleich prägnanter Weise heraus. Iohst läßt die wohlhäbigen Gauner von zwei zerlumpten Landstreichern noch übergaunert werden, was jenen ja vollauf zu gönnen ist. Doch bringt's die Prellerei bei ihren etwas kompliziert- unübersichtlichen Voraussetzungen zu keiner rechten Schlagkraft auf der Bühne. Es fehlt das überraschend Epigrammattsche. Die Darstellung schloß sich dem derb-naturalistischen, dem Schau- spielhause bisher ganz fremden Stile, den das Stück verlangt, mit überraschend glücklichem Gelingen an. Herr Pohl war der Müller- bauer, von den anderen wäre besonders Mannstädts Vorsteher, der junge Landstreicher Heinrich Wille? und Martin Wolf- gang als dessen älterer frömmelnd alkoholischer Kollege zu nennen. Den Abschluß bildete ein Posseneinakter von Echrickel, in dem Ernst Legal höchst amüsant-phantastisch nach Heinescher Simpli- zissimus-Art die Pedanterien, den trockenen Starrsinn und die orro- gante Selbstgerechtigkeit eines juristischen Würdenträgers karikierte. Eine in dem bestellten Bierseidel gefundene Fliege bildet den Aus- gangspunkt hochnotpeinlicher Rekriminationen, in deren weiterem Verlauf der Herr sich selber eine kompromittierende Abfuhr holt. Die famose schauspielerische Bravourleistung rief große Heiterkeit hervor. dt.
„Woderner Dustverkehr in Wort. Film und Bild" war der Titel des Vortrogs, den Ingenieur Theo Rockenfeller in der Urania hielt. Besonders eingehend sprach der Redner über die Veränderungen und Verbesserungen auf dem Gebiete der Personen- und Postbeförderung. Die Fluggästc der Gebrüder Wright sahen neben dem Führer und hatten.mngenehmerweise" den Motor im Genick. Es wurde Bilder von den ersten Opfern der Flugtechnik ge- zeigt, und Zeitungsnotizen aus den Jahren 1910, 1911 und 1912 vor- gelesen. Dabei mutete es eigentümlich an, wenn in ihnen von einem glänzenden Flug berichtet wird, der 1 Min. 42�» Sek. dauerte. Unter den vielen neuzeitlichen Moschinen fiel ein aus Blech gebauter Junker- typ auf, der in Amerika viel verwendet wird. Ungeheuer waren die Anforderungen, die während des Krieges an unsere Wasserflug - zeuge gestellt wurden. Als man 1919 aus einigen uns zum Per- sonenverkehr verbleibenden Flugzeugen die Maschinengewehre her- ausriß und Kabinen einbaute, mußten die Fahrgäste sich noch mit dicker Fliegerklcidung schützend umgeben. 1921 aber wurden Pelz- stiefel überflüssig, der Passagier kann an Kleidung tragen, was ihm beliebt, und in den prächtig eingerichteten Kabinen ist dos Rauchen nicht bloß gestattet, sondern direkt erbeten. Als bedeutsame Neu- erscheinung sind auch die Sportflugzeuge anzusprechen, die mit Seich- tigkeit nach dem Flugplatz zu transportieren sind und, was von großem Vorteil ist, in einer Viertelstunde im mitgebrachten Zelt verpackt werden können.'Von dem wirklichen Stand des heutigen Luftverkehrs haben nur wenige eine Ahnung. Ereignet sich der geringfügigste Unfall, so liest davon jeder in der Zeitung, von den
wirklichen Leistungen ober hört man selten etwas. Es wurden Entfernungen von Verkehrsflugzeugen zurückgelegt, die der Strecke KX> mal um die Erde gleichkommen und dabei ereigneten sich soviel Unfälle, daß gerade für 10 Pfg. Heftpflaster verbraucht wurde. Mit einer warmherzigen Aufforderung, der deuffchen Luftschiffahrt während der Zeit des durch die Entente erzwungenen Bauverbots beizustehen, schloß der Redner seinen überaus beifällig aufgenomme». nen Vortrag.
Ein RIefcndenkmal entsteht gegenwärtig in Amerika , zwölf Meilen östlich von Atlanta (Georgia ). Es wird, wie die„Umschau" mitteilt, nach Entwürfen und unter Leitung von Gutzon Vorglum ausgeführt und soll den für die Südstaaten verlorenen Bürger- krieg verewigen. Nicht weniger als 1000 Führer der Südstaalen werden aus einem Granilberge von£00 Meter Läifge und 330 Meter Hohe frei herausgearbeitet. Jede Figur ist 50 Fuß hoch und wird auf 8 Kilometer Entfernung zu erkennen sein. Am Fuß des Berges sind RuKmeshallen, Riesenanlagen und ein künstlicher See geplant. Gegen diese amerikanische„Besiegten-Allee" kann unsere Siegesallee — wie die Berliner sogen— freilich„nicht anstinken". Zsadora Dunran hat ihre Tanzbeine schon öfters in den Dienst der bohen Politik gestellt. Während des Krieges tanzte sie auf de» Straßen Athens , um die Griechen zur Teilnahme am Völker« morden— auf Seite der Entente— zu begeistern. Jetzt glaubt Sowictrußland in den griechischen Tänzen Jfadoras ein Mittel zur bolschewistischen Volkserziehung gefunden zu haben, und der Rat der Bolksbeauflragten bat durch Vermittlung KraisinS die Dame eingeladen, nach Rußland zu kommen, um in Moskau und PeierSburg Tanzschulen einzurichten. Jiadora, die das Land der Griechen mit der Sohle suchte, hat die Einladung angenommen und wird am 1. Juli die Reise nach Rußland antreten. Wie sie einem Interviewer deS„Matin" erklärte, hat sie von Kraffin, den sie als großen Slaatsmann bewundert, auch gar nichts anderes er- wartet. Er wie die anderen Mitglieder der Sowjetregierung hätten sich eben schließlich zu der Erkenntnis durchgerungen, daß eS eine sozialpolitische Notwendigkeit sei, der heranwachsenden Jugend den Tanz zu lehren.„Auf dem Tanz beruht das Leben", erklärt Jfadora Duncan mir Emphase.„Man lebt überhaupt nur. wenn man tanzt." Danach scheinen wir uns gegenwärtig auf der Höhe des Lebens zu befinden, denn nie hat man wohl so intensiv getanzt wie heute.
Erstaufführung der Woche. Sonnabend: Volksbühne:„Die lange Jule." tlrania-Vorträge. Monlag und Dienstag:„DerSiegüberdie Kleidermotte durch Herstellung mottenechter Wolle." Mittwoch und Sonnabend:„Die Insel Rügen.' Donnerstag: .Moderner Luftvertehr." Sonntag und Freitag:„Der H a r z.' Sonntag, den 5., nachm. i'l,, zu kleinen Preisen:„Von der Zugspitze zum Watzmann .' Bernhard Rose , der bekannte Berliner Theaterlciler, bcabsichllgt, wie wir böre», am 1. September leine Dirctlion niederzulegen� Eamillo Hildcbrand, der frühere, langjährige Dirigent des Phil- harmonischen Orchesters, übernimmt vom Herbst ab die Leitung deS Blüthner -OrchesterS.