Nr. 26938.Jahrgang
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Freitag, 10. Juni 1921
Trodenmilchpulver zur Sicherstellung des Milchbedarfs für Herbst und Winter nach.
Dr. Kaufhold( Dnat.) befürwortet den Antrag seiner Frattion. 2,60 M. Erzeugerpreis sei zu hoch, 2,40 m. sei angemessen. Bei 4 m. verdiene Berlin an dem Geschäft täglich 100 000 m. Merten( Dem.) bekämpft mit großer Energie die Vorlage
Der Stadtfämmerer gegen deutschnationale Schwarzmalerei.- Sturmlauf gegen die Preisprüfungsstellen. wegen Ankaufs von Trockenmilch als total verfehlt. AusschußbeDie Stadtverordnetenversammlung hatte die mit ihrem gewaltigen bureaukratischen Apparat nur noch eine ratung der ganzen Milchfrage sei unerläßlich; es dürfe nicht gegestern über die Bürgschaftsleistung für ein Darlehen der Volks- ungeheure Belästigung des Publikums und des Gewerbestandes dar- fchehen, daß durch eine falsche Wirtschaftspolitik des Milchamts die bühne zu beschließen. Der Deutschnationale Lüdice machte stellten. Brolat( Soz.) tritt den Rednern der Rechten scharf ent- Milch ungebührlich und unverantwortlich verteuert wird. den Fürsorglichen, der zur Vorsicht mahnte, damit Berlins ich sei es, abzuftreiten, daß die Preise vielfach künstlich zum Nach- Breis von 4 M. entstanden ist und wie schon demnächst die Frage gegen und nimmt die angegriffenen Kontrolleure in Schutz. Vergeb- Stadtrat Wuty legt in umfassendem Vortrage dar, wie der Finanzen nicht einer Katastrophe entgegengingen. Das gab dem Stadttämmerer Karding Veran- teil der Konsumenten erhöht würden und daß die ganze Tätigkeit der weiteren Form der Milchpersorgung unter Zuziehung von Verlassung, einmal den schwarzmalenden Uebertreider Kartelle und Syndikate doch fast nur darauf hinauslaufe, den tretern der Interessenten und Verbraucher beraten werden wird. bungen, mit denen die Deutschnationalen gegen die Finanz- Einfluß von Angebot und Nachfrage illuforisch zu machen. Die Anfeindungen des Milchamts wirtschaft des jezigen Magistrats hetzen, scharf entgegenzu- Beim Brotgetreide drohe tatsächlich wiederum eine derartige Machen- entbehren jeder Berechtigung. Der Erzeugerpreis von treten. Er widerlegte eine Reihe falscher Behauptungen, die schaft. Pfeiffer( Komm.): Die Preisprüfungsstellen find 2,60 m. jei von der großen Mehrheit der Landwirtschaftskammer als im Landtag der deutschnationale Abgeordnete( und Stadtver- schließlich nicht das Mittel, die werktätige Bevölkerung vor Ueber das allrmindeste bezeichnet worden; frei Berlin stelle sich der Preis ordnete) Pfarrer Koch aufgestellt hat, und fennzeichnete Rochs mittel fann wirklich helfen. Man hat bisher höchstens die kleinen die Kleinhändler auf rund 3,60 M. Darin feien höchstens 10 Pf. vorteilung zu bewahren. Nur die Kommunalisierung der Lebens- auf etwa 2,85 M., und dieser Preis erhöhe sich bis zur Abgabe an raschfertige Art, die Zahlen zu interpre Diebe gehängt, aber die großen laufen lassen. In dem Abbau dieser als Gesamtunkosten des Milchamtes enthalten. Da man täglich etwa tieren. Die verlegene Antwort des Stadtverordneten Koch Einrichtung fönnen wir eine Gefahr nicht entdecken. zeigte, wie schmerzlich er die ihm verabreichte Stäupung emp- Gegen die Stimmen der Bürgerlichen wird der Antrag der De- Schwangere und Kranke( mit je einem Viertel Liter), so habe für 220 000 Liter Rotbedarf habe für die Kinder bis zu 4 Jahren, für fand. Daß die rechtsstehenden Fraktionen bei diesen An- mofraten abgelehnt. griffen gegen das rote Berlin " an die Neuwahlen In der zweiten Lesung der Satzung für die Hochbau und alle Fälle Borsorge getroffen werden müssen durch den vorgeschlage= zur Stadtverordnetenversammlung denken, ge- Tiefbaudeputation beantragt Ludicke( Dnat.), die Vor- nen Ankauf der durchaus einwandfreien Emulsionsmilch. stand Herr Koch schließlich selber ein. Die Magistratsvorlage lage an den Magistrat zwecks Anhörung der Bezirksbauräte zurückDr. Hertz( U. Soz.) und Dr. Falkenberg auf Uebernahme der Bürgschaft für das Darlehen der Wolfs zugeben bzw. Ausschußberatung stattfinden zu lassen. Beide An-( D. Vp.) hauptsächlich sich über die Qualitäten der Emulsionsmilch bühne wurde von den linksstehenden Fraktionen angenommen. träge werden nach kurzer Erörterung abgelehnt, die Sagung an lärt Beiffer( Komm.), daß die Berbilligungsaktion auch auf die ausgelassen haben, die dringend genauester Prüfung bedürften, erKinder über 4 Jahre ausgedehnt werden müsse, und stellt fest, daß Sihungsbericht. Auch über die Vorlage wegen Uebernahme der Bürgschaft für der Preis von 4 M. bereits zu einem leberstand der Milch geführt ein von der Wolfsbühne E. V." aufzunehmendes Darlehen von finden, in der Lüdicke abermals die vorgeschlagene Maßnahme Trodenmilch noch viel mehr zu beschaffen sein werde, denn 1500 Millionen" Mart muß heute eine besondere zweite Lesung statt- habe, da dieser Preis für die werktätige Bevölkerung unerschwinglich sei. Frau Schmidt( Soz.) ist der Meinung, daß auch an für höchst bedenklich und für verhängnisvoll erklärt. Kämmerer Dr. Karding entkräftet diese Bedenken. Von einem Tonnen sei ein mit dem Fehlbetrage gar nicht entfernt zu vergleichendes Quantum. Für den Notbedarf müsse unbedingt vorgeforgt werden.
genommen.
mit, welches er an das Verkehrsamt gerichtet hat, weil wiederholt Borsteher Wey I teilt den Wortlaut eines Beschwerdeschreibens 8 Mitglieder der Versammlung auf der Straßenbahn durch Nichtrespektieren ihrer Ausweise in eine peinliche Lage gebracht worden find. Baurat Nihrebe bemerkt, die gerügten Unzuträglichkeiten großen Risito fönne teine Rede sein, feien dadurch entstanden, daß auch die Bezirksverordneten unberechtigterweise den Anspruch auf Freifahrt erhoben hätten. einigen unklaren Köpfen unter dem 8000 Mann starken Schaffnerpersonal sei dadurch Berwirrung entstanden. Die Schaffner würden nochmals gründlich instruiert, evtl. sollten die Belästigten zur Feststellung des Namens des Schaffners schreiten.
Im Anschluß an eine dringliche Anfrage des Stadtv. Lüdicke ( Dnat.) erfolgt vom Vorsteher die Mitteilung, daß der Magistrat den Entwurf eines neuen Ortsstatuts für das Kaufmanns- und Gewerbegericht als Dringlichkeitsvorlage der Versammlung hat zugehen laffen. Ohne Erörterung wird diese Vorlage einem noch heute zu wählenden Ausschusse überwiesen.
Ein Dringlichkeitsantrag p. Eynern( D.Vp.), den an den Charlottenburger Mädchenschulen beschäftigten Lehrkräften die gesperrten monatlichen Gehaltszuschüsse sofort und bis zum 1. Oftober weiterzuzahlen, wird zum Beschluß erhoben.
Eine Anfrage der Wirtschaftlichen Bereinigung verlangt vom Magistrat Auskunft, was er zu tun gedenkt, um die in der Kriegszeit entstandenen und jetzt überholten
abzubauen.
Preisprüfungsstellen
die Finanzlage der Stadt
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fei 3 war ernst, aber auch nicht so schwarz, wie sie der Stadtv. Koch vor einigen Tagen im Abgeordnetenhause geschildert habe. Die Gesamtschuld Berlins habe am 1. April 1920 3½ Milliarden, am 1. Oftober 4,3 Milliarden betragen. Die Behauptung, daß die Schuld am 1. April 1921 schon über 5 Milliarden betragen habe, und demnächst 6 Milliarden betragen werde, Berlin also doppelt überschuldet sei, sei falsch. Am 1. April 1921 jei die Schuldfumme 4,106 Milliarden, also 200 Millionen geringer gewesen als am 1. Oktober 1920. Auch betragen die Aktiva Groß- Berlins nicht 3, sondern annähernd 5 Milliarden. Herr Koch habe wichtige 3ahlen falsch interpretiert und Ziffern von 1918 und 1921 ohne weiteres in Vergleich gestellt( hört, hört! und Heiterkeit), einige Posten auch doppelt gerechnet.( Beifall.)
Stadtv. Koch( Dnat.)[ mit großem Hallo empfangen] beruft sich auf die Ausführungen des kommunistischen Abg. Kaz im Landtage, auf die er in seiner Landtagsrede eingegangen sei. Mit Genug tuung stelle er fest, daß der Kämmerer die von ihm angeführten Zahlen als richtig anerkannt habe.( Stürmisches Gelächter.) Im übrigen habe er nicht falsch kombiniert noch falsch interpretiert.
Hierauf wird die Debatte geschlossen und die Vorlage Ein Antrag der Demokraten ersucht den Magistrat, bei der Reichsregierung vorstellig zu werden, um die Preisprüfungsstellen- nach Ablehnung eines Antrages auf Ausschußberatung von den brei verordnung vom 25. September 1915 aufzuheben oder dahin abzu- fozialistischen Parteien angenommen. ändern, daß Städte über 10 000 Einwohner nicht mehr verpflichtet Interesses wendet sich die Versammlung zur Beratung der Vorlage, Nach Erledigung einer großen Anzahl von Vorlagen minderen find, eine solche Stelle zu unterhalten. Die Anfrage wird von Grüßer( W. Vgg.), der Antrag von Dr. Meyer( Dem.) aus- durch die 400 000 m. vom 1. April 1921 ab zur führlich begründet. Stadtrat Pohl führt aus, daß diese Stellen, Verbilligung der Milch für Unbemittelte wenn sie auch tatsächlich durch die wirtschaftliche Entwicklung nach bereitgestellt werden sollen. dem Kriege zum Teil überholt seien, so feien sie doch
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noch nicht zu entbehren.
Nachdem
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Um 10 Uhr wird ein Schlußantrag angenommen und Ausschußberatung beschlossen. Die Vorlage betr. die Bewilligung von Mitteln für die Milchverbilligung wird angenommen. Hierauf werden noch mehrere Anträge, so auch der Antrag Herman, betr. die
Unterstützung der Hinterbliebenen Sülts nach den Ausschußporschlägen erledigt, desgleichen die Umgestaltung der Wertzuwachssteuerverordnung nach den Wünschen des Oberpräsidenten bzw. des Miniſteriums.
Schluß 10 Uhr.
Der Oberpräsident gegen die Sihungsgelder.
Die Berliner Stadtverordneten haben bekanntlich im Frühjahr. ein Ortsgesetz beschlossen, wonach den Mitgliedern der Versammlung für jede Sizung, an der sie auf Grund einer Einladung teilnehmen, eine Entschädigung von 10 M. gezahlt wird, wodurch auch der entgangene Arbeitsverdienst abgegolten werden soll. Ferner wurden dem Stadtverordnetenvorsteher, den Bezirksvorstehern sowie den unbefolbeten Stadträten des Magistrats und der Bezirksämter bestimmte Monatspauschalen bewilligt. Wie eine Korrespondenz mitteilt, hat An fich wird diefes Ortsgesetz nicht als genehmigungspflichtig be der Oberpräsident den ersten Teil dieses Ortsgesetzes be anstandet. trachtet; die Aufsichtsbehörde steht aber auf dem Standpunkt, daß die unterschiebslose Bewährung eines Sigungsgeldes mit den Bestimmungen des Gesetzes Groß- Berlin in Widerspruch steht, wonach den ehrenamtlich tätigen Bürgern nur Ersatz für bare Auslagen und gegebenenfalls für entgangenen Arbeitsverdienst zu gewähren ist. Ein solcher entgangener Arbeitsverdienst müsse aber nachgewiesen werden und könne nicht in jedem Falle ohne weiteres angenommen werden. In Verhandlungen mit den Vertretern des Magistrats ist der Entwurf eines neuen Ortsgesetzes vereinbart worden, worin diese Frage derart geregelt ist, daß nur der tatsächich entgangene Arbeitsverdienst und bare Auslagen erstattet werden sollen, und zwar auf Grund besonderen Nachweises.
Bon den Deutschnationalen ist beantragt, den Magistrat zu erfuchen, sofort den Beschluß rückgängig zu machen, nach welchem vom Bei vielen Bedarfsartikeln seien auch heute Angebot und Nachfrage 1. Juni 1921 ab das über den Rotbedarf hinausgehende Milchquandurchaus nicht in Einklang zu bringen. Die Kommune müsse nach tum zum Preise von 4 M. das Liter verkauft werden soll, obwohl mie vor die Preisbildung kontrollieren. Soweit es tunlich sei, ohne von der Stadt Berlin auf Grund einer Vereinbarung mit der Landdie nüzliche Wirksamkeit des Instituts zu schädigen, werde mit dem wirtschaft ein Preis von 2,60 M. für das Liter frei Berlin festgesetzt allmählichen Abbau begonnen werden. Der Antrag der Demokraten worden ist. sei abzulehnen. Dr. Hertz( l. Soz.) hält dafür, daß die Zeit zur Die Demokraten beantragen, die derzeitige Milchversorgung bis Aufhebung noch nicht gekommen ist und pflichtet auch sonst dem zum 1. November 1921 bestehen zu lassen und bis dahin im Berein Stadtrat bei. Es feien neuerdings wieder starke Bestrebungen im mit den Interessenten die völlige Aufhebung der öffentlichen BewirtGange, zumal feitens des Landbundes, durch Schließung der Grenzen schaftung vorzubereiten; ein ähnlicher Antrag ist seitens der Deut. den Einfluß von Angebot und Nachfrage fünftlich, insbesondere für fchen Volkspartei eingebracht. Getreide, auszuschalten. Linke( Dnat.) und Dr. Neumann In einer Borlage vom 4. Juni sucht der Magistrat die Zu- Die juristische Sprechstunde findet heute nicht von 3 bis ( D. Vp.) gehen mit großer Lebhaftigkeit gegen diese Stellen zu Felde, ſtimmung der Bersammlung zum Antauf von 1500 Tonnen 16 Uhr statt, sondern von 15 bis 6 Uhr. hier im Gefängnis. Aber in drei Tagen geht er in die Freiheit. Wegen mustergültiger Führung ist ihm ein Jahr im Gnadenwege erlassen worden."
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Die Rächer.
Roman von Hermann Wagner.
1. Zwei Fälle.
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„ Ich habe Sie nun mit allen Fällen, die unsere Gefangenen betreffen und die irgendwie bemerkenswert sind, bekannt gemacht," sagte der Direktor des Gefängnisses zu Tiefurt zu dem neuen Gefängnisgeistlichen, mit allen, bis auf zwei. Bis auf die zwei intereffantesten. Die will ich Ihnen zum Schluß eingehender schildern."
Der Direktor, ein großer, starfer Mann mit schwarzem Vollbart und ruhigen, gütigen Augen, setzte sich in seinem Schreibtischfessel bequem zurecht, schlug die Beine übereinander und zündete sich gemächlich eine Zigarre an. Während er den Rauch ausstieß, schien er über die zwei interessanten Fälle nachzudenken oder richtiger: über die beste Art, sie seinem neuen Mitarbeiter, der erst gestern sein Amt angetreten hatte, verständlich zu machen.
Sind diese beiden Fälle so verwickelt?" fragte der Pastor. Er war für sein Amt eigentlich noch recht jung, faum in den hohen Dreißigern, rundlich, rosig und blizsauber, ein Geistlicher, der nach seinem Aeußeren mehr in einen Damensalon paßte, als in ein Gefängnis.
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Berwickelt?" gab der Direktor zurück.„ Das nicht. Die Fälle sind prozessual flar, ganz klar. Interessant und ungewöhnlich sind nur die beiden Täter, besonders der eine, der mir geradezu Rätsel aufgibt." Hier lächelte der Direktor. Mir, der ich doch abgebrüht bin und mich nicht so leicht verblüffen lasse."
" Ah," rief der Pastor aus, in einem Ton, der halb Wohlwollen, halb Erstaunen ausdrückte, Erstaunen wohl darüber, wie man einen Menschen, der versucht hatte, zu töten, begnadigen konnte, und Wohlwollen aus dem Grund, weil Barmherzigkeit zu üben sein Beruf war.
" Auch ich," lächelte der Direktor mit unmerklichem Spott, „ bin mit meinen Sympathien mehr bei Herbert Behrens, obwohl dessen Verbrechen sein Ziel erreichte, während das des anderen immerhin nur ein Versuch blieb... Aber das sind persönliche Gefühle, die schweigen müssen, wo wirkliche Tat
Der Paftor war geneigt, gegen diese Ansicht, daß mir Charakterlofe reuig und gebeffert das Gefängnis verließen, Einspruch zu erheben, doch fühlte er zu start, daß das, womit er diesen Einspruch hätte begründen fönnen, noch zu sehr Buchstabenweisheit war, als daß er gegenüber diesem ge= laffenen und in seiner Gelassenheit so selbstsicher kraftvollen Mann einen Widerspruch gewagt hätte.
Er begnügte sich daher damit, nervös zu hüstein und mit gemachter Ungeduld zu fragen: ,, But, wie liegt also der Fall Reisner?"
Asche von seiner Zigarre, 30g ein Manuskript aus der SchubDer Direktor wippte mit einer nachlässigen Bewegung die lade seines Schreibtisches und lehnte sich weit in feinen Stuhl
zurüd.
sachen sprechen. Und die Tatsachen sprechen zugunsten des Ich habe mir," sagte er, wie über alle interessanteren Hermann Reisner, der ein mustergültiger Gefangener war. Fälle, so auch über die Fälle Reisner und Behrens Atten anEr führte fich tadellos. Besonders Ihr Vorgänger, Herr gelegt, in denen ich, aus persönlicher Liebhaberei und um zu Pastor, hatte alle Ursache, mit ihm zufrieden zu sein, denn meinen Gefangenen in ein intimeres Berhältnis zu kommen, Hermann Reisner wurde allmählich das, was man einen das es mir ermöglichen soll, sie menschlich zu verstehen, kurz reuigen und gebesserten Sünder nennt. und zusammenhängend alles verzeichnet, was mir für dieses Berständnis von Wert und es mir zu erleichtern scheint. Hören Sie, was ich über die Fälle Reisner und Behrens niedergeschrieben habe."
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Der Direktor schwieg und sah mit lässiger Ironie dem Rauch seiner vortrefflichen Zigarre nach, während der Pastor, der die Ironie wohl merkte, aber nicht recht begriff, wohin sie hinausmollte, unruhig wurde und mit seinen rosigen, dicken Fingern auf den nicht minder wohlbeleibten Schenkeln herum
trommelte.
,, Also ist der Mann wohl ein Heuchler?" fragte nach einer Weile der Pastor. Das nicht. Aber er ist kein Charakter." ,, Rein Charakter?"
2.
Hermann Reisner war der Sohn reicher Eltern, sein Bater betrieb ein großes Exportgeschäft in Hamburg . Her mann Reisner war schon seit Jahren die Brotura erteilt worden. Er galt als geschäftlich rührig, weit über das Durchschnittsmaß intelligent, schien ein scharfer und nüchterner Denter und erwies sich in den meisten seiner Entschlüsse selbständig und rasch. So war die Führung des Geschäftes nach Bater, bei dem fich mit zunehmendem Alter ein vorhandenes und nach ganz in seine Hände geglitten, während sich der Herzleiden start verschlimmert hatte, mehr und mehr in das ruhige und beschauliche Leben eines Zusehers und leisen Beraters zurückzog.
„ Sie staunen, daß ich den Leuten, die ich hier festhalte, Charakter zubillige?.. behaupte, daß den meisten schweren Berbrechern nicht ihr zu Dh, ich gehe noch viel weiter. Ich Der Pastor rieb sich die gepflegten Hände, schnelzte mit wenig, sondern ihr Zuviel in Charakter zum Fallstrick geDer Pastor rieb sich die gepflegten Hände, schnelzte mit worden ist... Ich habe meine Gefangenen lange studiert und dem Zeigefinger ein Stäubchen von den schwarzen Bein bin dahin gekommen, sie in drei Klassen einzuteilen. In solche, fleidern und fragte nahezu interessiert:" Bitte, erzählen Sie." die ihrem Charakter treu bleiben und das zeigen; das sind die " Es handelt sich um die Fälle Reisner und Behrens". Berstockten. In solche, die ihrem Charakter zwar auch treu fagte der Direktor. Beide Männer wurden wegen Totschlags bleiben, dies aber verbergen; das sind die Heuchler. Und in verurteilt, Hermann Reisner wegen versuchten zu fünf Jahren, die wenigen, die gar feinen Charakter befizen; das sind die, Herbert Behrens wegen vollendeten zu zwölf Jahren. Herbert von denen wir zu Unrecht annehmen, daß wir sie reuig und Behrens ist ein zweiundvierzigjähriger Mann und hat noch gebessert entlassen.. Zu diesen letzten möchte ich Hermann elf Jahre seiner Strafe zu verbüßen. Hermann Reisner wird Reisner zählen, obwohl ich freilich zugeben muß, daß ich mir verloben. erst zweiunddreißig Jahre alt und befindet sich seit vier Jahren über ihn noch nicht völlig flar geworden bin."
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Hermann Reisner verriet in nichts, daß Leidenschaften in ihm schlummerten. Er ging den geraden und zähen Weg der Leute seines Standes, war nüchtern, spielte nicht, zeigte mäßige Neigung für Mufit, eine etwas heftigere für den Rudersport und war im übrigen nahe daran, sich mit einem jungen Mädchen, der Tochter eines reichen Hamburger Kaufmanns, zu ( Forts. folgt.)