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Nr.272 38.Jahrgang Ausgabe B Nr. 134

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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Expedition Morizpiak 11753-54

Sonnabend, den 11. Juni 1921

Forderungen der bayerischen Arbeiter.

München  , 11. Juni.  ( Eigener Drahtbericht des Bor- foll nicht erreicht werden. Arbeiterblut ist genug ge­wärts".) Die Gefchloffenheit und Wucht, mit welcher der floffen. Wir wollen nicht, daß Männer aus dem werktäfigen Generalstreit und die mit ihm verbundene politische Bolt der Reaktion zum Opfer fallen." Uffion durchgeführt werden follte, fonnte nicht aufrecht Eine lückenlose Durchführung des Generalffreits fann zur erhalten werden, da sich in den frühen Morgenstunden des Stunde noch nicht festgestellt werden. Die Franten­heutigen Tages die drei sozialistischen   Parteien nicht auf ein thaler Organisationen haben die Fortführung der Betriebe gemeinsames Programm ihrer politischen Forderun- beschloffen. Im übrigen herrscht in München   Ruhe und Ord­gen einigen fonnten. Infolgedessen zerfallen die mit dem nung. Streit verbundenen Forderungen in drei Gruppen, da die Forderungen der Parteien sich entsprechend ihrer Stellung­nahme zum bestehenden Staatswesen in einigen Punkten unterscheiden.

Die SPD.   ftellt folgende Forderungen auf: 1. Schnellste Durchführung der Reichs- und Landes­verfassung sowie der Reichsgefehe, tatkräftiges Eingreifen gegen jede Rechtsverlegung und gegen die Belebung des alten militärischen Geistes in Bayern  .

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3 Bering, Expedition und Inseraten­Fernsprecher: Abteilung Moritplas 11753-54

Die Schuldigen.

Die Rechtspreffe, die gestern zur Ermordung des Ab­geordneten Gareis geschwiegen hat, findet langsam, wenn auch nur stammelnd, die Sprache wieder. Blätter wie die Kreuz­ Zeitung  ", die" Post" usw. haben freilich auch jetzt noch fein Wort zur Verurteilung der Tat. Die überspitzte Gift­feder eines Hufsong streift, wo es sich um eine Frage des fimpelften politischen Anstands handelt.

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Am allerdümmsten und täppischsten stellt es natürlich die Deutsche Zeitung" an. Sie fucht den Glauben zu erwecken, Gareis sei von Kommunist en mordet worden! Die " Deutsche Zeitung" hätte sich sagen sollen, daß solche Entschul­Die Begründung des Versammlungsverbots durch die bigungslügen im Stile der Ludendorffschen Kriegsbericht­Münchener Polizeidirektion ist nicht geeignet, die außerordent- erstattung doch nur zweck hatten, als gleichzeitig die Mili­liche Erregung der Arbeiterschaft zu mildern. Die Münchener   tärzensur bestand. Polizeidirektion fann es noch heute nicht vergessen, daß die" Deutsche Tageszeitung" und" Tägliche Rundschau" fin­Arbeiterschaft ihren Führern im November 1918 aus der den jetzt mit fäuerlicher Miene- ein paar theoretische Hand glitt", d. h. mit anderen Worten, daß in Bayern   die Ausdrücke der Berurteilung. Aber diese schmache Geste wird Republit protlamiert wurde. Die Ausrufung der sofort durch den Grundton ihrer Artikel ausgelöscht. Wir sehen Republik  , die eine Folge, ja ein selbstverständlicher Teil der ganz davon ab, daß die Tägliche Rundschau" das Andenken 2. Schutz von Leben und Sicherheit aller Staatsbürger. Novemberrevolution war, wird also von der Mün  - des Ermordeten in widerlicher Weise begeifert und beschimpft, 3. Aufhebung des Ausnahmezustandes, chener Polizeidirektion als strafbare Handlung an- wir sehen davon ab, daß sie die Ermordung Gareis mit der Beseitigung der Volksgerichte und der Polizei- gefehen! Die Fortführung der Betriebe in Frankenthal   grundverschiedenen Tat des Armeniers Teilirian in Parallele willfür. ift mohl daraus zu erklären, daß dieser Ort in der bayerischen ftellt, im Kern fommt es beiden Blättern darauf an, Re­Pfalz liegt, also besettes Gebiet ist. gierung und System Kahr   reinzumaschen. Die " Deutsche Tageszeitung" erklärt es für unverantwortlich", Einer WEB.- Meldung zufolge wurde heute auch in Augs- aus der Tat politische Schlüsse ziehen zu wollen, die Tägliche burg von den sozialistischen   Parteien der Generalstreit pro- Rundschau" bezeichnet es als einen Fälschertrick", die Re­tlamiert, der von heute miffag 11 Uhr bis Montag mitternacht gierung Kahr   oder die Organisation Escherich für den Mord dauern foll. Von dem Mörder des Abgeordneten Gareis hat verantwortlich zu machen. man bis jetzt noch teine Spur gefunden.

4. Nachprüfung der Staats- und Boltsgerichts­urteile auf Antrag der Betroffenen.

5. Sicherung und Ausbau der demokratisch- fo3i­alen Republit. Die Usp. fordert: Rüdtritt der bayerischen   Regie­rung, Aufhebung des Ausnahmezustandes, Beseiti­gung der Boltsgerichte, Freilassung der politischen Gefangenen.

Die KPD.   verlangt neben den anderen Forderungen die Enflaffung aller politischen, auch der mit Zuchthaus bestraften Gefangenen.

Handelt es sich hier wirklich nur um eine Einzeltat, für die teine Partei, fein System eine Berantwortung trägt? Natürlich das geben wir gern zu jeder Bartei kann es passieren, daß ein einzelnes Mitglied sich zu Taten hinreißen läßt, an denen die Partei schuldlos ist.

Eine Stimme der bayerischen Volkspartei Der Regensburger Anzeiger" schreibt zur Ermordung Gareis: Auch bürgerliche Organisationen schließen fich der Staatsregierung mit aller Macht gegen die vorgeht, die eine Dung Gareis' ist eine Einzeltat, sondern, worauf mir Es ist zu hoffen und dringend zu wünschen, daß bie bayerische Aber dieser Fall liegt in München   nicht vor. Die Ermor großen Kundgebung an, fo ruft der Republikanische Reichs- Atmosphäre in Bayern   gefchaffen haben, unter der derartige schon gestern hinwiesen, nur das bund" zum öffentlichen Befenntnis zur Republit auf. Bahnfinnstaten entstehen konnten. Die Deutschvöllischen und ihre in einer nicht abreißenden Rette von Gemalt. porläufig letzte Blieb Die Versammlung im Ausstellungsvart ist von der Organe, die offen zur Beseitigung der Reichs- und Staatsgewalt taten.( Wir vergaßen übrigens in unserer gestrigen Auf­Polizeidireffion verboten mit der Begründung, daß Ber  - auffordern, find die eigentlichen Schuldigen an dem Verbrechen, das zählung den Ueberfall auf den unabhängigen Abgeordneten fammlungen unter freiem Himmel bei der gegenwärtigen Erneuerdings schweres Unheil über Bayern   zu bringen droht. Die Dr. Kurt Rosenfeld   zu buchen.) regung der Bevölkerung eine schwere Gefährdung der öffent- bayerische Staatsregierung hat dem stärksten Druck der Feinde nach. lichen Ruhe und Sicherheit darstellen, um so mehr als die gegeben und den festen Willen zur Entwaffnung der Ein schafft werden, daß in München   eine Atmosphäre der Durch feine Rederei fann die Tatsache aus der Welt ge­Möglichkeit gegeben fei, daß die erregte Menge ihren Führen wohnerwehren fundgetan. Auch bei der Einwohnerwehr ist Gewalttätigkeit bestand, zu der erirem rechtsstehende ähulich wie im November 1918(!!) aus der Hand gleite. Die ausnahmslos dieser gute Wille. Wir fragen aber: 3ft es richtig, Bersammlung wird deshalb unter Bezugnahme auf die An­ordnung des Staatstommiffars mit dem Bemerken verboten, daß dem Versuch, die Versammlung trotzdem unter freiem Himmel abzuhalten, mit allen verfügbaren mit fein entgegengetreten wird.

Die Sozialdemokratische Partei   erklärt hierzu folgendes:

" Da ohne Not ein Eingreifen mit allen Mitteln angekündigt ist, hält die Reaktion die Gelegenheit für gekommen, nun einen Gewaltftreich in ihrem Sinne weiterzutreiben. Dieser 3wed

wenn der bekannte deutschnationale Oberst Xylander in diesen Tagen bei den Führern des Regierungsblocks erschienen ist mit der Forderung, der Ministerpräsident v. Kahr  , der gegen Berlin   au schwach und zu schlapp gewesen sei, müsse gestürzt werden? Wenn es nötig sei, müsse die Diktatur ausgerufen werden. Das für sei Kahr   nicht start und rücksichtslos genug! Das fönnte nur Escherich oder er, Xylander, machen.

Diese Stellungnahme des Regensburger Anzeigers" muß des wegen sehr ernst genommen werden, weil er das Sprechorgan der Bayerischen Volkspartei   darstellt.

Gruppen unausgesetzt schürten und hekten. Keine Rederet schafft die Tatsache aus der Welt, daß die Regierung Kahr  dem Treiben dieser Rechtsbolschewiften un tätig zusah, daß sie die schwersten öffentlichen Aufforderungen zur Gewalt­tätigkeit unverfolgt und ungeahndet ließ, wenn sie von rechtsstehender Seite tamen. Und unerschütterlich steht die Tatsache, daß zur Ermordung des Abgeordneten Gareis genaueine Woche vorder Eatinaller Deffent. fich feit aufgefordert wurde, ohne daß die Regierung Kahr   einen Finger rührte. Wir geben nachstehend dieses Schulddokument wieder und überlassen der Regierung Kahr  , der Welt mitzuteilen, was sie auf diese öffentliche notwendig: Frankreich   müsse vollständige Sicherheit erhalten und des Miesbacher Anzeigers", der bekanntlich amtliches Ber­Mordaufforderung hin veranlaßt hat. In Nr. 126 Deutschland einer übertriebenen Anstrengung enthoben werden. fündungsblatt der Regierung Rahr ist, lesen wir unter dem Leipzig  , 11. Juni.  ( WEB.) 3m Prozeß Ramdohr Churchill verlange, daß England an der Verwirklichung dieses Bro 3. Juni 1921 in einem Artikel: Die neue Revolution" über wurde heute mittag das Urteil verkündet. Der Angeklagte gramms durch eine französisch deutsche   Annäherung die letzte Sigung der bayerischen Kammer: wurde freigesprochen und die kosten des Ber  - arbeite. Der Temps" beschränkt sich auf zwei Bemerkungen zu fahrens der Reichstasse auferlegt, der Haftbefehl wurde diesen Ausführungen. Die Frage der Reparationen, schreibt das Am Schlusse der Verhandlungen fagte der Gareis, man aufgehoben. Blatt, fei nicht nur von den von Churchill   hervorgehobenen Gefichts- winge feine Partei, ihre Ziele auf außerparlamentarischem Wege puntten abhängig fondern auch von den Hilfsquellen, die au erreichen... Deutschland   im Orient, Rußland   und in Uebersee   wiederfinden werde.

Ramdohr freigesprochen!

Entente oder Allianz?

der innerpolitischen Entwicklung Deutschlands  abhängig. Sind das, so fragt der Temps", nicht zwei Dinge, über die sich die französische   und englische Regierung verständigen könnten?

Jeland.

London  , 11. Juni.  ( WIB.) Times" treten in einem Entente as die Sicherheit Frankreichs   anbelange, so sei fie größtenteils von oder Allianz" überschriebenen Leitartikel für eine Erneuerung, Ent widlung und Stärkung der Entente zwischen England und Frankreich   ein. Das Blatt erklärt, ob die Ausdehnung der Entente durch den Vertrag bewerkstelligt wird oder nicht, sei eine andere Frage, über die die Ansichten natürlich auseinandergingen. In England sei man der Ansicht, daß eine mehr entwickelte und end­gültigere Entente für die Allgemeinheit sicher nötig sei. Die fran- Eine Rommiffion von amerikanischen   Abgeordneten, Geistlichen zöfifche Regierung und das französische Bott müßten jedoch selbst und Gelehrten veröffentlicht das von ihr aus Zeugenausfagen ge­beschließen, ob sie den allgemeinen Richtlinien des Blanes zustimmen wonnene Material über das Vorgehen der britischen Truppen in oder nicht, indem sie sich stets vor Augen halten, daß weder die Irland  . Nach Deutschland   ist von dieser gewiß beachtenswerten Ver­Welt noch die Entente stillstehen tönnten. Das Blatt öffentlichung noch nichts gedrungen, wird aber schon tommen. Die erklärt, die Entente fönne nicht so bleiben, wie sie ist, fie müsse enger britische   Regierung, im Unterhause bazu angeregt, lehnt es ab, das werden oder weniger eng, weniger herzlich und weniger gründlich. Material zu widerlegen, weil das eine Anerkennung des Rechtes einer Paris  , 11. Juni.  ( TB.)" Temps schreibt in einem Leit- privaten Kommission wäre, innere Angelegenheiten eines fremden artifel zur geftrigen Rede Churchi Ils, Churchill   habe fagen Staates zu untersuchen; fie hat es darum auch abgelehnt, fich an diefer wollen, es sei nüßiich für England, wenn Frankreich   und Deutschland   Untersuchung zu beteiligen. Die Wirkung dieser Erklärung in in gutem Einvernehmen lebten. Wenn Frankreich   von einem Amerika   dürfte nicht gering sein. fünftigen Angriff Deutschlands   bedroht werde, merde es gegen Deutschland   zu einer Politik geführt werden, die England nicht

billige. Wenn Deutschland   gezwungen werbe, im Elend zu arbeiten fegung der oftpreußisch- polnischen Grenze ist der Bahnhof   Garn Deutsch  - polnische Bahnhofbenuhung. Bei der endgültigen Feft und bis zum äußersten zu exportieren, um die Reparation zu be ice Polen zugesprochen worden. Nun ist eine Vereinbarung ab­zahlen, würde es feinen Handel derart entwideln, daß England Ge- geichloffen worden, die die gemeinsame deutsch  - polnische Benuzung fahr laufe, zugrunde gerichtet zu werden. Deshalb sei zweierleil des Bahnhofs Garnsee sicherstellt.

Bauern! Da haben wir ja die Drohung, von der mir neulich fprachen, da haben wir ja die Ankündigung einer neuen Revolution. Aber weit entfernt, uns davor zu ängstigen, möchten wir wünschen, daß der Gareis den Versuch macht, außerparlamen. tarisch sein Ziel zu erreichen.

Denn wie ist's nachher, Oberlandler, Chiemgauer, Glonntaler, fengauer und ihr andern alle?

Schauen wir zu, daß nochmal der rote Fezzen durch München  getragen wird?

Oder schlagen wir jeden Hund tot, der das arme. Vaterland in neues Verderben stürzen will?

Haltet euch bereit, denn, wenn der Gareis auch bloß mit dem Maul droht, so gibt es doch Gesindel genug, das bloß auf ein Signal wartet

Es ist jetzt an der Zeit, wachsam zu sein. Das wurde am 3. Juni geschrieben. Am 7. Juni gab uns ein Münchener   Korrespondent einen telephonischen Stim­mungsbericht aus München  , der damals aus Raummangel nicht in unser Blatt gelangte, von dem wir aber jederzeit be­meisen können, daß er uns tatsächlich am 7. Juni gedrahtet wurde. In diesem Stimmungsbericht wird darauf hin hohlen zur Ermordung Erhard Auers auffordert, den gewiesen, daß der Miesbacher Anzeiger" ziemlich unver das Blatt für gefährlicher als Eisner( der bekanntlich ermordet wurde) bezeichnet. Börtlich sagte dann der Bericht unseres Korrespondenten: