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2. Seilage öes vorwärts

Mittwoch, 15. Fun! 192?

Gro&berün herunter damit! Wir haben es oft gerügt, daß gewisse ehemaligefÖitlg«] liche" oderkaiserliche" Behörden sich dieseschmückenden" Beiwörter immer noch nicht abgewöhnen können. Mit besonderer Verwunderung sehen wir jetzt, daß sogar an dem Dienstgebäude des Charlottenburger Polizeipräsidiums(Kaiser- dämm 1) über dem Hauptportal noch die InschriftKönigliches Polizeipräsidium Charlottenburg" prangt. Hat denn der sozialdemo- kratische Polizeipräsident, den Charlottenburg sogleich nach der Re- Solution erhielt, diese Inschrift niemals bemerkt? Man sage uns nicht, daß sie schwer zu beseitigen wäre, weil sie aus dem Stein herausgemeißelt ist. Nein, si« wäre sehr leicht zu beseiti- gen, und es bedurfte dazu kaum mehr als der Aufstellung einer Stehleiter, von der aus ein Steinmetz das Werk der Austilgung in kurzer Zeit vollbringen könnte. Das sähe schlecht aus, wenn die als Ornament gedachte Inschrift zum Teil zerstört würde? Da sind wir ganz anderer Meinung! Wir finden, daß die bei solcher In- schtistenkorrektur entstehenden Lücken sich gar nicht so übel aus- nehmen. Gewiß, ästhetisch beftiedigen sie nicht, aber es geht von ihnen eine starke agitatorische Wirkung aus und das ist auch etwas wert. Es kann unserenRepublikanern" nicht nach- drücklich genug eingehämmert werden, daß dieKöniglichkeit" und .Kaiserlichkeit" für alle Zeiten ausgestrichen und ausgetilgt sind. Also herunter auch mit dem steinernenÄönigl." vom Polizei­präsidium Charlottenburgl Gewaltsame Auflösung öes Schloßlazaretts. Die Behörde, der das Wohl und Wehe der Kriegsopfer unter- stellt ist, in diesem Falle das Hauptversorgungsamt, bemüht sich, in der Angelegenheit des Schloßlazaretts in Charlottenburg eine höchst unangebrachte Schneidigkeit zu beweisen. Auf Anordnung dieser Stelle wurden gestern Teile der vorhandenen Decken und Klei- dungs stücke, sowie Partien von Bett- und Leibwäsche fortgeschafft. Den Insassen wurde erklärt, daß auch die noch verbliebenen Restbestände nach dem Bersorgungslazarett in Tempel- Hof. überführt würden. Die Fortschaffung erfolgte unter polizeilicher Bewachung, obgleich die Kranken erklärten, daß ihnen sede Absicht einer Störung völlig fern liege. Das Schwesternpersonal ist zwar noch im Schloß, aber nach Angabe der Kranken gänzlich vom Dienst entbunden und soll auf eigenen Wunsch bereits entlassen sein, bis zum 1. Oktober jedoch noch das Gebalt weiterbeziehen. Man hat schließlich damit gedroht, daß den Kranken der große Park des Schlosses entzogen und der bisherige freie Zugang zum Schloß für Personen, denen die Erlaubnis hierzu nicht erteilt ist, gesperrt werden soll. An den Reichstagspräsidenten Genossen Löbe haben die Kranken ein Telegramm gesandt, in dem sie bitten, daß er sich gegen die gewaltsame Auflösung des Lazaretts verwenden möge. Auch der vom Reichstag gewählte Ausschuß für Kriegs- beschädigte ist von den Insassen um Hilfe gebeten worden. Sie hoffen, daß eine unparteiische, und gerecht denkende Vermittlung nach wohkryplftnder Prüfung Her Sachlage erreichm. wird, daß dse Kranken"üftd Krüppeß dse unter so. furchtbaren Gesundheitsopfern für das Vaterland gekämpft Und di? Leiden des Krieges noch nicht überstanden hal»»n, im Schloßlazarett bis zur völligen Genesung und Erholung derbleiben können. Wir fordern nochmal«, daß Park und Schloß Charlottenburg den noch nicht geheilten Kriegeopfern verbleiben. Es ist Ehren- pfsicht des Staates, diese prächtigen Anlagen denen weiter zu über- lassen, die noch immer unter der körperlichen Marter des Krieges zu leiden haben. Für Kunstschulen und ähnliche Insti- tutionen findet sich genügend. Platz in leerstehenden Kasernen, auch wenn es nicht nach dem Geschmack einiger um. schöne Amtszimmer besorgter Geheimräte sein sollte. Auffallen muß es, daß unter der augenblicklichen Leitung des Kriegsversorgungsamtes die drei größten Berliner Lazarette gewaltsam aufgelöst werden mußten. Vielleicht sieht sich der Reichsarbeitsminister einmal seine Medizinal- röte, auch die im eigenen Hause,, genauer an.

vamppre öer Jrieörichstraße. Die Ermordung des Rikkergulsbesihers Otto vor Gericht. Die Schwurgerichtsverhandlung wegen der Ermordung des Rittergutsbesitzers Otto, die gestern unter Vorsitz des Langerichts- direktors Dr. Müller begann, führte in das gefährliche Treiben des lichtscheuen Gesindels, das nächllicherweise in den Straßen Berlins auf seine Opfer lauert. Brennpunkt dieses Treibens ist u. a. die Ecke der Friedrich- und Iägerstraße, die Kranzler-Ecke usw. In jener Gegend treiben sich nachts hundert und aberhundert solcher Vampyre umher, die darauf lauern, wenn die anständigen Lokale geschlossen werden, harmlose Nachtbmmnler in irgendein

öezirksparteitag. Gemäß§ 22 des Organisationsstatuts des BezirkSverbandeS beruft der Bezirksausschuß den diesjährigen ordentlichen Bezirks- Parteitag zum 20. und 21. August d. I. nach Berlin , Prinz- Albrecht-Straße B, ein. Di« Tagung beginnt am 20. August, abends 6 llhr, und ist als vorläufige Tagesordnung folgendes festgestellt: 1. Geschäfts- und Kassenbericht des BezirkSverbandeS. Bericht- erstatter Genosse Krüger und Schmidt. 2. Die Interessengegensätze im landwirtschaftlichen Groß« und Kleinbesitz. Referent: Genosse Otto Braun , LandwirtschastS- minister a. D. 3. Die politische Loge und der deutsche Parteitag. Referent: Genosse Parteivorsitzender Otto Wels . 4. Wahl der Delegierten zum deutschen Parteitag. 6. Anträge. 6. Wahlen. Wir ersuchen die Parteiorganisationen, in den Mitglieder- Versammlungen zur Tagesordnung Stellung zu nehmen. Anträge find bis spätestens 13. August an den Bezirksvorstand z. H. de» Unterzeichneten einzureichen. Die Wahl der Delegierten erfolgt entsprechend den Bestimmungen deS§ 28 des Bezirksstatuts auf den Unterbezirkstagen mit der Maß- gäbe, daß bei der Berechnung der auf jeden Unterbezirk entfallenden Delegiertenzahl die Beitragsleistung des lH. Quartals 1020/21 zu­grunde gelegt ist. Wegen Wohnungsbeschaffung wolle man sich an den Unter- zeichneten wenden. Mit Parteigruß Der Bezirksausschuß. I. A.: Wilhelm Krüger, Berlin ZW 68, Lindenstraße 3.

Nachtlokal zu verschleppen und dann teils durch List, teilt mst Gewalt ihrer Wertsachen zu berauben. In dieses Milieu fällt auch die Bluttat, die in der Nacht zum 11. Februar 1920 im Tiergarten beim sogenannten Schneckenberg an der Lennestraße dem nach Berlin gekommenen Rittergutsbesitzer Otto das Leben gekostet hat. Otto wurde an der genannten Stelle erschossen vorgefunden. Es wurde zunächst Selbstmord anaenom- men, die Ermittelungen führten jedoch dazu, von dieser Ursprung- lichen Ansicht abzugehen und ein Verbrechen festzustellen. Als Täter bzw. Beteiligte an der Tötung wurden schließlich der Schlosser Martin R a s ch k.e und der Kellner Johannes Godow festge- nommen, jedoch komtts gestern nur gegen Naschte verhandelt werden, da G a d ö w sich zurzeit im Irrenhaus Wittenau befindet. Beide haben zuerst jede Verantwortung für den Tod Ottos ab- Sehnt, nach und nach kamen sie aber mit Geständnissen heraus. en Tendenz dahinging, es so darzustellen, als ob Gadow mit Otto wegen der Bezahlung einer Droschkenfahrt in Streiterei ge- raten und bei dem entstandenen Handgemenge die Schußwaffe aus Versehen losgegangen sei. Gestern bestritt Raschle mit großer Bestimmtheit jede Beteiligung an der Tat und erklärte di« gegen- teiligen Bekundungen des Godow für durchaus unglaubwürdig. Außer dieser Haupttat und einem Diebstahl in Hamburg standen noch mehrere bedenkliche Fälle ähnlicher Art zur Anklage. Für die Verhandlung sind zwei Tage angesetzt. Das Ergebnis werden wir mitteilen._ Gegen den Verfall der Parkanlagen! Der Gesamtbetriebsrat der städtischen Parkverwaltung des Berbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter und der Verband

der Gärtner- und Gärtnerei arbeiter hatte die breite Oeffentlichkett nach der Hasenheide zu Protestversammungen eingeladen, in denen die Maßnahmen des Berliner Magistrats, insbesondere die enorme Kürzung des Etats für die Parkverwaltung, verurteilt wurden. In einer einstimmig gefaßten Entschließung wird gesagt, wenn die Etatsabstreichung von über zwei Fünfteln des von der Park» Verwaltung äußerst sparsam berechneten Etats vorgenommen werde, nur noch Sandwüsten und Staubentwickler übrig blieben. Nicht Abbau, sondern Aushau der städtischen Parkan- lagen im Interesse der Dolksgesundhett sei erforderlich. Die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung werden ersucht energisch gegen die Kürzung des Etats der Parkverwaltung aufzu- treten und diese abzulehnen. Ferner wurde folgender Antrag angenommen: Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen, daß die endgüllige Entscheidung über diese Position vorläufig ausgesetzt wird,. und zwar solange, bis der Arbeiterausschuß und die unterzeichneten Organisationen einen Plan zwecks produktiver Bewirtschastung vor­gelegt haben. Die Stadtverordnetenversammlung wolle umgehend den Schlußtag für Borlage dieser Vorschläge bekanntgeben." Die neue Ucberwachungsabteilung des Magistrats wird von drei Personalgruppen versehen: Revisoren für Spezialfälle, Kontrolleure als Wackorgane der städtischen Werke, Betriebe. Anstalten, Güter und Forsten, Wächter, deren Gruppe erst in der Bildung begriffen ist und das in dem Emzel- betriebe bereits vorhanden« Wachpersonal zusammenfassen soll, da» mit es möglichst vom Betriebe selbst unabhängig bleibt und in jedem der Betriebe, wo es erforderlich wird, eingesetzt werden kann. Die UeberwachungSabteilung wird auch Wetterhin über ihre Tätig» keit berichten und ist der Unterstützung der Angestellten und Arberter bei der Aufgabe sicher, alle Elemente auszuschalten, die wegen ihrer Unzuverläifigkeit das Eigentum und das Ansehen städtischer Be« triebe gefährden. Eine Auffaffong über die Einrichtung der Ueber- wachungSabteilung, als wenn Eigentumsvergehen in städtischen Be» trieben an der Tagesordnung feien, ist selbstverständlich völlig un» zutreffend. Die Arbeiter und Angestellten der Stadt haben aber in der Gesamtheit ein Recht darauf, daß die Einrichtung der Ueber- WachungSabteilung aus irgend welchen Gründen nicht anders be- urteilt wird, al« die Psiicht deS Magistrat« im Sinne und mit Hilie der Angestellten und Arbeiter selber di« Ordnung zu schaffen, für die er der Oeffentlichkett verantwortlich ist. Rektor Bocks Kampf. Im Prozeß des Rektors Bock führte bt$ weitere Beweisauf­nahme wiederholt zu sehr erregten Szenen. Eine Zeugin bekun­dete, daß der Schutzmann Conthar bei ihr gewesen sei und be- hauptet habe, Bock habe über die Grenze gehen wollen. De? Pfarrer S a l z g e b e r hat mit der Hauptbelastungszeugin P. feiner- zett in der Fürforgeanstalt gesprochen: diese gab damals, wie auch heute noch, zu, daß sie Bock zu Unrecht unzüchtiger Handlungen beschuldigt habe. Der Schutzmann Conthar bestritt, daß er die P. unzulässig beeinflußt habe. Lange Erörterungen drehten sich um die Vernehmung von 12 Zeuginnen, die der Nebenkläger Tousiaint mit ihren Müttern zur Vernehmung nach dem Polizei- Präsidium bestellt hatte. Die Verhandlung drehte sich weiter um den Vorwurf des Angeklagten, daß Toussaint die Zeitun» gen durch falsch« Informationen irregeführt und die Oeffentlichkett gegen ihn beeinflußt habe. Auf Antrag des R.Ä. Bahn wurden einzeln« besonders markante Artikel verlesen. Sodann bekundete der- Journalist S teinb erg, daß Tausjasntn ihm erklärt hätte, die Zeitungen hätten vieles übertrieben. Der Zeuge gab ferner an, daß Toussaint von ihm nur Geld für pokzei�,- liche Nachrichten erholten habe. Es wurden dann noch der damalige Untersuchungsrichter, Landgerichtsrat R. Weißermel, und der Nebenkläger selbst vernommen. Ersterer wies es weit von sich, daß er sich in irgendeiner Weis« durch Toussaint, den er seines Wisiens nur einmal gesehen habe, habe beeinflussen lassen. Dieser sei keines- wegs in seinem Amtszimmer aus- und eingegangen. Den Haft- befehl gegen Bock habe er auf Grund der polizeilichen Ermitts-' lungen und seiner eigenen Eindrücke ergehen lassen. Der Neben­kläger Toussaint stellte entschieden in Abrede, Zeugen beein- flußt zu haben. Zu oer Festnahme Bocks sei er auf Grund der schweren Belastung der Zeugin P. verpflichtet gewesen. 3tn 18. Bezirk(Weißensee) wählte die Bezirksverordnetenverx smnmluna an Stelle des ausgeschiedenen Bezirksverordneten Schultze-Hohenschönhaufen, der sein Mandat niedergelegt hat, den Bezirksverordneten Keller-Hohenschönhausen(Bg.). Bon seilen der

Die Rächer. Roman von Hermann Wagner.

Die beiden in dem fernen Boot waren plötzlich aufge- sprungen, hatten sich gepackt und rangen wütend mitewander. . Das dauerte kaum einige Sekunden. In demselben Mo- ment, da der junge Mann seinen Schrei ausstteß, hatte der eine der ringenden Männer den Gegner fest umschlungen, hielt ihn erne Weile fest und schleuderte ihn sodann mit einer furchtbaren Kraft aus dem Boot, um sich gleich darauf mit fieberhafter Eile auf die Ruderbant niederzuwerfen und dem nahen Ufer zuzurudern. Der Hinausgeworfene schien entweder kein Schwimmer odn durch den Schreck gelähmt zu sein. Man sah nur eine Spanne Zett seine Arme aus dem Wasser austauchen. Dann versank er in der Tiefe. Den Zuschauern hatte das Entsetzen zunächst den Atem oerschlagen. Sie erhotten sich nur langsam und sahen einander ratlos an. Das junge Mädchen brach in ein hysterisches Schluchzen aus und barg das Gesicht in den Händen. Den jungen Männern, die schwach und furchtsam waren, standen Schweißperlen auf der Stirn. Man müßte doch," stammette endlich der Handlungs- gehilfe, man müßte..." Er vollendete nicht, sondern ergriff die Ruder und ruderte, von den beiden anderen gefolgt, aus jene Stelle zu, an der der unbekannte Mann untergegangen war. Inzwischen war der Mörder mit feinem Boot schon bis ans Ufer gelangt» wo er an Land sprang und, sein Boot im Stich lassend, rasch laufend im Gebüsch verschwand. Die Verfolger, die noch immer eine wahnsinnige Angst lähmte, setzten ihm zaghast nach, als fürchteten sie. das Ufer früher zu betreten, ehe er weit von ihnen weg war. Dieser Fall trat auch ein. Als ihre Füße den festen Boden berührten, war von dem Entflohenen längst nichts mehr zu sehen. Er war verschwunden. Erst jetzt kam ein fieberhaftes Leben in die kleine Gruppe. Sie schrie, lief planlos umher und tat nichts von dem. um nötig gewesen wäre. Bis schließlich der Handlungsge- Hilst doch auf den Gedanken kam, Hilfe herbeizuholen. Allein diese kam viel zu spät. Der Ertrunkene war nicht mehr zu retten. Und von dem Entflohenen hatte man keine Spur. I

Erst am nächsten Tag gelang es, die Leiche des Ertrunke- nen zu bergen. Und das Erstaunen war groß, als die Papiere, die man bei dem Toten fand ergaben, daß er ein angesehener Bürger der Stadt war, der Makler Justus Blümner, ein vierzigjähriger Mann, der seit fünf Jahren mtt einer jungen, schönen Frau in kinderloser Ehe lebte. Nachdem die Staatsanwattschast am Ort des Verbrechens denn ein solches nahm man ohne weiteres an den Tat- bestand aufgenommen hatte, gab sie den Toten stei und man schaffte ihn in die Wohnung Blümners, in der die junge Frau, verstört und doch zugleich gefaßt, schon wartete. Lucie Blümner war in der Tat eine Schönhett, die auffiel. Sie war noch nicht vierundzwanzig Jahre att. Ihr Haar zeigte jenes berückende Rotblond, das zu flammen scheint, wenn die Sonne darauf scheint, ihre großen grauen Äugen drückten Müdigkeit aus, Müdigkeit und Melancholie, und um ihre Lippen lag ein Zug, der, gleichsam erstarrt, von einem Schmerz erzählte, der es aufgegeben hatte, zu hoffen. Sie entstammte einer armen Adelsfamilie und war nur deshalb die Frau Blümners geworden, well ihre Ellern es wünschten. Das war kein Geheimnis. Die Untersuchung, die über den Fall sofort aufgenommen wurde, förderte nichts zutage, das den Moro aufgeklärt hätte. Ein Raubmord kam nicht in Frage, da dem Getöteten, der eine beträchtliche Summe Papiergeld bei sich gehabt hatte. nicht ein einziger Schein fehlte. War Rache der Grund? Nichts bot auch dafür einen AnHall. Lucie Blümner. di« in dieser Richtung vernommen wurde, erklärte, daß, soviel ihr bekannt sei, ihr Mann keine Feinde gehabt habe. Und andere sagten das gleiche aus. Das Verhatten der jungen Frau während der Cinver- nähme berührte den Untersuchungsrichter sonderbar. Sie schien voll Trauer und wie niedergeschmettert, und doch ging aus manchem, das sie sagte, hervor, daß ihr Schmerz mcht der Ermordung ihres Mannes gall. Sie war m manchen Augenblicken wie versteinert, um gleich darauf, vor einem Nichts, zu erschrecken und zu zittern. Sie weinte heftig. Aber sie lochte auch einmal. Das tat sie, als der Untersuchungsrichter sie stagte, ob ihre Ehe eine gute gewesen sei. Da lachte sie, und ihr Lachen klang bös und zufrieden zugleich, fo daß der Untersuchungsrichter vor ihr er- schrak und davon überzeugt war. eine Kranke vor sich zu haben. Einen Augenblick hatte es den Anschein, als ob ein wenig Licht in die Angelegenheit kommen sollte, als die Schwester 1

des Ermordeten vernommen wurde, ein altes Mädchen, das in seinem Aeußeren recht unsympathisch wirkte, infolge seiner groben, harten Züge, seiner stechenden Augen und seiner Uesen, männlichen Stimme. Diese Zeugin war während ihrer Einvernahme sehr er- regt und deutete mit unbestimmten Worten an, daß sie wohl wisse, wer w einem engen Zusammenbang mit der Untat stehe. Als der Untersuchungsrichter sie daraufhin aufforderte, in bestimmter Form alles zu sagen, was sie wisse, lehnte sie dies steillch ab und wurde verlegen. Sie müssen es sagen," setzte ihr der Untersuchungsrichter zu,denn Sie haben geschworen, die Wahrheit auch nicht zu verschweigen." Da wurde die rauhe Person zaghast und stotterte:Daß es die Wahrheit ist, kann ich nicht behaupten." Also eine Vermutung?" drang der Untersuchungsrichter in sie. Auch das nicht. Aber ich habe fo meine Gedankew" Welche Gedanken?" Das grobe Gesicht der Zeugin verzerrte sich in Haß.Ich denke, daß s i e mit Schuld daran hat». ," Welche.sie'?" Sie, feine Frau.. Doch als sie ihren Berdacht sachlich begründen sollte, war sie dazu außerstande. Wenn wir schon annehmen wollen," sagte der Unter» suchungsrichter,daß Ihre Schwägerin an dem Mord irgend» wie beteiligt fft, so liegt die Vermutung doch nahe, daß sie es in dem Sinne war, daß sie jenen unbekannten Mann, der der Täter fft, zu seinem Berbrechen angesttstet hat,,. Glauben Sie das wirklich?" Bei dieser direkten Frage wurde die Zeugin blaß uuv antwortete zitternd:Nein." »Ist Ihnen überhaupt bekannt, ob Ihre Schwägerin Ve» ziehunge« zu fremden Männern hatte?" Hier wechselte die Zeugin abermals die Farbe. Sie wurde rot.Nein," sagte sie hastig und beschämt. Aber es verkehrten doch manchmal Herren in dem Haust des Ermordeten, Freunde oder Bekannte?" Mein Bruder hatte keine Freunde. Rur Herr Vehrens kam manchmal." Wer ist Herr Behrens?" Ein Bekannter meiner Schwägerin, schon aus deren Jugendzeit her, ein reicher Junggeselle ohne Beruf, der einzige, der in das Haus meines Druders immer freien Zutritt hatte und der gern gesehen war."(Forts, folgt.)