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Nr. 279+ 38.Jahrgang

Ausgabe A nr. 142

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Donnerstag, den 16. Juni 1921

Deutsche   Note für Oberschlesien  .

Berlin  , 15. Juni.  ( WTB.) Der französische   Bot­

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Auf dem Weg zur Wahrheit.

Die Deutsche   Regierung muß gegen die gegenwärtigen Zustände Krieges trage, schienen die Meinungen in Deutschland   lange

schafter und der englische Geschäftsträger haben heute abend in Oberschlesien  die bereits in der Preffe aus Paris   angekündigten Borstellun­

schärffte Verwahrung

Ueber die Frage, wer Schuld an dem Ausbruch des unversöhnlich auseinanderzugehen. Von der einen Seite wurde es für nationale Pflicht gehalten, die Dinge so dar­gen bei dem Reichsminister des Auswärtigen gemacht. Jin einlegen. Sie fieht sich genötigt, den immer wiederholten Versuch, Mitten im Frieden hat uns der Feind überfallen." zustellen, wie die deutsche Kriegslegende es haben wollte: Laufe der Besprechungen verfuchten fie, die Verantwortung für den oberschlesischen Selbstschutz auf gleiche Stufe mit den Auf der anderen Seite wurde die Schuld der einstigen die frifische Lage, die durch das Scheitern der Verhandlungen Insurgenten zu stellen, energisch zurückzuweisen und zu be- deutschen   Macht haber aufs schärfste betont. Jetzt zwischen der Interalliierten Kommiffion und dem Zwölfer- tonen, daß der von dem Präsidenten der Interalliierten Kommission scheint sich in dieser vielumstrittenen Angelegenheit so etwas Ausschuß in Oberschlesien   zeitweise geschaffen worden war, beabsichtigte Weg, die Insurgenten durch Berhandlungen zum wie eine Einigung in der Mitte anzubahnen, eine Eini­dem Selbstschutz zuzuschieben. Diesen Ausführungen Abzug mit allen Waffen zu bewegen, nicht geeignet ist, die Ruhe gung, die nach unserer Auffassung der objektiven geschichtlichen frat der Reichsminiffer Rofen mit Nachdruck entgegen. Er und Ordnung wiederherzustellen. Dieser Erfolg fann allein dadurch Wahrheit gerecht wird. teilte dem franzöfifchen Botschafter und dem englischen Ge- gezeitigt werden, daß mit ernstem Nachdrud durchge. Ein Zeichen dafür ist ein Artikel Karl Kautskys in schäftsträger, die einzeln bei ihm vorsprachen, bei diesem griffen und daß Oberschlesien   mit allen Kräften von den Infur- der Freiheit" und die Art feiner Aufnahme in der deutsch­Anlaß mit, daß eine Note an die alliierten Regierungen ab- genten gesäubert wird. Geschieht dies nicht, so wird die volle nationalen Presse. Von Kautsky   war behauptet worden, er gegangen fei, in der die unerträgliche Lage in Oberschlesien   und alleinige Verantwortung für alle Vorkommnisse und ihre Folgen habe die Auffassung von der Schuld der deutschen   Machthaber, geschildert ist und erneut das Verlangen an diefe Regierungen der Interalliierten Kommission und deren Präsidenten zur Laft die er in seinem Buch vertreten hatte, widerrufen. Kautsky  gerichtet wird, Oberschlesien   von den Insurgenten zu fäubern. fallen, der die Macht besitzt, durch energische Maßnahmen die Be- flärt diesen Irrtum auf. Wohl hat sich bei ihm ein Meinungs­Inzwischen scheint sich eine Berständigung der inter  - friedung des Landes in furzer Zeit herbeizuführen. umschwung vollzogen, doch geschah das vor Abfassung und alliierten Truppenführer mit General Höjer anzubahnen. Veröffentlichung seines Buches und nicht erst nachher. Das Mißverständnis war dadurch entstanden, daß Kautsky   in einer späteren Streitschrift Delbrück   und Wilhelm" gesagt hatte:

Der Wortlaut der Note.

Berlin  , 15. Juni.  ( WTB.) Nach Paris  , London   und Rom   ist heute folgende Mote abgegangen:

Seit sechs Wochen hat Rorfanty die Macht nahezu im ge­samten Oberschlesien   an sich gerissen, und hat in dem von seinen Banden besetzten Gebiete tatsächlich alle Befugnisse der Interalliierten Kommission übernommen.

Nach dem Friedensvertrage( Art. 88) ist die Interalliierte Kom­mission verpflichtet, mit Truppen der alliierten Mächte die Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Deutsche   Regierung hält es nicht mit dem Friedensvertrage für vereinbar, wenn die Interalliierte Kommiffion ihre Machtmittel nicht gegen die Infurgenten zum Einsatz bringt. Sie muß daher erneut und mit allem Nachdrud fordern, daß die Bevölkerung Oberschlesiens  , die nach dem Ergebnis der Ab­ftimmung bei weitem überwiegend deutsch   ist, endlich überall und restlos von der Insurgentenherrschaft befreit wird. Verhandlungen mit Hoefer.

nigta, zur Unterbringung englischer Truppen für die Säuberungsaktion zur Verfügung. Die Kampftätigkeit der polnischen Insurgenten hat wesentlich nach gelaffen.

Sechs Wochen erduldet die oberschlesische Bevölkerung die un. geheuren Leiden, welche dieser Rechtsbruch über alle Teile des Landes heraufbeschworen hat. Die Berlufte an en- Oppeln  , 15. Juni.  ( WTB.) Nach Berhandlungen, bie schenleben sind groß. Die Aufständischen häufen Greuel auf heute nachmittag stattgefunden haben, stellte General Höfer dem Greuel. Hunderte von friedlichen Bürgern find verschleppt; General Senneter die Ortschaften östlich der Linie 1,3 Kilometer über ihr Schicksal ist nichts befannt. Historische Bauten, nordwestlich Dollna- Annahof, Westrand Lichinia, Ostrand Kusch wie die Schlösser von Schimischow und Stubendorf, von Bembowig und Kalinow und viele andere sind dem Vandalismus der Insur. genten zum Opfer gefallen. Den Bauern und Gutsbesißern sind Pferde und Bieh weggetrieben, Gebäude und Geräte zerstört. Die Einbringung der Ernte ist bereits jest in vielen Ge genden unmöglich. Nicht minder traurig liegen die Verhältnisse bei der Industrie. Auch der Verkehr steht nahezu überall still. Der Bolschewismus findet in diesem verwüsteten Lande einen gün­ftigen Boden und breitet sich in erschreckender Weise

aus.

Blufenden Herzens, aber mit gefesselten Händen soll das deutsche   Volk zusehen, wie unter den Augen der Inter­alliierten Rommission, der die Verwaltung des Landes zu treuen Händen übergeben war, feine Bolksgenossen brutalster Ge­walt ausgeliefert und die Früchte deutschen   Fleißes und deutscher   Wirtschaft der Bernichtung preisgegeben werden. Sechs Wochen polnischen Terrors find über unsere Boltsgenossen hin gegangen, ohne daß die Interalliierte Kommission die geeigneten Mittel gefunden hätte, die allein eine Niederwerfung des Aufstandes ermöglichen.

Seit Ende Mai find erhebliche Truppenverst är fungen der Entente mit reichlichem Kriegsmaterial in Oberschlesien  eingetroffen. Mit geringen Ausnahmen und abgesehen von den großen Städten, die noch in der Hand der Deutschen   sind, ist jedoch das gesamte Aufstandsgebiet

nach wie vor im Besitz der Infurgenten geblieben, welche dort unumschränkt herrschen. Die Grenze nach Polen   ist offen, von dort fommt dauernder Zuzug an Rämpfern, darunter eine erhebliche Anzahl regulären polnischen Militärs, von dort werden Waffen und Munition aller Art herüber geschafft. Beweise für diese Tatsache werden den Alliierten Regie­rungen besonders übergeben. Wenn aber alliierte Truppen bei ihrem Vorgehen Ortschaften besetzten, fonnten die Insurgenten vor­her, wie z. B. in Rosenberg, unbeläftigt mit Waffen und Mu nition, sowie unter Mitnahme allen geraubten Gutes abziehen und ihrem fanatischen haß auf dem Rückzuge an den unschuldigen Bewohnern freien Lauf laffen. Haben aber interalliierte Truppen ein Gebiet durchzogen, so tauchen in ihrem Rücken alsbald die

Oppeln  , 15. Juni.  ( Eigener Drahtbericht des Borwärts".) Morgen finden neue Berhandlungen zwischen dem britischen Bevollmächtigten bei der Interalliierten Kommiffion Stuart und dem Vertreter der deutschen   Parteien Ulifa in der Räumungs­frage statt. Genoffe Bias wieder frei.

Der von den Insurgenten verschleppte Reichstagsabge ordnete Genosse Bias wurde nach dreitägiger Haft wieder freigelaffen.

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Ich kann hier das Geständnis machen, daß es eine Zeit gab, in der ich der deutschen   Regierung unrecht tat Ich war sehr überrascht, als ich Einsicht in die Aften betam. Meine ursprüngliche Auffaffung erwies fich mir als unhaltbar.

Das Unrecht, das Kautsky der deutschen   Regierung an getan hatte, hat er schon in seinem Buch über die Schuldfrage forrigiert.

Was ist nun der Unterschied zwischen der Auffassung, der Kautsky   vor der Kenntnisnahme der Atten huldigte, und jener, die er dann in seinem Buch über die Schuldfrage ver­trat! Er hatte angenommen, daß die deutsche Regierung fich der finnfälligen Konsequenzen ihres Begehrens flar be­wußt war, als sie sich zur Unterstützung Desterreichs ent schloß. Dann aber mußte man annehmen, daß Deutschland  den Weltkrieg 1914 gewollt und ihn planmäßig herbeigeführt habe.

flare Bewußtsein der finnenfälligen Konsequenzen seines Be Aus den Aften ersah Kautsky  , daß Wilhelm II.   diefes gehrens gänzlich fehlte":

Er provozierte Rußland   aufs stärkste durch die Unterstützung des österreichischen Ultimatums, vertraute aber darauf, daß der russische Koloß sich ohne Schwertstreich vor den Zentralmächten zurückziehen und so der Weltfriede erhalten bleiben werde. Er ris­fierte den Krieg mit Rußland   und Frankreich  , erwartete aber dabei, daß Italien  , ja sogar Rumänien   Desterreich bei seinem Eroberungs­frieg beistehen würden und England ruhig zusehen werde, wie Frant reich vernichtet wurde. Rein einigermaßen nüchtern denfender Mensch konnte diese Er­

Hilferuf der Deutschen   Parteien und Gewerkschaften. Die oberschlesischen Blätter veröffentlichen ein von den Kreis­fontrolleuren zenfiertes und start gekürztes Telegramm, das die deut­schen Parteien und Gewerkschaften Oberschlesiens   am 8. Juni an Lloyd George   und Giolitti gerichtet haben. In dem Telegramm wird auf die ungeheuren Mißstände hin- wartungen teilen.... gewiesen, die fich durch die Absperrung des Industriegebietes durch Sonst verhielt sich Wilhelm im Juli 1914 ebenso wie bei zahl­die Insurgenten ergeben haben, auf die zahlreichen Morde, auf die reichen früheren Anlässen, wo er ohne viele Ueberlegung eine fremde Mißhandlungen, die Gefangennahme von Deutschen   und auf Großmacht beleidigte und provozierte, um zusammenzuklappen, so­den Terror, endlich auf das soziale Elenb, das durch die bald sie Miene machte, auf die Provokation zu erwidern. Man er­absperrung der Lebensmittelzufuhr verursacht wird. Diejenigen innere fich der Haltung Wilhelms im Burenfriege. So tlapple er Stellen, in denen die Parteien und Gewerkschaften bittere Klage auch im Juli 1914 zufammen, als die unvermeidlichen Früchte feines führen über das unforrette Berhalten der Franzosen  , sind ge- Luns zu Tage traten und Deutschland   von einem Kriege gegen die strichen. Der Aufruf schließt: Das Recht ist gebrochen, die Kultur ganze Welt bedroht mard. Nun wäre er gern wieder zurüdgewichen. ist geschändet. Die nicht vom Aufstand erfaßten Gebiete haben den Diesmal aber entschloß er fich zu spät dazu. Es gelang ihm nicht, oberschlesischen Selbstschutz aufgestellt, um Leib und Seele der Desterreich zurückzupfeifen, denn die verbrecherischen Idioten, die am friedlichen Bevölkerung zu schützen. Wir sind der Auffaffung, daß Tiener Ballplay die äußere Politik Desterreichs machten, freuten das Recht der Notwehr eine Grundlage findet in dem gegenwärtigen fich, endlich einmal ihren" Krieg gegen Serbien   zu haben. Die Borgehen der Bolen und daß diese Notwehr deshalb von der Inter- Wilhelmschen Sprünge von herausfordernder Rüd­alliierten Kommission anerkannt werden muß, solange sie nicht in der fichtslosigkeit zu angstvoller Berzagtheit machten Lage ist, das Leben und das Recht der ihr anvertrauten herrschenden sie nicht mit. Sie blieben bei ihrem bornierten Draufgängertum. unterstellten friedlichen Staatsbürger mit eigenen Machtmitteln völlig daß alle Belt mobilisierte, weil jede Partei vom Gegner überfallen Ueberdies aber hatte die Wilhelminische Politik dahin geführt, zu schützen.

Wie einfichtige Engländer die oberschlesische Frage beurteilen, ift polnischen Banden wieder auf und treiben in gleichem Maße ihr aus folgender Depesche des Berliner   Korrespondenten des Daily Herald" an sein Blatt zu entnehmen:

Unwesen wie vorher.

Eine Befriedung ist nirgends zu verzeichnen. Längs der ganzen Front find die Ortschaften, wie z. B. Kostellit, Bachowitz, Frei- Pipal, Frei- Kadlub, Schemromiß, Waldhäuser, Hohenbirken, Bukau, Markowiß, welche vorübergehend von den Bolen geräumt waren, erneut von den Banden besett und schwer heimgesucht worden. Die oberschlesische Bevölkerung und mit ihr das gesamte deutsche Bolt haben mit einer

zu werden fürchtete. Die Kopflosigkeit Wilhelms wurde dadurch auf die Spize getrieben. Während die anderen mobilisier ten, aber nicht den Krieg erklärten, um nicht vorzeitig die letzte Hoff­nung auf Erhaltung des Friedens zu töten, glaubte er, die Mobili

fierung der anderen zwinge ihn selbst, nicht nur zu mobilisieren, son­Eine weitere Verzögerung der Interalliierten Afflon gegen die dern auch den Krieg zu erflären. So entfesselte er den polnischen Infurgenten würde in die innerdeutsche Situation bedent- Weltkrieg. liche Berwicklungen hineintragen, da dann die Behauptung der Dies die Auffassung, die ich aus dem Studium der Aften ge­Chauvinisten, Lloyd George   fuche fich der Verpflichtung zur Wieder- wann, und der ich in meinem Kriegsbuch ebenso wie später noch in herstellung der Ordnung in Oberschlesien   zu entziehen, indem er die meiner Entgegnung gegen Delbrück   Ausdruck gab. Um es nochmals Frage des deutschen   Selbstschuhes als Vorwand gebrauche, auch in zu wiederholen: Die Atten, bezeugten mir, worin ich der deutschen  fonft gemäßigten deutschen   Kreisen Glauben finden würde. Diese Regierung vorher in meinem Denten Unrecht getan: Ich hatte mit könnten dann leicht dazu überredet werden, daß die Versöhnungs- Unrecht von ihr angenommen, daß fie fyftematisch, planmäßig, mit politik Dr. Wirths nuklos fei, wodurch das Kabinett gefährdet würde. vollem Bewußtsein ihres Tuns vorgegangen fei. In Wirklichkeit Für die Reaffion würden die lehten Schranken fallen; es ist wohl finden wir bei ihr nur Gelegenheitspolitit, eingegeben von den Ein­faum eine Frage, daß fie die oberschlesischen Freiwilligen zu einem drücken des Augenblids, die nicht nach den weiteren Konsequenzen wird, bisher die Ruhe bewahrt. Der oberschlesische Selbst- 3ug gegen Berlin   mißbrauchen möchte, der dann für die Reaffion fragt und sich aufs gute Glüd verläßt, um, wenns fchief geht, den schutz hat trot zahlreicher Angriffe der Polen   und trok dringender im ganzen Reiche, besonders für das durch die letzten Ereigniffe Kopf zu verlieren und nach dem nächstliegenden Strohhalm zu greifen. Hilferufe aus den von Korfanty befeßten Gebieten feine Stellungen arg blosgeftellte bayerische Regiment das Signal wäre, sich gegen alles Das ist dieselbe Auffassung, die auch von der deutschen  nicht weiter vorgetragen in dem Bertrauen, daß endlich ener- zu erheben und alles zu vernichten, was heute in Deutschland   demo- Sozialdemokratie in ihrer Denkschrift an den Kongres der gische Maßnahmen seitens der Interalliierten Kommiffion gegen trafisch und republikanisch ist. So ist die oberschlesische Frage teine 3weiten Internationale vertreten worden ist. Aber die Ueber­Korfanty und seine Banden ergriffen werden. lotale oder foloniale, sondern eine europäische Frage. einstimmung scheint noch viel weiter zu gehen, findet sich

Selbstbeherrschung, die von der gesamten Welt als bewundernswert anerkannt