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teidigen und wird nicht einer vorgefaßten Formet wegen es zugeben, daß die Regierung, aus Mangel an Unterstützung von ihrer Seite, den reaktionärsten Cliquen ausgeliefert wird. Diese Notwendigkeit ist lebendig im Bewußtsein der Massen und spiegelte sich deutlich in der Diskussion wieder, mit der die neue Parlamentsfraktion ihreArbeiten eingeleitet hat. Be- greiflicherweise wurde keine prinzipielle Entscheidung getrof- fen, denn die Fraktion ist an die Kongreßbeschlüsse von Bo- l o g n a und L i o o r n o gebunden. Trotzdem ließ aber die Fraktion von der Taktik ab, sich nicht an den Wahlen für das Kammerpräsidium zu beteiligen, so daß als Vizepräsident Gen. Dr. C a s a l i n i gewählt wurde. Desgleichen hat man von der antidynastischen Demonstration abgesehen, die bei der vorigen Thronrede inszeniert worden war, wobei die sozio- listische Fraktion sich nach dem Eintritt des Königs in die Aula unter dem RufEs lebe der Sozialismus" ostentativ entfernte. Diesmal find alle Sozialisten, ebenso wie die Kom- munisten und Republikaner, der Thronsitzung ferngeblieben. Was die Taktik betrifft, so hat sich die Fraktion, ohne eine prinzipielle Resolution anzunehmen, auf die folgenden Punkte festgelegt: energische Opposition gegen das Ministerium Eiolitti, Vertretung der Rechte jener Wahlbezirke, deren Wahl» freiheit durch die Fascisten vergewaltigt worden ist; Forde- rung parlamentarischer Beschlußfassung in Sachen der äußeren Politik, damit diese sich fern halte von neuen Abenteuern und von jeder Verletzung der Freiheit und Selbständigkeit der Völker: Wiedervorlegung aller sozialen Gesetzesentwürfe, die durch die Auflösung der vorigen Kammer nicht zur Annahme gelangt sind, namentlich des Gesetzes über den Achtstundentag und über die Kranken- und Altersversicherung: Ausarbeit und Vertretung einer konkreten Arbeitspolitik, die unter Verwer- tung der Gewerkschaften die Folgen der Arbeitslosigkeit weniger fühlbar macht: Verteidigung des Koalitionsrechts, auch der Staatsbeamten, und Forderung der Zurückziehung der Maßregelungen, im Anschluß an die soeben beendete Be- wegung. Schließlich hat die Fraktion ihrDirektorium" er- nannt, in das die bekanntesten Reformisten, wie T u r a t i. M a t t e o t t i und B a l d e s i gewählt wurden. Zunächst wird sich die Fraktion also gegen das heutige Kabinett wenden, dem die Schuld für die Entfesselung des Fascismus zufällt. Inzwischen hofft man, wenn nicht auf die Einberufung eines neuen Parteitages, so doch auf die des Nationalrates, um einen Konflikt zwischen Partei und Frak- tionsvorstand zu vermeiden. Der aus dem Parteitag von Livorno hervorgegangene Parteivorstand ausgemäßigten Kommunisten" kann sich nicht mit dem Gedanken der Unter- stützung irgendeiner Regierung befreunden, was in der Praxis bedeuten würde, daß sich das neue Kabinett des Nach- folgers Gwlittis auf die Klerikalen stützen müßte, um eine Mehrheit zu haben. Wie viel inneren Zwiespalt die italienische Partei auszu- tragen hat einen Zwiespalt, der bei einer entscheidenden Wahlniederlage, wie sie die Gegner geträumt hatten, gar nicht in die Erscheinung getreten wäre geht aus der Tatsache hervor, daß am IS. d. L a z z a r i, M a f f i und R i b o l d i im Auftrage des Parteivorstandes nach Moskau gereist sind, um die Aufnahme in die Dritte Internationale zu erwirken. Wir glauben, daß die Reise nach Moskau zu nichts anderm führen kann, als zu einem Mißerfolg: wie kann Italien zwei Sektionen der Dritten Internationale haben, die kommu- nistische und sozialistische Partei? Und eine definitive Absage von Moskau her wird dazu beitragen, die italienischen Partei- Verhältnisse zu klären. Heute steht die Partei unter dem Einfluß ihres Wahler- folges, den man im Ausland in seiner ganzen Bedeutung nicht ermessen kann, weil man den Umfang des fascistischen Terrors nicht ermißt. Dieser Wahlerfolg verpflichtet und die führenden Persönlichkeiten in unfern Reihen sind sich dieser Verpflich- tung bewußt. Das bedeutet einenRuck nach recht s", aber der Anstoß zu ihm kommt wahrhaftig nicht von den Fascisten.

Die Hinrichtung aus öem prager Ring. Der Präger Fenstersturz im Jahre 1618 pflegt als der Beginn des Dreißigjährigen Krieges angesehen zu werden. Die Rebellion der böhmischen Stände brach aus, als die Bewohner zweier deutscher Städtchen im nördlichen Böhmen , Klostergrab und Braunau , wegen Erbauung protestantischer Kirchen mit der katholichen Herrschaft in Konflikt gerieten. Das ungeheure Ringen zwischen Protestantismus und Katholizismus fing an. Die Stände riefen Friedrich von der Pfalz herbei, um ihm die Krone aufs Haupt zu setzen. Ferdinand, der Habsburger , wurde von ihnen als abgesetzt erklärt. Da brach das kaiserliche Heer durch Mähren in Böhmen ein und zog unauf- haltsam gegen Prag . Die evangelischen Stände vermochten ihm nur eine Armee von Landsknechten entgegenzustellen, und die Schlacht, die vor den Toren von Prag geschlagen wurde, währt« nicht läpger, als etwa 100 Minuten. Friedrich von der Pfalz floh. der böhmische Aufstand war unterdrückt, die Habsburger bemächtig- ten sich Böhmens , Mährens und Schlesiens. In der Kriegsgeschichte hat diese Schlacht auf dem Weißen Berge keine größere Bedeutung, aber sie bedeutet in der Kulturgeschichte Europas eine entscheidende Wendung. Ferdinand II. richtete in den Ländern der böhmischen Krone, in denen der evangelische Glaube schon vor Luther , schon nach dem Märtyrertode des Johannes H u ß Wurzel geschlagen hatte, die Gegenreformation auf. Er trug den Krieg weiter nach Deutschland hinein und riß ganz Europa in den Wirbel der blutigen Ereignisse. Das tschechische Volk sieht in der Niederlage auf dem Weißen Berge das Ende seiner Freiheit, die es erst drei Jahrhunderte später wieder gewann. Heute jährt sich nun zum dreihundertsten Male der Tag, an dem Kaiser Ferdinand in Prag ein furchtbare» Blutgericht über die Schuldigen der Rebellion hielt. 27 Führer des Aufstandes, darunter auch mehrere Deutsche, büßten ihr Leben ein unter der Hand des Henkers. Ein schwarzes Gerüst wurde auf dem Altstädter Ring in Prag errichtet. Die zum Tode Verurteilten betraten es vom Balkon des historischen Rathauses aus. Als erster von ihnen Graf Schlick, das Haupt der lutherischen Deutschen in Böhmen . Nach ihm Vaclav Budovec. ein Mitglied der Böhmischen Drüder-Gemeinde, dem es verwehrt wurde, von einem evangelischen Priester begleitet zu werden. Dann Christoph Harant von Poizic. berühmt durch seine Reiscschilderungen aus Palästina und Aegypten , dann ein 86jähriger Greis, Kaspar Kapllr von Sulevic, dann der hervorragende Arzt und Anatom Johannes Jessenius und die ganze Reihe der unerschrockenen Kämpfer. Manche von ihnen wurden nicht etwa nur enthauptet, die Rachsucht der Machthaber und ihr Bestreben, ein abschreckendes Beispiel zu geben, fand entsetzlichere Formen der Hinrichtung: grausame Räderung und Viertellung: einzelnen Opfern wurde die Zunge herausgeschnitten, bevor man sie tötete, zwölf der abgeschlagenen Köpfe wurden noch

dl'eSchlagwetterkataftropheaufNont<ten!s. Herne, 21. llnnl. Von den bei der Schlagwetterexplosion auf der Zeche Mont Cenis Verunglückten sind nach einer amtlichen Illel- dung bis gegen 2 Uhr nachts 6 S Tote und 7Z verwundete, darunter 26 Schwerverletzte, geborgen. Die zu vorstehender Meldung ergänzend mitgeteilt wird, ist inzwischen die Zahl der veronglückten Bergarbeiter weiter g e- stiegen, vis heute morgen 3 Uhr waren 71 Tote geborgen, außerdem find von den schwerverletzten vergleulea sieben im vochumer Krankenhaus gestorben. Die Zahl der Verwun­deten beträgt über 70. Die Bergungsarbeiten werden fortgesetzt. Zurzeit der Explosionen waren aus der Zeche 1200 Zllann an- wesend. 3m Schacht befinden sich noch immer zahlreiche Mann- schasten, obwohl die Rettungsmannschaften der umliegenden Zechen alle» daran setzen, um an den eigentlichen Herd der Katastrophe zu gelangen. Die Gefahr einer zweiten Explo- sion ist zur Stunde noch nicht beseitigt. Unter den verunglückten befinden sich zahlreiche Bergleute, die erst vor kurzem von der stillgelegten ZecheMaximilian" bei Hamm auf die Zeche.Mont Cenis" verlegt worden waren. Viele verwundete haben durch die heftige Rauchentwicklung schwer zu leiden. Der durch die Explosion und den Brand angerichtete Schaden ist sehr bedeutend und wird voraussichtlich eine längere Betriebsstörung zur Folge haben. Nach dieser Meldung stellt sich die Katastrophe weit schwerer dar, als nach den letzten durch MTB. ausgegebenen Meldungen erschien. Gerade die Bergarbeiter- s ch a f t ist durch ihren schweren Berus besonderen Gefahren ausgesetzt, und die betroffenen Familien können des tiefen Mitgefühls der gesamten deutschen Arbeiterschaft sicher sein. Neben der Linderung der größten, durch den Tod zahlreicher Ernährer entstandenen Not muß es nunmehr als Hauptauf- gäbe gelten, die Ursache des Unglücks aufzuklären, bzw. zu ermitteln, ob auf irgend einer Seite ein f ch u l d h a f t e s Verhalten vorliegt. Die Arbeiterschaft muß fordern, daß sie bei dieser Untersuchung hinzugezogen wird.

Der sthlimmfte Schurkenstreich. TieRote Fahne" über den(Sewerkschaftshaus-!?rawaU. Gestern haben Arbeitslose, utfler die sich allerhand ver- brecherisches Großstadtgesindel eingeschlichen hatte, einen Sturm auf das Gewerkschaftshaus unternommen, das Eigen- tum der organisierten Arbeiterschaft schwer beschädigt, die an- gestellten Vertrauensmänner an Leib und Leben bedroht, einen von ihnen, den alten S a b a t h, den Vorsitzenden der Gewerkschastskommission, den die bürgerliche Presse fälschlich als Mehrheitsfozialisten bezeichnet er ist Unabhängiger, durch Hiebe auf den Kopf so übel zugerichtet, daß er ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Gibt es einen organisierten Arbeiter, überhaupt einen anständigen Menschen, der sich nicht mit Scham und Abscheu von solchen Szenen abwendet? Kann man begreifen, daß ein Blatt, das ein.Arbeiterblatt" fein will, statt von solchen Schädlichkeiten abzumahnen, zu neuen Ausschreitungen solcher Art aufreizt? Die.Rote Fahne" bringt auch das fertig. Mit frecher Stirne lügt sie: Ein Stoßtrupp von Gewerkschaftsange st eilten hotte den traurigen Mut, Gummiknüppel, Elsenstangen und Schuß- waffen gegen oabewafsvete Arbeitslose zu gebrauchen und den An- laß zu liefern, daß zwei Hundertschaften Sipo eintreten konuken. Das Gewerkschaftshaus unter dem Schutz der Sipol Ein Alarmzeichen für die gesamte revolutionäre Arbeiterschaft!... Vor uns auf dem Tisch liegt die Eisenstange, die Saboth ge- schwungen hatte, liegen Gummiknüppel, liegt ein Gummischlauch, mit denen sich die Gewerkschaftsbureaukraten ausgerüstet hallen; ein Be- weis dafür» daß sie sich bewußt für Prügelszenen gegen die Demon­stranten gewappnet haben, daß sie nicht mit Worten zu den Arbeitslosen sprechen wollten, sondern mit Gummiknüppeln.

jahrelang zur Warnung am Mstädter Brückenturm ausgehängt. Aber Kaiser Ferdinand begnügte sich nicht mll diesem Blutgericht, noch wichtiger war ihm die Konfiskatton der Güter evangelischer Eigentümer. Geradezu Dreiviertel von Böhmen wurden konfisziert und unter die Günstlinge des neuen Regimes verteill. Mit un- erbitterlicher Hand begann die Gegenreformation ihr Bekehrungs- wert. Sie taufte den um, der das Land nicht verließ, mit derselben Hand, mit der sie hohe Geldbuhen von den Städten eintrieb, und Bauern und Gutsherren von den Höfen jagte. Damals wanderten die Bekenner des evangelischen Glaubens in dichten Scharen aus. Mehr als 30 000 böhmischer Familien verließen das Land. Es waren zumeist Adlige und Bürger, wäh- rend die Bauern in ihrer Not sich unterwerfen mußten. Unter den Emigranten befand sich der große tschechische Humanist C o m e n i u s. Zu Tausenden zogen sie über die Grenze nach Deutschland , und in der nächsten Nähe von Berlin , in Rixdors, dem heutigen Neukölln, sind die Böhmische Kirche und der Böhmische Gottes- acker mit seinen tschechischen Grundsteinen Stätten, die an die tragische Auswanderung erinnern. In der Zeit nach der Schlacht am Weißen Berge, nach dem grausamen 21. Juni 1521, lernte das ffchechische Volk die Habs- burger hoffen. Es nährte volle drei Jahrhunderte diesen Haß, und obgleich die Gegenreformation in den böhmischen Ländern gründ- liche Arbeit verrichtete, so ist dort der revolutionäre Geist gegen die Habsburger niemals ausgestorben. Die Vergellung erlebte das Herrschergeschlecht erst im Wellkriege. H.

»Die Weber " im Großen Schauspielhause. Jedesmal, wenn Gerhart Hauptmanns Weber"- Tragödie aufgeführt wurde, konnten die staunenden Parteien des Zuschauerraumes ein großes Massenleid auskosten. Die Auf- führung. die das Große Schauspielhaus gab, beabsichtigte mehr. Dos Theater wurde in eine wirkliche und riesige Ver- sammlungshalle umgewandelt. Ob man wollte oder nicht, es entzündete sich in den Massen der Hörer und Zuschauer die poli- tische Erregung, die von der mahnenden Zeit ausgeht. Das Zirkus- theater wurde in diesem neuen Sinne zur Arena, obwohl die Arena als Kunstmillel ganz verschwand, obwohl der Direktor, der nach möglichst vielen Sitzgelegenheiten für die Neugierigen suchte, die Stühle auch in die ehemalige Bahn der Pferde und Pantomimen- kamele hineinstellte. Die Wirkung der Tragödie ist heute ungeheuer und aufregend. Man vergißt das Theater. Wenn die sanften, verhungerten Weber zu Indianern werden und an dem wten Material der Fabrikanten- wohnung ihre jahrzehntelang schon wurzelnde Zornes- und Wut- krankheit austoben, dann stehen dem mitflammenden Zuschauer die Haar« zu Berge. Er denkt nicht mehr an Kunst. Natur und Revo- lution, die nicht mehr zu dämmen sind, das allein lodert noch. Man duldet für diese Tragödie den Schreistil des Zirkustheaters. der alle feinere Theaterkiinst töten würde, breitete er sich noch weiter

Die Verantwortung dafür, daß die Prügelszenen von den bis aufs Blut gereizten hungernden Arbeitslosen nicht unbeantwortet blieben Sabath wurde von mehreren Schlägen getroffen, so daß er blutete fällt aus die Gewerkschaftsbeamteu zurück, die es be- wüßt auf die Provokation ankommen ließen, die Gummiknüppel und Sipo parak hielten, weil sie wußten, wie es auf die Arbeitslosen wirken mußte, wenn sie sich zu ihnen zu sprechen weigerten. Bekanntlich war Gen. K n o l l schon einige Tage zuvor gewaltsam aus seinem Bureau herausgeschleppt und mit Rufen wieSchmeißt das Aas ins Wasser!" am Leben bc- droht worden. Aehnlich war es auch damals schon Sabath ergangen. Für Montag waren neue Kundgebungen dieser Art angekündigt. So wäre es nur allzu begreiflich ge- wefen, wenn die Gewerkschaftsangestellten Maßnahmen zu ihrem Schutze ergriffen hätten. Sie' haben es aber wir sagen leider! nicht getan, sondern sich völlig schutzlos der neuen Bedrohung ausgesetzt. Daß Sabath, den ein pcar Bestien auf seinen schneeweißen Kopf schlugen, eine Eisen- stanze geschwungen hat er wäre zu seiner Verteidigung dazu berechtigt gewesen, ist eine freche Lüge. War es der Roten Fahne" um die Wahrheit zu tun. so brauchte sie nur die kommunistischen Gewerkschaft sang estcll- ten zu fragen, sie hätten die Darstellung bestätigt, die vom VorwMs" und derFreiheit" gegeben worden sind. Aus dem Asyl für Obdachlose waren die Insassen heran- geholt worden, um diejunge Garde" zu verstärken. Da nachträglich eine Visitation der Helden durch die Schutzpolizei zu gewärtigen war, entledigten sich die Anführer derunbe- waffneten" Demonstranten ihrer mitgebrachten Mordinstru- mente, so daß neben Gummiknüppeln auch zwei Eier- Handgranaten zum Vorschein kamen. Aber die Kommunisten wollen nicht die Wahrheit, sondern sie wollen den Bürgerkrieg, den Bruderkrieg zwischen den Arbeitern, und auch in diesem Krieg gilt die Lüge als bcrech- tigtes Kampfmittel. Wie der deutsche Militarismus seinen Angriff auf Belgien und Frankreich mit den dümmsten Lügen rechtfertigte, so ist auch ihnen jeder plumpe Schwindel recht, um die Angegriffenen als die Angreifer hinzustellen und die Gewalttaten, zu denen sie aufreizen, zu rechtfertigen. Die Szenen, die sich gestern am Engelufer abspielten und ihre Behandlung durch ein angeblichesArbeiterblatt" sind die allerschlimmste Beschmutzung. die die deutsche Arbeiterbewegung jemals erlitten hat. Es kann keine geistige und sittliche Gemeinschaft geben zwischen dein klassenbewußten Proletariat und den Knüppelgarden der Roten Fahne".'

Ermittlungen im Zolle Saenger . Neue Verleumdungen der bürgerliche« Presse. München , 21.?uni.(Eiz. Drahlberichi de»Vorwärts".) Auf Grund der pollzeilichen Ermittlungen ist es gelungen, ten Täter, einen Kaufmann Körner, der den Ucbersall aus deu Abg. Saenger ausüblc, zu ermitteln. Ueber feine Person ist im Augen- blick noch nichts Näheres betannt. Bei seiner ersten Vernehmung gab der Täter an, au» der betreffenden Versammlung herausge­worfen worden und durch die Beifallsäußerungen der Begleiterinnen Saengers gereizt worden zu fein. DieMünchener Neuesten Nachrichten" bemühen sich, auch diesen Fall im reaktionären Sinne auszuschlachten, indem sie den Genossen Saenger in ihrem heutigen Artikel unter der ReberschriftDie baye­rische Mörderzenkrale" verhöhnen. Ebenso unwahr wie nach der Ermordung des Abg. G a r e i s wird auch hier versucht, dem Atten­tat eine Liebesaffäre zu unterschieben und die sozialdemo- krakischeu Führer alsgewiffeulose Aufpeiffcher der Arbeiterschaft im Intereffe der eigenen Popularität" hinzustellen. Die Führung der Untersuchung durch die P o l i z e i d i r e t t i o« hat bei den daran Beteiligten deu Eindruck erweckt, daß eine Lösung der Affäre Saenger im Sinne einer neuen Klassenhehe gegen die Ar­beiterschaft und einem innigen Zusammeuarbeileu zwischen Polizeidirektion und Reaktion herbeigeführt werden soll.

aus. Und man duldet diesen Schreistil aus den gleichen Gründen, die die grelle Ueberlichtung der Bühne rechtfertigen. Ueber das Menschliche hinaus vollbringt Hauptmanns Kunst- instinkt und technischer Takt, daß er in der Proletariermaffe die per- sönlichen Träger der großen Aufruhrempfindungen entdeckt. Der Fabrikant Dr. Dreißiger, van Erich Pabst gespielt, entgleiste nicht zur bloß radaulierenden Schinderei. Dieser Menschenquäler hat auch seine weichen Seiten, vom Dichter in Gerechtigkeit betont, vom Schauspieler fleißig herausgearbeitet. D i e t e r l e ist der Auftührer Moritz, der die ganze Erhebung anzettelt. Er wäre im regulären Theater viel zu grob. Im Zirkustheater erfüllt er seinen Zweck. Fritz Richard und Karl Wallauer sind die Alten und Feier- lichen. Wallauer ist als alter Ansorge von der Gefahr bedroht, daß er zu salbungsvoll würde. Dem entgeht er durch die sichere BeHerr- schung seiner Sprache und Gesten. Werner K r a u ß, der alte Hilse, der unerschütterlich Fromme, den die rasche Kugel der Solda- ten hinwirft. Schmetternd, getragen, pastoral ist er, vielleicht der beste Beherrscher der Freskomittel und Bahnhofsakkustik, die dieses gefährliche Haus verlangt. Max Hochdorf .

Schwedischer Studenleuchor. Regenwetter, voller Beethoven- Saal, Andacht und Stimmung nach dem Abbruch aller Konzerte. 30 frische, junge, kräftige Menschen treten auf das Podium, schallend begrüßt, studentisch mir Trampeln empfangen. Ein wohlbeleibter, ernster Musiker, Dr. Alfred Berg, führt sie, die auswendig singen. Was freut an diesen schmucken Jünglingen? Wir grüßen sie als Abgesandte eines froheren, gesünderen Landes, das uns Freundschaftsbeweise gab, Hunderten von deutschen Kindern Speise und Pflege, ein neutrales, schönes, liebes Volk mit einer ausdrucks- starken melodischen Sprache. Volkslieder, Gesänge von Grieg , Bellmann, Södermann, Berg und Bull. Einfach in der Form, schlicht im Seelischen, einer Modulation voll feiner Edel- stimmen, kaum ernsthaft geschult. Hie und da drängt einer vor, werden ein paar undiszipliniert. Das käme bei unsern Männer- chören nicht vor. Aber unter dem Frackhemd schlägt das Heimat- liche Herz, in den Stimmbändern vibriert und klingt die Seele nord- wärts. Ein gesunder Geruch weht aus Lied und Sangeslust, und jung sind diese Kehlen und ftoh. Wie die Blicke leuchten, wie die Mustkanlenlust ansteckt! Ein jeder gibt nicht nur sein Bestes, nein, er verschenkt sein Ganzes. So teilt sich Erleben mit, und selbst im abgestuftesten Balladenstil klingt der Unterton studentisch-natürlichen Frohtakts mit. Kammermusik im Voltsgesang. Das, was ein paar hundert Schulkindern die schwedischen Gäste sangen, war hübsch: uKd auch ein bißchen sentimental. Also ein deutscher Gruß nach allen Regeln und Gesetzen. Einen Salamander hätten die lieben Burschen oerdient. Ex est. Auf Wiedersehen, dort oder hier! K. S. Die BerNner Schule für Theaterkunst. Profeffor Bernhard P a n k o k, der Direkter der Staatlichen Kunstgewerbeschule in Stuttgart , hotte bekanntlich im letzten Winter einen Ruf an die Ber - lincr Hochschule für die bildenden Künste erhalten, um hier ein« Schule für Theaterkunst im Werkstöttenbetrieb zu begründen und zu leiten. Zwar bemühten sich die Stuttgarter ,