derselbe besirast werden könnte. Der Verfasser solltevor dem Militärgericht vernoinmen werden, verweigerte jedochdie Aussage, da er das Militärgericht nicht für zuständig er-achtete. Daraufhin sagte der Auditeur zu Gradnauer, daß dieUntersuchung nun noch lange dauern könne und der angegebeneVerfasser wahrscheinlich in Zwangshafl genommen würde.Gradnauer, der in der Verantwortung der Notiz keine Gefahrsah, glaubte aus den Worten des Auditeurs entnehmen zukönnen, daß es mit der Untersuchung zu Ende sei, wenn der Ver-fasser bekannt wäre. Aus diesen Gründen erklärte Gradnauer,er sei der Verfasser.— Darauf wurde Gradnauer aus derHaft entlassen. Bei der zweiten Notiz gab Gradnauervor dem Militärgericht die Erklärung ab, daß er wohl glaube,nicht nölhig zu habe», Auskunft darüber zu geben, werder Verfasser sei, da wurde ihm aber erklärt, daß er Auskunftgeben m ü s s e. Gradnauer war Soldat, stand vor seinem Vor-gesetzten, hätte er keine Auskunft gegeben, so wäre dies eineGehorsamsverweigerung gewesen— so hat es wenigstens Grad-nauer ausgefaßt. Da nun Gradnauer befürchtete, in der Notizkönnte eine Beleidigung erblickt und der Verfasser unter Anklagegestellt werden, so konnte er es nicht über sich bringen, einenFreund zu verrathen; er erklärte deshalb, selbst der Verfasserzu sein.Und diese Aussagen sollen ein unumstößlicher Beweis dafürsein, daß Gradnauer der Verfasser wirklich ist! Als dritter Be-weis wurde die Thatsache angesehen, daß der Brief, welchem derInhalt der zweiten Notiz entnommen war, in Gradnauer'sZimmer gefunden wurde. Diese Thatsache kann nur derjenigeals eine» Beweis für Gradnauer's Verfasserschaft ansehen, der voneiner Zeilungsredaktion kein Verständniß hat. Diesen Be-hauptungen und Annahmen gegenüber bean-tragten die Angeklagten, Zeugen zu vernehmen,welche beweisen können, daß nicht Gradnauer,sondern ein Anderer der Verfasser ist. Die Be-weisanträge der Angeklagten wurden abers ä m m t l i ch abgelehnt!Dieses Verfahren des Gerichts ist um so ausfälliger, wennman bedenkt, daß zum Beweise für Gradnauer's Schuld die„Gefühle" eines Kriminalbeamten angezogen wurden. Ja,man höre und staune, der Kriminalbeamte Bornsagte unter seinemEide aus, daß er dieSchreib-weise Grad nauer's kenne, weil er schon öfters— Beschwerdeschriften von ihm gelesen habe!Da muß einem ja der Verstand stille stehen, wenn mandies hört.Nichts von alledeni, was man für die Verfasserschaft Grad-nauer's angeführt hat, kann als ein endgiltiger Beweisangesehen werden, und würde das Verfahren des hiesigen Amts-gerichts gutgeheißen werden, so könnte in Zukunft jeder Redakteuroder Schriftsteller als Versafser eines Artikels belangt werden,wenn ein Kriminalbeamter erklärt, er habe das„Gefühl", daßdieser oder jener der Verfasser sei. Alle Gegenbeweise, alle Aus-sagen der Zeugen müßten dann gegenüber den„Gefühlen" derPolizeibeamten in den Hintergrund treten.Gegen eine solche Gerichtspraxis müßte sich die ganzeöffentliche Meinung auflehnen, dagegen Protestiren. Hätteman den Beweis zugelassen, daß nicht Gradnauer, sondern einAnderer der Verfasser ist— im übrigen hat der MitangeklagteRedakteur Fischer den thatsächlichen Verfasser genannt—, sohätte sich die Unschuld Gradnauer's ergeben.Ueber die furchtbar hohe Strafe wollen wir kein Wort ver-lieren— das sind wir Sozialdemokraten in Sachsen gewöhnt;aber wieso man dazu kommen kann, in der Notiz, welche dochnur sagt, Gradnauer habe dies und jenes gethan, eine Be-leidigung für das Regiment zu finden, ist uns auchnach der Urlheilsbegründung noch ganz unerklärlich. Die«Frkf. Ztg." hat mit diesem Urtheil Recht bekommen, wenn sievor einiger Zeit schrieb, in Sachsen sei kein Ding unmöglich.Daß es bei der Strafe Gradnauer's nicht bleiben kann,sind wir überzeugt; das Landgericht m u ß den Beweis zulassen,daß Gradnauer thatsächlich nicht der Verfasserist. Die Freisprechung Gradnauer's wird die Folge sein, aberdie Untersuchnngshaft, in der er sich jetzt befindet, hat er dann—wir hoffen allerdings bestimmt, daß er bald freigelassen werde—verbüßt, denn-- Strafe muß sin!-------VolitUihe UoverNckzt.Berlin, den 16. November.Der„Bortvärts" und der Parteitag. Ans demUmstand, daß wir über die vorgestrige Berliner Partei-Versammlung, die sich mit dem Parteitag beschäftigte, aus-führlicher, als dies unsere dnrch Raumrücksichten uns auf-gezwungene Gewohnheit ist, berichtet haben, könnte ge-folgert werden, wir hätten damit indirekt Partei ergriffen.Gegen eine solche Annahme müssen wir uns verwahren.Ausführlich mußten wir in diesem Falle berichten, einer-seits um den Vorwurf, wir wollten vertuschen, nicht auf-kommen zu laffen; anderseits um den Genossen den ganzenUmfang des Gebiets zu zeigen, auf welchem die Diskussionsich vorgestern bewegte, und auf welchem die dieser Dis-kussion voraussichtlich entspringende Debatte sich bewegenwird.sie nicht so natürlich ausgesehen hätte. Annette's feiner,etwas spöttischer Mund, chr keckes Stumpfnäschen, ihrblendend frischer Teint, alles sprach in ihrem Antlitz vonGesundheit, Frohsinn, Lebenslust und dem unbezähnibarenVerlangen nach Bewegung. Ob sie hübsch war? Nochnicht. Da�u war sie noch zu mager, zu schlank, aber merk-würdig fesselnd war ihre ganze Erscheinung, besonders wennihre blauen, von Spottlust funkelnden Augen plötzlich imleidenschaftlichen Ausblitzen fast schwarz wurden. In solchenMomenten glaubte man in die Augen der heranreifendenJungfrau zu blicken, nicht in Kinderaugen. Dazu kamdann ihr schlecht sitzendes schwarzes Kleid, das sie älter er-scheinen lassen sollte, die gesetzte Miene einer erwachsenenjungen Dame, wenn ihre Mutter sie auf eine gewisse Artanblickte. Aber das dauerte nicht lange. Ein Sprung, einLachen, eine Grimasse, ein lustiges Wort, und vorbei war's mitdem erkünstelten Ernst. Frau Roveray mochte noch so vielschelten, Annette hörte nicht auf ihre Ermahnungen.Nene wäre sehr verwundert gewesen, wenn man ihmgesagt hätte, daß Annette sich an diesem Abend seinetwegenbesonders artig betrug. Es war aber in der That so. Eingroßer junger Mann mit einem Schnurrbart, ein Lehrer,ein Pariser, der Soldat gewesen war, das imponirte demjungen Wildfang. Außerdem gefiel Rens ihr auch sehr gut.Sie rechnete schon darauf, daß sie ihn auch einmal für sichallein haben werde, da er im Hause wohnen und speisensollte. Sie hätte am liebsten in die Hände klatschen mögen,als ihre Mutter ihm beim Abschied einlud, am nächstenTage mit ihnen in die Weinberge zur Lese zu gehen.Glücklicheriveise unterdrückte sie diesen unpassendenFreudenausbruch noch rechtzeitig.Als echte Waadtländerin besaß Frau Roveray aucheinige Weinberge. In diesem Jahre war der Herbst außer-ordentlich reich ausgefallen, so daß die vorhandenen Fässernicht genügten. Auf einer solchen Weinlese ging es lustigher. Es war ein Familienfest, ja beinahe sogar ein Volks-fest, zu dem der neue Pensionär nun eingeladen war. DieBei derartigen Auseinandersetzungen innerhalbder Partei, hat die Redaktion des„Vorwärts" stets strengsteNeutralität für ihre Pflicht erachtet. In einer Einmischungwürde sie einen Mißbrauch des amtlichen Organs erblicken,was natürlich die einzelnen Mitglieder der Redaktion nichthindert, persönlich Partei zu ergreifen.So haben wir es voriges Jahr gehalten, alsder Kölner Parteitag das Nachspiel des Streits um dieGewerkschaften hatte.Ter„Vorwärts" brachte, ohne sich irgendwie redak-tionell zu betheiligen, das Für und das Wider, und dieunbeschränkt freie Aussprache der Meinungen führte binnenwenigen Wochen den Frieden herbei.Genau ebenso werden wir es mit dem Nachspieldes Frankfurter Kongresses halten. Und mit demselbenErfolge..Die Redaktion des„Vorwärts" hat gesagt, was sieüber den letzten Parteitag zu sagen hatte. Wir haben da-bei eine gewisse Reserve beobachtet, die das Interesse derPartei uns auferlegte, allein wir haben nichts gesagt, waswir nicht denken und was wir nicht bereit sind gegenJeden zu vertreten. Und wir haben keinen Grund,unser Urtheil abzuändern. Verschiedene Strömungen—nicht blos zwei— sind allezeit in der Partei vorhanden,allein das ist immer der Fall gewesen und unserer Ueber-zeugung nach war die Partei niemals einheitlicher alsgegenwärtig. Tie Debatten über den Frankfurter Parteitagkönnen die Einheitlichkeit blos noch steigern. Kritik kannnur schaden an faulem Fleisch, nicht an gesundem.—Zur Taktik der Gegner. Heute morgen lasen wirin der„Vossischen Zeitung", die immerhin noch zu denanständigeren Organen der Gegner gehört, im r e-daktionellen Theik folgende Notiz in ausfälligem(durchschossenem) Druck:Nürnberg, 15. November.(Eig. Drahtbericht.) DerReichstags-Abgeordnete Grillen berger wandte sich in einerfozialdemokralischen Versammlung heftig gegen den„Vorwärts",der den Beschluß des Frankfurter iparteitags in der bayerische»Angelegenheit mit Rücksicht auf die redesüchtigen Ber-liner Nörgler fälsche. Der Parteitag habe die Frageeinfach offen gelassen. Ter„Vorwärts" gebe dem Druck derBerliner Parteikreise nach, gegen deren Vor-m u n d s ch a s t s g e l ü st e die Bayern p r o t e st i r t e n. DieVersammlung sprach dem Abgeordneten Grillenberger ihr Ver-trauen aus.Wir fragten uns erstaunt, ivomit wir einen so„heftigen" Angriff und die schwere Anklage auf„Fälschung"seitens unseres Genossen Grillenberger uns zugezogen habensollten. Und in der heuligen Nummer der„FränkischenTagespost" fanden wir die Antwort. In einer Partei-Versammlung zu Nürnberg suchte Grillenberger in der Bericht-erstattung über den Parteilag es als„falsch" hinzustellen, daßder„Vorwärts" die von dem Parteitag verworfene Reso-lntion in deni„bayerischen Streitfall" als„B i l l i g n n g" derAbstimmung für das Gesammlbndget bezeichnet habe. Ausdem„falsch" wird von der„Possischen Zeitung" ein„fälschen" gemacht, was einer Fälschung ähnlich siehtwte ein Ei den> anderen. Und Grillenberger war nicht nurnicht„heftig", sondern er erkannte ausdrücklich an, daß der„Vorwärts" in gutem Glauben gehandelt habe und vondem Wunsche beseelt sei, die Gegensätze zu mildern!Was nun die fragliche Resolution betrifft, so gebenwir sie hier im Wortlaut:In Erwägung, daß die grundsätzliche Bekämpfung derherrschenden Gesellschafts- und Staatsordnung aus der Gesammt-thätigkeit der Partei hervorgeht;in weiterer Erwägung, daß die G e s a m m t a b st i m m u n güber die Finanzgesetze der Einzel st aaten einereine Z w e ck m ä ß i g k e i l s s r a g e ist, welche nach denörtlich und zeitlich gegebenen Umständen zu beurtheilen ist, sowiein Hinblick auf die am bayerischen Parteitage gegebenen Dar-legungen:sind die von Verlin 1, 3, 4, Halle, Weimar, Braunschweig undHanau gestellten Anträge—(betreffend das Budget-Votum derbayerischen Landtags-Abgeordneten)— als erledigt zu betrachten.In dieser Resolution ist zwar von„Billigung" nichtausdrücklich die Rede, aber es ist ein V e r t r a u e n s-votum, wie es im Buch steht.Und diese, nach allem parlamentarischen Sprachgebranchals Vertrauensvotum zu bezeichnende Resolution ist mit141 gegen 93 Stimmen abgelehnt worden.—Ueber die Rede Bebel's telegraphirte der„Frank-furter Zeitung" ihr hiesiger Korrespondent über die Ver-Handlungen der Parteiversammlung im ziveiten Wahlkreis,nach welchem Bebel gesagt haben soll: er werde im Sommerselbst eine Agrarkonferenz einberufen. Dieser Satz giebtbeiden Kinder warteten mit sichtlicher Ungeduld auf Rene'sAntwort. Als er annahm, geriethen sie ganz außer sichvor Entzücken. In diesen beiden kleinen Menschen hatteRenö sich bereits zwei warme Freunde gewonnen.Am nächsten Tage machten alle Hausbeioohner sich ansden Weg nach den Hügeln, die Vevey beherrschen. Zu derGesellschaft hatte sich noch eine Nachbarin und ein jungerVerwandter gesellt. Die erstere war Fräulein Rosa Krantz,eine junge Dame von 26 Jahren, von deneil sie aber nurzwanzig zugab. Am liebsten mochte sie jedoch sechzehnjährigscheinen. Sie war ein braves Mädchen, das leider, sehrwider Willen, alte Jungfer zu werden versprach. Sie warnicht eigentlich häßlich, denn sie hatte regelmäßige Züge,starkes blondes Haar, fast hu stark, als daß es nur ihreigenes sein konnte, einen recht schönen Wuchs,wenn auch etwas plumpe Taille,— aber es fehlteihr jenes unbeschreibliche Etwas, das anziehendwirkt. Warum niußte sie auch eine Stinime besitzen,die oft in den höhere» Lagen brach, warum warenihre Wangen zu roth, ihre Bewegungen unschön, ihr Gangplump, warum trug ihre ganze Erscheinung den Stempeldes Unweiblichen? Da die Jahre schneller kamen als dieFreier, glaubte sie jünger auszusehen, wenn sie sich rechtkindlich gab. Sie hatte gewisse Mienen, gewisse hüpfendeBewegungen, kokette Aufschreie u. dergl. mehr, welche nachihrer Ansicht entschieden geeignet waren, sie um zehnJahre jünger zu machen. Die zartrosa Bänder, die ihrbelles Kleid zierten, die Rosenknospen, mit denen ihrStrohhut überladen war, zeigten wie alles, was sie an'ich hatte, daß sie es nicht ahnte, wie gefährlich es füräe war, wenn sie einen Frühling, der schon vergangenwar, wieder heraufbeschwören wollte. Rene glaubte zu be-merken, daß sie es gegen ihn an aufmunternden Wortenund Blicken nicht fehlen ließ. Es wurde ihm indessen nichtschwer, ihr gegenüber die vorsichtigste Zurückhaltung zu be-wahren.(Fortsetzung folgt.)dann der„Frankfurter Zeitung" Veranlassung, in einemLeitartikel, in dem sie in ihrer Nr. 318 das Telegrammihres Korrespondenten behandelt, zu behaupten:„Wie wenigsich Herr Bebel von den Beschlüssen des Parteitags„imponiren" läßt, geht aus seiner Ankündigung hervor,daß er im Laufe des Sommers selbst eine„Agrarkonserenz"einberufen werde..... Die Agrarkommission von Partei-tags wegen ist für Herrn Bebel Lust" u. s. w.In ihrem Eifer, die Bebel'sche Rede für ihre Zweckeauszunutzen, hat die„Frankfurter Zeitung" neben dieScheibe geschossen. Bebel hat die ihm unter-stellte Aeußerung nicht gemacht und da-mit fallen auch die schönen Schlußfolgerungen, welche die„Frankfurter Zeitung" darauf baut. Bebel hat, wie ausunserm gestrigen Bericht hervorgeht, erklärt: daß jeder denParteitagbeschlüssen sich zu fügen habe, aber er hat dieAgrarkommission, der er bekanntlich selbst angehört, ab-fällig kritisirt und Bedenken geäußert, daß sie erfülle, wasman von ihr erwarte. Er fügte hinzu, daß wenn erzum Worte gekommen wäre,' er den Vor-schlag gemacht haben würde, nächstenSomnier eine besondere Agrarkonferenzeinzuberufen, in welcher dieFrage der länd-lichen Agitation ausschließlich behandeltwerden sollte. Das ist grundverschieden vondem, was die„Frankfurter Zeitung' ihn sagen läßt.Wir erwarten, daß die letztere den Jrrthum, dessen Opfersie geworden ist, berichtigt.Im weiteren werden wir ans die Phantasiegebilde, inwelchen die„Frankfurter Zeitung" in dem ekwähnten Leit-artikel schwelgt, nicht eingehen. Es war vorauszusehen,daß die Verhandlungen in der Parteiversammlung deszweiten Berliner Wahlkreises diese bei unfern Gegnern her-vorrufen würden. Aber die Partei hat ganz andere innereKämpfe, als jetzt geführt werden, überstanden, sie wird auchdiese zu ihrem Vortheil überstehen.—Zum Kampf gegen den„Umsturz". Den un«kontrollirbaren Meldungen über die dem Bundesrathe nunzugegangene„Umsturzvorlage" ist die folgende hinzuzufügen,daß die vorläufige Beschlagnahme von Druck-s ch r i f t e n auch geplant wird. Die bürgerliche Pressemüßte schon ganz blind von Haß gegen das kämpfendeProletariat sein, wenn sie dieser Absicht, die für sie gegebenen-falls auch sehr verhängnißvoll werden könnte, nicht dieallerentschiedenste Opposition entgegensetzen würde. Trotzdemist anzunehmen, daß sich in Teutschland nicht wenigeZeitungen finden werden, die der Reaktion auch diese Waffein die Hand drücken werden.—Ei» sächsischer Justizstreich. Der ausführliche Be-richt, den wir an anderer Stelle über den Prozeß gegenGradnauer veröffentlichen, korrigirt einen Jrrthum in unseremLeitaPjkel von vorgestern. Die von uns abgedruckte Notizist es" nicht allein, auf welche der Prozeß sich stützt.Dieser Jrrthum ist aber ganz unwesentlich; denn für dievon uns zitirte Notiz wurde Gradnauer zu neun, fürdie übrigen inkrinnrnrten Stellen zusammen nur zu ziveiMonaten Gefängniß verurtheilt, aus welchen beiden Ber-urtheilungeu eine Gesammlstrafe von 10 Monaten festgesetztwurde.Nenn oder zehn Monate— das ist kein in die Wag-schale fallender Unterschied. Dafür bietet der Prozeß eineweitere juristische Ungeheuerlichkeit, von der wir beimSchreiben unseres vorgestrigen Artikels noch keine Kenntnißhatten. Die Ablehnung des Beweises, daß Gradnauer nichtder Verfasser der inkriminirten Notizen war, ist einfach n n-erhört, zumal da selbst der Amtsanwalt zugeben mußte,daß Gradnauer preßgesetzlich gar nicht verantwort-l i ch war!Und ein fernerer, für die sächsische Justiz er-schwörender Umstand liegt in der, von uns in jenemArtikel noch nicht hervorgehobenen Thatsache, daß das Ge-richt, welches die sofortige Verhaftung anordnete, einSchöffengericht, also die erste Instanz war, von derdie Richter in diesem Falle sich sagen mußten, daß gegendas Erkenntniß Berufung eingelegt werden würde,dieses daher sicherlich nicht rechtskräftig war.So haben wir von unserem Urtheil über diesensächsischen Justizstreich nichts abzunehmen, wohl aber hinzu-zufügen.Das Verfahren gegen Gradnauer ist nur p s y ch o l o-gisch zu erklären. Wir wissen, daß kein Mensch sich denWirkungen der ihn umringenden moralischen Atmosphärezu entziehen vermag. Und die Atmosphäre, in dersächsische Richter athmen und leben, ist dieselbe, in welcherdie Mehnert, Blumenthal und Konsorten dazu gekommensind, die Proskription ihrer politischen Gegner zu fordern.—Der Apotheken-Gesetzentwurf ist den Bundes-regierungen seitens des Reichsamts des Innern zugestelltworden. In deniselben soll das Prinzip der Personal-konzession und die Ausdehnung dieses Prinzips aus diebisher verkäuflichen konzessionirten Apotheken beibehaltensein.—Neue Marineforderungen werden den Reichstagauch beschäftigen. Dem Vernehmen des offiziösen„Hamb.Correspondenten" nach werden im nächstjährigen Marine-Etat als erste Raten für einen Kreuzer 1. Klasse(„ErsatzLeipzig") eine Million Mark und für drei Kreuzer 3. Klasse(„K",„L" und„Ersatz Freya") je 2 Millionen Mark, ins-gesammt mithin 7 Millionen Mark gefordert werden.—Das sind nur Forderungen für Kreuzer und auch nur dieersten Raten dieser Forderungen, also sozusagen die Vorrede,die Hauptsache kommt erst.—Seemanns-Misthandlungeu auf deutschen Schissen.Aus Bremen wird uns geschrieben: Am 13. November warSchwurgerichtssitzuiia in Sachen des ObersteuermannesSpree, wohnhaft in Elsfleth, vom Bremer Schiffe„Paul Jseuberg", angeklagt wegen scheußlicher Mißhand-lung des Matrosen Petersen. Spree wurde zu 8 JahrenZuchthaus verurtheilt.Tie Verhandlung gegen den Kapitän I. C. Biet, inElsfleth geboren und daselbst wohnhaft, wird nach dessenRückkunft stattfinden.Auch Ad. Schiff, der vom Genossen Bebel im Reichs-tage genannte Massenmörder(Hugo und Rebekka) ist inElsfleth geboren und wohnt noch dort.Das ist ein schönes Kleeblatt aus diesem Orte E l s-fl-th.Christlich trnd Christus. Die christliche„Kreuz-Zeitung" schreibt:Berlin, 14. November. In Breslau ist dieser Tag»»ine