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Einführung von Seamtenausschüjsen. Wesentliche Verschlechterung der Regierungsvorlage. Der R e i ch s r a t nahm in seiner gestrigen Sitzung den Gesetzentwurf über die Einführung von Beamtenaus- » ch ü s s c n in einer durch die Ausschußberatungen wesentlich veränderten Form an. Die Vorlage, die die Bestimmungen des Artikels 130 Abs. 3derReichsverf as s u n g ausführen soll, enthält eine Reihe von Verschlechterungen, die 'ür die Beamtenschaft den Wert der Ausschüsse wesentlich herabsetzen. Der Entwurf sieht für alle Beamten des Reiches, der Länder, der Gemeinden und Eemeindeverbände vor, daß 1. bei den Dienstvorgesetzten unterster Instanz Ortsbeamten- -Ausschüsse und bei den Dienstoorgesetzten höchster Znstanz chauptbcaintenausschüsse eingerichtet werden: 2. können nach der Ausschußfassung fatultatw bei den Dienswor- gesetzten der mittleren Instanz Bezirksbeamtenausschüsse zur Ber- trctung für diese Instanz errichtet werden. Die Ortsbeamtenausschüsse sollen in der Regel aus drei bis neun Mitgliedern bestehen, bei weniger als zwanzig Beamten tritt an die Stelle des Ausschusses ein Vertrauensmann. Die Bezirksbeamtenausschüsfe sollen in der Regel aus fünf bis elf Per- senen bestehen. Für ganz große Ressorts kann ausnahmsweise diese Zahl erhöht werden. Die Ausschüffe werden von den Beamten in geheimer unmittelbarer Wahl nach dem System der Verhältniswahl gewählt. Für die Ortsbeamtenaus- schüste haben bereits alle Zwanzigjährigen das Wahlrecht, für die Bezirksbeamtenausschüste die 24jährigen, für die Hauptaue- schüsse die die.lüjährigen Beamten. Nach der Ausschußfaffung ist die G r u p p e n w a h l vorgesehen, die ganze Beamtenschaft wird nach der Besoldungsordnung in drei Gruppen geteilt. Die unterste Besoldungsgruppe umfaßt die Gruppen l bis IV, die mittlere die Gruppen I bis IX und die höhere Gruppe die Gehaltsgruppen über IX. Jede Gruppe wählt ihre Mitglieder sür sich. Die Regierungsvorlage hatte sich darauf beschränkt, daß zum Schutz gegen eine Majorisierung der höheren und mitt- leren Beamten durch die Unterbeamten jede Gruppe mit min» destens einer Person vertreten sein müßte. Aus der völlig grundlosen Befürchtung heraus, die höheren und mittleren Beamten könnten nicht genügend geschützt sein, führten die Ausschüsse die Gruppenwahl ein. Bemerkenswert für den Charakter der Borloge ist, daß eine irgendwie ausschlaggebende Mitentscheidung der Beamtenausschüsse in ihr nicht enthalten ist, daß vielmehr bei einer Differenz zwischen dem Ausschuh und einem Vorgesetzten nicht etwa ein Schlichtungsausschuß entscheidet, son- dem daß in letzter Instanz der höchste Dien st vorge­setzte Entscheidungsbefugnis hat! Einen Antrag Bayerns , an Stelle der Beamtenaus- schüsse Beamtenkammern zu setzen, wurde ebenso wie ein Gegenvorschlag Württembergs, wonach sich das Reichs- gssetz nur auf ein Rahmengesetz für die Länder beschränken sollte, abgelehnt. An Stelle des NamensBeamtenräte" ist der NameBe- amtenausschüsse" gesetzt. Während die Regierungsvorlage die Einsetzung von Bezirksausschüssen zur R e g e l erheben wallte, haben die Ausschüsse ihre nur fakultative Einrichtung be- schloffen. Gegen wenige Stimmen, darunter gegen die Stimme Württembergs, nahm das Plenum des Reichsrats den Gesetzentwurf nach den Beschlüssen der Ausschüffe an. Roch diesem Aussehen, das die Borlage über die Beamten- ausschüffe angenommen hat, erscheint es außerordentlich frag- lich, ob sie in der Beamtenschaft, insbesondere aber bei den unteren Beamten, eine so weitgehende Befriedigung auslösen wird, wie der Referent Ministerialdirektor v. Rüßlein hervorhob...,.. ,/*

der Reichsrat gegen öie Reichsfarben. Die Senats von Hamburg . Bremen und Lübeck hatten an den Reichsrot den Antrag gerichtet, die Rcichsregierung zu ersuchen, dem Reichspräsidenten vorzu- schlaaen, die Aussührunp seiner Bestimmungen unter t, 2 und 3 der Verordnung über die deutsche Flagge vom II. April 1921 aus längere Zeit, vorläufig bis zum 3(1. Juni 1S22 h i n a u s z u- schieben. Es handelt sich um die 5? o n d e l s s l a g g e. Diese ist nach dem ober zitierten Ertoß s ch w a r z- w e i ß- r o t mit einem schwarz- rot- goldenen.Gösch" in der linken oberen Ecke. Aber selbst dies»« kleine Erinerungszeichen an die schwarz-rot.goldenen Reichs- larben ist den Reaktionären ein Dorn im Aug«. Es muß verschwinden, obwohl die schwarz-weiß-rote Hauptfarbe der Flagge dadurch in keiner Weise beeinträchtigt wird. Wie wir erfahren, hat der R e i ch s r a t am Donnerstag diesem Antrage zugestimmt. Das ist außerordentlich be- dauerlich. Anstatt den Reichsforben die Achtung zu verschaffen, unterstützt der Reichsrat einen reaktionären Vorstoß gegen diese. Es ist zu hoffen, daß die R e i ch s r e g i e r u n g diesem Treiben gegen- über fest bleibt und nicht vergißt, daß durch derartige Beschlüsse das Alffehe» der Republik ganz empfindlichen Schaden erleidet. Und da» ist doch nur der Zweck dieser Treibereien. Die Auflösung ües Wachregiments Serlin. Beim Nachtragsetat 1S2l des Retchswchrmimsteriums vor dem Hauptousschuß des Reichstage? erklärte gestern auf unabhängige Anfrage Oberst von Kretz: Die Auflösung des Wachregiments Berlin erfolgte durch ein Gebot der Entente. Nach Ansicht des Generals Rollet stellte dieses Regiment eine militärische,' den Rahmen bcs Friedensvertrages überschreitende Formation dar. Beim Kapitel .Rechtspflege" im Reichswehretot erinnert Abg. Dr. Roscnfeld (U.(§03.) an das Schicksal ehemaliger fahnenflüchtiger Soldaten, auf die aus einer Anzahl juristisch formaler Gründe der Amnestieerlaß kein« Anwendung finde. Abg. Stücklea(Soz.): Di« ganze Frage muß einmal geregelt werden. Reichswehrministec Dr. Gctzler: Für Abhilfe kann nur auf dem Gnadenwege gesorgt werden. Die Abgg. Scköpslin(Soz.) und Rosenseld(U. Soz.) bringen zur Sprach», daß im Neichswehmtnisterium ein Rittmeister Neuville angestellt ist. der sich hervorragend beim K a p p- P u t s ch betätigt hoben soll. Während seiner Dienststunden im Rsichswehrministerium habe er dos D i e n st t« l e p h o» dazu benutzt, um sich mit der Braunschweiger.Orgesch"(Organisation Heidcrich) zu verständi- gen. Reichzwehrminister Gehler: Rittmeister Neuville war wäh- read des Kapp-Putsches in Frankfurt a. M., wurde dort auf Grund eines Telephongespräches einer zweifelhaften Haltung verdächtig. Ein Verfahren mußte eingestellt werden, well ihm sowohl der Untersuchungsausschuß als auch der Oberreichsanwalt keinerlei Der- fehlungen nachweisen konnte. Er, Geßler, könne nichts tun als stch diesen Rechtssprüchen beugen. Der Nachtragsetat des Reichswehr - Ministeriums wurde vom Hauptausschutz angenommen. Auch der Nachtragsetat des Reichsschatzministeriums wird nach kurzer Debatte bewilligt. Weiterchepatung Freitag.

Schutzpolkzei unö LauörSte. Im preußischen Hauptousschuß ging unser Redner Ge- nosie Krüger- Potsdam(Soz.) des näheren auf den Erlaß des Ministers Dominicus vom 10. Mai diese, Jahre? betreffend di« Anstellun.gsnerbältnisss der Schutzpolizerbeamtenein und betonte, daß dieser Erlaß un. bedingt geändert werden müsse. Es gehe nicht an. daß die Offiziere auf Lebenszeit angestellt werden, während die Beamten nach 12 Jahren entlassen werden. Weiter fragte er den Minister. was unter.parteipolitischer Betätigung im Dienst" zu verstehen sei? An Beispielen zeigt Gen. Krüger, wie die p o l i t i s ch e Bctäti- gung der reakllsnär gesinnken Offiziere bcl der Schupo aussieht. Wehe dem Beamten, der dasselbe macht. Der würde ohne weiter.'s entlassen. Wir fordern auch für die Polizeibeamten frei« politische Betätigung. Die Auffassung des Herrn Ministers Dominicus, daß diejenigen, die das AffefforeneLamen gemocht haben, einen Rechtsanspruch hätten, Londrot zu werden, ist irrig. Wenn der Herr Minister meint, daß die Vorbildung unbedingt bei Besetzung derartiger Stellen maßgebend sein muß, so weise er darauf hin, daß eine ganze Anzahl von v s f i z i e r« n in den Ber - waltungsdienst eingetreten sei, und frage den Minister, ob etwa hier ..Borbildung" vorhanden gewesen ist. Weiter fragt Redner den Herrn Minister Dominicus. ob alle Beamten den Eid auf die Verfassung geleistet haben. Es muh gefordert werden, daß die- jenigen, die den Eid noch nicht geleistet haben, zur Disposition gestellt und entlasten werden. Gen. Braun(Soz.) betonte, daß de-- A n s n o h m e z u st o n d in O st preußen unbedingt zu beseitigen ist, denn unter diesem blühen die Orgcsch und Selbstfchuhorganlsallonen ruhig weiter. und die rechtsstehenden Blätter leisten dabei noch Hilf«, indem sie Werbeannoncen dieser Art ohne weiteres aufnehmen. Was die Personalpolitik anbelangt, so ist es eine Errungenschaft des neuen Systems, daß auch die Beamten sich frei betätigen können. Wenn die frühere Stoatsregierung anläßlich des Kopp-Putfches Be- amten entlasten oder sie mit einer Geldstrafe belegt hat, ohne daß ein« Disziplinaruntersuchung eingeleitet wurde, so erkläre er dem- gegenüber, daß die Disziplinargerichte zum großen Tell befangen sind. Zu diesen habe das Vertrauen gefehlt. Ditfcb welle mer Heere! Die ehemaligen Reichssifenbahnen in Effaß-Lothringen sollen. entsprechend dem Charakter des Befreierstoate», dem Privatkapital in Gestalt der französischen Ostbahngesellschaft überliefert werden. Um die Eisenbahner von den Vorzügen des Privat- vor dem Staats- betrieb zu überzeugen, waren di« Herren Parlamentäre zum gc- meinen Volke herabgestiegen und hielten in Montigny bei Metz ein« Eisenbahnerversammlung ab. Dem Bericht der kommunistischen Metzer.Volkstribüne" entnehmen wir: Zum Schluß der offiziellen Reden traten die Claqueure, die ihre Sache recht zaghaft besorgten, in Tätigkeit. Die zumeist wohl- genährten, unsicher dreinblickenden Gestalten merkten wohl das langsam heraufziehende Gewitter und als ein ermüdeter Zuhörer, der von seinem Regienmgsvertreter gern einige Worte in seiner Muttersprache gehört hätte, rief: .vilsch welle mer heeret". entstand ein ollgemeiner Tumult, an welchem man merkte, daß dieser Wunsch allen au» der Seele kam. Der Vorsitzende hotte die Unver- frorenheit, daraufhin ziemlich scharf zu erklären, daß wir tu Frankreich sind und daß nicht de u t s ch gesprochen würde. Damit stach er in das Wespennest des S t a m m e s g e f ü h l s der Anwesenden. Die Wogen der Unruhe gingen recht hoch, sodoß, als Senator General H I r s ch a u e r, der nun im Tone eines Wacht- Habers, der vor einem Regiment steht, zu reden begann, die Geduld der Anwesenden ziemlich erschöpft war. Aus recht militärische Weise erklärte er, nicht gut deutsch sprechen zu können, es auch gar nicht zu wollen und begann vom Reichtum Elfaß-Lothringen« zu reden (Zwtschenruf: Und mir sind so arm!). Er hielt sich etwas damit auf, wobei ihm aus hundert Kehlen .Kolonie" entgegengerufen wurde. Seine Bemerkung, daß die Abstimmung der Eisenbahner für Moskau die Auszahlung der an die Eilenbahner versprochenen 140 Millionen verhindert hätte, schlug dem Faß vollends den Boden ou». In größter Erregung protestierten unser« Genossen unter großem Tumult gegen diese Aeuherungen und die ganze Versammlung war in Aufruhr. Recht schmeichelhafte Bemerkungen flogen den Herren an den Kops. Dem verdutzt dastehenden General brauste dieInternationale" um die Ohren. Im allgemeinen Tumult gelang es keinem Redner mehr, sich hörbar zu machen. Im allge- meinen Trubel bestieg Kamerad Greß dl« Tribüne und kündigte an, daß eine Versammlung der Gewerkschaften sofort a»schließend statt- finde und lud die Herren Deputes und Senatcurs zur Diskuffion ein, volle Redefreiheit garantierend, während sich die hinter eine diskussionslose Konferenz verschanzt hatten. Nachdem die Versammlung sich In einigen Minuten beruhigt hatte und die Gelben mit ihren vielgeliebten Deputes usw. das Aeld geräumt hatten, würbe die Versammlung neu eröffnet. Sie endet« mit der Annohme einer Resolution, die den schärfsten Protest gegen die beabsichtigte Verschocherung des elsaß -lothringischen Eisenbahnnetze, an die Comp, de l'Est erhebt. Die Versammlung erwartet die Er- ledigung ihrer Fragen nur von den Arbeitervertretern in der Kam- mer und spricht zugleich den Referenten Serot, Hirschouer und Cha- brun ihr tiefes Mißtrauen aus. Die Versammlung beauftragte da» Bureau, die Haltung des Generals Hirschauer, der einer zumeist d e u t s ch sprechenden Ber- sammlung gegenüber die deutsche Sprache verweigerte, festzuhalten.

55 proz. öer Gemeinden öeutsih.

Deutsche Schanzknechte für Korfantp. Oppeln . 22. Zoni.(BIB.) Nach zuverlässigen ANtlellungen nehmen die polen Reusormicrungen und Umgruppierungen vor. lln verschiedenen Gegenden, so um Rybnlk herum, werden von den 3n- surgenien Schützengräben ausgehoben, wozu hauptsächsich Deutsche herangezogen werden, darunter auch SO Frauen aus Czerwlonkau. Die Verzweiflung der Bevölkerung drr großen Zndustriesiädle ist kaum noch zu schildern. Im reichste« Land kein<Neld. pari«, 23. Juni. (DA.) In Oberschlesien wacht stck. wie hier ver. lautet, bereit» ein außerordentlicher Geldmangel fühlbar. Di« Bon- ken lösen höchsten» noch 10 Proz. der ihnen vorgelegten Scheck» ein. In Königshüt« mußten bereite provisorische Banknoten ausgegeben werden. Die französischen Banken erklärten sich bereit, auf»ine Besserung hinzuwirken. Ihre Vertreter werden stch in den nächsten Tagen über die notwendigen Maßnahmen schlüssig machen. Kaiserlich deutscher Selbstschutz. Der Korrespondent desManchester Guardian" berichtet seinem Blatte aus Oberschlesten, daß an der ganzen deutschen Front nicht eine einzige republikanische Flagg« zu sehen ist. Dagegen wehen bei ollen Truppenteilen des deutschen Selbstschutzes schwarz-weiß-rote Fahnen. Viele Mannschaftshelme sind mit Hakenkreuzen geschmückt. Diese Demonstration gegen die deutsch « Republik ist notürlick den Erzfeinden des Selbstschutzes hochwillkommen, da sie ihn auch noch als Gefahr für das Reich selbst hinstellen-ment....

Journal osficiel de Haute veröffentlicht folgende amtliche

Silesie", das amtliche Organ 5«? IK.. Abstimmungszahlen:

Kreis Beuthen .. » Kasel ... » Gleiwitz .. Groß-Strehlitz.. Hindenburg .. Kottomitz... Königshütt«.. Kreuzburg ... Leobschütz ... Lublinitz.... Ober-Glagau.. Oppeln .... P!..... Natiboc.... Rosenberg... Rybnit.... Tarnowitz ... zusammen. Nach der amtlichen Feststellung der IK. haben Im Gesamt- abstimmungsgcbiet 091, also 4Z Proz. Gemeinden e'me polnische Mehrheit und 845, als? 55 Proz. Gemeinden eine diutsche Mehrheit. In drei Wahlkreisen, nämlich Kreuzburg , Leobschütz und Ober» Glogau, gibt es noch der amtlichen Feststellung überhaupt keine Ge- meinden mit polnischer Mehrheit, während es keinen Kreis aibi, in dem nicht auch Gemeinden mit deutscher Mehrheit vorhanden sind. Selbst in den Kreisen, die die größte Prozcntzahl polnischer Stimmen aufgebracht haben, nämlich in den Kreisen Pleß und Rybnik , gibt es JO bzw. 17 Gemeinden mit deutscher Mehrheit. Im ganzen Ab. stimmungsgebiet ist eine einzige Stadt mit polnischer Mehrheit festzustellen, nämlich A l t- B« r u n im Kreise Pleß . Rein deutsche Gemeinden, in denen keine polnische Stimme abgegeben worden ist. gibt ez im ganzen 80. Rein polnische Gemeinden, d. h. solche, in denen keine deutsche Stimme abgegeben worden ist, gibt es im ganzen Abstimungsgebiet überhaupt nicht. Wie immer man dos Abstimmungsergebnis auch betrachtet, die deutsche Mehrheit(80 lproz. gegen 40 Proz. der Stimmen und 55 Proz. gegen 45 Proz. der Gemeinden) ist unbestreitbar und so groß, daß die rechtliche Begründung der deutschen Forderung auf Belastung ganz Oberschlesiens bei Deutschland nicht angezweiselt werden kann. Explosion i» Rybnik . Bybnik, 23. Juni. (MTB.) Aus dem hiesigen Bahnhofe sind zwei polnische Munitionswaggons auf bisher noch unerklärte Weiss erplodiet. In weitem Umkreis sind die Bahngleise und Weichen unbrauchbar geworden. Von den umstehendgn Häusern sind die samt- lichen Fenster und Türen herausgerissen worden. Nach vorsichtiger Schätzung bcläuft sich der Schaden auf 35 Millionen Mark. Von dem polnischen Kommandanten wurde ein« Anzahl deutscher Kauf- leute der Stadt Rybnit verhaflet, da man den Deutschen die Schuld an der Erplosion in d!« Schuhe zu schieben sucht. Die Er- regung in der Stadt ist ungeheuer. Den Bemühungen des i t a l i e- nischen Kreistontrolleurs gelang es noch nicht, die Verhafteten freizubekommen. Der tkreiskontrolleur telegraphiert« an di« Inter . alliierte Kommission, daß für ihn persönlich noch(!) keine Gefahr bestehe. Deutsche Post unö SowjetrußlanA. Riga . 23. Juni. (OE.) Der Sotvjetkommistar sür Post- und Telegraphenwesen gibt bekannt, daß noch im Laufe dieses Monat» aus Anregung Sowjetrußlands in Riga ein« Konferenz der Po st Verwaltungen von Deutschland . Rußland, Finn?, land. Dänemark , Schweden , Norwegen , Lettland , Litauen und Polen stattfinden werde. Ter Postverkehr mit England habe tatsächlich schon vor dem Abschluß des Abkommens begonnen. Mit Deutich- land hat Sowjetrußland außer dem vorläufigen Abkonunen noch ein Sonderabkommen getroffen, wonach di« deutsche Pol':- Verwaltung sich verpflichtet, die sowjetrussische Post nach der Tscheche» slowalei, Deutschösterreich und Dänemark weiterzuleiten. Ebenso sei der Durchgang der Post und Telegramme durch Litauen und Lettland sichergestellt. Außerdem hat Sowjetrußland mit der Dänisch-Nordtschen Telegraphengesellschaft«inenVertrag abgeschlossen, wonach der letzleren da» Recht eingeräumt wird, ihr« ostasiatischerr Telegramme über die russischen Telegraphenlinien in Sibirien zu leiten._ §asciften im Tesiln. Ber «, 23. Juni. (EP.) Di« Mitglieder des Nationalrates aus dem Konton Testin, mit Ausnahme der Sozialisten, hoben eine Interpellation eingebracht, die den Bundesrat frägt, wie er den Teil der Kammerrede Mu s s o l i n i s beurteilt, der sich auf den Konton Testin bezieht und ob er mitteilen kann, welches der Morl- laut und die Bedeutung der Votschaft Gabriele D'An- n u n z i o s an die jungen Testiner ist, sowie, ob er nicht glaube, daß zwischen dieser Botschaft und der Rede Mustolinis einerseits und der kürzlich in Lugano entstandenen Fascistenorganiso- tion andererseits Wechselbeziehungen bestehen. Ferner wird An«- kunft darüber verlangt, ob Maßnohmen gegenüber dieser Fascisten- Organisation geplant sind und ob der Bundesrat es nicht süv not- wendig halte, für den guten Ruf des Testin und im Interesse der herzlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und Italien gegen die beleidigend« Anschuldigung, als ob der Kanton Tcssin entartet und germanisiert wäre, Protest einzulegen. Di« Fascisten morden in Italien täglich Sozialisten. Sollte den Schweizer Sozialisten dies« Interpellation zupatriotisch" sein? Labriola und Giolitti. Rom , 23. Juni. (EP.) Giolitti hat die Demission de» Arbeits- minister» Labriola (Ref. Soz.) abgelehnt und ihn ersucht, auf seinem Posten zu verbleiben. Labriola beharrte jedoch aus seinen Rücktritt, worauf ihm der Ministerprästdent weitere 2 t Stunden Bedenkzeit einräumte. Nach Ansicht der Regisrungskreise wird indessen auch der endgültige Verzicht Labriola » keine unmittelbare Rückwir- kung auf die Lage des Kabinetts haben. Die dem Grafen Sforza von der Oppofitionspreste zugeschriebene Rücktrittsabsicht entbehre jeder Grundlage. Der Minister des Aeußern kündigte vielmehr an, daß er in der Kammer die gegen seine Politik erhobenen Angriffe nächstens beantworten werde. Paris kann zufrieden sein! Belafferungszustand in Bologna . Mailand , 23. Juni. (DA.) Der Präfekt von Bologna hat über die Stadt den Belagerungszustand verhängt, da sich schwere Aue- schreitungen der Fascisten ereigneten. Auf dem Platze Viktor Emanuel kam es zu Schießereien zwischen Fascisten und Polizei. 25 Fascisten wurden verhaftet. In der Stadt sind an verschiedenen Stellen Barrikaden errichtet und Drahtverhaue angelegt worden. Pazifisten auf dem Sriegspfad. Die belgische Gruppe der Jnterparlamentariscken Union beschloß, bei threr Eni- schließung zu verbleiben, an der Stockholmer Tagung, an der Deutsche teilnebmen weiden, sich nicht zu beteiligen. Sie telegraphiert« in diesem Sinne der französischen Gruppe und er- iuchte sie um eine Zusammenkunft. Wie verlautet, will die belgische Gruppe au» der Union austreten.