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stimmten sie gegen die Tariferhöhung, wodurch der Etat ein Loch von nicht weniger als 75 Millionen erhalten hätte. Hier gilt dasselbe, was von diesem ganzen Notetat über- Haupt zu sagen ist. Wir haben durch die Zerrüttung der städtischen Finanzen infolge des Krieges nur die bange Wahl, jedesmal von zwei Uebeln das kleinere zu wählen. Wir müssen entweder auf manche wichtige kulturelle und soziale Aufgabe vorläufig verzichten und mancher Maßnahme zustimmen, für die wir nur unter dem Zwange bitter st er Not eintreten können, oder aber wir müssen unser Unvermögen erklären, den Haushalt der Stadt ins Gleichgewicht zu bringen und damit den Bank- r o t t ansagen. Wer sich seiner Verantwortung gerade gegen- über der arbeitenden Bevölkerung Groß-Berlins bewußt ist, wer in der Arbeit der größten kommunalen Verwaltung Deutschlands mit einer sozialistischen Mehrheit zugleich eine Prestigefrage des Sozialismus überhaupt sieht, der kann das Letztere nicht wollen. Deshalb hat unsere Fraktion trotz schwerster Einzel- dedenken für den Etat gestimmt. Die Rechtsparteien glaubten, die günstige Situation zu einem Vorstoß gegen die Entschlußfreiheit der sozialistischen Mehrheit ausnützen zu dürfen. Soweit unsere Partei in Frage kommt, haben wir durch eine Erklärung unseres Vertreters im Ausschuß aus- drücklich jede Bindung abgelehnt. Wir werden grundsätzlich keine Ausgaben ohne die erforderliche Deckung bewilligen, aber wir werden die S e l b st ä n d i g- keit unserer Entschließung weder den bürgerlichen Parteien noch irgendeiner anderen gegenüber aufgeben. Im Ausschuß haben die bürgerlichen Parteien sich mit diesem Standpunkt abgefunden und dem Etat zugestimmt. Es be- steht also die Wahrscheinlichkeit, daß sie auch heute abend im Plenum mit uns zusammengehen werden. Wir hoffen aber immer noch, daß die USP. ihre fast unglaubliche Ablehnung des Gesamtetats nicht aufrechterhalten wird. Es wäre aufs tiefste beschämend, wenn entweder die bürgerlicben Parteien die zurzeit noch größte sozialistische Partei im Roten Hause an Verantwortungsgefühl übertreffen sollten, oder wenn gar durch die Schuld dieser Partei der erste Etat des sozialistischen Berlins abgelehnt werden sollte. Wir glauben, daß die Arbeiterschaft Groß-Berlins die Antwort auf eine solchePolitik" nicht schuldig bleiben würde.

Schwarz-weiß-rote Trauer. Die reaktionäre Presse stimmt über ihre urwerhofste Niederlage in der Flaggenfrage Trauergesänge an. Man glaubte durch die klägliche Haltung der bürgerlichen Mittel- Parteien den Sieg schon in der Tasche zu haben; um so hef- tiger entlädt sich der Zorn gegen den Reichskanzler W i r t h, unter dessen Führung ein Teil der Zentrumsfraktion für schwarz-rot-gold gestimmt und damit die Blamage der Re- publik verhindert hat.Diesem Kanzler trauen wir alles zu!" so tobt dieKreuzzeiwng", und sie sucht bereits das Zentrum gegen Wirth rebellisch zu machen. Natürlich, was soll man nicht einem Kanzler zutrauen, der für die ver- fassungsmäßig festgelegten Farben der Republik eintritt. Das ist ein zweiter Max Hölz oder noch etwas viel Schlimmeres! Natürlich fehlt es nicht an den Schlaubergern, die darüber tzetern, daß die sozialistischen Parteien aus dieserrein tech- nischen" Frage eine politische gemacht hätten. Hier klappt aber die Regie nicht. Wer heute den Wut und Haß erfüllten Artikel derPost" über denN o v e m b e r f l e ck e n", den schwarz-rot-goldenenJammerlappen" liest, der erkennt auch ohne Brille, daß die Flaggenfrage für die Reaktionäre alles andere als eine rein technische war. Unter diesen Umständen macht es sich kläglich, wenn die demokratische Presse immer noch die Fiktion aufrecht- erhalten will, daß die ganze Frage rein sachlicher Natur und politisch belanglos gewesen sei. Dabei versteigt sich das an- gebliche linksdemokratischeB. T." sogar zu dem krämerhaften Argument, daß die Beibehaltung der alten kaiserlichen Flagge wünschenswert gewesen sei, weil die Anschaffung des neuen

Der Journalist. In der dänischen ZeitschriftDer Journalist" schreibt Frejlif Offen, ein vielerfahrener Redakteur, über seinen Beruf: Das tiefe, widerliche Gefühl von Leere, das den Journalisten ergreifen kann, steht oft in Verbindung mit der Taffache, daß er, obwohl er sich stets mitten im Leben und Schaffen befindet, gleich- zeitig immer außerhalb des Lebens ist. Er schreibt, schreibt und handelt nicht. Andere bauen Häuser, leiten Unternehmen, senden Schiffe in die Häfen aus, gründen Firmen und Gesellschaften, schrei- den Verträge, führen Prozesse, stellen Brot oder Möbel her, handeln mit Butter oder Petroleum, lassen Geld zirkulieren, treffen Ent- scheidungen über das Wohl der Menschen.... Der Journalist schreibt bloß über das alles. Und nicht genug damit, daß er bloß über das schreibt, was die andern tun: er wird auch erfahren, daß, wenn er sich eines Tages nicht mehr darauf beschränkt, darüber zu schreiben, sondern selber daran teilnimmt, im selben Augenblick seine Feder gelähmt, seine Kraft gehemmt ist. Er kann nicht mehr schreiben. Der Journalist muß sich für alles interessieren und darf an nichts interessiert sein. Damit berühren wir den innersten Kern seiner Tragödie wenn«r's tragisch auffaßt. Er muh immer bereit sein, in einer Sache aufzugehen, für eine Aufgabe zu kämpfen, aber er muß imstande sein, sie von sich zu werfen und an einem ganz anderen Punkte zu beginnen, wenn es, wie so oft, erforderlich ist. So sehr ihn auch das Thema, mit dem feine Feder sich beschäftigt, in Anspruch nimmt in erster Linie hat es doch als journalistischer Stoff so glühendes Interesse für ihn. Bedeutet die Sache mehr für ihn als Stoff für die Zeitung, für die er schreibt, so tut er am besten, daran, ihre Behandlung einem Kollegen zu überlassen. Natürlich würde besser ein wissenschaftlicher Sachverständiger diese oder jene Frage behandeln, es geschähe dann eben mit größerer Sachkenntnis und Gründlichkeit, und es würden weniger Irrtümer und Druckfehler unterlaufen. Aber dafür würden die Artikel min- bestens acht Tage zu spät erscheinen, und sie wären für ihr Publikum vielleicht unleserlich. Da haben wir die Kunst der Journalistik: der mit Druckfehlern geplagte, aber leserliche Artikel heute statt der fehlersteien, aber unleserlichen Abhandlung in acht Tagen! Aber der Journalist hat eine unglückliche Liebe: er will gern mehr als Journalist, er will die ganze Welt sein: Landwirt und Ge- lehrter, Philatelist und Kaufmann, Techniker und Kunstkritiker, Lehrer und Pfarrer. Auf die Dauer ist es gar zu unbefriedigend, sich damit begnügen zu müssen, all das nur scheinbar und immer nur ein, zwei Tage zu sein. Doch der Journalist muß resignieren. Er muß sich damit begnügen zu schreiben, zu schreiben. Es ist feine Kunst, all« möglichen Rollen zu spielen, aber er darf nicht mehr, als sie spielen....

Fahnentuchs zu teuer gewesen wäre. Wen erinnert diese Denkart nicht an den Krähwinkler Landsturm, der singt, als er feine Fahne verloren hat: Unser Fähnchen, das mißt sechs Ellen Taft,. Solch ein Ding ist bald wieder angeschafft. Wir möchten den besorgten Fahnentuchkrämern doch fol- gendes zu bedenken geben: Der Vau des Stinnesdampfer Ludendorff hat 12 Millionen Mark gekostet. Welche Rolle spielt bei dieser Summe wohl das neue Fahnentuch! Sicher hätte es nicht den hundertsten Teil gekostet, wie allein die pompöse und provozierende Schiffstaufe. Daß die Sozialdemokratische Partei die Situation durchaus richtig er­faßt hat, das muß selbst dieGermania " zugestehen, obschon sie eine matte Verteidigung der Mehrheit der Zentrums- fryktion versucht. Sie schreibt: Die Rechtsparteien führen gegen das Schwarz-Rot-Gold einen erbitterten Kampf, der sich gleichzeitig gegen die Slaaksform richtet. Ihnen ist das fchwarz-weiß-rote Banner das Symbol der Monarchie, des alten Deutschland , das sie zurückersehnen. Ihr Kampf für das Schwarz-Weiß-Rot ist ein politischer. Diese Hal- tung macht es gewiß nicht leicht, den Bedenken der Reeder und der Auslandsdeutschen Rechnung zu tragen. Schließlich möchten wir eins richtig stellen. Die Verord- nung des Reichspräsidenten über die neue Flagge tritt nicht, wie hier infolge eines Irrtums geschrieben wurde, am 1. Ja- nuar, sondern bereits am 1. Juli, also in wenigen Tagen in Kraft. _ Mobilmachung üer Nechtsopposition. Unter diesem Titel bringt dieGermania ", das Berliner Zentrumsblatt, einen außerordentlich scharfen Artikel gegen die deutschnationale Demagogie. In diesem Zusammenhang wird auch der Deutschen Volks Partei bescheinigt, daß Ke unter dem Druck der deutschnationalen Agitation zum ltimatum eine Haltung eingenommen hat, die man ehrlicher- weife alswahlpolitisch von rechts beeinflußt" bezeichnen muß. Vielleicht interessiert sich Herr S t e g e r- w a l d für diese Kennzeichnung der Partei, von der er nicht lassen kann. Mit besonderer Schärfe geißelt dieGermania " die Steuerdemagogie der Rechten, die einganzes System planmäßiger Verhetzung" erfunden hat, um die Steuerzahler rebellisch zu machen. Die von Herrn H e l ff e r i ch betriebene Aufpeitschung des Steueregoismus der Besitzer von Goldwerten trage alle Anzeichen einer Katastrophenpolitik an sich. Dabei bedauert die Germania ", daß dem Anschein nach auch gewisse d e m o- k r a t i s ch e Kreise in diesem Punkte sich als Hilfstruppe zu der Reaktion gesellen. Aber sie sollte nicht vergessen, daß gestern in der Flaggenfrage auch der größte Teil des Z e n- t r u m s samt den Demokraten der Reaktion einen Helferdienst, freilich einen vergeblichen, geleistet hat. Als das Ziel der Rechtsdemagogie bezeichnet dieGer- mania" das Bestreben, die Zentrumspartei zu zerschlagen, den rechten Flügel abzusprengen, um ihn in dauernde Koalition mit den beiden Rechtsparteien zu bringen. Wenn heute die Kreuzzeiwng" das Zentrum fragt, wie lange es sich von dem Kanzler der Roten ", von Dr. Wirst,,an der Nase herumführen" lassen will, so sieht man hier allerdings deutlich die Absicht._ Die Entwaffnungsfronüe. In Nr. 145 derTilsiter Allgemeinen Zeitung" fand sich folgendes Inserat: veuffchnatlonaler Sreisverein Tilsit. Wir haben an den Herrn Reichskanzler folgendes Schreiben abgesandt: Der Deuffchnattonale Kreisverein Tilsit hat von dem Ent- waffnungsbefehl der Reichsregierung Kenntnis genommen. Bisher hatte jeder Kulturstaat es als seine Pflicht er- kannt, seine Angehörigen zu schützen. Den Schutz, den jedermann seiner Familie schuldet, übernahm der Staat. Der Entwaff- nungsbefehl beweist, daß die Reichsregierung ihrer Schutz- Es braucht'kaum betont zu werden, daß Olsen nur einen be- stimmten Iournalistentypus charakterisiert, daß es aber daneben auch andere gibt. Besonders in der Arbeiterpresse ist die Verbindung des Schreibers mit dem Leben eine viel engere. Aber gewisse Eigen- schaften des Mannes von der hastigen Feder sind hier richtig gesehen.

Sozialhygienlsche Akademien. Seit einem Jahr etwa bestehen in Breslau , Charlottenburg und Düsseldorf sozialhygienische Akademien, deren Errichtung einen bedeutenden Fortschritt in der Entwicklung des Medizinstudiums darstellen. Durch die Verordnung, daß alle Kreisärzte einen viermonatigen Kursus auf einer solchen Akademie durchmachen müssen, ist den neuen Unterrichtsanstalten eine Anzahl Teilnehmer gesichert, die sich hoffentlich durch andere Aerzte und Studenten der Medizin vergrößert. Der Leiter der sozialhygienischen Akademie in Düsseldorf , Dr. Ludwig Teleky , erörtert in derDeut- scheu Medizinischen Wochenschrift" die Aufgaben dieser neuen Stu- dienanstalten. Die Wissenschaft dersozialen Hygiene" hat sich außerhalb der Universitäten entwickelt, weil sie ihre stärksten Anregungen aus dem praktischen Leben empfängt. Heute sind aber die Gebiete derösfent- lichen Gesundheitspflege" so ausgebreitet, daß die staatlichen Gesund- heitsbeamten zur Tätigkeit auf diesem Gebiet einer ganz besonderen Vorbildung bedürfen. In erster Linie handelt es sich dabei um die Kreisärzte, dann aber auch um all jene Aerzte, die die Führung in der Gesundheitsfürsorge in ihrem Wirkungskreis übernehmen müssen. Um diesen Berufen in Theorie und Praxis die notwendige Aus- bildungsgelegenheit zu schaffen, war es notwendig, eigene Akademien zu errichten. Der Unterricht in der Gesundheitsfürsorge erfordert ja die Mitwirkung zahlreicher nicht dem Lehrkörper der Universität an- gehörender Personen. Besonders für die praktischen Zweige der Hygiene sind die Personen als Lehrer am besten geeignet, die mitten in dieser Tätigkeit stehen: der städtische Schularzt, der städtische Tuberkulosearzt, der Leiter der Landesversicherungsanstalt usw. Nur müssen sie hier lernen, im Kranken das Glied einer sozialen Ge- meinschaft zu sehen. Die Krankheit muß betrachtet werden in ihren ursächlichen Beziehungen zu den sozialen, wirtschaftlichen und beruflichen Verhältnissen. Da die Sozialhygiene das Grenzgebiet zwischen medizinischen und Sozialwissenschaften darstellt, so muh nach dem Unterrichtsplan dem jungen Arzt zunächst einiges über Volkswirtschaftslehre, Sozial- Politik, Sozialoersicherung und die Grundzüge unserer Staatsver- waltung mitgeteilt werden. An diese Vorlesungen schließt sich eine Darlegung der Tätigkeit der lokalen Formen der Sozialoersicherung, der Landesversicherungsanstalt, der Krankenkassenverbände. Einen größeren Umfang nimmt sodann der Unterricht insozialer Patho- logie" in Anspruch. Die Haupttbemen des wichtigsten Abschnitts des Stundenplane», der sich mit sozialer Fürsorge beschäftigt, sind: Kinder- und Jugendfürsorge, Krüppelfürsorge, Tuberkulosefürsorge, Bekämpfung des Alkoho- lismus, der Geschlechtskrankheiten, dann die andern Zweige sozialer Fürsorge, so für Wöchnerinnen, Blinde, Taubstumme, Kriegsbeschädigte usw., endlich Kran- kenhauswesen, Wohnungswesen, Arbeiters chug

Pflicht gegenüber der Provinz Ostpreußen fernerhin nicht nach- kommen will. Das Verhalten der Reichsregierung wird ernste politische Folgen haben. Die Verantwortung trägt die Reichsregierung. Im Auftrags: Siegfried, Landgerichtsrat a. D. Auf diese deutschnationale Schnoddrigkeit sandte das Partei- sekretariat der SPD. für den Regierungsbezirk Gumbinnen seinerseits einen Brief an den Reichskanzler Wirth. der die ausdrück- liche Billigung des Entwaffnungsbefehls der Reichsregierung ausspricht. Das Schreiben weist auf die Gefährdung hin, die wieder- holt in Ostpreußen durch die übergroße Zahl von Reichswehr und Schupo für die Bevölkerung enfftanden sei, so zum letzten Male am 17. Juni aus Anlaß einer Protestoersammlung in Tilsit gegen die Ermordung des Abgeordneten G ar e i s, bei.der zehn Tilsiter Einwohner, davon der größte Teil der Sozialdemo- k r a t i e angehörig, durch Geschosse und Handgranaten verwundet wurden. In dem Brief wird zum Ausdruck gebracht, daß die in Oft- preußen rechtlich anerkannten Sicherheitsorgane zum Schutz der öffentlichen Ordnung völlig ausreichend feien und daß auf einer Parteikonferenz in Königsberg der Antrag auf Auflösung der reaktionären Ortswehren gestellt worden sei. Das Schreiben unserer Tilsiter Parteigenossen erinnert daran, daß gerade die deutschnationalen Landräte der Kreise Tilsit und R a g n i t wie einige andere höhere Staatsbeamte in den Stunden der Gefahr im August 1S14 die Bevölkerung schutzlos im Stich ließen, indem sie bei dem Russeneinfall schleunigst die Flucht ergriffen. Zum Schluß enthält der Brief einige Angaben über die Persönlichkeit des Herrn Siegfried, die für diesen außerordentlich charakteristisch sind. Es handelt sich nämlich um denselben Landgerichtsrat Siegfried, der sich als amtieren- der Richter in Tilsit weigerte, der verfassungsmäßig ge- wählten Reichsregierung den Eid auf die Verfassung zu leisten, und der deshalb auf einen Antrag der SPD. von der Staats- regierung seines Amtes enthoben wurde.

Verfassungskonflikt in Sapern. München , 28. Juni. (Eigener Drahtbericht desVorwärts".) Wie sehr trotz aller offiziellen Versicherungen das Verstauen des Landtages in die durch die fahrlässige Miffchuld an dem Mord an Gareis belastete Regierung erschüttert worden ist, beweist die gestrige Abstimmung im Verfassungsausschuß des Landtages. Es stand die Verordnung über S ch u l p f l e g e und Schulleitung zur Debatte. In der Einleitung hatte der Kultusminister erklärt, daß nicht die ganze Verordnung, sondern nur gewisse Teile dem Landtage zur Begutachtung vorgelegt werden sollen, und versuchte dies verfassungsrechtlich zu begründen. Die Verordnung wurde durchberaten, als aber Abänderungsvorschläge über die Schulaufsicht besonders von sozialdemokratischer Seite kamen, folgerte der Minister, jetzt sei es Zeit, verfassungsmäßige V e- denken zu äußern, damit der Landtag über diese Fragen zur Be- schlußsassung komme. Sämtliche Parteien waren unter Berufung auf§ 49 der Verfassung der Meinung, daß die Verordnung u n g e- kürzt dem Landtage vorzulegen sei. Der Minister legte sich jedoch auf seinen Standpunkt fest, und so kam es zur Abstimmung, bei der 18 Stimmen gegen die Regierungsauffassung abge- geben wurden, während nur 13 Abgeordnete der Bayerischen Volks- partei sich der Stimme enthielten. Wäre der Vorstoß der Regierung Kahr-Matt gelungen, so wäre ein tiefer Eingriff in die Verfassung erfolgt. Nun steht die Re- gierung isoliert da. Selbst der Redner der Demokraten erklärte, die in diesem Fall eingeschlagene Praxis der Regierung fei ganz neu. Er erklärte das Vorgehen der Regierung vom staatsrech- lichm Standpunkte aus für bedenklich. Vom polltischen Stand- punkte aus sei es geeignet, nur neue Konfliktstoffe zu er- zeugen. Er erhebe im Namen seiner Partei Protest und würde auch die nötigen Konsequenzen daraus ziehen.

Le BondsGeheimbericht". Zu dem angeblichen Geheimbericht des Generals Le Rond an die französische Militärmission in Berlin hat der französische Botschafter dem Reichsminister des Aeußeren ein Schreiben überreicht, in dem er erklärt, daß dieser Be- richt in allen Punkten gefälscht sei.

Womit verdient man am meisten? Diese Frage, die sich heute sicherlich viele vorlegen, läßt sich kurz dahin behandeln, daß der am meisten oerdient, der anderen Vergnügen und Unterhaltung ver- schafft. Jockeis, Preisboxer, Kinoschauspieler werden am höchsten bezahlt, und dann Überhaupt alle Leute, die einzigartige oder seltene Fähigkeit besitzen. R. Günther erinnert inUeber Land und Meer" an die Riesenhonorare, die bei dem Kampf um die Welt- Meisterschaft im Boxen am 2. Juli 1321 gezahlt werden sollen. Die beiden Hauptkämpfer erhalten zusammen ein Honorar von einer halben Million Dollar, und zwar bekommt der Ameri- kaner Dempsey 300 000 Dollar der ftanzösische Weltchampion Cor- penticr 200 000 Dollar, gleichgültig wie der Kampf ausgeht. Hohe Einnahmen haben auch von altersher die erfolgreichen- Jockeis gs- habt. Beim Derby von 1398 verdiente der siegreiche Jockei John Wells in drei Minuten 120 000 Goldmark. Vor dem Kriege wurde die Gage von Basssrmann jährstch mit 70 000 M., die von Moissi mit 100 000 M. angegeben. Diese Summen aber werden durch das, was heutzutage Kinoschauspieler verdienen, weit in den Schatten gestellt. So schloß Mitte 1913 eine amerikanische Kinofirma mit dem Filmkünsller Fatty eine» Vertrag, durch den er ein Honorar von 3 Millionen Dollar zugc- sichert erhielt, wenn er dafür innerhalb von drei Iahren in 28 Zweiaktern und 2 Fünfaktern auftreten werde. Soviel kann Deutschland nicht zahlen-, aber auch hier verdienen die Kinokünstler sehr anständig. Den deutschen Rekord stellte wohl Emil Iannings auf, der für jeden Tag der Mitwirkung an einem Film 10 000 M. erhielt. Das war im Jahre 1919. Damals betrug das Honorar, das Henny Porten für jeden Film erhielt. 44 000 M. Ihr Jahres- einkomme,, wurde auf 600 000 M. geschätzt. Seitdem hat man freilich oersucht, dieProminenten" der Filmkunst in ihren Be- zügen etwas einzuschränken. Die Patti, deren Stimme man mit Recht als eine Goldmühle bezeichnet hat, soll sich ein Vermögen von 20 Millionen Goldmark ersungen haben. Auf einer amerikanischen Gastspielreise brachte ihr manches Konzert, in dem sie kaum eine Stunde sang, mehr als 30 000 Goldmark ein: einmal wurden ihr zwei Lieder mit 20 000 Goldmark honoriert. Aehnliche Honorare haben ja auch andere Gesangssterne, z. B. Caruso erzielt. Paderewski soll mit seinem Klavierspiel mehr als 10 Millionen Goldmark eingenommen haben. Berühmte Aerzte oerdienen nicht so hohe Summen, jedoch kommen auch hier 5)onorarc von mehreren Zehntausend, selbst Hundert- tausend Goldmark für eine einzige Operation vor. Märchenhafte Honorare haben auch erfolgreiche Rechtsanwälte erhalten. An die Adresse unserer nationalen Schieber. WieDer Rot- geldmarkt" berichtet, hat die Stadt Eisenberg in Thüringen Zehn- pfennig-Scheine gedruckt, die die Umschrift tragen: Papier, Papier, nichts als Papier von Preußen bis nach Schwaben , weil wir im lieben Vaterland die vielen Lumpen haben.

Mot'st In Wien . M exander MoltN bat sich auf sünf Monate der »Achfttu Spicljcit an das Deutsche Vollstheater in Wien oerpflichtet.