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Nr. ZS7�5S. Jahrgang

Oeilage öes Vorwärts

SonnabenS, 2. Juii?H2l

GroßSerün Die GlinöoWer �ilpen. Der Bewohner des Tieflands betrachtet die Erhebungen seiner ßsgend bereits als Berge, nnd wechseln solche Berge mit Einschnitten Tälern in kurzer Aufeinanderfolge ab, so belegt er eine solche Landschaft wohl mit dem hochklingenden NamenSchweiz " oder Alpen ". Ein derartiges Gebiet liegt bei G l i n d o w unweit Werder. Mit den Vorortzügen der Potsdamer Bahn fahren wir über Potsdam nach Werder , in die Obstkammer der Mark. Während auf der Ostseite der Werderschen Weinberge die Havel fließt, erstreckt sich auf der Westseite die Seenkette des Großen Plessower und Glindcw-Sees. Beide Seen find durch eine schmale sumpfige Niederung miteinander verbunden, die wir auf unserer Wanderung überschreiten. Der Glindow-See wird von einem Kranz von Ziegeleien umgeben, die den Ton der Glindower Berge ver- arbeiten. Dieser Ton verdankt seinen Ursprung der Eiszeit, die unserer heimatlichen Landschaft das Gepräge gegeben hat. Wenn wir eine der zahlreichen Gruben besuchen, können wir einen guten Einblick in das Erdgezimmer unserer Heimat tun. Auch von dem Höhenrand hinter den Gruben haben wir einen schönen Ueberblick. In der Tiefe sehen wir den Ton, der meist feingeschichtet oder gebändert ist und aus tonigeren oder feinsandigercn Bändern in regelmäßiger Wechsellagerung besteht. Ueoer dem Ton liegen Sande, die stellenweise von braunen Holzresten und auch Bernstein erfüllt sind. Mitunter finden sich hierin auch beträchtliche Mengen von Gehäusen einer Schnecke, der Pstackin» diluviana, die jetzt nur nur noch im Gebiet der Donaumündung vorkommt. Die Decke dieser Ablagerungen bildet Geschiebesand und Geschiebelehm. Der Ton gehört der v o r l e tz t e n Bereisung an; er ist von den Schmelzwassern, die Gerölle, Kies und Sand bereits vorher ab- gelagert hatten, hier abgesetzt worden, gleichsam wie in einem großen Klärbecken. Die über dem Ton lagernden Sand« entstammen der letzten Zwischeneiszcit. Man fand in ihnen vereinzelt Knochen vom Mammut, Rhinozeros und Hirsch, die beweisen, daß das Klima wärmer geworden war. Die Deckt ist von der letzten B e r e i s u n g abgelagert worden. Die Tonablagernngen liegen nicht wagerecht, wie es sein müßte, wenn sie ungestört geblieben wären: wir sehen sie vielmehr aufgepreßt und gefaltet. Die Ursache dieser Störungen ist das Eis der letzten Eiszeit gewesen, das den weichen plastischen Ton auf seinem Fortschreiten gen Süd zusammen- schob und dadurch Faltungen verursachte. Um zu dem für die Ziege- leien wertvollen Ton zu gelangen, mußten die über dem Ton lagern- den Schichten abgeräumt werden. Dieser Abraum bildet gewaltige Halden am Rand der Gruben, die der Berliner dieGlindowcr Alpen" nennt. Wir wandern durch die Obstanlagen, die jetzt allerdings wenig Reize bieten, wieder zur Jnselstadt Werder und zum Bahnhof zurück.

Ein mißglückter DiebeStrick. Der Messerstecher, Maler Richard Bennewitz, dessen Messer- attentate auf weibliche Personen vor etwa einem Jahrzehnt in Berlin großes Aufsehen erregt haben, stand gestern wegen des Einbruchs- diebstahls vor der Strafkammer, den er im Verein mit dem Schlosser Richard Schulz bei dem Kunstliändler Julius W e l t m a n n am Lützowplatz oerübt hat. Am 2. März drangen die beiden Komplizen gewaltsam in die Geschäftsräume des Kunsthändlers Weltmann und stahlen dort Gemälde, Kunst gegenstände und Teppiche imWertevonweitüber1Z0c>0 0M. Die Gemälde wurden aus dem Rahmen genommen und zusammen mit einigen Kunstgegen- ständen in einen Rucksack gepackt und die ganze Beute in die Woh- nung von Schulz geschafft, von wo die Kunstgegenstände stückweise verkauft wurden. Außerdem wurde der Kaufmann Leopold Rosen- blum, der nun wegen Hehlerei angeklagt war, damit betraut, die erbeuteten drei Teppiche und die Bilder gegen Provision an den Mann zu bringen. Er hatte aber Unglück bei dieser Mission, denn als er ein Bild einem Kunsthändler in der Taucntzicnstraße zum Kaufe anbot, ließ ihn dieser festnehmen, da er erkannte, daß das Bild zu den bei Weltmann gestohlenen gehörte. Um sich vor ähn- . lichem Mißgeschick zu schützen, verfielen sie auf den unerhört frechen

Gedanken, die Bilder an den Bestohlenen selbst zu verkaufen. Sie setzten sich zu diesem Zweck wiederholt telephonisch mit diesem in Verbindung und suchten ihn dafür zu interessieren, die ihm ge- stohlenen Bilder, die durch Zufall in ihre Hände gekommen seien, zurückzukaufen. Schließlich sprachen sie ihn eines Tages mit uner- hörter Dreistigkeit auf der Straße an, baten ihn in einen Hausflur und offerierten ihm die Bilder, die sie mitführten, zu einem Preise von SOOO M. Herr Weltmann ging auch zunächst auf dieses Geschäft ein, zahlte diese Summe, die er gerade bei sich trug, veranlaßte dann aber die Verhaftung der sonderbaren Bilderhändler. Das Gericht verurteilte Bennewitz zu 2 Jahren Zucht- haus, den bisher unbestraften Schulz zu 1 Jahr Gefängnis und R o f e n b l u m wegen Hehlerei zuv Monaten Gefängnis.

Läckermeifter unü Iabrikbellhee- Zwei Kunden der Firma Gruhcr vor Gericht. Gegen zwei Kunden des vielgenannten Bankhauses Grußer, Philipfcn u. Compagni« hatte gestern das Schöffengericht Verlin- Mitte unter Vorsitz des Amtsgerichtsrats John zu verhandeln. An- geklagt wegen Vergehens gegen die Kapitalfluchtvcr- o r d n u n g vom 22. Revembsr 1918 waren der Färbereibesitzer Os- wald N ei e f e aus Britz und der Bäckermeister Heinrich N a e f e aus der Strelitzer Straße. Die Angeklagten sind, obwohl sie den gleichen Namen führen und beide in Neichenboch gebürtig sind, nicht mitein- ander verwandt. Das vorliegende Verfahren richtet sich auch gegen den flüchtigen Bankier Grußer. Bei diesem fand im November v. I. eine Haussuchung statt, bei welcher die Geschäftsbücher beschlagnahmt wurden. Aus diesen Büchern ergab sich, daß neben dem Prinzen Eitel Friedrich und anderen adligen Herren auch eine ganze Reihe von Kaufleuten, Handwerksmeistern und Politikern mit dem Bankhause Grußer in Verbindung stehen. Wie die Verhandlung ergab, hatte der Angeklagte Heinrich Naefe der Firma Grußer SO OK) M. übergeben, um Kommanditanteile der Firma Schlesinger, Trier u. Co. zu erwerben. In seiner polizeilichen Vernehmung hatte der Angeklagte erklärt, daß er mit Rücksicht auf die heutigen Zustände in Deutschland nichts dagegen gehabt hätte, wenn das Geld nach Holland gelangt wäre. Don Rechtsanwalt B r u g s ch wurde dieRechtsgültigkeit der Verordnung be st ritten, welche seinerzeit lediglich vom Rat der Volksbeauftragten erlassen sei, ohne die spätere Ge- nehmigung der ordnungsmäßigen gesetzgebenden Körperschaften ge- funden zu haben. Das Gericht hielt jedoch die Verordnung für zu Recht bestehend, da, wie der Borsitzende verkündete, in der Verfassung keine Bestimmung enthalten sei, nach welcher die von dem Volks­beauftragten erlassenen Bestimmungen erst noch einer besonderen Bestätigung bedürfen. Das Urteil lautete auf� 200 0� Geld strafe, außerdem wurden dieS0 000 M. demReichefürversallen erklärt. In der zweiten Sache gegen den Färbcrcibesitzer Oswald Naefe handelte es sich um Beträge von 220 000 und 158 000 M., an denen ein Fabrikbesitzer Bergmann und ein reicher Holländer namens Roloff beteiligt gewesen sein sollen, welche Ehemikalienkäufe getäriqt baben sollen. Bon diesen Beträaen gehörte die Summe von 58 000 Mark dem Angeklagten. Das Gericht erklärte auch diesen Betrag als dem Reiche verfallen und verurteilte den Angeklagten außerdem zu 3 00 0 M. Geldstrafe._ Parkanlagen als Exerzierplatz. In der letzten Dezirksverordnetensitzung des 14. Vermal- tungsbezirks wurde Gen. Sommer bürg neu eingeführt, desgleichen Dezirksbaurat Müller(Steglitz ). Der Einweisung des Türkenfriedhofes in den 14. Verwaltungsbezirk wurde zugestimmt. Eine lange und teilweise erregte Debatte entspinnt sich über den An- trag der Kommunisten,das Bezirksamt zu ersuchen. Schritte zu unternehmen. daßmilitärischeUebungenaufdenPark- anlagen des Tempelhofer Feldes unterbleiben". Hierzu ist noch ein Zufatzontrag der USP. eingegangen:Ein Teil des Tempelhofer Feldes solle zur Anlage eines Dalksparks freigegeben werden, ebenso der unbenutzte Teil am Karlsgarten. Alle Vertreter der Linken wenden sich gegen die Uebungen der Schutzpolizei in den Parkanlagen. Es ist vorgekommen, daß Ossiziere die Räumung der Anlagen be- fehlen, den Promenadenwcg als Reitweg benutzt haben, die Promenade selbst von den Truppen mit Maschinengewehren besetzt und die Anlagen, trotz der Schutztafeln, die das Betreten verbieten, durchquert wur- den. Dabei wird mit Platzpatronen geschossen. Die Arbeiter st adt Neukölln, die wenige Parkan-

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Die Rächer.

Roman von Hermann Wagner. Roksner schritt meiter, von einem Heer von Gedanken an- getrieben, das ihm an den Leib rückte. Wie dumm war der Mensch und wieviel mußte er lernen und erfahren, um zu erkennen, daß.die Moral nicht ein Mittel für, sondern gegen die Schwachen war. die mit ihr ge- fesselt wurden, weil ihre Schwäche, hemmungslos sich selbst überlassen, nur Unheil stiften konnte. Für den Starken da- gegen war die Moral nicht da, und ihm war es auch gegeben, dem Gesetz auszuweichen, wie einem blind wütenden Tier, das man lenkt, indem man seine brutale Kraft aus eine falsch« Bahn, auf ein totes Gleis lockt. Wie. war er«inst nicht gestraft worden, nicht weil er getötet, sondern nur versucht hatte, zu töten? Und ietzt? Jetzt h a t t e er getötet. Und die Folge war nur, daß sich sein B-r- mögen mehrte. Die Schuld aber, die Schuld an dem Tode eines unnützen, zum Leben nicht mehr tauglichen Menschen, trug er keineswegs wie eine Last. Wie eine Genugtuung trug er sie. Er war dem Leben eine Rache schuldig für das, was es ihm angetan hatte. Er rächte sich. Reisner speiste mit Behagen bei Hiller und fuhr sodann in den Tiergarten, den der Herbst schon anfing rötlich zu färben. Die Luft war klar, alle Farben prangten in Reife und Sattheit. Und es war, als riefe alles mit einer Heiterkeit, die aus der Ueberzeugung erfahrenen Alters kam: genieße, ge- nieße! Erst gegen Abend fuhr er heim, man begann, als er ein- trat, schon das Kontor zu schließen. Alles in Ordnung?" fragte er rasch. Man antwortete ihm, daß die Leiche des Selbstmorders fortgeschafft sei und Frau Eutzeit sich oben in ihrer Wohnung befinde. Wollte sie mich sprechen?" Nein, man wußte nichts. Er ging hinauf, läutete und fand Hilde Gutzeit bei ihren Kindern. Sie sah verweint aus, schien aber überwunden zu haben, denn ihre Augen blickten voll müder Ruhe. Reisner stimmte das fröhlich, und er schlug sofort einen bestimmten Ton an, als lägen hinter den Ereignissen des Tages schon Monate und Jahre.Wir wollen beraten," sagte er.Sind Sie bereit?"........

Sie nickte. Da entwickelte er ihr in raschen, sicheren Sätzen, wozu er sich nach reislicher Ueberlegung entschlossen hatte. Er sah sie dabei mit überlegenem Spott an. Und diese Ueberlegen- heit, die er fühlte, schmeichelte ihm, er spiegelte sich gleichsam in ihr, und er war mit dem Bilde, das dieser Spiegel zurück- warf, sehr zufrieden. Daß sie keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfertigung in Geld habe, werde sie wissen. Das, was er ihrem Gatten und ihr in den letzten Monaten habe zukommen lassen, sei ein Geschenk gewesen, mit dem er sich ihnen beiden habe dankbar zeigen wollen dafür, daß sie, ohne das freilich zu beabsichtigen, durch ihren Ruin ihm selbst Gelegenheit gegeben hatten� sein eigenes Vermögen zu oermehren. Diese Dankbarkeit wolle er auch weiter bekunden dadurch, daß er ihr nun, womit sie aller- dings für alle Zeiten abgefertigt sein würde, noch einen festen Betrag von fünftausend Mark zur Verfügung stelle. Und er frage sie, ob sie damit einverstanden sei. Wieder nickte sie stumm., Er verbeugte sich und zog ein Papier aus der Tasche. Gut. dann bitte ich, diese Erklärung zu unterschreiben." Sie unterschrieb und gab das Papier zurück. Er steckte es sorgfältig ein und zählte ihr sodann in fünf Scheinen den Betrag von fünftausend Mark auf den Tisch. Stimmt es?" fragte er. Ja, es stimmt." Er lächelte.Sie sind brav, und das macht mir Freude. Sie sollen deshalb auch nicht vergessen, daß. wenn Sie in Zukunft einmal in Not geraten sollten, Sie immer einen Freund in mir haben werden." Er sab sie prüfend an.Einen Freund!" sagte er noch einmal mit Betonung.Haben Sie mich verstanden?" Ja," sagte sie matt. Er verbeugte sich leicht.Auf Wiedersehen also- und, wenn es sich macht,... das heißt, ich dränge Sie natürlich nicht!,... aber es ist doch wohl nötig, daß ich es sage!,... also, ich meine: diese Wohnung... müßten Sie... bald ... verlassen..." Sie hörte seine Schritte draußen verhallen. Mit blinden Augen starrte sie vor sich hin ins Leere. 9. Reisner hatte Glück. Er hatte aber nicht nur Glück, er arbeitete auch. Aeußer- lich unterschied sich seine Arbeit nicht viel von der. die er in seiner Jugend in Hamburg geleistet hatte. Wieder galt er

lagen besitzt, hat ein Recht darauf, daß sich ihre Einwohner ohne Gefahr in den Anlagen aufhalten können. Aber auch die Schießerei in den Schießständen hat Formen angenommen, die den Protest herausfordern. Früher war es doch. wenigstens Sonntags ruhig, was heute nicht mehr zutrifft. Stadtrat Gen. Dr. S i l b e r st e i n als Dezernent der Neuköllner Krankenhäuser oerweist speziell auf die Er r e g u n g, die in den Krankenanstalten Hasenheide und Hebammen- l e h r a n st a l t herrscht. Bon 5 Uhr morgens bis in den späten Nachmittag wird geschossen und besonders die Schwerkranken leiden sehr darunter. Alle Beschwerden bei den matzgebenden Stellen haben nichts genützt. Da ist es notwendig, daß die O e s f e n t l i ch- keit, insbesondere die Presse, dazu Stellung nimmt. Stadtrat Schröder bedauert, daß nach dem Vertrag« mit dem Fiskus keine Möglichkeit besteht, durchgreifend vorzugehen. �lm übrigen bestätigt er die Klagen und verweist auf die Aussagen oer Barkwächter. Stadtrat Gen. Heitmann ist der Auffassung, daß dieser im Jahre 1913 geschlossen« Vertrag den heutigen Zeitum- ständen entsprechend geändert werden muß. Ein Vertreter der Bürger- liehen bezweifelt, daß Gefahr für die Parkbesucher besteht. Er stimmt dem Antrag jedoch insoweit zu, daß.di« Uebungen ander- weitig verlegt werden. Die Anträge«erden dann gegen einen Teil der Bürgerlichen angenommen. Die Verlust« in der städtischen Wurstfabrik wur- den vom Redner der Bürgerlichen weidlich ausgeschlachtet. Er be- hauptet sogar, daß nach dem Genuß städtischer Wurst Einwohner das Krankenbaus aufsuchen mußten. Stadtrat R a d t k e mbt zu, daß durch falsche Einlagerung Ware im Wert« von 40 000 M. ver- darben sei. Der Meister ist sofort entlassen, der Geschäftsführer aekündigt worden. Was ober sonst über den inneren Betrieb der Wurstfabrik gesagt worden ist, treffe nicht zu. D e r A r t i k e l- fchreiber in derDeutschen Zeitung" wird dem» nächst vor Gericht den Beweis seiner Dehquptun- gen zu erbringen haben. Durch Zwang waren wir ver- pflichtet, uns von Berlin zugewiesenesInnere s" zu übernehmen, was erst nach und nach verarbeitet werden konnte. Im Laufe der Zeit ist dann ein Teil dieser Maren verdorben. Der in der vor- letzten Sitzung durch Einspruch der Bürgerlichen zurückgestellte An- trag der Kommunisten betr. Zurücknahme der Kündigung von 17 städtischen Heizern führt zu einer teilweis« erregten Aussprache. Stadtrat W a l d h e i m als Dezernent sieht keine Möglichkeit, wegen Mangel an Mitteln die Heizer zu halten. Auch können sie leider in keinem anderen Betrieb unterqebracht werden. Einstimmig be- schließt die Bezirksverordnetensitzung die Zurücknahme der Kün- digung._ Pfarrer Bleier über daS Schlohlazarett. Zu einer eindrucksvollen Kundgebung gestaltete sich die Bsr- sammlung, welche gestern im Bürgersaal de, Rathauses stattfand, und in der Genosse Pfarrer B l e i e r über die Vorgänge im Chor- lvttenburger Schloßlazarett sprach. Die Ausführungen des Redners gipfelten in dem Verlangen, daß den Lazarettinsassen die Räume belassen und alle gegen sie gerichteten Verfügungen endlich auf- gehoben werden sollten. Es liege kein Grund vor, die Maßregeln gegen die Kranken und Krüppel noch länger aufrechtzuerhalten, zu- nial auch ihre Familien darunter schwer zu leiden hätten. Die Versammlung bekundete durch stürmischen Beifall ihr Ein- Verständnis mit dem Redner. Wir behalten uns vor, morgen noch eingehender hierauf zurückzukommen.

ES gibt noch Fahrkarten für die �erienfonderzüge. Wie eine Berliner von eisenbahnamtlicher Seite bediente Korr« spondenz mitteilt, sind noch zu einer ganzen Reihe von Feriensonder- zügen Fahrkarten zu ermäßigten Fahrpreisen verfügbar, und zwar: Nach der Sächsischen Schweiz am 9. Juli, von Thüringen (Rück- fahrt) 13. August, nach Friedrichshafen am 17. Juli sowie für die Rückfahrt am 13. August, von Basel (Rückfahrt) 13. August, nach Hamburg , am 8. und 11. Juli, nach Goslar -Thale am 12. Juli, für die Rückfahrt am 13. und 15'. August, nach Altenau am 11. Juli, sowie für die Rückfahrt von dort am 6. August, nach Seesen -Qued- linburg am 10. Juli, nach dem Sauerlande am 9. Juli sowie für die Rückfahrt am 30. Juli. Ferner sind Karten zu haben zu den vom Stettiner Dahnhof oerkehrenden Ostseezügen, ebenso zur Rück­fahrt von der Ostsee nach Berlin . Aus dieser Mitteilung geht hervor, daß die Karten zu einer Anzahl wichtigster Feriensonderzüge tat- sächlich, wie wir schon vor Tagen meldeten, ausverkauft sind. Ueber die skandalösen Vorgänge an den Schaltern liegt auch bis heute noch als geschäftlich außerordentlich rührig, scharf und nüchtern im Denken und rasch und selbständig in seinen Entschlüssen. Nur daß er es verstand, aus einer Stunde zwei zu machen. Er genoß bei allen, die mit ihm zu tun hatten, Vertrauen, welchem freilich immer eine Art Furcht beigemischt war. Diese Furcht galt seiner Rücksichtslosigkeit. Denn es war be- kannt, daß er einen unheimlichen Spürsinn besaß, dem keine Schwäche des Gegners entging. An dieser Schwäche biß er sich dann bei denen, denen er übel wollte, fest. Und sonder- barerweise gab es niemanden, der glaubte, daß Reisner ihm wohl wolle. Aus welchem Grunde Reisner eigentlich überall verhaßt war. Es schien indes, als ob Reisner diesen 5) gar nicht be- merke, denn wo immer er sich zeigte, zeigt« er sich mit einem Lächeln, dessen Liebenswürdigkeit jede Härte und jede böse Absicht Lügen zu strafen schien. Und immer war er dabei, den Kreis seiner Beziehungen zu erweitern. Ueberraschend schnell hatte er sich die Fähigkeit angeeignet, sein wahres Gesicht zu verbergen, und Leute, die ihn das erstemal sahen, waren in der Regel bezaubert von ihm. Nicht weniger gut oerstand er sich auch darauf, seine wahren Pläne zu verschleiern. Stets trat er auf den Plan mit der Miene eines, der nichts will, um sich dann mit spöttischem Dank zu verabschieden, wenn er erreicht hatte, was er wollte. Was das war, wußte man erst, wenn es zu spät war, sich vor ihm zu retten. Denn er hielt sein Opfer fest und gab es erst frei, wenn es sein Verbündeter geworden war. Eine Menge listiger Verträge kettete so Menschen an ihn, die, ob- gleich sie wünschten, ihm zu schaden, ihm doch Nutzen stiften muhten. Er war rastlos. Das von Gutzeit übernommene Geschäft füllte längst nicht mehr den Tätigkeitsdrang aus, der in ihm steckte, und er hatte es kaum sieben Monate in seinem Besitz behalten. Im Winter fand sich eine Gelegenheit, es mit großen, Vorteil zu verkaufen, nebst jenem Haus im Westen, in dem zu wohnen ihm nicht mehr gut genug war. Er brachte eine Villa im Grunewald an sich, die er glänzend einrichtete, und anstatt daß ihm dieser Tausch Geld gekostet hätte, brachte er ihm Geld ein. Er kaufte, verkaufte, kaufte zurück, er verpaßte keine Gelegenheit, die günstig war. Und nie verschwendete er. Daß auf diese Weise seine Mittel sich mehrten, war kein Wunder. Innerhalb acht Monaten hatte er eine halbe Million Mark verdient. (Forts, folgt.)