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flue einer bayerischen Jeftung. Von besonderer Seite geht uns ein ausführlicher Bericht über Zustände in dem bayerischen Festungsgefängnis Niederschönenfeld zu, die dringend der Aufklärung bedürfen. Wir übergeben die Mitteilungen der Oesfentlich- leit in der Hoffnung, daß die Vorfälle f�crt genau untersucht twerden und daß über sie baldigst ein ausführlicher Bericht erteilt wird. Am 4. Januar drang eine Abteilung von 2 Offizieren und über 40 schwerbewaffneten Sipoleuten unter Anführung des Augsburger Oberstaatsanwalts Menzel in die Festung und zwang die Festungs- gefangeneu, teilweife unter Anwendung von Gewalt, zum Ablegen der kommunistischen Sowjetabzeichen: hierbei erfolgten Kommandos wie:Schußfeld frei!" undE n t s i ch e r n!". In den Abend- stunden desselben Tages wurde eine Verfügung des Feftungsvor- standes bekanntgegeben, daß unnachfichtlich bei jeder Wider- s e tz l i ch k e i t von der Waffe Gebrauch gemacht würde. Eine besondere Rolle spielte ein Bademeister der Festung, der sich rühmte, er werdeeigenhändig sieben Spartakisten wie tolle Hunde mit dem Spaten erschlagen, wenn es losginge". Obwohl diese Aeußerung vor Gericht erwiesen wurde, unternahm der Nor- stand nichts gegen diesen bayerischen Kulturträger. DerVolkswille" in Augsburg , der diese Vorfälle mitteilte, wurde beschlagnahmt. Im Februar wurde Amtsrichter Dr. V o l l m a n n Festungsoor- stand: durch ihn wurden neue Repressalien gegen die Gesan- genen eingeführt. Bei den geringsten Anlässen wurde Bett-, Kost-, Hofentzug und Dunkelarrest verhängt. In Anerkennung seinerVer- dionste" wmde V. nach München versetzt: und der Augsburger Erste Staatsanwalt Dr. K r a u ß übernahm nunmehr die Leitung. Jetzt hagelte es Disziplinarstrafen gegen die Gefangenen, und um diesen unerträglichen Zustünden ein Ende zu bereiten, forderten die Ge- fangenen durch drei Parlamentäre am 2. Juni die Wiederherstellung der gesetzmäßigen Festungshaft. Die drei Gefangenen wurden sofort in Einzelhaft genommen. Am nächsten Tage erging es dreizehn weiteren Gefangenen ebenso. Am K. Juni wurde von dem Ober- werkführer Fetsch auf einen Festungsgefangenen, der in das Rapport- zimmer heruntergeführt worden war, der Revolver angelegt. Aus naheliegenden Gründen verzichten wir, sämtliche uns mitgeteilten Einzelheiten, insbesondere Schikanen gegen einzelne Gefangene, mitzuteilen, da diese sonst infolge des auf sie gelenkten Verdachtes, uns die In- formationen übersandt zu haben, keine Stunde mehr ihres Lebens sicher sein könnten. Wir erklärten uns jedoch bere.t, die R e i ch s j u st i z b e h ö r d e p bei der Ausklärung der An- gelegenheit durch Ueberweisung weiteren Materials zu unter- stützen und sprechen die dringende Erwartung aus, daß schon v o r einer völligen Aufhellung des gesamten Tatbestandes die Wiederher st ellung der gesetzmäßigen Zu- stände in Niederschönenfeld gewährleistet wird. Kongreß öer dritten Internationale. Terioki, 7. Juli. ,(DE.) Nach Privatmeldungen, die dem Kor- respondenten des Ost-Expreß aus Moskau zugehen, verläuft der Kongreß der 3. Internationale merkwürdig farblos. In der O p p o- sition, die sich gebildet hat, fehlen hervorragende Wortführer. Nach einem Ausspruch Radeks laufen die Debatten, die eigentlich eine Erörterung der Kardinalfragen bringen sollten, auf einWie- derkäuen" der Zwistigkeiten in den kommunistischen Parteien Deutschlands und Italiens hinaus. Die Namen Levi und Serrati werden fast von jedem Redner erwähnt. Klara Zetkin ver- sucht ihren Austritt aus der Zentrale der VKPD . zu rechtfertigen und eine Mittellinie zu finden. Die erhobene Angriffstimmung, die auf dem 2. Kongreß herrschte, ist jetzt der Ausfechtung von Detail- streitigkeiten gewichen. Die Delegierten haben die Empfindung, daß die 21 Bedingungen hervorragende Kräfte der Arbeiterbewegung ausgeschaltet und die Bildung von Massenparteien verhindert haben. Die Moskowiter fahren fort, auf ihrem alten Standpunkt zu be- harren. Die ausländistben Kommunisten können sich bisher nicht entschließen, mit klar formulierten Ansichten hervorzutreten. Die Politik der revolutionären Aktionen hat im Auslande in praxi eine Niederlage erlitten: dennoch bestehen die Moskowiter auf der For- derung, die gegenwärtige Weltkrise in revolutionärem Sinne aus- zunutzen. Die Ausländer bilden in diesem Punkt eine Opposition, die sich jedoch zurückhaltend äußert.

Die Erklärungen ües Prinzen LVinüisch-Grätz Budapest , 7. Juli(TU.) In der gestrigen Sitzung der National- Versammlung erklärte Prinz Windisch-Grätz , daß er von der durch Michael Karolyi ins Leben gerufenen revolutionären Bewe- gung im Jahre 1918 Kenntnis erhalten habe, als er in seiner Eigen- schaft als Ernährnngsminister in Berlin weilte, wo man ihn darauf aufmerksam machte, daß der deutsche General st ab diese von der Unabhängigkeitspartei ausgehende Bewegung verfolge und daß die französischen und italienischen Verbindungen Karolyis wohl be- kanr.t feien. Der damalige Kaiser Wilhelm habe ihn ermächtigt, dem König Karl darüber zu berichten, daß der deutsche Generalstab allen Fäden der revolutionären Bewegung auf die Spur gekommen sei. Wilhelm habe erklärt, unter derartigen Umständen sei die Weiterführung des Krieges un möglich, weil einerseits die technischen Truppen fortgesetzt Verrat übten und andererseits wegen der revolutionären Bewegung der Karolyi-Partei früher oder später der Zusammenbruch der österreichisch-ungarischcn Monarchie erfolgen müsse. Die französische Regierung habe Karolyi als Spion benutzt, um die Widerstandsfähigkeit der Zentralmächte zu schwächen, habe jedoch niemals daran gedacht, daß sie Karolyi und seinen Leuten als Regierung gegenüberstehen werde.

Lager Sielow . Wie derDena" von unterrichteter Seite mit- geteilt wird, befinden sich im Jnternierungslager Sielow bei Cottbus nur noch 40 b i s 50 O b e r s ch l e s i e r. und auch diese werden dort lediglich aus dem Grunde festgehalten, weil sie die Befürchtung hegen, bei ihrer Rückkehr nach Oberschlesien in Korfantys Insur- gentenarmee eingereiht zu werden. Da inzwischen durch die we­nigstens äußerlich vorgenommene Auflösung der Jnsurgenten- gruppen diese Befürchtung einigermaßen gegenstandslos geworden ist, sollen diese Oberschlesier demnächst in ihre Heimat ent- lassen werden. Es trifft weiter zu, daß im Lager Sielow noch eine Reihe Kongreßpolen festgehalten wird. Es handelt sich bei diesen Leuten zumeist um Deserteure der polnischen Armee, die auch ihrerseits aus begreiflichen Gründen nicht den Wunsch hegen, nach Polen zurückzukehren. Ueber den Berbleib dieser Leute wird ebenfalls in allernächster Zeit eine Entscheidung herbeigeführt werden. Gustav hilger, der Bevollmächtigte der deutschen Regierung und Leiter der deutschen Fürsorgestzlle, ist aus Moskau in Berlin ein- getroffen. Dr. Ehang JJün Kai, der bisherige inoffizielle Vertreter der chi- nesischen Regierung in Berlin , ist zum Geschäftsträger er- nannt worden. Gleichzeitig hat die deutsche Regierung ihren bis- herigen inoffiziellen Vertreter in Peking , Ecsandischaftsrat Dr. v. B o r ch, zum Geschäftsträger bestellt. Die bulgarische Regierung Hot um einen dreijährigen Aufschub ihrer Reparationszahlungen ersucht.

Schluß im , In der Fortlctzung der gestrigen Reichstagssitzung folgte die zweite Beratung des Verdrängungsfchüdengesetzes. Verbunden damit wird das Kolonialschädengesetz, das Aus- landsschädengefetz und die Entschädigungsord- n u n g. Der Ausschuß fordert möglichste Beschleunigung bei der Festsetzung von Entschädigungen und Vergütungen. Zu diesein Zweck soll das Reichswirtschaftsgericht erweitert werden. Dem Reichstag soll ein Plan vorgelegt werden, wie die Reichsregierung eine bessere Sicherung des«Rechtsschutzes auf wirtschaftlichem Gebiet gewährleisten will. Eine Entschließung der bürgerlichen Parteien ersucht die Re- gierung um geeignete Vorschläge über den Ersatz der im Kriege an Ladungen der Seeschiffahrt entstandenen Schäden, die im Auslands- schädengefetz ihre Regelung nicht gefunden haben. Eine weitere Entschließung verlangt eine vorläufige Entschädigung aus Reichs- Mitteln für Reichsangehörige und deutsche Gesellschaften, deren Eigentum während der Fahrt durch den polnischen Korridor von polnischen Behörden widerrechtlich beschlagnahmt worden ist, die aber trotz der Vorstellungen der deutschen Regierung Ersatz von der polnischen Regierung nicht erlangen konnten und dadurch in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen sind. Abg. Riedmüller(Soz.) gibt im Namen aller Parteien mit Ausnahme der Unabhängigen und Kommunisten eine Erklärung ab: Der Ausschuß hat seinen Beschlüssen zwei leitende Ge- danken zugrunde gelegt. Der erste ist der des Wied er auf- b a u e s, der oerlangt, daß die Geschädigten wieder wirtschaftlich wertvolle Mitglieder der deutschen Volksgemeinschaft werden. Der zweite Gedanke ist der s o z i a l e, der den wirtschaftlich schwächer Ge- stellten, die sich aus eigener Kraft nicht wieder aufrichten können, besondere Berücksichtigung zuteil werden läßt. Abg. Schwarz(U. Soz.): Wenn von diesen Mitteln Hundert- tausende in die Taschen eines einzelnen fließen sollen, dann müsien wir die Vorlagen ablehnen. Abg. Fries(Komm.): Trotz einzelner Mängel werden wir das Verdrängungsschädengesctz annehmen. Sonst aber müsien wir uns dem unabhängigen Redner anschließen. Das Verdrängungsschädengesetz wird darauf unter Ablehnung eines unabhängigen Antrages in dritter Lesung einstimmig a n g e- n o m m e n, die anderen Gesetze werden gegen Unabhängige und Kommunisten angenommen, ebenso die Entschließungen. Die zurückgestellten Abstimmungen zur Wochenhilfevvr- läge ergeben die Ablehnung der unabhängigen Anträge, die Bor- läge wird einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf über das Reichswirtschaftsgericht geht an den Rechtsausfchuß. Es folgt der Bericht des Ausfchusies für Dolkswirtschaft über die Erwerbslosensürsorge. Der Ausschuß fordert eine planmäßige Umschichtung der Be- völkcrung, Förderung des Baugewerbes in Stadt und Land, des Baues von Kanälen, Inangriffnahme öffentlicher Arbeiten in weite- stem Umfange, Heranziehung weiblicher Arbeitsloser zur Hausange- stelltenar�eit. Die Zahl der ausländischen Arbeiter soll mög- lichst vermindert werden. Angestrebt werden soll eine allge- meine Erhöhung der Produktivität. Ein sozialdemokratischer Antrag verlangt, daß den arbeitslos gewordenen Arbeitern und Angestellten der verloren- gegangene Arbeitslohn von den Induflrietartellen e r s e tz t wird, die durch Berhängung der Materialsperre die Still- legung von Fabriken und Werkstätten herbeiführen. Ein Antrag der beiden Rechtsparteien verlangt, daß die Vergebungsstellen bei allen Arbeitsaufträgen der öffentlichen Verwaltungen gehalten wer- den, auf Preise zu halten, die den Markwerhältnissen entsprechen. Abg. Brandes(U. Soz.) berichtet über die Ausschußverhandlungen. Abg. Blettner(Komm.) lehnt die Vorschläge des Ausschusses ab. Abg. Dißmann(U. Soz.): Den deutschen Werften und den dort Beschäftigten droht eine furchtbare Katastrophe. Rund 30 voll Werft- arbeiter drohen das Maffenheer der Arbeitslosen zu vergrößern. Die Regierung muß alles tun, um dies zu verhindern. Die Werft- arbeiter verlangen, daß die Zeitdauer des Bauprogramms verkürzt wird, damit nicht in einer Zeit wirtschaftlicher Depression Tausende von Arbeitern aufs Pflaster fliegen. Die Schichauwerft hat wegen einer Demonstration von 10 Minuten 0000 7000 Arbeiter sieben Wochen lang ausgesperrt, und keine Vermittlung, auch nicht die des Arbeitsministeriums wurde angenommen. Dem Schieds- spruch fügt sich die Werft nicht. Herr Plettner scheint seine Rede deshalb gehalten zu haben, damit für die Arbeitslosen ja nicht

Wirtschaft Sanktionen und Arbeitslosigkeit. Von gut unterrichteter Seite wird uns geschrieben: Die durch die Sanktionen hervorgerufene Lähmung des Wirtschafts - l e b e n s im Rheinland hat im Monat Juni nicht nur unvermindert angehalten, sondern sogar weitere Fortschritte gemacht. Sie äußert sich zunächst darin, daß allein im Regierungsbezirk Düsseldorf vom 1. bis zum 24. Juni Weitere 27 Betriebe teils still- gelegt worden sind, teils mehr oder minder weitgehende Ein- schränkungen erfahren haben. Von der Krisis sind in ständig wachsendem Maße auch die Großbetriebe erfaßt war- den, u. a. die Gußstahlfabrik Friedrich Krupp A.-G., Essen, die Mannesmannwerke, Abteilung Schulz-Knaudt in Huckingen, die Düsseldorfer Eisenhütten-Gesellschaft in Ratingen , die Papierfabrik Reisholz in Reisholz , die Krefelder Stahlwerke in Krefeld , das Stahlwerk Liesen». Co. in Krefeld , die Walter Kellner A.-G. in Barmen, das Rheinifch-Westfälifche Elektrizitätswerk(RWE.), Werk Reisholz , die Spiegelglasfabrik Reisholz A.-G. zu Reisholz . Viel verhängnisvoller ist aber der Umstand, daß die Kurzarbeit ganz außerordentlich zugenommen hat, so daß augenblicklich von rund 35 0000 in Fabriken und diesen gleichgestellten Anlagen beschäftigten Arbeitern etwa 200000 kurzarbeiten. Allein bei den 90 Mitglicdfirmen der Arbeitervereinigung für Düffel- darf und Umgegend, Abteilung Hütten- und Maschinenbauindustrie, mit ungefähr 30 000 Arbeitern, betrug in den Monaten Mai und Juni die Zahl der»on der Arbeitsbeschränkung betroffenen Arbeiter an 20 000. Da mit der Kurzarbeit natürlich auch eine entsprechende Schmä- lerung des für die große Mehrzahl der Arbeiter, insbesondere der Verheirateten, das Existenzminimum nicht übersteigenden Arbeits- Verdienstes verbunden ist. muß die jetzige Wirtschaftslage unbedingt zu einer schnellen gänzlichen Verelendung der Arbei- t e r s ch a f t, die sich besonders an deren Kindern offenbart, und zu einer starken Radikalisierung der Masten führen. Es kann nicht dringend genüg darauf hingewiesen werden, daß mit Sicherheit auf eine Entspannung der Wirtschaftslage zu rechnen ist, sobald die er- weiterte Besatzung wieder aufgehoben wird und die Zollschranke mit den damit verbundenen außerordentlichen Erschwerungen in der Ein- und Ausfuhr in Wegfall kommt. Es besteht Knappheit an K o hl e n, die nur infolge des fchlech- ten Geschäftsgangs weniger in Erscheinung tritt. Die Betriebe er- hielten nur 23 Proz. des ihnen zustehenden, ohnehin schon geringen Kontingents. Zur Aufrechter Haltung großer lebenswichtiger Be-

etwa von uns etwas durchgesetzt wird. Mögen Sie(z. d. Komm.) Ihr traunges Spiel hier und woanders fort- setzen uns trifft es nicht, ober es tut uns leid um jeden Groschen, der den Arbeitslosen entgeht.(Lachen b. d. Komm.) Sie lache« über die Not der Arbeitsloien, um darin ihr Parteisüppchen zu kochen.(Zustimmung.) Im Ausschuß hat sich kein k o m m u- nistischer Vertreter sehen lassen.(Hört! Hört!) Und unsere Anträge wurden abgelehnt, weil die Stimme des Kommunisten fehlte.(Lebhaftes Hört! Hört!) Es ist lächerlich zu leugnen, daß die Gewerkschaftsvertreter überall, wo es möglich ist, für die Forderungen der Arbeitslosen eintreten. Wenn wir die 8 Millionen Gewert- schaftsarbeiter mobilisieren, so geschieht es gegen ihren natürlichen Feind, aber nicht zum Sturm gegen Gcwerkfchafts Häuser und als Knüppelgarde gegen ergraute Arbeiterführer. Reichsarbeitsminister Brauns: Die Regierung bedauert, daß von der. Schichauwerft der Schiedsspruch nicht angenommen worden ist. Die Arbeitnehmer haben die Verbindlichkeitserklärung beantragt. Ehe wir sie be- schließen, werden wir nochmals imt den Parteien Fühlung nehmen und versuchen, die Sache auf friedlichem Wege zu erledigen. Sollte das nicht gelingen, so wäre zu prüfen, ob hier nicht ein g r u n d- sätzlicher Widerstand des Unternehmers gegen den im Schlichtungsverfahren niedergelegten Einigungsgedanken als vorliegend anzunehmen ist. Einen solchen Widerstand mit allen gesetzlichen Wittc'.n zu brechen, halte ich für meine Pflicht.(Beifall links.) Dabei wäre besonders zu prüfen, ob nicht schon bei Vergebung von Staatsaufträgen, wie sie auch Schichau in nicht unerheblichem Umfange erhalten hat, ent- sprechende Sicherung getroffen werden müßte. Die Regierung muß von Unternehmern, die Staatsaufträge erhalten, nachdrücklich verlangen, daß sie den auf gesetzlichen Bestimmungen beruhenden sozialen Einrichtungen keinen Widerstand entgegensetzen. Abg. Plettner(Komm.): Die Unabhängigen bilden sich zu Un- recht ein, hier überhaupt positive Arbeit leisten zu können. Will Dißmann die Masse« auch zum außerparlamentarischem Kampf aufrufen? Abg. Simon-Franken(U. Soz.): Die Kommunisten haben sich in den Ausschüssen bis in die ollerletzte Sitzung trotz meines drin- genden Ersuchens überhaupt nicht sehen lassen. Es' hätten wich- t i g e Verbesserungen der Beschlüsse durchgesetzt werden können, wenn die Kommuni st en nicht gefehlt hätten. (Hört! Hört!) Sie wollen hier im Plenum nur Reden zum Fenster hinaus halten, um Einfluß auf die Masten zu gewinnen. Abg. Eckardt(Komm.): Wir waren in dem Ausschuß nicht ver- treten, weil Dr. Geyer verreist war.(Zuruf: Er war nach Mos» kau!) Heiterkeit.) Unsere Fraktion ist zu klein, um in den vielen Ausschüssen vertreten zu sein.(Heiterkeit.) Die Anträge des Ausschusses werden angenommen, der Antrag Schulz- Bromberg(Dnat.) wird abgelehnt. Der sozialdemokratische Antrag wird mit 129 gegen 108 Stimmen abgelehn:. Der Gesetzentwurf zur Erhöhung der Diäten der Reichstags- Mitglieder wird ohne Aussprache einstimmig angenommen. Danach werden die Diäten für die in Berlin wohnenden Abgeordneten auf 2000 M., für die übrigen auf 2300 M., die Abzüge für versäumte Sitzungen oder namentliche Abstimmungen auf 73 und 83 M. erhöht. Es folgt die Beratung der Atisführungsbestimmungen zum Besoldungsgesetz. Bei der Anwendung soll bei Meinungsverschiedenheiten zwecks Verständigung mit den beteiligten Bcamtenorganisationen verhau- delt werden. Die Vorlage wird angenommen. Zahlreiche Petitionen werden ohne Aussprache erledigt. Das Gesetz über das Branntweinmonopol und das Schulgesetz sowie der Initiativantrag über die Gleichstellung in der Justiz werden abgesetzt. Damit ist die Tagesordnung erledigt. Die nächste Sitzung findet am 6. September, 3 Uhr nachmittags statt mit der Tages- ordnung: Beratung von Steuergesetzen. Präsident Löbe hebt in seiner Schlußansprache hervor, daß in der Zwischenzeit die endgültige Entscheidung über O b e r s ch l c- s i e n fällt. Er gedenkt der furchtbaren Leiden unserer Landsleute dort unten und gibt dem Wunsche Ausdruck, daß diese Entscheidung auf Grund des Rechtes fällt, welches die oberfchlefische Abstim- mung vor aller Welt dargetan hat.(Lebhafter Beifall.) Schluß: 3 Uhr.

triebe, wie Mühlen, Master- und Elektrizitätswerke mußte daher im Laufe des Monats Juni bereits in etwa 30 Füllen zur Beschlag- nähme von Kohlentransporten von Selbstverbrauchern geschritten werden.

Texlilnotstandsversorgung und Texkilhandel. Dem Textilhandel ist die Tätigkeit der Gewerkschaften zur Versorgung der minderbemittelten Bevölkerung mit Bekleidungsstücken schon lange ein Dorn im Auge. Die Angelegenheit ist nun auch im Reichs- tag zur Sprache gekommen. Im Reichstagsausschuß für Volts- Wirtschaft berichtete Abg. Lange- Hcgermann(Z.) über eine Petition der Vereinigung Lausitz er Tuchhändler. Diese behauptet, daß durch die Hergabe von 23 Millionen Mark Kredite seitens des Reichsarbeitsministeriums an den Deutschen Ge- werkschaftsbund zur Beschaffung von Textilwaren und zur Verteilung an die Mitglieder der Gewerkschaften die Sozialisicrung des Texti!- einzelhandels eingeleitet ist; sie betont dagegen, daß der beste Waren- Verteiler nur der selbständige, unabhängige und ehrliche Kaufmann sei. Der Referent macht von Gerüchten Mitteilung, daß das Reich außerdem auch K o n j u n k t u r o e r l u st e bis zur Höhe von 10 Millionen Mark übernommen habe. Die seinerzeit erwartete große Verbilligung der Ware sei nicht eingetreten, sondern dte Waren seien zum großen Teil in einer Zeit bestellt, wo die Preise sehr schwankend waren und die Fabrikanten noch sehr teure Roh- stoffe hatten. Die Warenoersorgungsstelle habe ihre Tätigkeit aus- genommen, als der freie Handel schon billigere Preise derselben Er- Zeugnisse hotte. Es mache sich eine große Beunruhigung darüber bemerkbar, daß die Regierung augenblicklich mit dem Deutschen Ge- werkschaftsbund Verhandlungen führe, um die Hergabe eines wei- teren kurzfristigen Kredites und auch darüber, daß die Warenver- teilungsstelle der Eifenbahnergewerkfchaft in die Warenvertcilungs- stelle des Deutschen Gewcrkschastsbundes übergeführt werden solle. Man fürchte deshalb im ganzen deutschen Einzelhandel eine Per« ewigung der Waren versorg ungs st eile mit Unter- stützung des Reichs und damit eine Konturrenz, die mit ungleichen Mitteln arbeite. Demgegenüber verlangte er möglichst schnellen Ah- bau dieser Notstandsaktion, die dem Reich nur Verluste gebracht habe, oder entsprechende Einrichtungen für den deutschen Textil- einzelhandel. Von einem Regierungsvertreter wurde hierzu aus- geführt, daß der Zweck der Aktion war, den erwerbslosen Textilarbeitern Arbeit in ihrem Berufe zu schaffen. Zur Erteilung von Aufträgen erklärten sich die gewerkschaftlichen Verbände bereit, die zu diesem Zweck die Warenverteilungsstelle gründeten. Im Hinblick auf ihren Zweck sei ihr sowie anderen Unternehmern ein D a r l e h n aus der produktiven Erwerbslosen- fürsorge gewährt worden. Auf die Zinsen von 3 resp. 4 Proz. wird die ersparte Erwerbslosenunterstützung angerechnet. Auch ein nach- gewiesener Marktverlust könne in beschränktem Umfange auf er- sparte Erwerbslosenunterstützung abgeschrieben werden. Die Petition wurde der Regierung als Material überwiesen.