Einzelbild herunterladen
 

Die Plaiöopers fr Nach Schluß der Bemeisaufnalime im Leipziger U-Boot-Prozeß ergriff Oberreichsanwalt Dr. Ebermeyer das Wort zu seinem Plä- doyer, an dessen Schluß er den lbercits gestern mitgeteilten) Straf­antrag auf Zuchthaus von 4 Iahren für beide Angeklagte stellte. Aus seinen Ausführungen ist folgendes nachzutragen: Noch nie fei ihm die Erfüllung seiner Dienstpflicht so schwer gewesen wie heute. Die Angeklagten hätten das beste Zeugnis von ihren Vorgesetzten und Kameraden erhalten und sie seien tapfer und opferfreudig für das Baterland tätig gewesen. Gegen sie die Anklage wegen Mordes zu erheben, fei ihm außerordentlich schwer geworden. Jeder, der der Verhandlung gefolgt sei, werde zuaeben müssen, daß alles ge- schehcn fei, was zur Aufklärung des Tatbestandes dienen konnte. Angesichts des Schweigens der Angeklagten müsse man stch allein auf die Zeugenaussagen stützen. Roch längerer Ver- folgung derLlandovern Castle" sei sie al? Lazarettschiff er- könnt worden. Das Schiff habe sich in einem Gebiet befunden, in dem die Versenkung von Lazarettschiffen nicht zugelassen war. Trotz Abratens habe Patzig beschlossen, das Schiff zu t o r p e- d i e r e n. Dem Kapitänleutnant Patzig sei es darum zu tun ge- wesen, Leute von dem untergegangenen Schiff zu bekommen, um nachzuweisen, daß sein Vorgehen tatsächlich berechtigt sei. Das wäre der Fall gewesen, wenn stch hätte feststellen lasten, daß Munition oder Truppen an Bord waren. Das Kapitänsboot ist aufgefordert worden, heranzukommen. Die Engländer versicherten, daß nillsts verbotswidriges auf dem Schiffe gewesen sei. Das Kopitänsboot wurde ein zweitesmal angehalten und es wurde ein anderer Mann auf das U-Boot übernommen, aber auch dieser sagte nichts aus. was die Annahme des Kommandanten Patzig hätte bestätigen können. Ein Beweis dafür, daß das U-Doot das Kapitänsboot hätte rammen wollen, sei nicht erbracht. Das Kapitänsboot sei vom U-Boot eine Viertelmeile entfernt gewesen, als vom U-Voot gefeuert wurde. Wie viele Schüsse abgegeben wurden, sei nicht ermittelt, sicher sei nur, daß aus dem checkgeschütz geschossen wurde. Auf dem U-Boot sei niemand gewesen, der nicht davon überzeugt war, daß das Schießen die Vernichtung der Rettungsboote bezweckte. Wenn man annehmen wolle, das Schießen sei nicht zum Zwecke der Vernichtung der Zeugen erfolgt. so könne man es vielleicht damit erklären, daß herumschwimmende Trümmer in der Dunkelheit von Patzig als englische Streit- kräfte angesehen werden seien. Das fei möglich, aber die Um- stände unseres Falles lasten die Unterstellung des Sachverständigen als ausgeschlossen erscheinen. Das Schießen müsse also den Zweck gehabt haben, die Rettungsboote zu vernichten. Wer geschossen habe, ob Patzig oder Meißner oder noch jemand, sei nicht sestzuftÄIen. Ob die Angeklagten etwa durch einen Befehl g e- deckt waren, darauf kam es hier nicht an. Das Ausbleiben P a tz i g s von der jetzigen Verhandlung sei besonders er- s ch w e r e n d für die Angeklagten. Wenn Patzig wirklich nur im Irrtum gehandelt habe, so sei nicht einzusehen, warum er sich nicht gestellt und für seine Offiziere gezeugt habe. Begreiflich wäre sein Fernbleiben, soweit er als Angeklagter in Frage käme. Aber nach- dem er gehört habe, daß seine Kameraden angeklagt seien, sei es seine verfluchte Pflicht und Schuldigkeit gewesen, hier zu erscheinen. Es müsse als erwiesen gelten, daß Patzig mit den Angeklagten ge- meinschaftlich die Boote Hab« versenken wollen. Das sei rechts- widrig gewesen, denn die Insassen von Rettungsbooten seien hilflos und dürften nicht getötet werden, jedenfalls dann nicht, wenn nicht sogenannteKrieqsnotwendigkeitcn" vorhanden sind. In diesem Falle liegen solche Kriegsnvtwendigkeiten unter keinen Umständen vor. völkerrechtswidrige Handlungen feien, wie an­erkannt wird, strafrechllich zur Verantwortung zu ziehen. Di« An- klag« habe vollendete Tötung angenommen. Die VerHand- lung habe für diese Annahme nichts ergeben, wenn auch die große Wahrscheinlichkeit bestehe, daß das Schießen nicht ohne Erfolg gewesen sei. Aber die absolute Sicherheit hierfür fehle, so daß nur i U-Osot-Prozeß. versuchte Tötung mit Ueberlegung übrig bleibe. Unter Umständen könne man annehmen, daß Patzig der allemige Täter war und die Angeklagten nur Beihilfe ge- leistet haben. Aber die Annahme der G e m e i n s ch a f t l! ch k e i t liege näher. Der Obcrreichsanwalt stellte schließlich den schon mitgeteilten Antrag. Scnatspräsident Dr. Schmidt weist die Angeklagten auf den veränderten Gesichtspunkt hin. Es sei nicht unmöglich, daß mit Rück- sicht auf die besonderen Umstände die Ueberlegung als ausgeschlossen erachtet werden könne, so daß nur gemeinschaftliche Tötung resp. Beihilfe zu einem Tötungsversuch in Frage kommen könne. �Der Verteidiger des Angeklagten Dithmar, Rechtsanwalt Dr. v. �wehl-Berlin, erklärt, daß ihn der Antrag des Oberreichsanwalts sehr überrascht habe, da er durch den Gang der Verhandlung yoi der Unschuld der Angeklagten fest überzeugt worden sei. Er ent- rollt dann ein Bild von der schweren Not, in der sich Deutschland im Jahre 1918 befand. Die Vorgänge beim Schießen seien nicht ge- nügend gettärt. Das Schweigen der Angeklagten, die sich auf ihr Versprechen berufen, sollte nicht als Schuldbewußtsein ausgelegt werden. Es fehle jeder Schuldbeweis gegen Dithmar. Nur Meißner kann das Feuer geleitet haben. Die Angeklagten hätten sich daran gar nicht beteiligen können, denn sie seien am Ausguck ununterbrochen tätig gewesen, ebenso wie Patzig. Der Verteidiger beantragt schließlich die Freisprechung Dithmars. Der Verteidiger des Angeklagten Boldt, Rechtsanwalt Dr. Veier-Leipzig, nimmt auf die Ausführungen seines Kollegen Bezug und geht dann auf verschiedene Einzelheiten ein. Auch Dr. Beier beantragt zum Schluß die Freisprechung seines Klienten. Der dritte Verteidiger, Rechtsanwalt hahnemann-Leipzig, gibt dem Gerichtshof zu erwägen, ob Völkerrechtsoerletzungen wirklich dem Strafgesetz unterliegen. Er begründet seine An- sicht durch Hinweise auf die Literatur und führt aus seiner eigenen Tätigkeit bei Kriegsgerichten während des Krieges Beispiele an. Das englische Strafgesetz enthalte die Bestimmung, daß der gefangene Feind nicht nach dem Strafgesetz abgeurteilt werden dürfe, wenn er durch einen Befehl seines Vorgesetzten gedeckt sei. Auch ein französischer Rechtslehrer stimme dem zu. DieL. C." sei während des ganzen Krieges ein H i l f s k r i e g s s ch i s s gewesen und habe keinen Anspruch auf Immunität gehabt. Die Angeklagten wußten, daß auf Ungehorsam gegen einen Befehl die Todesstrafe steht, außer wenn sie überzeugt waren, daß ein Verbrechen ausgeführt werden sollte. Die Angeklagten seien also außerstande gewesen, sich dem Befehle zu widersetzen, wenn man einen solchen als wirklich vorhanden annehmen wolle. Die An- geklagten hätten ihre Pflicht gegen das Vaterland getan, ihre Frei- sprechung erscheine daher geboten. Reichsanwalt Dr. Fetfenberger legt dar, die Ausführungen der drei Verteidiger hätten die Auffassung der Reichsanwaltschast nicht erschüttern können. Der Reichsanwalt geht alsdann auf Einzelheiten des Tatbestandes nochmals ein. Wenn Patzig wirklich einen feind-- lichen Zerstörer in der Nähe glaubte, auf den er seine Schüsse richtete. so wäre dies unverständlich gewesen, denn durch das Schießen hätte er sich der Gefahr ausgesetzt, selb st angegriffen zu werden. Da wäre doch sofortiges Tauchen viel natürlicher gewesen. Der Zweck des Schießens könne also nur der von der Anklage gekenn- zeichnete gewesen sein. Stach Ansicht des Reichsanwalts ist auch nicht jede Handlung eines U-Bootes eine Seekriegshandlung. Der Auffassung, daß Rettungsboote nicht unter allen Umständen Schutz verdienen, tritt der Reichsanwalt mit Entschiedenheit entgegen. Die Rechtsanwälte erwidern kurz dem Reichsanwalt. Die beiden Angeklagten Dithmar und Boldt machen von ihrem Rechte aus das Schlußwort keinen Gebrauch., Hierauf wird um%4 Uhr die Verhandlung geschlossen. Das Urteil wird Sonnabend 1 Uhr verkündet werden. können wir sehr gut beherrschen, wenn es sein soll bis zu den näch­sten Wahlen. Wir haben nach den bisherigen Erfahrungen zum Kabinett Stegerwald nicht das Vertrauen, ihm 5 Milliarden Kredit zu bewilligen. Weil wir den Staat nicht schädigen wollen, haben wir der Verabschiedung des Haushalts kein Hindernis in den Weg gelegt, müssen aber unser schärfstes Miß- trauen aussprechen. Abg. Dr. Meyer-Ostpreußen (Komm.): Der Selbstschutz in Ost- preußen dient lediglich zur Bekämpfung der Kommunisten. Abg. Lauscher(Zentr.): Herr Heilmann hat früher, als noch die Sozialdemokraten in der Regierung saßen, der Rechten einmal den guten Rat gegeben, man müsse vor jeder Staatsgewalt, wenn sie auch nicht jedem srrrpathisch ist, einen gewissen Respekt haben. Gestern war bei ihm von diesem Respekt nichts zu spüren. Für die Not der Stunde müssen wir den Mut haben, die politischen Gegensätze zu überbrücken. Abg. vlelcr-Berlin (V. Soz.): Die Regierung hat alle Ursache, erst einmal die Sanktionen gegen die eigenen Volksgenossen aufzuheben. Noch heute werden in Sielow Ostjuden und Oberschleflsr interniert und schlecht behandelt. Der Notetat wird in der Gesamtabstimmung gegen die sozialiski- schen Parteien angenommen.(Lebhafte Pfuirufe b. d. Soz. Gegen­rufe rechts: Ruhe! Erneuter Lärm links.) Es folgt zweite und dritte Beratung des Diätengesetzes für den Staatsrat. Abg. Siering(Soz.) bittet, die Aufwandsenffchädigung für den Präsidenten des Staatsrats zu streichen. Da es sich um eine Per- fassungsänderung handelt, wird ein Hammelsprung vorgenommen: er ergibt die veschlußunfähigkeit des Hauses. Der Präsident setzt die nächst« Sitzung auf �9 Uhr an. (Schluß im Hauptblatt.) Nochenhiife und Wochenfürforge nachdem am 7. JulivomNcichStageverabschiedeten Gesetz. k. Wer erhält Wochenhilfe oder Wochenfür- sorge? e) Jede weibliche Versicherte, die im letzten Jahre vor der Niederkunft mindestens sechs Monate hindurch gegen Krankheit versichert gewesen ist: b) jedeFraueinesDerslcherten, sowie jede Tochter oder Stieftochter, welche mit dem Versicherten in häuslicher Gemeinschaft lebt, falls der Versicherte im letzten Jahre vor der Niederkunft mindestens sechs Monat« hindurch gegen Krank- heit versichert gewesen ist: (unter a) und b) fallen auch die freiwilligen Mitglieder von Ersotzkassen, welche beim Ausscheiden aus der Versicherungspflicht zur Weiteroersicherung bei einer Krankenkasse oder knappschaftlichen Krankenkasse berechtigt gewesen wären, und welche seitdem der Ersatz- lasse ununterbrochen angehört haben.) c) jede minderbemittelte Deutsche, die einen An- spruch aus a) und b) auf Wochenhilfe nicht hat, falls ihr und ihres Ehemannes Gesamteinkommen, oder, falls sie alleinsteht, ihr eigenes Einkommen in dem Jahre oder Steuerjahre vor der Entbindung den Betrag von zehntausend Mark(bisher 4000 Mk.) nicht überstiegen hat. Für jedes vorhandene Kind kommen dazu noch 500 Mk. Ii. Worin bestehen die Leistungen der Wochen- Hilfe oder W o ch e n f ü r s o r g e? 1. Aerztliche Behandlung, falls solche bei der Ent- bindung oder bei Schwangerschaftsbeschwerden erforderlich wird. Diese Bestimmung tritt in Kraft, sobald die erforderliche Derständi- gung zwischen Aerzten und Krankenkassen erreicht ist. 2. Beitrag zu den Kosten der Entbindung in Höhe von 100 Mk.(bisher 60 Mk.): 3. Wochengeld für zehn Wochen, von denen mindestens sechs in die Zeit nach der Niederkunft fallen müssen. Das Wochen- geld beträgt: für die unter I ,) genannten weiblichen Versicherten die Höhe des Krankengeldes, jedoch mindestens 4,60 M. täglich(bisher 1,50 M.), für die unter I b) und c) Genannten 3 M. täglich(bisher 1,60 M.). Das Wochengeld für die ersten vier Wochen ist spätestens mit dem Tage der Entbindung fällig. Neben dem Wochengeld für die Zeit nach der Entbindung wird Krankengeld nicht gewährt. 4. S t i l l g e l d, falls die Wöchnerin ihr Kind stillt, für zwölf Wochen, das Stillgeld beträgt: für die unter I a) Genannten die Höhe des halben Kranken- gcldes, jedoch mindestens 1,60 M. täglich(bisher 0,76 M.): für die unter I b) und c) Genannten 1,50 M. täglich(bisher 0.75 M.): 5. Solange die unter 1. erwähnte ärztliche Behandlung noch nicht durchgeführt ist: Beihilfe für Hebammendienste und ärztliche Behandlung, falls solche bei Schwangerschaftsbe« s ch w e r d e n erforderlich werden, in Höhe von 50 M.(bisher 25 M.). III. An wen ist der Antrag auf Gewährung der Wochenhilfe oder Wochenfürsorge zu stellen? 1. Die unter I a) genannte versicherte Wöchnerin ebenso wie die unter 1 b) genannte Familienangehörige eines Versicherten hat den Antrag bei der in Frage kommenden Krankenkasse zu stellen: 2. Die unter I c) genannte minderbemitlett« Wöchnerin hat den Antrag bei dem Dersicherungsamt ihres Wohnortes oder Bezirks zu stellen. In beiden Fällen geschieht die Auszahlung durch die Krankenkasse. Es ist auf alle Fälle ratsam, den Antrag möglichst frühzeitig vor der Entbindung einzureichen. IV- Wasgeschieht.wenndieWöchnerinoder der unter I b) genannte Versicherte sterben? 1. Stirbt eine Wöchnerin bei der Entbindung oder während der Unterstützunqsberechtigung, so werden die noch verbleibenden Be- träge an Wochen- oder Stillgeld, welche andernfalls an sie gezahlt morden wären, an denjenigen gezahlt, der für den Unterhalt des Kindes sorgt. 2. Ist der unter I b) genannte Versicherte vor der Niederkunft gestorben, so wird die Wochenhilfe trotzdem gewährt, wenn die Niederkunft innerhalb neun Monaten nach dem Tod« des Der- sicherten erfolgt. V. Die Wochenhilfe wird unter allen Umständen nur einmal gewährt. Ist eine Wöchnerin bei mehreren Kassen versichert, oder ist sie und ihr Mann versichert, so erhält sie lediglich die sür die unter I a) Genannten in Frage kommenden Wochenhilfe. VI. Das hier benannte Gesetz tritt mit dem Tage der Berkündi- gung, das heißt, wahrscheinlich in etwa drei Wochen, in Kraft. Bis dahin bleiben die jetzt geltenden Bestimmungen bestehen. Nachklänge zum englischen Streik. Die neueste Nummer derBergarbeiter-Zeituug' be- faßt sich mit dem Verlauf des Lohnkampfes der englischen Berg- orbcitcr.Die linksbolschewistische Presse fabuliert von einemDer- r a t d e r Führer" an den Bergarbeitern, die rechtsbolschewistische Presse von einer Kapitulation der Führer und einemZusammen- b r u ch" des Bergarbeiterstreiks". Auf beiden Seiten sei offenbar der Wunsch der Vater de» Gedankens. In Wirklichkeit könne davon die Rede nicht sein. Die englische Kohlenausfvhr»urde vom«ettbewerb mit der Auskandskohle Immer mehr bedrängt, s» dnß sie«uf etw« ein Dritte! de, Friedensstandes zurückgegangen war,«eshalb die Preise anstatt nnch den Telbstkosten sich nach den Preisender Auslon dskohle richten mußten. DieBergarbeiter-Zeitung" zitiert sodann einen Bericht des Sonderberichterstatters derKölnischen B o l k s z e i t u n g" vom 2. Juli, der den Erfolg des riesigen Kampfes wie iolgt beurteilt:' Brachte er auch nicht die restlose Erfüllung aller Forderungen für die Arbeiter, so dürfen die Bergleute heute doch zufrieden sein mit dem Erreichten, um so mehr, als auch die Besitzer und die Re- gierung das neue Uebereinkommen als die Grundlage eines dauer- haften Friedens erklären. Schritt für Schritt mußten die Konzessiv- nen den beiden Gegnern abgerungen werden. Das eine läßt sich jedoch heute noch mit Bestimmtheit erklären:Hätten die Regierung und die Besitzer die jetzt gemachten Konzessionen Ende März gemacht, so wäre der Streik nicht zum Ausbruch gekommen und England hätte nicht eine neue Dudgetbelastung von durchschnittlich 3 Millionen Pfund wöchentlich während der Streitzeit aufzuweisen. Einer Lohnherobsetzung, die im Einklang zu der rückschreitenden Lebensverteuerung steht, haben sich die Bergleute nicht widersetzt. Die Ende März von den Besitzern gemachten Vorschläge kamen aber Lohnherabsetzungen von 3050 Proz. gleich, die neuen in Kraft tretenden Lohntürzungen betragen 12 15 Proz.(Im Juli 2, im August 2,5, im September 3 Schilling pro Tag.) Was für die Arbeiterschaft eine größere Bedeutung besitzt, ist das Zugeständnis eines Landes-Lohnminimal- t a r i f s. Die Basis beträgt 20 Proz. über den im Juli 1914 be- zahlten Sätzen. Dazu erhält der Bergarbeiter einen Gewinnanteil von 17 Proz. seines Lohnes und 83 Proz. des sogenannten Surplusprosits, d. h. des Gewinnes, der nach Abzug des von den Besitzern verlangten per- sönlichen Mindestgewinnes übrig bleibt, während der Rest den Be- sitzern zufällt." Beachtenswert ist auch, was der alte Vorkämpfer der Ruhrberg. leute A u g u st Siegel derBergarbeiter-Zeitung" dazu schrieb: Während der 95 Tage, die dieser gewaltige Kamps anhielt, haben die deutschen Zeitungen der verschiedenen Richtungen Nach- richten verbreitet, die mit der Wahrheit schlecht in Einklang zu brin- gen waren.... DieRhein.-Wests. Ztg." schrieb zum so und so- vielten Male von der Ausnahme der Arbeit und der Kapitulation der Führer. DieDeutsche Bergwerks-Ztg." schrieb einmalwegen dem kleinen Unterschied eines Lohnabzuges zwischen 2 und 314" Schilling nimmt der Riesenkampf seinen Fortgang. Die beiden Hauptpunkte, worum es sich drehte, nationales Lohnamt und nationaler Pool(Ausgleichskasse), verschwieg sie ihren Lesern. Nun ist der Kampf zu Ende und alles wundert sich, daß alles so ruhig verlaufen ist und 1 250 000 Bergarbeiter drei Monate lang aushalten tonnten. Wer die Verhältnisse kennt und die Menschen, der wundert sich nicht. Es gibt zunächst in England nur einen Bergarbeitcrverband, obgleich Tausende Bergarbeiter katholisch sind. Jeder Bergmann muß Mitglied sein, und zwar ohne gesetzlichen Zwang. Weil die Arbeiter keine Unorganisierten unter sich dulden, gibt es auch keine Streikbrecher. Wo keine Streikbrecher sind, da gibt es keine Krawalle. Bei Ausbruch eines Lohnkampfes erhält der Arbeiter von den Geschäftsleuten Kredit, den er sonst nicht erhält. Alles, was eben helfen kann, hilft. Es werden Volksküchen errichtet, da wird Mittag- essen»erteilt, und zwar bei dem jetzigen Kampfe pro Kopf eine Suppe täglich und 1 Pfund Weizenbrot. Schulkinder erhalten ihr Esse» t» der Schule. Es ist gesetzliche Borschrift, daß Kinder, die zu Hause nichts zu essen bekommen, in der Schule ernährt werden müssen. Schon 1912, bei dem fünfwöchigen Streik, ist dieses Gesetz in An- spruch genommen worden. Die gut ausgebauten Konsum- genosfenschaften leisten sehr viel bei solchen Kämpfen: Haupt- fächlich beim letzten haben sie viel geleistet. Die Bauern haben die Preis« sür Kortoffeln und Milch bedeutend heruntergesetzt usw. Trotz alledem haben die 5 Millionen Menschen(d. h. mi Frauen und Kindern) furchtbar gelitten. DieDeutsche Bergwerks. Zeitung"(Nr. 153) wundert sich darüber, daß nach einem so furcht- baren Kampfe die Vertreter der Grubenbesitzer und Arbeiter zu- sammen verhandelten. Obgleich die englischen Grubenbesitzer keine Engel sind, so muß man doch zugestehen, daß zwischen der Bchand- lung der Arbeiter in England und der in Deutschland ein krasser Unterschied besteht. Ich bin 18 Jahre lang als Bergmann im Ruhr- gebiet tätig gewesen und 22 Jahre in Schottland , habe also in dieser Beziehung reiche Erfahrung. Unsere Werksbesitzer haben jeden Ar- beiterführer aufs äußerste verfolgt und ihre Presse erschöpfte sich in Verleumdungen. Dessen würde sich ein englischer Werksbesitze� schämen. Was hat nicht alles unsere Unternehmerpresse geschrieben, von Kohleneinfuhr in England usw. Was ist nun wahr? Am 27. Juni erklärte der Bergbauminister Bridaman imHaus of Commons". Es wurden eingeführt aus Amerika 336 000 Tonnen, aus Frankreich 430 000 Tonnen, aus Belgien 495 000 Tonnen, zusammen 1 260 000 Tonnen. Soviel fördern die Bergarbeiter in anderthalb Schichten. 160 000 Tonnen deutsche Kohlen wurden von Frankreich und Belgien nach England ausgeführt. Was ist der Erfolg für die Arbeiter? Wilhelm Stracker, Führer von Northumberland sagt, der Minimallohn eines Arbei- ters darf nicht unter 20 Proz. von 1914 sei n:'und das ist erreicht. Außerdem die Teilung des Prosits: für die Werksbe- sitzer 17, für die Arbeiter 83 Proz. Das hat uns elnen Schritt näher zur Nationalisierung gebracht. So wie die Engländer die ersten waren, die die gesetzliche Zlchtswndcnfchicht(1908) bekamen, so wer- den sie auch wohl die ersten sein, die zur Ausschaltung der Privatkapitalisten kommen, und zwar kraft ihrer Einigkeit."_____ Mus aller Welt. Zm Rheinischen Meolererprozeh gegen zehn Strafgefangene, die einen Ausbruch auS der Strafanstalt Rheinbach zu inszenieren suchten. wurde vor dem Bonner Schwurgericht das Urteil gesprochen: gegen drei wurden ZuchtbauS st rasen von drei Jahren und Ge« fängnisstrafen von zwei Jahren und einem Jahr sechs Monaten verhängt, während gegen drei andere in einem besonderen Verfahren wegen einfacher Meuterei verhandelt wird. Raubübersall. Gegen den Kammerpräsidenten Siegfried Spiegel in Oedenburg wurde ein Raubmordoersuch verübt. Ein Depeschenbote, namens Roderer, übergab Spiegel eine fingierte De- pesch« und während Spiegel dies« las, überfiel der Bote ihn mit einem Stemmeisen. Es entspann sich ein Handgemenge. In- folge des Lärmes kamen Familienangehörige herbei, worauf der Täter ssüchtetc. Die Verwundungen des Kammerpräsidenten Spiegel sind schwer. Georges Earpeniier hat an seiner Niederboxung durch Dempsey offenbar noch nicht genug. Er hat soeben einen Vertrag unterzeichnet, der ihn verpflichtet, im Oktober seinen Weltmeisterschaftstitel für Mittelgewicht gegen einen noch zu bestimmenden Gegner in New Pork zu verteidigen. Di« Franzosen werden demnach Gelegenheit haben, noch ein zweites Mal umGeorges", ihren Nationalheros, bangen und zittern zu können. Landarbeit bei Mondschein.Chicago Tribüne" meldet aus Chicago , daß in dem mittleren Teil der Vereinigten Staaten die Hitzeperiode ist gestern eine Abkühlung eingetreten. In London und lätzt. Aus dem Lande werde nachts beim Mondlicht gearbeitet.