Geheimnisse der ZGV. Ter Mord an Buchholz.— Waffeuschiebungeu.— 2 nächtliche Wehmgerichte.— Die Untersuchung niedergeschlagen:
Von besonderer Seite wird uns umfangreiches Material über fast unglaubliche Vorgänge bei der Charlottenburger „Hundertschaft ZBV. 1" zur Verfügung gestellt, das gleich- zeitig an die zuständigen amtlichen Stellen und an die Frat- tionen des Reichstages und des Preußischen Landtages über- wiesen wurde. Die nachfolgenden Mitteilungen stehen zwar nicht in äußerem Zusammenhang mit dem geheimnis- vollen„Selbstmord" des Oberwachtmeifter B u ch h o l z am 15. Juni d. I., der innere Zusammenhang wird jedoch nach den hier geschilderten Fällen nicht bestritten werden können. Von dem außerordentlich umfangreichen Material sei der Oeffentlichkeit der folgende Auszug zur Kenntnis ge- bracht: Die genannte Hundertschaft spielte schon während des Kapp- P u t s ch e s eine hervorragende Rolle, und aus ihr wurde im Laufe des Sommers 1S20 der„Bund der Ringmannen"gegründet, dessen Führer ein Hauptmann S t« n n e s war; der Wachtmeister Simon leistete Schlepperdienste. Durch ihn wurden zuverlässig erscheinend« Beamte gefragt, ob sie sich nicht an dieser Verbindung beteiligen wollten, an der der weitsaus größte Teil der Offiziere des Berliner Kommando» beteiligt seien. Die Mitglieder des Bundes mußten sich zur g«- Heimen Behandlung aller Vorfälle schriftlich verpflichten. Nach Mitteilungen des Simon wurde in einer Geheimverfamm- lung der Vertrautesten der Ringmannen beschlossen, die kritische Zeit der Waffenablieferung zu einem Schlage auszunutzen. In der Liste des Bunde » waren die Namen sämtlicher Offiziere der ZBV. oerzeichnet: Hauptmann S t e n n e s, Oberlln. R ü tt i n g e r, Ltn. M o l l w i tz, Ltn. S o b i r e y, Ltn. W i l t e n h ö h n e r, die Hauptwachtmeister Lehmann und Müller, die Zugwachtmcister Meyer und Z u chs, die Oberwachtmeifter Koos, Kiesel- bach, Zeppenfeld, Göbel, Martin, Gruner, Köhl. Wolfs, die Wachtmeister Ladebeck, Clou«, Brau er, Po- l i e t, Simon, F i g g e(genannt Frick«), von Schmehling- Düringhofen, Calovius, die ganz« Stube SO u. a. Aus Anlaß der Wgffenabgabe wurde die überzählige Munition. Flammenwerfer, Maschinengewehre und 100 000 Schutz Munition an den verschiedensten Stellen versteckt. Diese Vorgänge wurden durch einen Beamten der ZBV. der Oeffent- lichkeit mitgeteilt, und hierauf ordnete der Berliner Polizeipräsident eine Durchsuchung der yunderlschaft an, die am 29. November stattfand. Hiervon erfuhr jedoch die Hundertschaft rechtzeitig. Sämtliche Waffen wurden aus ihren Ver- stecken entfernt und unter besonderer Aufsicht des Zugwachtmeister» Meyer an neuen Verstecken, fünf Maschinenpistolen sogar in der Akademie der bildenden Künste, Hardenberg- st r a ß e, untergebracht: einen Teil der Waffen schaffte man nach Potsdam . Diese Vorgänge wurden auf» neue dem Polizeipräsi- dium zur Kenntnis gebracht, so daß dieses zu Beginn der Unter- suchung hiervon unterrichtet war. Am Morgen des 29. November, um 9 Uhr, erschien der Kam- mandeur der Berliner Polizei, Oberst K a u p i s ch. mit SO Kriminal, beamten und ließ die Kaserne planmäßig besetzen. Schon hierbei wurden ihm Schwierigkeiten gemacht, und der Oberwachtmeifter K i e s e l b a ch forderte die Wache auf,„zu laden und zu sichern". Den Beamten der ZBV. befahl Leutnant Sobirey. Waffen ei»zustecken. Bei der Ansprach« de» Obersten Kau- pisch, in der dieser auf dl« Forderungen der Entente bezüglich der Waffenablieferung hinwies, fehlte der größte Teil der Monnschof- ten, und ol» hierauf eine Stubendurchsuchung vorgenommen wurde, forderte der Oberwachtmeister Hasse die Beamten auf. den durchsuchenden Beamten nicht eher Zutritt zu den Stuben zu geben, bevor Hauptmann E t e n n e s, der inzwischen im Auto die Kaserne verlasien hatte, zurückgekehrt sei. Die Beamten benahmen sich Kau» pisch wie den Kriminalbeamten gegenüber disziplinlos und rüpelhaft. Am Abend desselben Tages wurde eine Versammlung der Hun- dertschaft angesetzt, in der die„Verräter"" der Ringmannen festge- stellt werden sollten. Hierbei fiel von Wachtmeister K i e s e l b a ch die Aeußerung:„Fünf Verräter haben wir bereits: die werden eben einmal beim Dienst abhanden kommen". Hauptwachtmeister Müller fuchtelte mit geladener Pistole herum, stellte sich vor«inen verdächtigen Beamten und sagte:„Wenn solche Schufte dazwischen sind, die nicht mitmachen wollen, dann sollten sie gehen oder--" entsprechende Bewegung mit dem Revolver.
Während der Rocht erfolgten in der Kaserne verschiedene Schießereien. Ein Beamter, der bei der Aufdeckung der Waffenschiebungen behilflich gewesen war, erklärte am folgenden Morgen auf dem Geschäftszimmer der Hundertschaft vor einer Ver- nehmungskommissivn, nicht aussagen zu können, da für ihn Lc- bensgefahr vorhanden sei. Dieser Einwand wurde anerkannt. Am Nachmittag wurde ihm von Major P e t r i in Gegenwart des Majors Pohl, Führers der Abteilung L i ch t e n b e r g. zu denen er von zwei Spitzeln begleitet worden war, eröffnet, daß er sofort zur Abteilung Lichtenberg versetzt sei und nicht in die Kaserne zurückgehen dürfe. Ein anderer Beamter wurde am Nachmittag des gleichen Tages von Leutnant Z u ch s in Gegenwart von Leutnant M a l l w i tz vernommen, und es wurden ihm Schriftstücke verlesen, die ihn angeblich belasten sollten. Als besonders bedenklich wurde folgende Aeußerung er- achtet:„Zch bin Sozialdemokrat, stehe aus dem Boden der Ver- f a s s u n g und billige da, Verhalten der ZBV. nicht." In der Nacht wurden dieser und ein anderer Beamter geweckt und zu einer G e h e i m s i tz u n g in ein verhängtes und verdunkeltes Zimmer ge« führt. Die„Angeklagten " mußten dieHände auf den Rücken legen und sich an die Wand stellen. Hinter einer durch Tische gebildeten Barriere hotte das„Ehrengericht" im ljalbdunkel Platz genommen. Den Vorsitz führte Z u ch s, als Beisitzer fungierten Göbel, Meyer, Simon, Claus, Poltet u. a., im ganzen etwa 40 Mann. Die beiden Beamten wurden darauf hingewiesen, daß sie sich vor einem Ehrengericht befänden und sich zu ver- antworten hätten. Man suchte aus ihnen herauszupressen, wer dos Material geliefert hätte. Die Aussagen wurden protokolliert. Hierauf wurden sie zur Wache gebracht, das Sprechen wurde ihnen verboten, und erst um 4 Uhr morgens wurden sie entlasten. Ein paar Tage später sagte Meyer auf der Schreibstube, jetzt endlich hätten sie die Verräter: ee seien die Beamten Jasper und B r u m m l e r. Es wurde wiederum ein Ehrengericht zusammen- gestellt, das feststellen sollte, ob die Angeklagten„aus böser Ab- ficht oder aus Dummheit" gehandelt hätten. Da die Aus- sagen eines Beamten stark belastend für die ZBV. waren, sprach man sich dahin au«, daß Kasper zum Zweck der Entlastung der Hundert- schafi einen Meineid schwören müsse. Wenige Tage nach der Durch- suchung fragt« Hauptmann Stenns? die versammelte Hundert- schaft, wer ihm folgen würde, falls die ZBV. gesprengt werden sollte. Die sich meldenden Beamten wurden in Listen eingetragen. Bei einer anderen Gelegenheit äußerte Stennes:„Mir ist zu Ohren ge- kommen, daß in der Hundertschaft das Gerücht von der Auf- l ö f u n g verbreitet ist. Darüber braucht sie sich keine G e d a n- t e n zu machen. Ich möchte den sehen, der es wagt, diesen Befehl zu unterschreiben. Dos wagt keiner der Herren. Früher wäre das wohl möglich gewesen, jetzt nicht mehr." Anfang dieses Monats erkundigte sich ein Beamter in der Justiz- abteilung des Kommandos Berlin nach dem Ergebnis der Un- t e r s u ch u n g und es wurde ihm mitgeteilt, daß das Verfahren von der Staatsanwaltschaft niedergeschlagen worden sei! Dem Justizoffizier Major Gerhordt wurden weitere Zeugen namhaft gemacht und die W i e d e r a u f n a h m e der Untersuchung gefordert, da die Zeugen gewillt feien, wahrheitsgemäß auszusagen. Diese Mitteilungen wurden zu Papier genommen; bis jetzt ist jedoch nichts geschehen. E« sei schließlich mitgeteilt, daß verschiedene Beamte der ZßV. damit beschäftigt wurden, Versammlungen der s o z i a l i st i f ch e n Parteien, der Gewerkschaften und auch Versammlungen der Polizeibeamten zu überwachen und darüber� zu berichten. So hatte Wachtmeister Schmehling-Düringhof'en den Spe. zialauftrag, den Republikanischen F ü h r e r b u n d zu be- spitzeln. Die abgegebenen Berichte wurden zensiert und solche, die den Lorgesetzten besondere gefielen, wurden in der ganzen Insxek- tion bekanntgegeben. Von der ZBV. sind ungeheure Beträge für pc- litifche Agenten gezahlt worden, die auch erst dementsprechend gebucht, später aber u m g e f ä l s ch t oder nicht mehr notiert wurden. Es liegt im Interesse der Allemeinheit und nicht zuletzt im Interesse der P oli z e i selber, daß diese dunklen Vorfälle r e st- los aufgeklärt werden. Dies wird jedoch nur dann mög- lich sein, wenn von den Zeugen der Zwang und die ständige Bedrohung an Leib und Leben durch die Verschwörer ge- nommen wird.
Rutsches Hilfswerk in 6erlm. Genosse A. G rigorjanz schreibt uns: Aehnlich wie der„Berliner Lokal-Anzeiger" äußert man sich in den rechtsstehenden russischen Emigran- renkreiscn, daß die Hilfe für die Hungernden in Sowjet- rußland als Unterstützung der Sowjetregiening � angesehen werden müsse. Daher wird in diesen Kreisen gegen das Hilfswerk gearbeitet. Das kann uns nicht wundern. Es war aber zu befürchten, daß in den Kreisen der Berliner russischen Emigranten, die diese— gelinde gesagt— menschenfeindliche Auffassung nicht teilen und bestrebt sind, sich an dem Hilfs- werk zu beteiligen, politische Gesichtspunkte doch maßgebend sein würden, daß man den Hintergedanken dabei verfolgen würde, die Hilfsaktion für politische Zwecke auszunutzen. Es ist daher erfreulich, daß nunmehr sich ein r u s si s ch e s Hilfskomitee konstituiert hat, das jegliche politische Ab- sichten und Hintergedanken weit von sich weist und die Or- ganisation der Hilfeleistung an die Hungernden in Rußland auf einem völlig neutralen unpolitischen Boden aufbauen will. Nach vorherigen Besprechungen fanden sich am 22. Juli 15 Herren zusammen, die den verschiedenen politischen Rich- tungen— angefangen von den Sozialdemokraten bis zu rechtsstehenden Kadetten— angehören. Nach Konstituierung des Komitees wurde beschlossen, unter ausdrücklicher Aus- jchaltung jeglicher politischen Tendenzen die Organisation i m Kontakt mit der Sowjetregierung aufzu- bauen. Allerdings soll der gesellschaftliche Charakter des Komitees strengstens bewahrt bleiben, so daß Angehörige der russischen Regierungspartei ihm nicht mit angehören dürfen. Sonst kommt für die Zugehörigkeit zum Komitee jede Per- föulichkeit in Frage, die der Sache nützlich sein kann, unbe- schadet ihrer politischen• Einstellung, in der Voraussetzung selbstverständlich, daß der oben erwähnte politische Grundsatz respektiert wird.' Wie verlautet, ist die Sowjetregiening über die Vorbe- reitungen zur Bildung dieses Komitees unterrichtet, und sie bat durch private Fühlungnahme zu verstehen gegeben, daß sie bereit sei, der Organisation die Möglichkeit einer u n- gehinderten Betätigung und Entfaltung des Hilfs» werkes zu gewährleisten. Das neue Komitee hat beschlossen, durch Hinzuziehung weiterer Kreise seinen Bestand zunächst auf 40 Mitglieder zu erhöhen. Weitere Kooptationen sollen folgen. Mit der unter Führung Gerhart Hauptmanns entstehenden beut- s ch e n Organisation wird Fühlung genommen, damit die beiden Organisationen— die deutsche und die russische— Hand in Hand arbeiten können. Namen und Adresse werden in den nächsten Togen mit- geteilt werden.
Der§all Krestinski . Die bolfchewlsitfchen Zeltvngen melden, einem. Bericht des „Bußpreß" zufolge, daß der provisorische Derlreker der deutschen Regierung in Akoskau dem Volkskommissar für Außenpoliiit T f ch i t s ch e r i n miigeteilt hat, die deutsche Bcgierung werde die Atigelegenheil über die Ausweisung krestinsti« aus Bayern unter- suchen und eine befriedigende Entscheidung treffen.
Das dänische Partesjubiläum. Kopenhagen , 23. Juli. (Eigener Drahtbericht de,„Vorwärts"). Zur Feier des SOjöhrigen Bestehens der Sozialdemokratischen Partei Dänemarks wurde heute im Festsaal des Weichstage« ein Iubilaums- Longveß abgehalten. Er stand unter dem Vorsitz de» Gen. C. C. An- derson, der sämtliche Kongresse de? Partei in den SO Jahren gelestet hat. Neben den Vertretern aller Zweige der dänischen Ar- beiterbewegung sah man die ausländischen Geilojsen T s ch e i d s e- Georgien, T r o e l st r a- Hollonnd. Henderson und Mac Do- n a l d« England, B r a n t i n g- Schweden , Wels- Deutschland r. o. m. Der Parteivorsitzende S t a u n i n g begrüßt« die Der- sammlung. Otto Wels , mit lebhaftem Beifall begrüßt, mahnte dl« Internationole, sich zum Kampf gegen den Imperialismus zu rüsten. Deutschland liege auf dem Operationstisch. Der Untergang Deutschlands fei der Zusammenbruch des ökonomischen Lebens in ganz Europa . Die dänisch « Sozialdemokratie gebe durch ihre Einig- k<st und Störte der ganzen Welt ein schönes Vorbild: durch ihr« .iöllfsaktion für die deutschen Kinder habe sie für ewige Zeiten einen Platz in den Herzen der deutschen Arbeiter errungen.(Großer Bei- fall.) Henderson sprach über den Wiederaufbau der Inter - naiionale. Auf d«r Einigkeit der Arbeiterklasse beruhe die Entwicklung der kommenden Zeit, die durch den neuen Militarismus bedroht ist. Eine Entschließung Im Sinne der internationalen Sozialdemo- kratie wurde unter stürmischem Beifall angenommen. Abends findet im Kopenhagener Rathau« ein Fest stritt und morgen(Sonntag) demonstrieren die Arbeiter Kopenhagens . Di« ausländischen Ver- trcter werden zu ihnen sprechen.
Die Sachleistungen. Alle die TU. meidet, sind bis zum 1. Kuli tSZl an die Entente deutsche Angebote an Sachiieferungen gerichtet worden im vlerle von 10 459 537 576,97 IN. Bestellungen der Entente sind im Werte von 716 154 794,05 W. erfolgt, von deutscher Seite wurden auf Grund dieser Bestellungen Sachlieserungen tatsächlich ausgeführt im Werte von 195 5lZ 636.75 IN. Auf die einzelnen Siaaleu der Eutente verteilen sich die Summen der Bestellung und Ausführung(diese in Klammern) wie folgt: Frankreich 464 959 471 Mark(77 919 967 M.). Belgien 164 457 439 IN.(76 641 64t M.). Kiallen 31 167 933 M.(796 746 IN.). Serbien 37 584 359 IN.(664 961 Mortji
§ascistenüammerung. Rom , 23. Juli. (CP.) Ministerpräsident Bonom! antwortete in der Kammer auf eine Anfrage Mussolinis, daß die Zahl der Opfer von Sorzano 10 betrage und daß die Ruh« in der Stadt und Um- gebung noch im Laufe de, Tages vollständig wiederhergestellt sein werde. Mussolini erwiderte, die Foscisten seien zum Burgfrieden bereit, aber auch zum Kampfe. Bonomi bedauerte die Unterbrechung der Ausgleichsoerhandlungen, hofft jedoch auf einen guten Abschluß und brachte zum Ausdruck, daß er die Fortsetzung des Bürgerkrieges im Interesse des Landes um jeden Preis verhindere. Die Erklä- rungen Bonomi» fanden den Beifall des ganzen Hauses mit Aus- nähme der Foscisten. Die Haltung Mussolinis und die fest« Antwort Bonomis hoben dazu beigetragen, die Position des Kabinetts zu I e st i g e n, All« Parteien sind des Bürgerkrieges müde, so daß der Beschluß, weitere Exzesse zu verhindern, wohrscheiFlich schon der Re- xicrung ein Vertrauensvotum sichern werde.
Tscheche« und Polen . Der tschechisch« Handelsminister Hotovec verhandelt in Warschau.— Le R ond soll, nach einer BS.-Mel- dung. bei Masaryk in Prag . sein.
Zum Toüe Krouenüorfers. München . 23. Juli. (Eigener Drahtbericht des„Vorwärts".) Zum Tode des Staatssekretärs Frauendorfer meldet unser Berichterstatter: Frauendorfer war zweifellos ein« führend« Perfön- lichkeit in der deutschen Vcrkehrspolitik. Er war lange Zeit« i n politischer Gegner der Sozialdemokratie und es hat im bayerischen Landtag zwischen ihm und der Sozialdemotratte nicht wenig Zusammenstöße gegeben. Dos hindert uns aber nicht, aus- zusprechen, daß er ein bedeutender Mann war. Allen technischen Neuerungen wurde von ihm die größte Aufmerksamkeit zugewendet. Obwohl selbst Jurist, ließ er den Technikern weiten Spielraum und hervorragende Konstrukteure Frauendorfers leisteten Muster« gültiges. Der Ausbau der bayerischen Wasserkräfte wäre bei Aus- bruch des Krieges wahrscheinlich weiter fortgeschritten gewesen, wenn Frauendorfer 1911 nicht infolge seine» Widerstrebens gegen die Zcnirumsmehrheit hätte abtreten müssen. Di« Folge war Land- tagsauflösung und Demission des Gesamtkobinetts. Auch nach der sozialpolitischen Seite war er ein bahnbrechender Mann. E» sei nur daran erinnert, was er auf dem Gebiete des Wohnungs- wesens für die Eisenbahner geleistet hat. Die derzeitige bayerische Regierung versetzt ihrem ehemaligen Ministeriollegen in der„Staatszeitung " noch die letzten Hieb«. Der Artikel sagt unter anderem: Wegen seiner Hinneigung zur Sozial- demokratie hatte er im Verkehrsminifterium große Schwierigkeiten zu überstehen. Als dann die Revolution kam. machte er den großen Sprung von dem eidlich auf den König verpflichteten Minister der Monarchie zum Revolutionsminsstcr. Eines steht fiir uns fest, Frauendorfer ist ebenfalls«in Opfer der politischen Verhetzung und Vergiftung der letzten Zeit geworden. Ebenso erscheint sicher, daß Frouendorfer, wenn er gefehlt hat, die Fälschung nicht aus Geldgier, sondern aus fanatischer Sammelwut vorgenommen und dnnn später sein« Sammlung erst in den Tagen finanzieller Bedrängnis veräußert hat. Der Tod Frauendorfers löst in ollen denen, die noch ein Wort für menschliches Irren und Wirren haben, ein Gefühl der aufrichtigen Trauer aus. Das Diktat von Triano« soll Dienstag, abends 6 Uhr, durch Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft trete».
�nklageerhebung gegen Jagow. Räch Knfonnationen der TA. ist die Anklageschrift gegen den ehemaligen Berliner Polizeipräsidenten v. Kagow wegen Teilnahme am Kapp-Putsch seht nach Abschluß der Voruntersuchung von der Reichsanmaltschaft dem Ersten Slrassenok des Reichsgericht» zugestellt worden. Damit ist die Anklage gegen v. Kagow offiziell erhoben. ver Erste Strafsenat wird gemäß der Strafprozeßordnung über die Eröffnung deshaupiverfahrenszu beschließen haben. Die Hauptverhandiung selbst wird vor dem vereinigten 2. und 3. Siraf- senai des Reichsgericht» stafffinden. Räch dem gegenwärtigen Stande der Dinge und mit Rücksicht auf die b>» zum 15. September dauern- den Gerichtsferien darf man annehmen, daß die Hauptoer- Handlung frühesten» im Oktober dieses Kohres stattfinden wird.
Ein notwendiger Iufti'zeriaß. In der letzten Zeit konnten wir eine Unzahl von Fällen mit- teilen, in denen Vordrucke von Urteilsanfertigungen mit der Ueber- schrift„Im Namen des Königs" verwendet wurden, obwohl die all- gemeinen Verfügungen vom 11. Dezember 1920 und vom 13. Juni 1921 anordneten, daß ncch vorhandene Vordrucke mit dieser Ueber- schrift vor ihrer Verwendung handschristlich zu ändern und mit der Ueberschrift„Im Nomen des Volkes" zu versehen seien. Um die Durchführung dieser bisher wenig beachteten Anordnungen sickzer- zustellen, hat der preußische I u st i z m i n i st e r nunmehr in einer allgemeinen Verfügung vom 20. Juli bestimmt, daß die Aenderung der Vordrucke nicht erst im Falle ihrer Verwendung vorzu- nehmen ist, sondern daß durch eine Durchsicht der Bestände an Verdrucken die noch vorhandenen Vordrucke mit jener Ueberschrift festzustellen und alsbald handschriftlich zu ändern sind. Die Borstände der Behörden werden ersucht, die genaue Befolgung dieser Verfügung zu überwachen.
Feinde de» Frauenwohlrechi». Die belgische Kammer bot nvr Tttnnnenmehrbeit abgelehnt, den Frauen da? Stimmrecht für d:e Provinzialwablen ziinierkonnen. Für dos ÜVoMrertu stimmte» die Katholiken. Da die Katholiken im Senat die Mehrheit besitze», ist «m Konflikt zwischen Kammer und Senat nicht ausgeschlossen.