2. Beilage zum Vorwärts" Berliner Volksblatt.
Mr. 272.
"
Mittwoch, den 21. November 1894.
Arbeiter!
Parteigenoffen!
11. Jahrg.
Die Verhandlungen wegen Beendigung des Bierboykotts find abgebrochen worden, weil die Ringbrauereien eine Bedingung stellten, deren Annahme mit der Ehre der Arbeiterschaft unvereinbar ist. Die Vertreter des Brauerrings hatten die Stirn zu fordern, daß der Friedensschluß davon abhängig gemacht werde, daß 33 Arbeiter nie mehr in den Betrieben der Ringbrauer beschäftigt werden.
Arbeiter! Parteigenossen! Ohne jeden Anlaß seitens der betreffenden Arbeiter sind am 16. Mai Hunderte aufs Pflaster geworfen worden. Und nun sollen nach monatelanger Aussperrung, nach monatelangen Entbehrungen dreiunddreißig Arbeiter dauernd dem Elend, für immer der Eristenzlosigkeit, also dem langsamen Zugrundegehen überliefert werden, dreiunddreißig Mann, von denen keiner Schuld an dem Boykott trägt. Sie sollen als Opfer des Kapitalistenübermuthes auf der Strecke bleiben. An der barbarischen Doppeldezimirung des 16. Mai hatte der Brauerring nicht genug-- seine Rache verlangt die Vernichtung von weiteren dreiunddreißig Existenzen. Arbeiter! Genossen! Wir wissen, daß wir in Eurem Sinne gehandelt haben, als wir diesem ungeheuerlichen Anfinnen ein empörtes turzes Nein entgegenseßte: und die Verhandlungen abbrachen. Die Arbeiter Berlins konnten und wollten einen ehrlichen Frieden schließen; niemals aber werden wir unsere Hand dazu bieten, niemals werden die klassenbewußten, in den Gewerkschaften und der Sozialdemokratie organisirten Arbeiter dulden, daß ein
geschlossen wird.
ehrloser Friede
Nun ist die Entscheidung getroffen. Der Boykott muß mit erneuter und vermehrter Energie fortgeführt werden. Die Parole
Kein Tropfen Ringbier
muß mit unwiderstehlicher Macht zur Durchführung gelangen.
Jeder einzelne Arbeiter muß seine ganze Kraft aufwenden, um den Boykott zur vollen Wirkung zu bringen. Dazu ist nöthig, daß die gesammte Arbeiterschaft mit verdoppelter Kraft Hand aus Wert legt, die zur Organisation, Ueberwachung und Durchführung des Boykotts erforderlichen Maßregeln energisch zu unterstützen. Es bedarf aller Kraft, aller Energie, denn die Brauerdirektoren haben offen erklärt, die Unterwerfung der Berliner Arbeiterschaft durch neue Massenmaßregelungen erzwingen zu wollen! Arbeiter, Parteigenossen! Der Brauerring hat zwar Millionen zur Verfügung und wird in diesem Klassenkampfe auch fernerhin Hunderttausende opfern; hinter uns aber stehen die Massen, auf unserer Seite ist das Recht, ist die Begeisterung, ist der Opfermuth. Und an Euren Opfermuth appelliren wir abermals. Die unschuldigen Opfer kapitalistischen Uebermuthes dürfen nicht dem Hunger preisgegeben werden. Seit Monaten liegen diese Hunderte existenzlos auf der Straße. Wir wenden uns deshalb an die Arbeiter von ganz Deutschland um thatkräftige und schnelle Unterstützung. Der Kampf ist uns aufgezwungen worden. Die Berliner Arbeiterschaft hat den Handschuh aufgenommen und sie wird den Kampf durchführen bis zum Ende. Arbeiter! Euer Klassen Interesse nicht blos, Eure Klassen Ehre ist im Spiel. Da giebt es keinen anderen Gedanken als Sieg! Vorwärts zum Sieg! Kein Tropfen Ringbier! Hoch der Boykott!
Die Boykott- Kommission.
Ein agrarisches Kulturbild.
seinem Dienste stehenden Menschen auf dem Standpunkte einer mit Religion dünn überzuckerten Bestialität niederhalten könnte. Gar oft ist von Unkundigen die Frage aufgeworfen worden, Gine weise Ausnahme= Gesetzgebung verbietet es dem Landwarum denn das Landproletariat in die Städte zieht, wo seiner proletarier, seine Lage an Ort und Stelle zu bessern und die Brauerei Wilhelmshöhe , E. Lehmann, Berlin . eine viel größere Erwerbsunsicherheit harrt, als sie ihm auf dem Folge ist zum Glück für die Kultur die Einwanderung in die Lande fühlbar geworden. Die Antwort des Landproletariers großen Städte, die, mag sie auch für die einzelnen noch so harte Brauerei Pichelsdorf, Direktor Hoffmann. lautet zwar immer, daß er es satt sei, von seiner Gutsherrschaft, Schläge mit sich bringen, den vegetirenden Proletarier Münchener Brauhaus, Aktien- Gesellschaft, Berlin . oder wie sich sonst sein Hauptausbeuter nennt, als ein nach Verlauf einer mehr oder weniger langen Zeit zum Süddeutsche Brauerei, Karl Kinz u. Ko., Berlin . Wesen betrachtet zu werden, das im Werth tief unter tlassenbewußten Proletarier macht, zu einem Mann, Brauerei Müggelschlößchen, Friedrichshagen . dem Vieh stehe und daß daher sein beleidigtes Ehr- der redlich und mit Gifer bemüht ist, die heutige Nordstern- Brauerei, Berlin . gefühl ihm gebiete, eine problematische Erwerbssicherheit auf Herrlichkeit der Dinge baldmöglichst ihrem wohlverdienten Rathenower Exportbrauerei- Niederlage. Juh. Max zugeben, die sich ihm nur unter dem Zeichen der Buttermilch- Ende entgegenzuführen. Aber der Agrarier? D, dem ist es zu Dennhardt, N.W. , Hannoverschestr. 18a. Tel. III. 8178. fartoffel und der Gesinde- Ausnahmegeseze bemerkbar gemacht Beiten zwar unangenehm, daß ihm nicht die gewünschte Anzahl habe. Schloßbrauerei, Fürstenwalde . Niederlage bei Es finden sich zwar in seltenen Fällen ja auch auf dem Auszubeutender zur Verfügung steht, aber zu Grunde gehen Lande Jdeologen, die das partriarchalische Regiment für Menschen braucht er noch lange nicht. Ja, er hat nicht einmal nöthig, Franz Heiser, N., Liesenstr. 5. erträglich machen möchten. Ein solcher Menschenfreund mag z. B. merkbar tiefer in die durch Liebesgaben zuweilen doch noch leid= Bürgerliches Brauhaus( in Firma Müller), Frank der Landrath des Kreises Plön( Holstein) sein, von dem das amtliche lich gefüllte Tasche zu greifen. Denn das ist es das furt a. D. Niederlage Greifswalderstr. 228. Teltower Kreisblatt in seiner Nr. 235 berichtet, daß er sämmt auch den verbohrtesten Feind der Gesellschaft von rechtswegen Phönig- Brauerei, C. Radon, Lichterfelde. liche Amtsvorsteher seines Kreises ersucht habe, dahin zu immer noch mit Bewunderung vor ihrer Ordnung erfüllen müßte, Brauerei Jagdschlößchen, Eberswalde . Niederlage wirken, daß im kommenden Winter dem ländlichen Ge- daß diese bis zu einem gewissen Grade aus sich selber die Edm. Renter, Swinemünderstr. 45. sinde für den Abend stets eine warme Stube von der Wunden heilt, die sie dem Agrarier schlägt. Der Weisheit Brauerei Tivoli, Strausberg . Niederlage Stabernac, Dienstherrschaft zum Aufenthalt eingeräumt werde. Er will zum unserer Gefeßgebung sowohl, wie dem ganzen Gesellschafts1. März kommenden Jahres Bericht darüber haben, in wieweit mechanismus überhaupt ist es zu danken, daß die Elemente, dieser Vorschrift von der Dienstherrschaft freiwillig oder auf behördliches Eingreifen nachgekommen worden ist. Man sollte es faum für möglich halten, so meint das Kreisblatt, daß der artige felbstverständliche Forderungen der Menschlichkeit und zugleich des eigensten Interesses der Dienstherrschaften noch erst durch behördliche Verfügungen erzwungen werden müssen.
Mühlenstraße 49a.
Louisen- Brauerei, Bellermannstr. 71a/ 72. Brauerei Königs Wusterhausen , Niederlage Reichenbergerstraße 33. Brauerei Danz, Freienwalde a. D. Vertreter: W. Marten, N., Gartenstr. 152. Bürgerliches Brauhaus, Luckenwalde . Niederlage Gust. Spiekermann, Krautstr. 48, Tel. VII, 1487. Export- Brauerei Grabow a./D. bei Stettin . Niederlage Marthen, Bellermannstr. 6. Brauhaus Hohen- Schönhausen bei Berlin .
Boykottirt sind die folgenden, dem Ring angehörenden Brauereien:
die ihren angestammten Gutsherrn in schnöder Ueberhebung verlassen haben und dem vermaledeiten Zuge. in die Großstadt gefolgt sind, wenigstens insoweit sie bereits dem anscheinenden Untergang verfallen waren, reuig und in ges läutertem Zustand sich wieder der heimathlichen Gutsherrnpeitsche zuwenden. Man lese nachstehende, gegenwärtig durch die Presse Wir sind der Ansicht, daß die Gutsbesitzer und Großbauern gehende Notiz, um unsere, vielleicht ein wenig vermessen klingende nicht verwundert genug thun werden über eine derart unerhörte Behauptung bestätigt zu finden: im Holsteinischen, also in einer Gegend nöthig, die sich weit ab- von dem Arbeitsnachweise- Bureau des Vereins für Besser Zumuthung. Und solche landräthlichen Interventionen sind noch Ueber 1000 landwirthschaftliche Arbeiter sind hebt vom ostelbischen Agrarier- Eldorado; die selbstverständlichsten r ung der Strafgefangenen für den 24. Oktober, wo Pflichten werden vom Gutsbesitzer versäumt selbst unter einer Be- in Mecklenburg Gesindewechsel ist, und für den 10. November völkerung, die sich durch die Jahrhunderte hindurch ein Stück stolzer dem Ziehtag in der Priegnig, verlangt worden, und noch forta Steifnackigkeit bewahrt und sich auch einen standard of life zu er- gesetzt laufen nachträgliche Gesuche um Zuweisung von Arbeitshalten gewußt hat, der hoch über dem Grad von Unkultur steht, unter dem der Landarbeiter in Preußen und Polen vegetirt. Man möge aus diesem Beispiel schließen auf die Zustände, die im eigentlichen Oftelbien herrschen. Die Folge ist die allbekannte. Die Kulturbedürfnisse sind selbst auf dem Lande denn doch schon
fräften ein, am gestrigen Tag deren allein 54. Das Bureau ist, infolge dessen noch nicht in der Lage gewesen, allen Wünschen zu: entsprechen, obgleich feit Mitte September von 887 überhauptUntergebrachten 766 der Landwirthschaft zugeführt worden sind. Die Nachfrage nach ländlichen Arbeitern wird nach den Er
Aktien- Brauerei Friedrichshain, Berlin . Attien- Brauerei- Gesellschaft Friedrichshöhe, vorm. Paßen- su hoch, als daß der Unternehmer ungestraft die in fahrungen des Bureans von Jahr zu Jahr stärker, und die Land
Aktien- Brauerei Gesellschaft Moabit, Berlin . Attien- Gesellschaft Echloßbrauerei Schöneberg, Schöneberg . Bergschloß- Brauerei, Attien- Gesellschaft, Berlin . Berliner Bockbrauerei, Attien- Gesellschaft, Berlin . Berliner Kronen- Brauerei, Aktien- Gesellschaft, Berlin . Berliner Unions- Brauerei, Berlin .
Böhmisches Brauhaus, Kommandit- Gesellschaft auf Aktien, A. Knoblauch, Berlin .
Brauerei Oswald Berliner, Berlin . Brauerei Julius Bözow, Berlin .
Brauerei Boruffia, Aftien- Gesellschaft, Niederschönweide bei Johannisthal.
Brauerei Gambrinus, Aktien- Gesellschaft, Charlottenburg . Brauerei Carl Gregory, Berlin .
Diesseits der Sozialdemokratie. troffen hat, jest trifft und treffen wird in alle Ewigkeit. Darum:
Protokoll über die erste allgemeine Vertrauensmännersigung der vereinigten Patrioten. Aufgenommen am 7. November 1894 im Hotel Zu den 3 Halbfugeln", Friedrichstraße, Berlin .
der Urgrund alles Bösen, das unser herrliches Volt bisher ge= Raus mit ihnen! Raus!"
"
Der Redner muß abbrechen, da ihm vom Vorsitzenden das Wort entzogen wird. Mit dem Rufe: Freunde, verlassen wir das Lokal, es ist nicht umsturzrein!" springt er vom Podium und konzentrirt sich mit seinen Gesinnungsgenossen zur Thür hinaus.
Um 8 Uhr 301/2 Minuten ergreift Herr Maligsen die Klingel, das Wort und spricht: Verehrte Anwesende! Nach einstündiger, anregender Debatte haben Sie mir den Vorsitz übertragen, wie ich mir schmeichle, wohl deshalb, weil ich bei allen Männern von Herr Regenbogen II. Ich danke dem Herrn Vorsitzen Bildung und Besitz als der tommende Retter des Vaterlands den vielmals, daß er die Ehre jener staatserhaltenden Elemente, gelte. Ich danke Ihnen und verspreche Ihnen, die Versammlung die leider hier nicht vertreten sind, so energisch gewahrt hat. wird seit meinen politischen Kinderjahren. Bevor wir aber die Bierlinge überhaupt einladen konnte. Die sind ja ärger wie die leiten mit all der Staatsmännigkeit, die mir zugeschrieben Uebrigens begreife ich ganz und gar nicht, wie man die AntiBerathung beginnen, möchte ich Sie auffordern, mit einzustimmen Anarchisten! Ich komme 111111 zu den Sozialdemokraten. in den Ruf:.. Es ist selbstverständlich, daß man diese Herren unter die Umsturaleute rechnen muß. Wir haben sie auch schon bisher befämpft. Leider haben die angewandten Mittel nicht angeschlagen. Meine Herren! Wenn mein Freund, der Ehrenbürger von Danzig , noch Reichskanzler wäre, wüßte ich schon, was wir zu thun hätten. Was der beschließen und beantragen würde, wäre wohl gethan. Leider ist er nicht mehr Reichskanzler. Nun, ich werde meinen Freund Barth fragen, und wir werden Ihnen dann, zur gelegenen Zeit, die Meinung des deutschen , freisinnigen Bürgerthums schon mittheilen
Herr Schwarz( schreiend): Zur Geschäftsordnung! Ich protestire!... Der heilige Vater ist der König der Könige. Er hat die Gewalt, zu binden und zu lösen im Himmel und auf Erden. Sein Name muß zuerst genannt werden!" („ Hört!"" Hört!"" Frechheit!" Tumult. All gemeines Durcheinander. Die Versammlung wird auf fünf Minuten vertagt.)
Nach Wiedereröffnung der Sizung ergreift das Wort Herr Maligsen:" Meine Herren!... Sei es! Wir fahren fort in unserer Berathung. Meine Herren! Wie Sie gehört haben, soll für Religion, für Sitte und Ordnung, und gegen die I Parteien des Umsturzes endlich einmal Generalmarsch geschlagen werden. Und, verehrte Anwesende, wir sind hier versammelt, um, wenn ich mich so ausdrücken darf, für diesen Marsch die Noten, den Text, den Rythmus, anzugeben."(" Bravo!"" Sehr Meine Herren! Ich bitte
·.
Vereinsbrauerei Rixdorf.
Versuchs- und Lehrbrauerei, Berlin . Vittoria- Brauerei, Aktien- Gesellschaft, Berlin . Germania- Brauerei, David u. Martin, Berlin . Brauerei Stralau.
Herr Anti IV:" Heil! Ich und meine drei anwesenden Freunde( Buruf:" Na! Na!") sehen die Hauptfeinde unferer germanischen Kultur und der teutonischen Nation in den Juden."
Oho!"" Zur Drdnung!") Herr Regenbogen II springt auf und redet erregt auf den Vorsitzenden ein. Anti IV leert ein Seidel Boykottbier auf einen Zug und fährt dann fort:
" Jawohl! Die Juden und noch einmal die Juden! Sie sind
Herr v. Laut Stummberg:" Um die Sozialdemo fratie furzer Hand zu unterdrücken, beantrage ich: Jeder Heher wird eingelocht und bekommt solange nichts zu effen, bis er sich befehrt hat. Dann wird er nach Afrika transportirt und dort unter das Kommando des Herrn Leist gestellt. Ob nicht auch der Vorredner sammt seinen elf vereinigten Freunden unter die Hetzer zu zählen ist, werde ich in einem Utas bestimmen, sobald ich nach meiner Residenz Sieben- Wirthshäuser zurückgekehrt bin." Herr v. Weiß: Meine Herren! Der Begriff Umftura scheint mir hier denn doch etwas zu eng umgrenzt zu werden. Ich bin königstreu bis in die Knochen und Landrath. Auf Ehre! Aber ich muß fagen, es giebt auch außerhalb der Sozialdemokratie noch Leute und Faktoren, denen die Heiligkeit des Eigenthums nicht über Alles geht. Von der Börse( Zuruf des Herrn Regenbogen II: Nicht denunziren!")." Ich denunzire nicht, ich bes weise.. Von der Börse will ich hier gar nicht einmal reden.