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Mit diesen großen öffentlichen Tagungen sind noch ver- schiedene Konserenzen verbunden, die zwar nur einen kleinen Kreis der Teilnehmer erfassen, die aber trotzdem für die weitere Entwicklung der Arbeiterjugendbewegung von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind. So wird am Freitag vormittag eine Konferenz der I u g e n d r e d a k t e u r e ab- gehalten. Am Montag tagt die Reichskonferenz der Arbeiterjugendvereine Deutschlands , und am Dienstag tritt das Komitee der Arbeiterjugend-Jnternatio- n a l e zusammen. Daran schließen sich die Wanderungen all der großen und kleineren Gruppen durch den Teutoburger Wald und das Weserbergland . Voraussichtlich wird es in diesen. Tagen noch einmal ein größeres Zusammentreffen am Hermannsdenkmal geben, um an dieser Stelle unsere Idee zu feiern. Die Arbeiterjugend wird hier mit besonderem Nach- druck ihren Willen zur sozialistischen Lebensgestaltung zum Ausdruck zu bringen haben, weil an der gleichen Stelle zu Pfingsten dieses Jahres derDeutschnational» Iugendbund" den Geist der Revanche und der Reaktion unter schwarz-weiß- roten Fahnen hochleben ließ. Während diese Zeilen ins Land gehen, rüsten die Fest- teilnehmer, die Züge bringen die frohen, erwartungsvollen Scharen zum Ziel. Und mit den Zügen gehen die Gedanken der vielen jungen und alten Arbeiter, die nicht dabei fein können. Ihre und unsere Wünsche begleiten die junge Kämpferschar auf der Fahrt. Möge die Bielefelder Tagung in ihrem ganzen Verlauf den gewaltigen Aufstieg unserer Jugendbewegung im letzten Jahre dokumentieren und weiter allen die freudige Gewißheit geben, daß in unserem Jungvolk der starke Wille lebt, die sozialistische Idee durch den gemein- samen Kampf bei uns und in aller Welt in die Wirklichkeit umzusetzen, die-Arbeit zu befreien durch die sozialistische Tat.__ ?um Mfgwe?k für üas hungernöe NußlanS. Ein Wort für Ruhland und ein Wort an Ruhland. Folgender Aufruf geht uns zu: Der erschütternde Hilferuf, der aus Rußland an die Welt ergeht, muß allenthalben den lautesten Widerhall finden. Millionen von Menschen buchstäblich vom Hungertode bedroht! Dazu das Land von einer Choleraepidemie heimgesucht, wie sie so stark kaum je ge- wütet hat. Ein ganzes Volk stecht unter furchtbaren Leiden dahin. Da helfend einzugreifen, ist dringendste Pflicht für jeden fühlen- den Menschen geworden. Diesem entsetzlichen Unheil gegenüber müssen alle Unterschiede und Gegensätze der Parteien zu- rücktreten außerhalb Rußlands , aber auch in Rußland selbst. Eine russische Regierung, die an alle Parteien außerhalb Rußlands appelliert, wird ihrer Such» am besten dann dienen, wenn sich zu ihrer Stimm» die aller hilfsbereiten Elemente der verschiedensten Parteien aus Rußland selbst gesellt, wenn ihnen all die Möglichkeit gegeben wird, ihre Stimme frei und laut erschallen zu lassen. Dabei oergesf, man über der Rot des eigentlichen Rußland nicht die jener Gebiete, dt« es jüngst erobert hat Kaukasiens (Georgien , Armenien , Aserbeidschan) und Tür­ke st a n s. Durch eine Armee von 200 000 roten Truppen niedergehalten, geplündert und geknechtet, gehen diese Gebiete rasch dem gleichen Elend entgegen wie dem, das jetzt Rußland heimsucht. Doch diese Gebiete rufen nicht nach einer Hilfsaktion. Was sie brauchen, ist die Freiheit, sich selbst zu helfen, ist der Abmarsch der Roten Armee und die Möglichkeit kreier Selbstverwaltung. Es wäre ein schreiender Widersinti, wollte Rußland fortfahren, fremde Völker zu unterdrücken und zu berauben in dem Moment, in dem es alle Völker der Welt ohne Unterschied der Der» fassung und der sozialen Organisation aufruft, ihm zu helfen. Schwieriger als in den eroberten Ländern wird die Hilfe im nzentlichen Rußland sein. Nicht nur hat eine außerordentliche Dürre dort gerode in den fruchtbarsten Gebieten die ganze Ernte zerstört, allenthalben in Rußland ist die Landwirtschaft verkommen, das Eisen- bahnwesen zusammengebrochen, haben sich die sanitären Zustände in den Städten entsetzlich gestaltet, wo jegliche Reinlichkeit und jede Vtöglichkeit der Reinigung in den letzten Iahren verloren ge- gangen ist.

Cin öesuch bei Goethe. Johann Konrad Friederich, ein fast vergessener Schrift» steller, gewinnt jetzt für unsere Vorstellung wieder fest« Umrisse durch den Neudruck des erlebnisreichen BuchesDer Mückssoldat. Wahrheit und Dichtung oder 40 Jahre und noch 15 Jahre aus dem Leben eines Toten", das im Neudruck bei Georg Müller erscheint. Es beginnt bei Frau Nat Goethe und Voltaire und führt Friederich bald nach Weimar . Hier wagt er es, der Jüngling, Goethe einen Morgenbesuch zu machen, und die naive Schilderung des Eindrucks, den er von dem majestätischen Olympier gewinnt, ist von hohem Interesse. Dieses Interesse hat nichts mit der profanen Neugier zu tun, die es kitzelt, einen großen Mann im Neglige zu sehen, auch nichts mit dem Therstteischen Behagen, an einem Helden Schwächen und Fehler zu entdecken. Es entspringt vielmehr aus dem sehr berechtigten Der- langen, eine welthistorische Erscheinung, die unserer Phantasie in der Gestalt einrs thronenden Marmorbildes vorschwebt, einmal in ihrem rein menschlichen, alltäglichen Gehaben kennen zu lernen und zu erfahren, wie diese Erscheinung, deren Glanz die Jahrtausende überstrahlt, auf die große Meng« ihrer hausbackenen Zeit- genossen wirkte. Goethe verliert wahrhaftig nichts dadurch, daß er einem I. K. Friedrich alshölzerner Patron" erscheint, und Schiller wird dadurch nicht größer, daß er einem gleichgültigen Be> jucher einen herzlichen Empfang bereitet. Aber das menschliche Bild beider erhält durch die Schilderung Friedrichs Leben und Rundung. Empfehlungsschreiben, so erzählt er, halte ich zwar keine, hielt diese aber auch, als mit Goethes Verwandten genau bekannt, für un- nötig. Ziemlich von der Reise ermüdet, hatte ich treK-'ch geschlafen, kleidete mich schon in aller Frühe recht sorgfältig an, und da ich doch den großen Dichter nicht wohl in den ersten Morgenstunden in- kommodieren konnte, so trieb ich mich einstweilen in den eben nicht jehr schönen und krummen Straßen Weimars herum. Es schlug endlich zehn und ich eilte nun nach Goethes Wohnung, wo ich mich als einen Landsmann und guten Bekannten seiner Fa- milie melden ließ. Ich ward sofort vorgelassen, traf ihn jedoch nicht allein, sondern in Gesellschaft einer ziemlich martialisch aussehenden Dame. Ich hatte ihn nur«in paarmal und immer nur einige Augen- blicke gesehen, wenn er auf Besuch in Frankfurt war. Er sah der Frau Rat, seiner Mutter, ähnlich, war von ziemlich hoher Statur, kam mir etwas breitschulterig vor, trug das Haupt hoch, und in seinen Mienen drückte sich ein mich abschreckender Ernst, ja sogar Strenge aus. Die ganze Figur kam mir steif und abgemessen vor, und vergeblich suchte ich in seinem Gesicht«inen Zug, der mir den gemütvollen Verfasser vonWerthers Leiden " oderWilhelm Meisters Lehrjahren" ver- raten hätte Bei feinem Anblick erstarrte mir das Blut fast in den Adern und das Herz war mir, wie die Frantfurter sagen, so ziem- lich in die Schuhe gefallen. Nur stotternd und stockend tonnte ich mein Anliege» vorbringe«, bei dem jei» M verstnjternder Blick msr

Soweit in st» verzweifelter Situation Hilfe möglich ist. erheischt sie den sofortigen Aufschwung oller tatkräftigen Elemente der Nation, die Befreiung der Gesellschaft von politischer Bevormundung und politischem Druck. Ohne größere Freiheit ist Rußland nicht zu retten! Aber auch nicht chne eine Hilfsaktion des Auslands. Und diese darf nicht abhängig gemacht werden von den politischen Verhältnissen der Sowjetrepublik. Es haben sich Stimmen erhoben, die das jetzt dort herrschende Regicrungssystem für diö Größe des Elends verantwortlich machen. Sie dürfen das Hilfswerk nicht be- einträchtigen, den Eifer zur Hilfe nicht abschwächen. Um so mehr, da es sich um unsere eigene Rettung ebenso handelt, wie um die des russischen Volkes. Der russische Seuchenherd ist so groß, daß von ihm aus die Ansteckung weit über Rußlands Grenzen getragen zu werden droht, wenn wir nicht rechtzeitig mithelfen, ihn energisch einzudämmen. Wenn das Haus in Flammen steht, fragt man nicht lange, ob der Besitzer durch Handlungen oder Unterlassungen Mitschuld am Brande auf sich geladen hat. Das erste ist, man sucht zu retten, was zu retten ist, und die Flammen zu löschen, so rasch es geht. Und darum schließen wir uns aus vollem Herzen dem Rufe an: Hilfe für das arme, verhungernde Volk von Rußland ! Laßt es nickst die Sünden seiner Regenten entgelten! Diesen aber rufen wir zu: Reißt ab die Fesseln von den Völkern, über die das russische Reich heute gebietet, gebt frei die Kräfte, die drängen, die Hungernden und Elenden aufzurichten und ihnen Rettung zu bringen! Eduard Bernstein . Karl Kauksky.

Groß-Verlmer Wahlen: 16. Oktober. Im weiteren Verlaufe der Beratungen des Ständigen Ausschusses des Preußischen Landtags über die Notverordnung zur Siche- rung einer geordneten Verwaltung in der Stadtgemeinde Berlin sprach sich Abg. Otto-Eharlottenburg(Dem.) sowohl gegen den Antrag W e y l, der der einstweiligen Stadtverordnetenversammlung alle Rechte der bisherigen zuweisen wollte, aus, als auch gegen den Antrag Dr. o. Richter(D. Vp.), weil nach diesem schon ein Viertel der Mitglieder der einstweiligen Stadtverordnetenversammlung oder einstweiligen Bezirksversammlung einen Beschluß beanstanden können. Abg. Schulte(Zentr.) vertrat denselben Standpunkt. Auch die Regierungsvertreter erhoben gegen den volksparteilichen Antrag Bedenken. Bei der Abstimmung wurden der Antrag Weyl(U. Soz.) und auch der Antrag v. Richter(D. Dp.) a b- gelehnt. Artikel I wurde in der Fassung der Regierungsvorlage unverändert angenommen. Danach sind die Mitglieder der bisherigen Stadtverordnetenversammlung und der bisherigen Bezirksoersamm» lungen verpflichtet, die regelmäßigen Geschäfte dieser Körperschaften und notwendige Geschäfte anderer Art, die keinen Aufschub dulden, als e i n st w e i l i g e Stadtverordnetenversammlung und als einstweilige Bezirksoersammlungen fortzuführen, bis die neugewählten Versammlungen in Tätigkeit treten. Die einst- welligen Versammlungen sollen alsbald zur Wahl ihres Vorsitzenden, der Schriftführer und ihrer Stellvertreter zusammentreten. Eine erneute Einführung und Verpflichtung der Mitglieder findet nicht statt. Versagt der Magistrat oder ein Bezirksamt einem Beschlüsse die Ausführung, weil der Beschluß nicht zu den regel. mäßigen Geschäften gehöre oder nicht unaufschieblich sei, so ent. scheidet der Oderpräsident endgültig. Nach Artikel II der Regierungsvorlage sollte der Minister des Innern den Wahltag für die bevorstehende Neuwahl der Stadtverordneten und der Bezirksverordneten bestimmen. Der Ausschuß lehnte in diesem Punkte die Regierungsvorlage ab und belchloß endgültig, daß die Neuwahlen am. Oktober staklsinden sollen. Nach Artikel III ist wahlberechtigt, wer die im Landes- Wahlgesetz vorgeschriebenen Boraussetzungen erfüllt und seit einem Jahre seinen Wohnsitz im Gemeindeoezirk Berlin hat. Hinzu- gefügt wurde, daß diese Bestimmungen nur für die Neuwahlen am 16. Oktober gelten. Sozialdemokratische Anträge, die Aufenthaltsfrist überhaupt zu streichen oder auf 6 Monate zu verringern, wurden abgelehnt. Wie bei den ersten Gemeinde. wählen in Verlin. wurde auch hier bestimmt, daß rentenempfangende Kriegsbeschädigte, heimgekehrte Kriegs» und Zivil- gefangene, sowie F l ü cy t l i n g e aus den verlorenen oder be»

eiskalt durch die Adcrn schauerte. Ich stammelte, daß ich, sein« Werke lesend, eine unwiderstehliche Neigung für die Bühne geschöpft, daß sein Wilhelm meine Liebe zur Schauspielkunst aufs höchste gesteigert habe, nannte ein Dutzend Rollen, die ich schon einstudiert, vergaß aber in meiner Bestürzung unglücklicherweis« einig« aus seinen Stücken zu nennen, obgleich ich auch den Egmont auswendig gelernt. Als mich der finstere Mann endlich fragte, ob ich keine Briefe an ihn mit- gebracht und ich ihm hierauf den Geniestreich, den ich gemacht, und zu dem mich hauptsächlich sein Wilhelm veranlaßt hatte, eingestand, da legte sich seine Stirne noch mehr in Falten, nur ein karges:So. so," entwischte noch seinen Lippen, und nachdem er gefragt, wo ich wohne, verabschiedete er mich mit der Bedeutung, er würde mich dos weitere wissen lassen, ich sollt« mich indessen ruhig in meinem Gast- hos verhalten. Wie mißmutig mich der gegen alle meine Erwartungen eisige Empfang und die unfreundliche Aufnahme gestimmt, kann man sich denken. Mehr Anteil, so schien es mir, habe noch die neben meinem steifen Landsmann stehende heroisch« Dame an mir genom- men, wenigstens schienen dies ihre Blicke zu verroten, denn sie war während der ganzen Szene stumm geblieben. Gar zu gerne hätte ich zu Goethe gesagt:Was sind Sie für ein hölzerner Patron. Sie können unmöglich Wilhelm Meisters Lehrjahre geschrieben haben". oerschluckt« es aber. Als ich mit einer stummen Verbeugung aus dem Zimmer war, ward es mir wieder leichter ums Herz, und ich erkundigte mich bei einem dienstbaren Geist, wer die Dam« sei, die ich gesehen, worauf mir der Bescheid wurde:Eine französische Frau, die sich Madame von S t a e l nannte." Nachdem ich mich einigermaßen von meiner moralischen Erkältung erholt hatte, dachte ich, du mußt es doch auch bei Schiller versuchen: dieser, obgleich schon sehr leidend, nahm mich doch weit freundlicher aus und gestattete mir, ihm Ferdinands Monolog:Verloren, ja Unglückselige", sowie ein Stück au» der Glocke vorzudeklamieren, worauf er mir sagte:Sie sind allerdings nicht ohne Talent für die Kunst, wenn Sie sich Mühe geben, so können Sie es weit bringen: ich will mit Goethe sprechen, der allein kann hier etwas für Sie tun." Der russische Skaaksverlag In Deutschland . Bei dem großen, tatsächlichen und unaufschiebbaren Bedarf, der für Lehr- und wissen- schaftlich-populäre Bücher in Rußland besteht, wie auch aus Er- wägungen ökonomischen Charakters, kann die Sowjet-Regierung nicht die Wiederherstellung des graphischen Gewerbes in Rußland abwarten, sondern muß zu Bücherbestellungen im Auslande ihre Zuflucht nehmen. Zu diesem Zwecke hat der Oberste Volkswirt- schaftsrat bei feiner Auslandssektion in Berlin eine der Sowjet- Handelsverttctung untergeordnet« besondere Verlagsabtei» l u n g geschaffen, auf deren Verantwortung in deutschen Druckereien Bücher für Rußland gedruckt worden sind. Der seit Januar d. I. bestehenden Verlagsabteilung gehört ein besoi'deres Redaktions - Kollegium an, dessen Aufgab« es ist, Bücher zur Ueberfetzung auszuwählen, die notwendigen Manu- Met«, Artikel«nd Kompilationen zu bestellen, stuvie auch hie für

setzten Gebieten wahlberechtigt find, wenn sie in Lerliit wohnen, auch wenn die A n s S s s i g k e i t s s r i st noch nicht erreicht ist. Die weiteren Artikel über die Einhaltung von Kreiswahloor- schlagen und über die Feststellung des Wahlergebnisses wurden nach dem Regierungscntwuri unverändert angenommen, ebenso die Be- stimmunaen über die Wahlprüfung. Artikel X wurde in der Regie- rungsfassung abgelehnt. Dafür wurde folgender Anttag Lcinert (Soz.) angenommen: Die unbesoldeten Mitglieder des Magistrats und der Be­zirksämter, der Mitglieder der Städtischen Verwaltungsdepu- tationen und-kommissioncn scheiden mit dem Zeitpunkte des Zu- sammentritts der neugewählten Stadtverordnetenversammlung und der neugewählten Bezirksversammlungen aus ihren Aemtern. Die neugewählten Stadtverordneten- bzw. Bezirksverordnetenversamm- lungen haben alsbald nach ihrem Zusammenttitt N e u w a h l für die Ausscheidenden vorzunehmen. Die bisherigen Inhaber dieser Aemtcr und Stellen bleiben bis zum Eintreten ihrer Nachfolger in Tätigkeit. Angenommen wurde auch Art. XI, wonach diese Der- ordnung mit dem auf ihre Verkündung folgenden Tag in Kraft treten soll. Es wurde noch einmal ausdrücklich bestimmt, daß sie nur für die bevorstehenedn Neuwahlen gilt. Die Vorlage wurde darauf im ganzen angenommen. Damit war die Tagesordnung des Ständigen Ausschusses erledigt._ der telephomsthe Presieverkehr beüroht! In den Ausführungsbestimmungen zum Fernsprechgesetz, das am 1. Oktober in Kraft tritt, beabsichtigt die Reichspostverwaltung, wie die TU. mitteilt, folgende für die deutsche Presse schwerwiegende Bestimmungen aufzunehmen: Nachtaoonnementsgespräche sollen nur mehr von 10 Uhr abends bis 7 Uhr morgens zulässig sein. Am Tage werden sieben Stunden lang, und zwar von S bis 12 und von 2 bis 6 Uhr dringende Pressegespräche überhaupt nicht mehr zugelassen. In der übrigen Zeit können dringende Pressegespräche unbeschränkt (Wegfall der Kontingentierung) mit einfacher Gebühr stattfinden. Die Reichspostverwattung glaubt, die Nichtzulassung der dringenden Presssgespräche während sieben Stunden am Tage unbedingt forde«» zu müssen, will aber an den Zeiten S bis 12 und 2 bis 6 Uhr nicht festhalten, sondern die Festsetzung der Stunden ohne dringende Pressegespräche im Einvernehmen mit den Organisationen der Der- leger und Journalisten und mit den Nachrichtenbureaus regeln. Da die Ausführungsbestimmungen schon in etwa 14 Tagen dem vorläufigen Reichswirtschaftsrat zur Beschlußfassung vorgelegt werden müssen, ist eine sofortige Stellungnahme aller Organisationen der deutschen Presse notwendig.

Enüe ües Streiks im Textil-Großhanöel. Am Donnerstag nachmittag fanden zwischen Vertretern der Handelshilfsarbeiter des Texttlgroßhandels und dem Arbeitgeberoer- band mehrstündige Verhandtungen statt, die sich schwierig gestalteten und bis in den Abend hinein dauerten, während die zur Versammlung zusammenberufenen Arbeiter und Arbeiterinnen schon stundenlang im Gewerkschaftshaus harrten. Die Unterhändler, für die Wolter sprach, brachten als allerletztes Angebot der Un- ternehmer folgenden Vergicjchsvorschlag, dessen Voraussetzung die sofortige Wiederaufnahme der Arbeit ist. Für die Dauer des Ab- kommens, das bis zum 1. Oktober gilt, wird der Rahmentarif für Bekleidungsindustrie anerkannt. In den neuen Verhandlungen im September wird noch über einen neuen Rahmentarif mitberaten. Zugestanden werden ab 1. Juli den Ledigen bis zu 22 Iahren die Stafselsätze des schon vekar.nten früheren Angebots der Unternehmer, für die Ledigen über 22 Jahre 260 M. pro Woche, für die Der- heirateten ohne Kinder 275 M.. für die Verheirateten mit Kindern 285 M. Außerdem erhalten alle Beteiligten eine Rachbewilligung der eingetretenen Erhöhung für die sechs Wochen vor dem 1. Juli, also zurück bis zum 15. Mai. Für die Verheirateten m i t Kind wurde diese sechswöchentliche Rückentschädigung(15. Mai bis 1. Juli) höher bemessen, nämlich auf 300 M. Die Lohnkommission empfahl unter Berücksichtigung aller Ver- hältnisse die Annahme des Vorschlags, wenn er auch nicht ganz befriedige. Nach kurzer Diskusston wurde der Vorschlag gegen eine Ver- schwindende Minderheit angenommen und damit der Streik für beendet erklärt. Die Arbeit wird heute(Freitag) wieder aufgenommen, und zwar spätestens bis 12 Uhr mittags.

den Druck in deutschen Typographien bestimmten Materialien zu beschaffen. Bis heute sind von dem Russischen Staatsoerlag, der feine Ar- beit in Deutschland im März d. I. begonnen hat, an deutsche Firmen Bestellungen im Betrage von 9246606,45 M. ergangen. Das Prinzip ist die Ausschaltung aller Vermittler und Kom­missionär«. All« Bestellungen werden unmittelbar den Firmen selbst erteilt. Sprachliche Mißverständnisse. Anknüpfend an unser« Notiz Maulaffen feil halten"(Nr. 30 der.Heimwelt"), schreibt uns ein Leser: Es gibt noch mehr solcher Redensarten, die auf sprachlichen Mißverständnissen beruhen. So ist z. B.Sein Schäfchen ins Trockne bringen" sinnlos. Im Niederdeutschen heißt es:Sing Schäpke int Drüche bringen":Schäpke" ist aber gleichSchiffchen" (nicht Schäfchen"): so ist es auch klar und verständlich, denn nach glücklicher Fahrt wird das Schiff auf Land(das Trockene) gebracht. Der bekannte Vogel, der die gefangenen Insekten zunächst auf Dornen spießt und dann erst oerzehrt, wird im Hochdeutschen N e u n t ö t e r" genannt, und es geht von ihm deshalb die falsche Sage, er finge erst zu fressen an, nachdem er neunfache Beute gemacht habe. Auch hier liegt Mißverständnis des Niederdeutschen vor: dort heißt der VogelHiägendöder", gleichH e�ck e n t ö t e r". Kenntnislose Leute verwechseln aberHiägen"(Hecke) mitNiägen", gleichNeun". Schließlich gehört hierher auch das WortHokuspokus" für Zauberformel. Im Augenblick der Wandlung vonBrot und Wein" inFleisch und Blut" in der Messe spricht der Geistliche die Wortehoc est corpus"(dies ist der Leib"). Das mißverstand die fromme Gemeinde und formte daraus Hokuspokus als Be- Zeichnung für die geheimnisvolle, zauberhafte Umwandlung. EinAdelsacker". Vor einigen Tagen gab derVorwärts" den Bericht eines feiner Freunde von einer Thüringer Wanderfahrt wieder, in dem von den großen Gewinnen gesprochen wurde, die an einem einfachen Sägewerk in einer kleinen Stadt Thüringen « von einem Amtsgerichtsrat und einem Forstmeister gemacht wurden. Heute erhalten wir ein paar Zeilen aus F r e i b u r g im Unstruttal. Dort gibt es ein Stück Erde , daß den NamenAdels- a ck e r" führt. Daran knüpft sich folgende Erinnerung. Ludwig , der Springer, Landgraf von Thüringen (1076 112S) hatte unter der Unbotmäßigkeit des Adels zu leiden, der sich besonders im Schin- den und Drangsalieren der Bauern hervortat. Da lieh er kurz entschlossen die widerspenstigen Junker vor einen Pflug spannen und pflügte mit ihnen das Stück Land um, das nach diesem Vorfall heute noch den NamenAdelsacker" ttägt. Den agrarischen Wucherern und Schindern, die Deutschland aus- hungern und dabei nach Schwert und Peitsche für das angeblich widerspenstige Volk schreien, würde auch heute eine solche Kur nicht schaden. Sie hätten dann zugleich Gelegenheit, zum erstenmal In ihrem Leben eine nützliche, ihren Fähigkeiten angemessene Arbeit zu verrichten._ Bluthner-Orchester. Das nächste städtische Volkskonzert Sndet heute abend 8 Uhr im Blüthnersaal unter Leitung von Theod« lüngerSdors statt. Programm: Beethovea-Abe«»