ich indessen dieselben Einwendungen zu erheben, die Genosse David dagegen vorbringt Zu Punkt 4 sowie zum letzten Ab- satz des Punktes 5 verweise ich auf dos schon weiter oben ganz allgemein Gesagte: Die genossenschaftlichen Betriebsformen dürfen nicht künstlich herbeigeführt und unter Umständen mit allerhand unrentierlichen Zuschüssen aufgepäppelt und erhalten werden; sie haben sich vielmehr im Wettbewerb mit den Privatbetrieben durchzusetzen, oder sie sind nicht daseins- berechtigt. Punkt 6 hätte schon längst erledigt sein sollen: durch Schaffung eines Reichsnotgesetzes, das die Ueberführung von Grund und Loden, der sich bereits in der öffentlichen Hand befindet, in Privateigentum verbietet. Punkt 7 offenbart eine gewisse Aengstlichkeit und Zaghaftigkeit. Dem dort so schüch- tern Vorgetragenen gegenüber erscheint beispielsweise der bür- gcrliche Bodenreformer Adolf Damaschke mit seinem Bodenreformgesetzentwurf(betreffend Bodenoorratswirtschaft) als ein ganz radikaler roter Revolutionär. Allerdings, wenn man dem Genossen David folgen will, dann kann man sich als sozialdemokratischer Bodenreformer überhaupt begraben lassen! Nach dessen Bekenntnis ist ja die„Bodenreform" des (in dieser Hinsicht vom sozialdemokratischen Standpunkt aus überhaupt nicht haltbaren) Reich s fi edlungsgesetzes aller Weisheit letzter Schluß. Sein(Davids) Hinweis auf die „Siedlungsverordnung der sechs Volksbeauftragten" impo- niert mir ganz und gar nicht. Weil diese schon nicht weitergegangen sind, bzw. weil diese dem Privateigentums- gedanken unsozialistische Zugeständnisse höchst bedenklicher Art gemacht haben, deshalb soll auch unser Parteiprogramm und unsere Partei nicht weitergehen und sich ebenfalls dem Privateigentumsgedanken verschreiben? Das fehlte bloß noch: einem bürgerlich-sozialiftischen Resormprogramm noch das U n- fehlbarkeitsdogma einer parteipäpstlichen Führer- schaft hinzuzufügen oder zu unterlegen! Eine glattere Ban- kerottcrklärung der sozialdemokratischen Gedanken- und Ideenwelt wäre kaum denkbar. Hierzu liegt, schätze ich, nicht die geringste Veranlassung vor. Die Partei kann und wird sich den Willen auf eigene Urteils- und Wegefindung nicht be- schränken und beschneiden lassen. Sie muß also Zumutungen, wie David solche stellt, entschieden ablehnen. Daß wir in der Bodenvergesellschastungsfrage nur etappenweise zum Ziele gelangen werden, ist möglich, viel- leicht sogar wahrscheinlich, nachdem der beste Zeitpunkt dafür (die Novembertage 1918) zunächst einmal unausgenutzt oer- strichen ist. Wer aber kann uns denn sagen, ob nicht in a b- sehbarer Zeit wieder einmal sich solche Gelegenheit bieten kann? Die sehr günstigen Novemdertage 1918 smd nur dadurch nicht ausgenutzt worden, weil wir damals in unserer Gedankenwelt für solche Umwälzung einfach nicht vorbereitet waren. Hätten wir(im Besitz der politischen Macht wohlge- merkt!) damals durch ein Revvlutionsgesetz klar und bestimmt verfügt:„Grund und Boden ist fortab unveräußerliches Eigen- tum der Volksgesamtheit"", so wäre heute die Boden» frage dem Grunde nach gelöst. Auch die früheren Privat- eigentümer, besonders die kleinen, würden inzwischen längst zu der Erkenntnis gekommen sein, daß dieses die beste Lö- sung, und sie würden heute schon gute und überzeugte Sozial- demotraten sein, jedenfalls sichere Wählertruppen der Sozial- demokratie. Es geht also nickt an, das Bodenvergesellschaftungsziel im Programm zu verschleiern, oder es gar, wie David das ver- langt, aufzugeben, und das bereits vorhandene Allgemein- eigentum abzubauen. Es muß im Gegenteil mit aller Deutlich- keit und Schärfe als Ziel hervorgehoben werden, damit es gc- gebenenfalls auch— ich betone dos nochmals— auf revolutionärem Wege verwirklicht werden kann. Im übrigen wollen und müssen wir uns allerdings auch auf das allmähliche „Hineinwachsen in den Bodensozialismus" einrichten, weil wir nicht im voraus wissen können, wie die vor uns liegende Eni- Wicklung laufen wird. In einem Punkte stimme ich mit David überein: Min- destens der Inhalt desAgrarprogrammsist noch nicht reif, auf dem nächsten Parteitage schon verabschiedet zu wer- den. In Wirklichkeit befinden wir uns nämlich erst am An-
/Im ZerienAUg. Von T h. Thomas. In der großen Bahnhofshalle steht die lange Wagenreihe. Dorn, gleich hinter dem Eignalhäuschen, drei Wagen, die mit Hunderten von Kindern besetzt sind. Draußen auf dem Bahnsteig aber drängt sich eine dichte Schar, meist Frauen, nur hier und da ein männliches Wesen. An die zweihundert Mädchen fahren irgend wohin, von wo sie mit roten Backen wiederkommen sollen. Sie haben es auch nötig, alle zusammen. „Mutti, wenn's»ehrt, ich winke mit dein grünen Tuch, wo du da» grüne Tuch siehst, dos bin ich." „Schön. Trudchen, ober w nur den Arm nicht zu weit raus." .stach, so weit kann man doch rauslangen, guck, so..." „Mutter, ich winke bis hinter der Brücke." „Siehst du auch da noch?" fragt eine ander«. „Ja. natürlich, winke nur solange du willst, immerzu, ich seh' es schon." „Mama, vergiß nicht, der Mi zu sagen, daß ich ihr schreib'." „Aber sicher sag' ich ihr das, erhol' dich gut. nicht wahr?" -Ich erhol' mich feste, damit ich dir helfen kann. Aber wer hilft dir nun bei der Wäsche?" „Sei nur ohne Sorgen." Jetzt ist der Lehrer gekommen, er steht mit am Wogen: „Wenn ihr spazieren geht, immer tief atmen, am besten den Stock über den Rücken unter die Arme stecken, Brust heraus, so!" Der Lehrer marschiert aus dem Bahnsteig hin— alles lacht. Cr ist fast beleidigt. „Trink' nur viel Milch, Rest, wir müssen doch jeden Tag was zahlen: sag' nur, wenn es jemand nicht gefällt, wir müssen ja auch blechen, jawohl, du fährst nicht frei." „stast du denn auch ein Taschentuch, Mi?" „Ich brauch' keins. die find alle im Koffer." „Doch, du brauchst eins. Und wisch' doch die stand nicht an das frisch gebügelte Kleid, du hast doch nichts Alles an, ich hau' dich.. „Mntti, noch einen Kuß!" Eine junge Frau versucht es. Sie biegt sich hinauf, das Mädel hinab, aber„sie können zusammen nicht kommen".— Schade, daß man nicht bei der Technischen Nothilfe ist... „Gib ja auf dein» Pakete acht. Drei müssen es immer fein." „Ich holt sie fest, immer halt ich sie fest, guck, hier sind sie noch." „Du. welchen: P-'-t ist h-nn die Schokolade?" , Fahren nur bald* Ach, erst tu drei Minuten...* „Mutti, du weinst doch!" „Ja. Kind, eben denk ich. wenn dir nur nichts vassiertl» iL doch Wwijö oft ch«» v-rsttomm«.'.
fange der notwendigen Erörterungen praktischer Agrarfragen, die programmatisch zu formulieren sind. Lassen wir uns noch mindestens ein Jahr Zeit,. und machen wir inzwischen alle Kreise und Kräfte mobil, die uns hierüber wich- tiges zu sagen wissen. Und versuchen wir dann abermals, pro- grammatische Formeln aufzustellen. Versäumt kann in dieser Zeit nichts werden, wohl aber besteht Aussicht, manches und vieles zu gewinnen._
Nittelschleststher Sezirtstag. Breslau , 1. August. (Eigener Drahtbericht des„vorwärts".) Eine Parteikonferenz der Sozialdemokratischen Partei für Mittel- deutschland, die gestern in Breslau stattfand, wurde mi: einem Re- ferat des Genossen Landtagsabgeordneter S ch o l i ch über die poli- tische Lage eröffnet. Die Entscheidung über Oberjchlefien, die olle unsere Wünsche sehr wahrscheinlich nicht erfüllen werde, wird eine �.eue Regierungskrile bringen, zumal die Demokraten angesichts der Steuervorlage die Mit- Verantwortung für die Pflichten der Reichspolitik gern los fein wollen. Durch die Möglichkeiten, die sich au» einem Sturz der Re- gierung ergeben könnten, sei die Fortsetzung der heutigen Koalitivns- Politik unter stärkerer steranziehung der Unabhängig:.-! infolge der staltung gewisser unabhängiger Führer nicht gesichert. Die Erwei- terung der Koalition durch die Deutsche Voltspartei sei gegenwärtig infolge ihres monarchistischen Charakters nach der Stimmung der Arbeiterschaft aussichtslos. Eine bürgerliche Reichsregierung würde, wie das Vorbild der preußischen Regierung zeigt, sofort ins deutsch - nationale Fahrwasser geraten. Insbesondere die Personalpoliäk des Innenministers Dominicus mit ihrer Erneuerung des Iuristenprioi- legiums für höhere Verwoltungsposten und der Privilegien wohl- habender Anwärter durch künstliche- Niedrighaltung oer Gehälter für Landräte lassen hier das Böseste erwarten. Nun müsse die Arbeiter- schaft sich auch den vierten Ausweg durch Neuwahlen im Reiche auf jeden Fall sichern. Dazu käme möglicherweise infolge des Drängens des Reichspräsidenten demnächst die Reichspräsidentenwahl, wie auch in Preußen im nächsten Frühjahr Neuwahlen auf kam- munalem Gebiet zu erwarten seien. Die Wiederbeteiligung an der preußischen Regierung würden wir erst begrüßen können, wenn die Verhältnisse im Reich sich wieder geklärt haben. Der Referent sprach dann über die oberschlesische Frage, deren Entscheidung durch den Obersten Rat wir abwarten und hinnehmen müssen. In der Selbst- schutzfrage wären entgegengesetzte Meinungen der oberschlesischen Parteigenossen auszugleichen, nachdem der reaktionäre Charakter des Selbstschutzes offensichtlich geworden sei. Wegen eines vierten Polen - putsche? ist nach allgemeiner Ueberzeugung der oberschlesischen und der übrigen schlesischen Parteigenossen der Selbstschutz kein geeignetes Mittel, während alle innerpolitisch nicht Reifen des Selbstschutzes besonders in den Arbeitsgemeinschaften sich zu einer immer ernsteren Gefahr auswüchsen. Auch die Vereinigten Verbände heimattreuer Oberfchlesier würdett leider neuerdings In ein reaktionäres Fahrwasser geführt. Anschließend an diese Aussprache betonte der Bezirksvorsstzende der oberschlesischen Sozialdemokratie, Genosse staute- Kattowitz , feine Uebereinsiimmunq mit den Ausführungen Scholichs über den Selbstschutz und die steimattreuen. Die größte Gefahr für Oberschlesien wäre eine Dreiteilung aus längere Zeit, bei der das Industriegebiet aber unter alliierte Verwaltung käme. Nichts könne die nationalistische stetze sicherer konservieren, als diese un- glückliche Schei'ilösung. Die Bezirkskonferenz nahm dann einstimmig ein« Entschließung an, in der die unverzügliche Auslösung aller Arbeits- grmeinschaften nach Art der Arbeitsgemeinschaft Roßbach verlangt wurde, da deren militärischer Charakter in Schlesien sich immer deutlicher offenbare.» Anschließend wurden Organisationsfragen besprochen, wobei be- richtet werden konnte, daß der mittelschlesische Bezirk gegenwärtig an Mitgliederzahl an erster Stelle unter allen reichsdeutsch»n Re- zirken steht._
Versammlungslügen. Der Landtagsabgeordnete Gondorfer veröffentlicht folgendes: Unter dieser Ueberschrift erschien kürzlich in den Dolkspartei- Zeitungen ein Artikel von Dr. Helm, der sich mit meiner Person be- schäftigt, weil ich in einer Versammlung in Freilassing behauptet habe, daß ich am Telephon stand und das Gespräch mitanhörte,
„Das laß man sein, denk nicht daran, ich nehm' mich schon in acht." „Ja, ich bin so unruhig. h«st du auch noch das eine Paar Strümpfe?" Jetzt höre ich:„Mine, drei staarbänder haste, wenn du sie nicht mitbringst, alle drei, schlag ich dich kaputt, merk' dir'«!" „Aber wenn ich nichts dafür kann?" „So siehst? aus! Komm mir nicht mit Ausreden, du... ver- stehste!" Dem Kinde, denk' ich, sind die ersten Tage verdorben. Es wird immer hinter sicki greifen, ob... Und wenn eins verloren ging? Ich bin froh, daß ich kein« staarschleifen trage. „Mutter, kann ich schon von meinem Brot abbeißen?" „Na, warte doch, bis der Zug fährt, du hast doch vorhin erst ge- gessen." „Ja, aber Reisen macht Appetit, sagt Vater." „Ra ja, erst reise mal etwas." „Bitte Platz nehmen!" schreit der Mann mit der roten Mütze. Das geht wie ein Sturm durch die Wagen. „Er fährt gleich!"„Es geht los!"„Mutti, auf Wiedersehen!" „Grüß Dater noch mal?"„Schreibt auch gleich!"„Bergeßt nicht, einen schönen Aufsatz mitzubringen, Kinder!" ruft der Lehrer. „Füttere die Mimi gutl" „Keine Sarge , die wird verpflegt," ruft es zurück. Wer mag Mimi wohl sein? „Ade!"„Am besten, du bindest gar keine staarschleifen um, hörst du!" Das meine ich auch. Ich würde sicher keine umbinden, wenn ich so eine Mutter hätte. „Also, nicht wahr, das grüne Tuch.. Jetzt ein Lärmen, ein einziger Schrei der Freude, der Bohnsteig kommt in Bewegung, die Wagen gleiten wie auf Samt dahin, als ob der Bahnkörper von Gummi wäre. Ich wette, die Tochter des Maschinisten ist auch dabei, sonst ginge es nicht gar so wunderschön sanft... Ach, dies Bild! Zweihundert weiße Tücher winken Freuden- schreie— ein grünes Tuch ist auch dabei. Drei Köpfe übereinander am Fenster.„Leb wohl!"„Wiedersehen!"„Maust, lieb? Mausi, komm gut an!" Das wedelt, das flottert, dos winkt.�das jubelt. O, wer gäbe nicht alles drum, mit jvng srn zu dürfen, mit s-sts Wocken hinouszuzichen, i-'cht zu k.-nken an Tarifverträze, Bröl- teuerung, schiichtungsausschuß, dahin, dahin... Fort ist der Zug— um die Ecke. Selbst do» grün« Tuch ist »lcht mehr zu sehe»
als Dr. steim kurz nach dem Umsturz 1918 den damaligen Minister- Präsidenten Eisner antelephonierte und sich und feine Organisation der Revolutionsregierung zur Verfügung stellte. Dr. steim will selbstverständlich von jenen Geschehnissen heute nichts mehr wissen und versucht, durch stereinziehen von Gesprächen, die er mit dem sozialdemokratischen Abgeordneten Auer führte, welcher damals Minister des Innern war. sich wieder einmal als unschuldiges Lämmlein hinzustellen. Was ich in Freilassing gesagt habe, ist nackte Wahrheit und wiederhole ich dieselbe wiederum: sterr Dr. steim hat kurz nach dem Umsturz 1918 den Minister- Präsidenten Eisner telephonisch angerufen und sich und seine Se- nossenfchast der Revolutionsregierung zur Verfügung stellen wollen. Weiter halte ich meine Behauptung aufrecht, daß wenig« Tage später Dr. steim persönlich bei Eisner erschien und diesem mündlich wiederum erklärte, daß er sich und seine Genossenschaft zur Mit- arbeit zur Verfügung stelle.. Daß Dr. steim von seiner damaligen staltung heute nichts mehr wissen will, finde ich begreiflich. Das gibt ihm aber noch lange nicht das Recht, der Wahrheit Gewalt anzutun und zu oer- fuchen, andere zum Lügner zu stempeln. Denn es ist und bleibt Tatsache, daß Dr. steim bei Eisner sich nicht nur telephonisch anbot, sondern auch persönlich erschien, sterr Dr. steim darf sich ja nur bei Meyer-stellkofen erkundigen, dieser wird ihm dann das Gedächtnis. das ihn hinsichtlich der Revolutionsvorgänge merkwürdig oft verläßt, schon etwas auffrischen und ihn cm das im Bayerischen stof in München geführte Gespräch erinnern. Meyer-stellkofen war nämlich mit mir bei Ministerpräsident Eisner und hörte es mit an. wie Eisner mir erzählte, daß Dr. steint soeben persönlich bei ihm war, um das telephonisch gemach?« An- gebot mündlich zu wiederholen. Gelöftrafe oöer Freiheitsstrafe. Don zuständiger Stelle geht uns eine ausführliche Zuschrift zu, die nochmals den kürzlich veröffentlichten Gesetzentwurf über die Geldstrafen und die kurzen Freiheitsstrafen zu verteidigen sucht. Das Schreiben wendet sich gegen die von uns vertretene Auffassung, der Arbeiterschaft komme der Entwurf schon deshalb nicht zugute, weil sie die erhöhten Geldstrafen doch nicht zahlen könne. Es wird darauf hingewiesen, daß gegen eine Anpassung der Geld- strafen an den gesunkenen Geldwert nichts eingewendet werden könne und daß gerade von Rechtslehrern, die besonders die soziale Seite des Verbrechens betont hätten, wie von Liszt , der Ausbau der Geldstrafe gefordert worden sei. Auch wir begrüßen grundsätzlich jede Erleichterung der bestehenden Gesetze und betonten schon neulich, daß gerade d:? Möglichkeit, an Stelle der bisher ausschließlich geltenden G e f 2 n g- n i s st r a f e für D i e b st a h l die Ersetzung durch Geldstrafe sehr erfreulich ist. In dieser stinsicht stimmen wir also mit der Zuschritt der zuständigen Stelle völlig überein. Wovon uns diese jedoch nicht zu überzeugen vermag, ist die Tatsache, daß die Geldstrafe von den Angehörigen der nichtbesitzenden Klasse nicht wird entrichte: werden können. Wenn den Gerichten auch die Befugnis gegeben werden wird, Fristen und Teilzahlungen zu bewilligen und die Tilggungsmöglichteit durch fteie Arbeit geschaffen wird, so müßte doch stand in stand mit diesen Vorschriften eine Stoffe- lung der Geldstrafen vorgesehen werden, die für den Un- bemittelten die Ableistung der Strafe in Geld nicht zur Illusion macht. Wie wir erfahren, ist vorgesehen, daß von der Dollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe dann abgesehen werden kann, wenn den Verurteilte ohne sein Verschulden außerstande ist, die Geld- strafe zu zahlen oder durch frei« Arbeit zu tilgen, stto ist unseres Erachtens der Weg, der zu einer Verständigung füh- ren kann. Es muß das Prinzip jeder künftigen Gesetzgebung wer- den, die Strafe nicht nur nach der Schwere des Derbrechens, also nach den objektiven Gesichtspunkten, sondern ebenso nach der sozialen Lage des Verbrechers, also nach den subjektiven Gc» stchtspunkten, zu bemessen. Macht das Gesetz in der Bemessung von Geldstrafen zwischen arm und reich einen gründlichen Tren- nungsstrich, so werden hierdurch keine Klassenunterschied« geschaffen, sondern bestehende Unte-schiede werden beseitigt. Und dies in mög- lichst vollkommenem Umfange zu erreichen, sollte das Z i e l j e d e r t Gesetzgebung sein.
Der Golfstrom ist schuld. Ueber die Ursache der gegenwärtigen ungewöhnlichen stitze zerbrechen sich die Gelehrten andauernd den Kopf. Zu den vielen vermeintlichen Gründen, die man bereits aus- findig gemacht hat. gesellt sich jetzt ein neuer. Die diesjährig« er- höhte Temperatur des G o l f st r o m e s, der von Amerika kommend. an Norwegen vorbeigeht und sich im nördlichen Eismeer verliert. soll die Schuld tragen. Als Ursache für die anormale Wärm« des Golsstromes aber gibt«in schwedischer Forscher die Eisverhält- nisse an. Im vorigen Jahr hatte sich nämlich die Eiskante höher gegen Norden zurückgezogen, als dies seit Jahrzehnten der Fall gewesen ist. Von diesem starken Schmelzen haben sich die Eismassen des nördlichen Eismeeres auch im letzten Winter noch nicht wieder erholen können, so daß der Golsstrom eine ungewöhnliche Möglichkeit hatte. nordwärts vorzudringen. Darum tonnt« sich dessen Wärme in diesem Jahr schon seit dem Winter in außerordentlichem Grade im Atlantischen Ozean geltend machen. Eine Srzkllche kapuzinerpredigt. Die Professoren Gaupp (Tübingen ), Kraepelin (München ), Abderhalden(stalle a. d. S.) und Strümpell(Leipzig ) wenden sich in einem Aufruf gegen Alkohol und Tabak an die deutsche Aerzteschaft, der mit den Worten schließt:„Tretet dem Irrtum von der kraftspendenden Be- deutung des Alkohols, der Unentbehrlichkeit des Tabaks sowie dem trägen und frivolen Leichtsinn der breiten Massen unseres Volkes entgegen, damit uns Aerzten der- «inst der Vorwurf erspart bleibe, daß wir in den schwersten Jahren unseres Volkes unsere Pflicht'gröblich verletzt haben! Es ist gewiß sehr löblich, daß dies« vier Aerzte ihr« Pflichten gegenüber dem deutschen Volke ernst nehmen, aber sie brauchten des- halb nicht aleich so grob zu werden. Außerdem verbieten heut« die enormen Getränke- und Tabokoress« den„breiten Massen" den Alkohol- und Nikotinmißbrauch schon von selber. Di« sterren töten daher besser, sich mit ihrer medizinischen Bußpredigt an andere Kreise zu wenden. Die erste Inkernaklonale Tagung für Sexualreform findet vom 15.— 19. September in Berlin im Virchow-Langenbeck-stause und im Institut für Sexualwissenschaft statt. Aus dem Programm feien hervorgehoben die Vorträge über „Dtt Bedeutung der inneren Sekretion für die menschlickie Sexualität" und Referate ans eem Gebiet der Sexualpädagogik. Ferner werden behandelt werden die Themata: �.Geschlecht im Recht", „Die Liebe im Lickt der experimentellen Biologie",„Ehereform". „Entstehung des Stcrchmärchens".„Sexuelle Zeremonien der Naturvölker",„Prostitution und Sexualreform" und„Geburten- regelung". Die einleitenden Vorträge über„Sexualreform auf fextiolmissenfchaftlicher Grundtage" halten San.-Rat Dr. M. stirsch. feld'?"'tn und Pros. Mkli-Rvm. C-gltich« Auiju-nturrm in Trll cl Amarna. An d-r St»''? der berühmten Ausgrabungen der Deutschen Orientgesellschafl, in der Residenz des Königs Amenophis IV „ deren herrliche Fundstücke im Be�yuk* Neue» agujeum ou>g>p«llt sind, veranstaltet jetzt