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D«r Rai des kommunistischen   Miliiärfachverständigeik er- innert stark an das bekannte Rezept, Schwalben zu fangen, indem man ihnen Salz auf den Schwanz streut oder an die Methode des Freiherrn   v. Münchhaufen, sich an dem eigenen Zopfe aus dem Sumpf zu ziehem Einerseits braucht das Proletariat zur Eroberung der politischen Macht unbedingt die Rote Armee, andererseits aber kann die Rote Armee nicht geschaffen werden, solange das Proletariat nicht die politische Macht errungen hat. Das ist ein ganz hilfloses Sirbdrehen im Kreise. Die Kommunisten sollen sich nach der Theorie dieses Sach- verständigen während des Kampfes, d. h. wenn sie von der gut organisierten, versorgten und geführten gegnerischen Militärorganisation schon am Kragen gepackt sind, alles schaffen, was ihre Gegner schon haben: militärische For­mationen, Waffen, Munition, Nachschub, Verpflegung und dies letzte ist nicht das geringste militärische Führung. Daß dieses Experiment, so oft es versucht wird, immer wieder dasselbe Ergebnis haben muß, nämlich nutzlose Hinschlach- tung einiger Hundert oder Tausend Menschen und Verschie- bung der politischen Lage zugunsten der militaristischen Reaktion, das muß jeder einsehen, der nicht ein zolldickes mili- taristisch-kommunistisches Brett vor dem Kopf trägt. Der militärische Sieg der Kommunisten war nie möglich, er ist nach der vollständigen Zerrüttung, die diese Partei gerade durch den blödsinnigen Märzputsch erlitten hat, erst recht eine himmelblaue Phantasie. Aber gesetzt, der mili- tärische Sieg wäre möglich, wer glaubt, daß die Kommunisten imstande wären, ihn politisch auszunutzen? Kapp-Lüttwitz siegten durch Ueberrumpelung militärisch, aber sie konnten mit diesem Sieg nichts anfangen, weil sie politische Esel waren. Wenn man sich schon einen gigantisch vergrößerten Hölz als siegreichen Feldherrn vorstellt, wo sind denn die kommu- nistischen Staatsmänner, die seinen Sieg politisch aus- münzen? Brandler? Koenen? Hoellein? Ach, hört doch endlich einmal auf mit dieser Kindereil
Zwischenfälle und Genugtuungen. Es wiederholen sich immer erneut Zusammenstöße zwi- schen den Angehörigen der fremden Militärmissionen oder fremdländischer Truppen und Deutschen  . Es wird stets Rüpel geben, in allen Bevölkerungsschichten, bei jeder Nation, und man wird immer wieder erleben, daß der Alkohol auf natio- nale Gegensätze stark fördernd wirkt. In der Regel ist es aber so, daß sich die Beteiligten sehr wenig klar darüber sind, wie sehr sie in einem Ausmaße Schaden anrichten, der in gar keinem Verhältnis zu der Unwichtigkeit ihrer eigenen Person steht. Der jüngste Zwischenfall spielte sich in einem Schlaf- wagen, der von Berlin   nach Bremen   fuhr, ab. Nach dem Bericht eines Augenzeugen, den derBerliner Lokal-Anzeiger" mit vielem Eifer veröffentlicht, soll es sich darum gehandelt haben, daß im Schlafwagenabteil eines französischen   Kapitäns auch eine nicht dahingehörige Dame sich aufgehalten habe, daß der Schlafwagenschaffner mit einem Deutschen  , der dem Fran- zofen beistand, in Konflikt gekommen sei, daß der Franzose auf dem Korridor, wo es verboten ist, geraucht hat, daß dann der Schlafwagenschaffner, der Franzose und noch ein anderer deutscher Mitreisender abwechselnd die Tür zu dem in Frage kommenden Schlafwagenabteil auf- und zugerisien und sich noch weiter in ähnlicher Form durchauserwachsen" benom- men haben. Die deutsche Volksseele kochte dann im Schlaf- wagen über, der Franzose zog die Notbremse und der Schupo- mann, den man dann zurallgemein verlangten" Entfernung des französischen   Kapitäns benötigte, er soll jetzt derjenige sein, welcher einen deutsch  -französischen.Lonflkt herbeigeführt hat. Aus dem Zank verschiedener Leute, die den im Schlaf- wagen notwendigen Takt nicht aufzubringen vermochten, wird so eine Angelegenheit, die zwischen der deutschen   Regierung und der französischen   Militärmission zu verhandeln ist. Die , Zeitungen Deutschlands   und Frankreichs   füllen sich mit den
Theaterersatz an öer Ostsee. Aus Bansin   wird uns geschrieben: Dramaersatz auf einer f Ersahbühne mit Ersatzschauspielern I Haken kreuzbühne, bevölkert ,, von im Zivilberuf hakenkreuzdekorierten Jünglingen und Jung- srauen, die es lieben, sich auf der Swinemünder   Kurpromenade mit hakenkreuzfeindlichen Personen herumzupöbeln, und die aus dieser Tätigkeit offenbar ihre Fähigkeit zum öffentlichen Bühnenauftreten ableiten. Diese Jünglinge und Junfrauen» die sich zu diesem Zwecke in Germanenpapierarmierung und-gewander geschmissen haben. demonstrieren dem hakenkreuzfreundlichen PublikumG e r m a- nien» Not".' Auf dem langen Berge an einem moosbestandenen Abhang be- tätigen sie ihre völkische Gesinnung, indem sie in die Kiefernstämme des Waldes hinein die Phrasen leiern oder bellen oder je nach Temperament brüllen, die der HerrDichter" im Zivilleben ist er Major a. D. und Parteivorstand in die Formen eines Dramas gekleckert hat. Der Inhalt dieses Stückes läßt sich nicht erzählen, denn er ist nicht vorhanden. Ein Schlagwortragout in Versen von Ge­stalten mit übergermanischen Namen serviert das ist's, was hier geboten ward. Ein paar Tränenarien über dieZwietracht der deut- schen Stämme", Rachegebrüll gegen allesFremde" und die üb- lichen antisemitischen Scherze bilden die Würze. Daß eine der mit- wirkenden Damen sich bemühte, bei besonders ergreifenden Stellen ihre Gliedmaßen in die Form eines Hakenkreuzes zu biegen, fei zur Charakteristik des darstellerischen Stils hervorgehoben. Bansin  !" wird der Leser ausrufen,Was kümmert uns der Theaterersatz, den sich ein paar geschmacklose Dilettanten in ihrem Ferienstumpssinn zusammenbasteln!" Aber ich glaube doch, die Sache liegt ernster. Der Fall, von dem ich berichte, steht leider keineswegs vereinzelt da. Es mehren sich die Zeichen, daß solch eine Tendenzdramatik" zum Modesport wird, und nun stelle man sich die Wirkung vor, wenn die Gegenseite sich derselben Taktik be- mächtigt und mit ähnlichen Kunstmittcln in den Wettbewerb ein- tritt! Wer soll und wer kann das verhindern? Vom Publikum ist nicht allzu viel zu erwarten. Leute, für die die Kunst nicht nur ein mehr oder minder unbequemes Möbel im Rohmen ihrer ollgemei- neu Bildung ist, werden sich derartigen Unternehmen mißbilligend fernhalten. Und was übrig bleibt, wird, wenn es Hakenkreuz- l e r i s ch gesonnen ist, dem Hakenkreuzdrama zujubeln ohne ein­sehen des Inhalts und der Darstellung, und wenn es t r o tz k i- freundlich ist, wird es das Trotzki-Drama der Zukunft be- klatsche» ohne Rücksicht auf Geschmack oder Ungeschmack,,,
Vorgängen und Auswirkungen einer politischen Rinderet und zwei Völker werden wieder gegeneinander gehetzt. Erhebend ist das weder für die, die sich damit beschäftigen müsien, noch für diejenigen, auf deren Rücken der Streit ausgetragen wird.
Die Steuervorlagen öer Neichsregierung. Eine der Montags früh erscheinenden Berliner   Zeitungen bringt eine halbamtliche Mitteilung zu den Richtlinien des Kabinetts über die neuen Steuerpläne. Aus ihr geht her- vor, daß das, was derVorwärts" und andere Blätter der Regierungskoalition ausgesprochen haben, nur zu berechtigt war. Wir fanden im Steuerprogramm des Reichskabinetts nichts anderes als den Willen, auf dem alten üblichen Wege zu versuchen, mit der Reichsfinanznot ins Reine zu kommen. Die Ankündigung, daß das Reichskabinett weiter prüfe, ob der Besitz noch auf anderen Wegen als den der Be- steuerung zu den Lasten des Reiches heranzuziehen sei, er- weckte den Anschein, als ob in allernächster Zeit aus diesen Beratungen sich. noch positive Vorschläge herauskristallisieren würden. Wenn die von der obenerwähnten Quelle veröffent- lichte Nachricht zutrifft, dann stehen solche Beratungen des Reichskabinetts vorläufig nicht in Aussicht. Damit würde aber die Beratung der 15 neuen Steuergesetze nicht erleichtert, sondern außerordentlich erschwert werden. Wir er- warten deswegen, daß das Reichskabinett recht bald feine Er- wägungen über die anderweitige Erfassung des Besitzes zu einem gewissen Abschluß bringt. Das erscheint uns schon des- wegen besonders notwendig, weil sonst gar kein Gesamtüber- blick über den Ertrag der neuen Steuern möglich ist.
Gefährlicher Aufmarsch öer Republikaner  . Wie uns aus München   geschrieben wird, wurde eine vom Republikanischen Reichsbund Bayern aus Anlaß des zwei- jährigen Bestehens der Deutschen Reichsverfassung vom 11. August 1S19 auf Sonntag, den 21. August 1921, in der Arena des Münchener   Ausstellungsparkes festgesetzte Gedenkfeier vom Staatskommisiar für Mllnchen-Stadt und-Land genehmigt. Da- gegen wurde der An- und Abmarsch außerhalb des Bann­kreises des Landtages aus den Außenbezirken der Stadt v e r- boten. Der Staatskommissar begründete sein Verbot unter Berufung auf den in Bayern   immer noch herrschenden Aus» nahmezustand: Es handele sich um keine Kundgebung eines Kriegervereins<l) oder einer ähnlichen Korpora- tion, sondern um die Veranstaltung einer politischen Organi- sation. Der Reichsbund wandte sich gegen das Verbot durch eine Eingabe an den Verfassungsausschuß des Land» t a g e s, der jedoch in seiner Sitzung vom 6. August über die Ein- gäbe hinweg zur Tagesordnung überging, weil der Reichsbund bei seiner Beschwerde nicht den vorgeschriebenen Instanzenweg eingehalten Habel Der Reichsbund beschritt deshalb den ihm an- empfohlenen Beschwerdeweg in einem erneuten Gesuch an die Bayerische Staatsregierung  , in welchem er die Begründung des Ber- botes durch den Staatskommisiar zu widerlegen sucht. In der Eingabe wird darauf hingewiesen, daß nach Auffasiung der Beschwerdeführenden die bayerische Regierung alle Ursache hätte, diese Feier ehr zu fördern als zu verbieten, zumal die Reichsregierung die Initiative zu einer ähnlichen Feier am Z. August ergriffen habe. Don der republikanischen Bevölkerung seien keine Störungen zu erwarten, und deshalb müsie von der bayerischen   Regierung im Interesie des inneren Friedens die Auf- Hebung des Verbotes gefordert werden. Auch wir sind der Ansicht, daß die Aeußerung des Staatskom- missars, der An- und Abmarsch werde verboten, weil es sich nicht um einen Kriegerverein handle, ebenso lächerlich wie un» gerechtfertigt ist. Es ist Cache des Staatskommisiars, seiner Leiden- schaft für die schöne Einrichtung von Kriegervereinen in jeder be- liebigen Form Ausdruck zu verleihen. Dies darf jedoch nicht dazu führen, daß er in Angstzustände gerät und krampfhaft jeden Versuch republikanischer Derfassungsfreunde, die öffentlichen Straßen der Stadt zu anderen als Kriegervereinszwecken zu benutzen, in völlig verfassungswidriger Weife ablehnt. Es ist eine Sünde, daß phrasenbewanderte Agitatoren es wagen, ihre unberufenen Finger an die Kunstform des Dramas zu legen-r es ist eine Sünde an der deutschen   Kultur... Wir Deutsche   haben so viel verloren wehren wir uns dagegen, daß man uns unser letztes unsere Geistigkeit verseucht und schändet, daß man die Tiefen der Kunst mit dem blöden Gewäsch polittscher Streber ver- schüttet!... Jeder soll seine Meinung frei sagen können, aber er soll sie nicht in eine künstlerische Scheinstruktur hineinstammeln, um sie als Kunst in die Oeffentlichkeit hinauszuposaunenl Wehren wir uns gegen die Schändung der Kunst, künden wir Krieg allen, die ihre schmierigen Finger an die Reinheit der Kunst zu legen wagen! Karl Nicolaus.
Seine polizeillche Ileberwachuag des Sunsinnkerrichts. In letzter Zeit haben in Berlin   mehrfach Polizeibeamte bei Künstlern, die Unterricht erteilen, Nachforschungen angestellt. Der Polizei» Präsident hat auf eine deswegen ergangene Anfrage der Rechtsschutz- stelle des Wirtlchastlichen Künstlerverbandes über die Rechtmäßigkeit solcher Maßnahmen die Antwort erteilt, das Polizeipräsidium über- wache lediglich den Unterricht für Theater, Musik und Film. Ein« Ueberwachung des Unterrichts anderer künstlerischer Art, insbesondere also auf dem Gebiete der bildenden Kunst und des Kunst- gewerbes wird nicht ausgeübt. Schließung der Berliner   Kabaretts? In diesen Tagen ist in Berlin   der Wirtschaftsbund der Dariete- und Kabarett-Dircktoren ge- gründet worden, an dessen Spitze ein vorläufiger Arbeitsausschuß mit Direktor Herbert Kols(Schall und Rauch") steht. In der Gründungsoersammlung wurde unter starker Zustimmung der Plan erwogen, sämtliche Berliner   Kabaretts ab 1. Oktober zu schließen, falls sich keine Milderungen in der Belastung der Kabarettbetriebe erreichen lassen. Festspielwoche des Ostens. Aehnlich wie die Wartburg  , wie Weimar   und Bayreuth   als Stätten besonderer geschichtlicher und kul- tureller Bedeutung zu Feststätten geworden sind, trägt man sich mit dem Gedanken, die M a r i e n b u r g als das Sinnbild deutscher Kultur im Osten zum Mittelpunkt einerFestspielwoche des Ostens" zu machen. Man plant ein Festspiel, einen Festzug und ein Volksfest mit Wettkämpfen deutscher Art; an den Nochmittagen der Festwochen sollen Volkstänze, Chorgesänge und Instrumental- musiken veranstaltet werden. Einer der Unterhaltungsabende soll ein Sängerfest auf der Marienburg bringen. Der Burghof wird für die Aufführung des Festspiels als Freilichtbühne dienen. Die erste .Festsvielwoche des Ostens" ist für das nächste Jahr geplant. Wir wollen boffen, daß den Veranstaltungen kein n a t i o n a- listisch-chauvinistischer Charakter gegeben wird. In diesem Fall könnte durch sie mannigfaches Unheil angerichtet werden. Die Rokhaut als französischer Jugendlehrer.Der große Habicht". Häuptling der Seneka  -Indianer. ist in Europa   einge- troffen, um die französischen   Pfadfinder im Walde von Coittxicgne in ot« Geheimnisse der richtigen Waldläuserei einzuweihen,
Steuerftreit öes Lanöbunöes. Es wird von den deutschen   Rechtsparteien kaum noch geheim« gehalten, daß sie für den kommenden Herbst große polltische Ereig* nie vorbereiten. Welcher Art die politischen Gewitter sind, die nach dem Wunsch« derer von Ar und Halm über der deutschen Republik niedergehen sollen, zeigen Veröffentlichungen in derMagdeburger Volksstimme". Danach fordert der R e i ch s l a n d b u n d in seinem Rundschreiben seine Hauptgeschäftsstellen in den einzelnen Provinzen auf, alle Vorbereitungen für einen allgemeinen Lieferungss st r e i k zu treffen. Die Städte sollen ausgehungert werden, um die Regierung zu zwingen, von einer steuerlichen Belastung der Landwirtschaft abzusehen. Der Gedanke des Lieferungsstreiks geht vom Brandenburg  zischen Landbund aus, dessen Leitsätze vom Reichsland, bund zu allgemeiner Beachtung empfohlen werden. Das Haupt, gewicht wird danach auf radikale Unterbindung der M i l ch z u g fuhren für die Städte gelegt. Landwirte, die zu diesem Säug- lings- und Krankenmord nicht bereit sind, sollen dazu mit Gewalt gezwungen werden. Eine Kontrollkommission ausvier handfesten Männern" soll an jedem Orte für die Durchführung des Streiks sorgen. Sie sollen auch die Eisenbahnen und Straßen überwachen. Die Kreisgrenzen sollen durch Streikpostenketten gesperrt und jeder Lebensmittelverkehr unterbunden werden. Borratshäuser, Mühlen usw. sollen bewacht werden. Kleinere Städte, die sich dem Vorgehen des Landbundes an» schließen, sollen bevorzugt beliefert werden, auf gleiche Weise will man die Landarbeiter korrumpieren. Schaden wollen die Landwirte natürlich auch nicht haben. Verlust« sollen durch Preiserhöhungen nach dem Streik ausgeglichen wer- den. Welches Vertrauen der Landbund in unsere Gerichte setzt, kann man daran erkennen, daß er ohne weiteres annimmt, daß seine Streikproklamation bzw. ausgeübte Zwang als vertragaushebende höhere Gewalt angesehen wird. Die Folgen eines agrarischen Lieferstreiks sind unabsehbar. Der Landbund verläßt sich offenbar ganz auf die reichlichen Waffenvor- räte, die heute noch auf dem Lande vorhanden sind und auf seine guten Freunde in der höheren Bureaukratie, in der Reichswehr   und der Schutzpolizei  , die schon dafür sorgen werden, daß die Machtmittel des Staates nicht ausreichen, um einen solch brutalen Anschlag auf das Leben und die Gesundheit der städtischen Bevölkerung unwirk- sam zu machen. Die Landwirte sollen sich nicht täuschen, die Er- regung über die ungeheuerliche Verteuerung des Brotes und die noch wetter zu erwartende Steigerung der Preise aller übrigen Lebensmittel greift weit über in die Kreise des Bürger- und Be- amtentums. Wenn die Landwirte trotz der erheblichen Gewinns, die ihnen aus den neuen Preiserhöhungen zufließen, auch noch einen Lieferstteik inszenieren, um sich vor dem Steuerzahlen zu drücken, so dürften sie bald erstaunt sein über die zahlreichen Hilss- truppen, die der Arbeiterschaft aus den Reihen des städtischen Bür- gertums zustoßen werden.
Wilhelm als Gutschein. Wert: Eine Mark. Ein Freund unseres Blattes sendet uns einen der Gutscheine zu, die das Hotel und CafeKaiserhof" in Münster   in Westfalen  aus einem an sich nicht ersichtlichen Grunde abgibt, denn wir haben in Deutschland   Geldscheine im Bettage von 1 Mark zur Genüge. Aber die Firma Försterling u. Sohn scheint der Auffassung zu sein, daß sie die Gutscheine schon deswegen einführen müsse, um eifrige Propaganda für den vormaligen Kaiser machen zu können. Wenn man den auf der Vorderseite befindlichen braven Handwerker mit dem Hammer in der Hand von der Rückseite aus und gegen das Licht betrachtet, dann erscheint er plötzlich mit dem grün auf- gedrucktenEs ist erreicht"-Schnurrbart, die deutsche Kaiserkrone auf dem Haupt und stellt sich als Wilhelm aus Doorn   vor. Früher legten die Fürsten großen Wert darauf, ihr Haupt jedem Untertan in den Schoß legen zu können. Heute müssen sie damit zufrieden sein, daß sie heimlich aus Kognak-Gutscheinen aufgedruckt werden. Es sind doch ttaurige Zeiten.
Der Obdachlose. Für Karl Habsburg wird in Luxemburg  , Italien  , Spanien   und England um Wohnrecht gejochten.
Da Amerika   ohnehin auf dem Wege ist,.das alte Europa   als Trägerin der Menschheitskultur abzulösen, so erscheint es durchaus folgerichtig, daß sich Europa   beizeiten bemüht, amerikanische Lehr- meister zu gewinnen, die seine Jugend mit den Finessen ttansatlan- ttischer Kultur vertraut machen. Im Hinblick auf die in der euro» päischen Diplomatie und Bureaukratie noch immer grassierenden Zöpfe und Perücken dünnte auch ein Unterricht w indianischer Skalpjägerei segensreich wirken. llpkoa Sinclair: 100 Prozent. Roman eine, Pakrioken. Der Stoff: Ein Individuum schleicht durch die Sttahen Neuyorks, ge- rät durch Zufall zur Bekanntschaft der Polizei, wird Spitzel, da er existenzlos ist, und erklettert die Stufenleiter dieses Berufs bis zu ihren höchsten Höhen. Die Arbeiter verttauen ihm: er, der Rötesten einer, hält sich in ständiger Verbindung mit seinen Gönnern von der Polizei, erlebt ungeheuer viel, und hat alle Chancen, eines Tages Präsident zu werden. Ein Subjekt, das anfangs jenseits von Gut und Böse steht und erst allmählich die fast unbewußte Tat zur be- wußten gestaltet. Die Behandlung: Die meisten der Angabetz des Buches sind, nach der Bersicherung des Autors, nach dem Leben gezeichnet. Ein ungeheurer Sumpf tut sich quf, in dem Korruption und menschliche Gemeinheit brodeln. Und doch fehlt dem Buche eines: der erschütternde Aufschrei, die gewaltige Anklage, das hin- reißende Ethos. Erinnerungen werden wach an Nexö   und Gorki, die Aehnlicheo anders dargestellt haben. So bleibt es das flüssig- geschriebene, oft filmhast wirkende, ttotz ergreifender Einzelheiten niemals durchwühlende Werk eines tüchtigen Journalisten. Weniger fehlt ihm die Erschütterung des Gerzens als die Kraft, das Herz zu erschüttern. Für die nicht immer einwandfreie, oft elementare Regeln der Grammatik verletzende Uebersetzung zeichnet Herynia zur Mühlen verantwortlich. Das Buch, das im M a l i t- B e r l a g, Berlin  , erschienen ist(Preis 15 Mark, Halbpergament 30 Mark), ist mit Lithographen des bekannten Zeichners George Groß geschmückt. wp. Ausgleichende Gerechtigkeit. Eine Geschichte aus Kanada  . die in unseren Tagen des Lebensmittelwuchers und der Ueberoor- teilung zettgemäß ist, wird in amerikanischen   Blättern erzählt. Der Bäcker eines Dorfes in der Nähe von Quebec   nahm seine Butter stets von einem Bauern in der Umgegend. Eines Tages schien es ihm, daß die Butter nicht das vereinbarte Gewicht hatte: er wog sie also und stellte fest, daß der Bauer ihm hie und da weniger lieferte. Er machte dem andern darüber Borhattungen, und die Sache kam vor den Richter. Hast du eine Wage?" fragte der Kadi den Bauern.Ja, Herr Richter."Hast du Gewichte?Nein, ich habe keine."Aber wid kannst du denn dann deine Butter richtig wiegen?"Das ist gonz einfach," erwiderte der wackere Landmann.Seitdem der Bäcker die Butter von mir kauft, nehme ich von ihm das Brot, und dos Brot ist das Gewicht, nach dem ich die Butter wiege. Wenn das Gewicht nicht stimmt, so ist das die Schuld des Bäckers und nicht meine."
Spielplauändernug. Im Sroßen S chaufpielban» wird heute Florian Seher" statt»Die Weber" gegeben, vnjang 7 Uhu.