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Nr.376 38. Jahrgang Ausgabe B Nr. 186

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Der Borwärts" mit der Sonntags beilage Boll und Beit", ber Unter haltungsbellage Seimwelt und beg Bellage Gieblung und Kleingarten szicheint wochentäglich zweimal, Sonn tags und Montags einmal

Telegramm breffe: Sozialbemotrat Berlin  

Abend- Ausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

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Donnerstag, den 11. August 1921

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., GW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Berlag. Expedition und Inieraten.

Die Verfassungsfeier.

Abteilung Morinplay 11753-54

Das Opernhaus Unter den Linden, das früher so viele vom 11. August 1919. Erinnern wir uns der damaligen Prophe.[ möglichkeit erhält. Erst vor wenigen Monaten haben wir durch die höfische Veranstaltungen gesehen hat, vereinigte heute mittag zeiungen vom vollkommenen Zusammenbruch und der inneren- Unterzeichnung des Londoner Ultimatums Laften auf uns genommen, alles, was in der deutschen   Republit führende Stellungen des rungen, so sehen wir heute an der Befriedung und an der zwar lang. wie tein Bolt in der Geschichte jemals wir haben sie auf uns ge­öffentlichen Lebens bekleidet oder ihr sonst an hervorragender famen aber ficheren Wiederkehr der inneren Ruhe, was geschaffen ist. nommen, obwohl ernste Männer und weite Kreise unseres Volles Stelle dient. Eine Kompagnie der Reichswehr   erwies dem Wohin wäre Deutschland   gekommen, uns das nicht glaubten, anraten zu können. Wir haben in den Reichspräsidenten und dem Reichskanzler die Ehrenbezeugung. letzten Monaten den ernstesten willen zur Erfüllung be­wiesen und haben darum ein Recht, zu hoffen und zu verlangen, daß man uns nicht die Schaffensmöglichkeit nimmt, die die Voraus fetzung für so ungeheure Casten ist. Wer Ungeheures leisten will, muß den negierenden, unfruchtbaren Tagespeffimismus von sich weisen, und wir müssen trotz allem, was sich ereignet hat, mit Opfi­mismus ans Wert gehen. Das deutsche Volf will sein Recht und er­arbeitet sich sein Brot in täglicher Arbeit.

Das Orchester der Staatsoper war auf der Bühne unter- wenn nicht die Nationalversammlung   alle Straft eingesett hätte zur gebracht, und als der Vorhang hochging, erblickte man auf der Schaffung der Verfassung! Die Impulse nach Schaffung der Na­Rückwand den neuen Reichsadler, der auch vorne das Redner- tionalversammlung, in der fich der Wille des deutschen   Boltes nach pult schmückte. Das geschlossen und großzügig wirkende Bild feiner staatlichen Zukunft ausdrücken könnte und des wiedererwachen hob sich schwarz, mit roter Bewehrung von goldnem Grunde den Arbeiterwillens drängten zur Nationalversammlung als der ab. Der eigentliche Orchesterraum vor der Bühne war durch Verschmelzung des demokratischen und sozialen Gedankens. Die eine goldſchimmernde Fläche überdeckt, so daß die Verbindung große Mehrheit unseres Boltes hatte sich in dieser Forderung zu von Rednerpult und Zuhörerraum, die sonst in einem Theater fammengefunden und die Geschichte wird es einst als Großtat ver­schwer zu finden ist, glücklich gelöst war. Mit einfachsten merken, daß sich Arbeiterschaft und Bürgertum unter hintansehung Wehe denen, die diesem Volk, das guten Willens ist, Mitteln war ein repräsentativer Rahmen geschaffen, in dem Dieler widerstreitender Intereffen zum Wiederaufbau vereinigt haben. Steine reichen! ein der ernsten Stunde entsprechender Ton zum Ausdruck fam Großen Teilen unseres Volkes schwebten dabei und in dem etwas vom Gefühl nationaler Selbstachtung Form gewann.

Unter der befeuernden Leitung Leo Blechs erklang We­bers schwungvolle Freischüß"-Ouvertüre. Dann sentte sich der Zwischenvorhang vor das Orchester und an das Redner­pult trat

Reichskanzler Dr. Wirth

Er gedachte zunächst des Ernstes der Stunde, in der über das Schicksal Deutschlands   und vielleicht auch Eurepas in Paris   die Würfel geworfen werden. Darum teine leute Feier, fein äußerer Glanz, wohl aber eine Etunde ruhigen und ernsten Besinnens und Rückschauens auf den Weg, den unser Staat nach der großen Ka

tastrophe gegangen ist.

Wir sehen heute unter uns den Präsidenten des Deutschen Reiches als den ersten Repräsentanten der demokratischen Republit, die Minister, die Abgeordneten, die Vertreter der Länder, hervor ragende Führer unseres sozialen und schaffenden Lebens, Männer der Kunst, der Wissenschaft, Beamte und Angehörige der Wehr macht, der der Schutz der Verfassung und des Staates anvertraut ist. Unser Ideal wäre es gewesen, was die freiheitlichen Dichter, insbesondere Gottfried Keller  , ersehnt und besungen haben

an einem frohen Sommertag den Bund des ganzen Volkes zu besiegeln. Noch ist die Zeit dazu nicht gekommen, aber wir hoffen, daß der große demokratische Leitgedanke, der uns heute zu­sammengeführt hat, in nicht zu ferner Zeit Gemeingut des ganzen deutschen   Boltes werden wird. Dieser Gedanke verkennt gewiß nicht die ungeheuren trennenden Gegenfäße zwischen den Bolks. flaffen, zwischen Besitz und Arbeit, zwischen denen, die um die alte Zeit trauern, und denen, die stürmisch und leidenschaftlich allzu schnell nach vorwärts trachten. Soll aber nicht alles zertrümmert werden, so muß Berständigung und Bersöhnung angestrebt werden. Ziel und Sinn unseres politischen Lebens ist die Rettung des deut­ schen   Bolkes, die Sicherung seiner nationalen Einheit und die Bie­derbegründung seiner materiellen Wohlfahrt. Alles das ist nach un­serer Auffassung nur möglich durch die demokratische einheitliche Deutsche Republik. So findet

der deutsche nationale Gedanke feinen besten Ausdruck in der Weimarer Berfaffung

Kriegskorruption.

die nie verblichenen Jdeale von 1848,

Ein Bolt, das ben Weg von 1918 bis 1921 gegangen ist, das

( Bewegung.)

nationale Einheit und innere Freiheit vor, und sie wurden der Zeit nach einem solchen Zusammenbruch sich aufgerafft hat zur Arbeit, zur Selbstverantwortung und zur sittlichen Freiheit, das hat den An stern der Nationalversammlung  . Die großen Prinzipien unserer Berfaffung liegen in der Richie anderen Völker der Erde und an die eigene Zukunft! spruch auf ein gleichwertiges Daseinsrecht, einen Anspruch an tung der geschichtlichen Entwicklung: Ableitung der Regierungsgewalt vom Bolkswillen, Bestimmung der Staatsform durch den Willen des Bolles, Berföhnung der Klassen und Stände durch sozialen Geift der Gefeße und Aufrechterhaltung des Reiches in seiner geschichtlich ge­wordenen Länderstruktur. Diese Grundgebanten der Berfaffung haben ihre werbende Kraft bewiesen bei den Boltsabstimmungen in Schleswig- Holstein  , Westpreußen   und Oberschlesien  , und diese demokratischen Gedanken können durch keinen Beschluß wieder aus

der Welt geschafft worden.

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Das Recht zu der Hoffnung, einft in einem gesicherten Staats wefen diesen Tag als ein frohes Fest des gesamten Boltes feiern zu fönnen, erbliden wir in dem Willen unseres Volkes, der nieders gelegt ist in den denkwürdigen Eingangsworten unserer Verfassung. Früher der Bund der Fürsten   nach einem fiegreichen Kriege jetzt sein Reich in Freiheit und Gerechtigkeit zu erneuern und zu feftigen, ein Bolt, das einig in seinen Stämmen, von dem Willen befeelt, fich diese Verfassung gegeben hat. Diese Welt der Freiheit und Gea ( Bravo  !) Nur unter der Mitwirkung der organisierten Arrechtigkeit ist der ruhende Bol in der Erscheinungen Flucht in un beiterschaft, die in ihren Organisationstämpfen ein hohes ferer gärenden, sturmbewegten Zeit. Diesem Stern der Freiheit und Maß ftaatsbürgerlicher Disziplin bewiesen hat, fonnte der nationale Gerechtigkeit folgen wir, mag auch die Welt über uns und neben Volksstaat gegründet werden. Das furchtbare Erbe, das mit Atlas uns noch so sehr bekümmern. Wir werden den Gedanken der so. fchwere auf unseren Schultern laftet, fann nur getragen werden, zialen Freiheit, der sozialen Wohlfahrt und des Fortschrittes troz wenn der alte Obrigkeitsstaat erfest ist durch den Volksstaat. Nur alledem pflegen. Wir werden aufwärts gehen, wenn wir selbst durch die Zusammenfassung aller Kräfte, durch die Mitwirkung auch alle dem treu sind, was die Verfassung in ihren Eingangsworten der breitesten Maffen des Boltes wird es möglich sein, das unendlich in ernster Stunde niedergelegt hat. schwere Los, das uns geblieben ist, zu tragen und nach Jahren der Arbeit und auch des Opfers schließlich zu meistern.

Darum mußte die Verfassung von Weimar demokratisch fein: es war ein Gebot der Logit, aber auch ein Gebot unseres Zieles, das Rettungswerk in zäher Arbeit schließlich zu vollenden. Ueber alle Sorgen, die der Ausbau der Berfaffung uns bereiten fann, geht

Die Sorge um das Schicksal Oberschlesiens  .

Wir sind uns tlar darüber, daß mit Oberschlesien   auch über das Schicksal Deutschlands   und damit auch Europas   eine bedeutsame Ent­fcheidung. fällt. Caffen Sie mich noch einmal in diesem Augenblic der Hoffnung Ausdruck geben, daß die in Paris   versammelten Männer fich der Schwere ihrer Berantwortung gegenüber Europa  und gegenüber der ganzen Menschheit bewußt sind und zu einer ge­rechten Entscheidung kommen, die dem deutschen Bolte die Lebens­

Laut und herzlich war der Beifall, der dieser Rede folgte. Der Reichskanzler hatte auch nicht unterlassen, mit einigen Worten der Versuche zu gedenken, die von Minder­heiten links und rechts unternommen worden sind, den Willen des deutschen   Boltes zu vergewaltigen.

Um von den Privathäusern gar nicht zu reden-, auch eine ganze Anzahl Amtsgebäude hatten nicht ge= flaggt. Wir sind uns klar darüber, daß es sich in diesen Fällen weder um Bergeßlichkeit noch um Fahnenmangel han delt, und die Regierung fann uns leid tun, die die Schuldi­gen an dieser stillen Demonstration gegen die Republik   nicht zur Berantwortung zöge! Zweifellos werden gewisse Entente blätter aus dieser Erscheinung Schlüsse auf die Festigkeit der Republik   ziehen; wenn sie die Ursache wissen wollen, brauchen sie sich nur an Bersailles zu erinnern!

Internationale Pazifistenkonferenz.

welchen Umfang diese Ausfuhr erreicht habe, habe auch niemals mit gefälschten Dokumenten gearbeitet. Das Berliner Tageblatt" brachte in der heutigen Morgenaus- Bon anderer Seite wird uns zu diesem Thema bas Folgende Die Internationale Friedenstonferenz wurde heute Paris  , 10. Auguft.( WIB.) Havas berichtet aus Luxemburg  : gabe unter allem Borbehalt Mitteilungen seines Biener Korrespon geschrieben: denten, die näheres über sensationelle Enthüllungen aus der Sphäre pormittag eröffnet. Lafontaine( Belgischer sozialistischer Ee. Dieser Herr Luftig( wie's trefft, nennt er sich auch von Luftig. nator. Red.) wurde zum Borsigenden gewählt. Die Teil der Kriegsforruption enthalten. Diese Enthüllungen sollen in einer manchesma. auch Großlaufmann usw.) hätte vielleicht beffer getan, Denkschrift enthalten sein, welche der frühere österreichische Rittmeister seine Menoiren" in seinem Palais, Tiergartenstr. 18a, verfchloffen nehmer an dem Kongreß wurden offiziell im Rathause empfangen, n. Luftig im Berlaufe eines Rorruptionsprozesses dem Wiener Divi au behalten. Man fann Herrn Luftig als den ungekrönten Rönig mo ber Bürgermeister fie willkommen hieß und die besten Wünsche fionsgericht überreicht habe. Lustig war seinerzeit Bertreter des der Tschechoslowakei   bezeichnen, dessen Polypenarme bis tief in die für den Erfolg ihrer Arbeiten ausdrückte. Den deutschen   Dele österreichisch- ungarischen Kriegsministeriums beim preußisch en parlamentari chen Kreise dieses Landes reichen. Beim Zusammen gierten riet er, vor allem den Frieden in ihrem Lande zu organisie Kriegsministerium. Lustig führe in der erwähnten Dent- bruch des De Hichen Reiches in den schredlichen Novembertagen 1918 ren und daran zu arbeiten, daß das demokratische Regime schrift an, daß er während des Krieges im Einverständnis und im war er der ein, der mit der bayerischen Heeresverwaltung dort Wurzel fasse. Wenn die deutsche Demokratie eine lebendige Auftrage seiner vorgesetzten Behörde in vielen Fällen hohe Beamte Geschäfte abmat te zwecks Lieferung von allerlei Heeresgerät an die Tatsache werde, so werde das Wert der Bergeltung beendet sein und Tschechoslowakei  . Daß die letztere geschäftlich hierbei sehr und Offiziere des preußischen Kriegsministeriums mit großen nachteilig abschloß fei nur nebenber bemerkt. Geitbem warf er sich der Friede werde auf der ganzen Welt herrschen. Lafontaine brachte Summen bestochen habe. Auf diese Weise sei es ihm gelungen, im großen auf ai e möglichen und unmöglichen Gründungen unter in seiner Antwort den Dank der Versammelten zum Ausdruck und Waren und Kriegsmaterial im Werte von mehr als Milliarden den Fittichen der t hechoslowakischen Republit. So entstand hier am unterstrich die Worte, die über die deutsche Mitarbeit gesagt worden Kronen vielfach mit Hilfe gefälschter Dokumente nach Desterreich zu Potsdamer Platz   die Handelsvereinigung der tschechoslowakischen Ban- waren. schaffen.

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Nürnberg   opfert für Rußland.

fen, welche sich furze Zeit darauf häutete, sie wurde der Tschecho­Herr v. Luftig fendet uns in dieser Sache die Abschrift einer flowakische Bankver in. Nebenher gründete er auch die Tschecho­,, Aufklärung", die er nach seinen Angaben an das, B. I." geschickt flowafische Handelsgesellschaft in der Voßstraße und ist ungenannter hat. In ihr wird betont, daß er niemals Beamte oder Offiziere Partner bei zahlreich' n in- und ausländischen Unternehmungen mit­des preußischen Kriegsministeriums zu irgendeinem Zwecke beftochen unberechtigt im Namen der Tschechoslowakischen Republit Fühlung der Stadtrat mit den Stimmen der sozialistischen Mehr. unter nicht ganz heller Art. Er bemüht sich trampfhaft wenn auch Nürnberg  , 11. Auguft.( TU.) In seiner gestrigen Sitzung faßte habe. Er habe auch niemals von irgendwelchen amtlichen öfterreich zu nehmen mit Stinnes, und tatsächlich sind seine Unterhändler mit heit den Beschluß, zur Hilfsaktion für das ruffische Bolt einen Be schen oder ungarischen Behörden einen Auftrag hierzu oder Geld- Stinnes wiederholt in Verhandlungen getreten. Die Verhandlungen heit den Beschluß, zur Hilfsaktion für das russische Bolt einen Be mittel für diesen 3wed erhalten. Seine Aufgabe als Vertreter des bezogen sich auch erheblichenteils auf Erwerb sogar von linksstehenden trag von 50 000 Mart aus Stadtmitteln beizusteuern. 1. u. f. Kriegsministeriums fei es nur gewesen, behufs Deckung der Blättern in der Tschedoslowakei." Heeresbedürfnisse die Ausfuhr von Waren und Kriegsmaterial aus Wir veröffentlichen auch diese mitteilungen unter allem Bor Deutschland   nach Desterreich- Ungarn   zu erwirten. Er misse nicht, behalt. Die Sache scheint bringend gründlicher Rlärung zu bebürfen.

Reval  , 10. Auguft.( EE  .) Der große Sänger Schaljapin  wendet sich in einem Aufruf an die Künstler der ganzen Welt um Hilfe für die russischen Hungergebiete.