des kapitalistischen Privateigentums an Produktion?- Mitteln die Rede— das Eigentupr der auf eigener Scholle hart frondenden Kleinbauern aber als„kapitalistisches" Privateigentum zu bezeichnen, würde denn doch ein wenig zu gewagt sein! „Wir sollten alles darauf anlegen, die Landarbeiterschaft restlos unserer Partei zuzuführen; damit ganz allein kann schon die Mehrheit der Landeoölkerung für sozialistische Zwecke und Ziele dienstbar gemachten werden." Auch diese Auffassung des Genossen Albrecht geht von irrigen Voraussetzungen aus. Es ist nicht richtig, daß die Mehrheit der Landeoölkerung zur Landarbeiterschaft zu rechnen ist. Die sorgfältigen Bevölke- rungsstatistiken der letzten Jahre beweisen geradezu das Gegen- teil. In großen Teilen Deutschlands , vor allein im Süden und im Westen, ist die Zahl jener Landarbeiter, die„nicht an dem Privateigentum in der Landwirtschaft interessiert sind", so oerschwindend gering, daß mit einer sozialistischen Er- kenntnis dieser Schichten für die allgemeine sozialistische Be- wegung auf dem Äande so gut wie nichts gewonnen wäre. Scharf muß auch der Auffassung widersprochen werden, daß eine Vergesellschaftung des Gnind und Bodens im I n t e r- esse pnserer Er'nährungswirtschaft ljige. Auch hier beweisen einwandfreie statistische Feststellungen der letzten Jahre das genaue Gegenteil. Aus eigener Beobachtung habe ich feststellen können, daß der Kleinbetrieb in der Landwirt- schaft infolge einer Reihe Umstände bedeutend ergiebiger wirt- schaften kann als der Großgrundbetrieb— eine Feststellung übrigens, die auch von amtlicher Seite in den letzten Iahren wiederholt bestätigt und statistisch einwandfrei belegt wurde. Was wir Sozialdemokraten zur Gewinnung der klein- bäuerlichen Schichten brauchen, ist neben einem klugen, den realen Wirklichkeiten Rechnung tragenden, jede Jllusionspolitik verurteilenden Agrar- Programm eine neue, auf die wirklichen Verhältnisse in der Landwirtschaft eingestellte Agitationstaktik und Agitations- praktik. Daran fehlt es: an der geistigen Umstellung der großen Masse unserer Parteisekretäre, Parteiredakteure und Ägitationsbeamten. Sie haben ein Menschenalter lang die Rekruten für den Sozialismus aus dem großen Reservoir den Industrie gewonnen und dabei leider versäumt, sich jener pro- letarischen Schichten anzunehmen, die ihrer politischen und öko- nomischen Lage nach ohne weiteres zum Proletariat zählen. Wenn neben dem zu schaffenden Agrarprogramm die Agitato- ren unserer Partei die notwendige geistige Elastizität besitzen, die zu einer derartigen Umstellung erforderlich ist, dann werden wir unzweifelhaft damit die Voraussetzungen schaffen, dv zu einer wirksamen, realpolitischen sozialistischen Bauern- Politik erforderlich sind._ Zeitungsverbot und Reicbsverfafsung. Das Organ der bayerischen Unabhängigen, die„Münchs- ner Morgenpost", ist auf eine unbestimmte Zeit verboten worden. Die Münchener Unabhängigen haben, weil der baye- rifche Landtag gegenwärtig nicht versammelt ist, an den Reichspräsidenten ein Telegramm mit der Mitteilung gerichtet, daß Polizeipräsident Poehner im Wider- s p r u ch zu Artikel 118 der Reichsverfassung das Ver- bot ausgesprochen habe. Es werde, so heißt es in der Mit- teilung an den Reichspräsidenten , der Vorwurf landesverräte- rischer Schreibweise erhoben; die Münchener Unabhängigen stellen daher die bis jetzt erschienenen 48 Nummern zur Prü- fung durch unparteiische Reichsbeamte zur Verfügung und er- warten die Sicherung der verfassungsmäßigen Rechte. Auch uns will scheinen, daß die Münchener Polizeidirek- tion nicht die geeignete Behörde ist, den Artikel 118 der Reichs- Verfassung richtig auszulegen. Dieser Artikel, der einer der wichtigsten des zweiten Hauptteils der Verfassung ist und unter den„Grundrechten und Grundpflichten der Deutschen " an führender Stelle steht, gibt jedem Deutschen das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze seine Mei- nung durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern; er betont ausdrücklich, daß eine Zensur nicht stattfinde. Wenn man die bayerischen Organe der bürgerlichen
Süöamerita in Serlin. Unser Völkerkunde-Museum beginnt jetzt die Forde- rung, seinen reichen Besitz in eine�5 ch a u- und eine Studien- s a m m l u n g zu gliedern, in seinem alten Hause(Königgrätzer Ecke Prinz-Albrecht-Stroße) durchzuführen. Die Aussicht, nach dem Kunstgewerbemuseum und nach Dahlem hin Ausdehnungsmöglichteit in absehbarer Zeit zu erhalten, gab den Anlaß zur Probeaufstellung einer Schaustellung in.der südamerikanischen Abteilung. Diese bisher in einem der großen Säle des 1. Stockes durch- geführte Aufstellung ist vorzüglich gelungen. Die Schausammlung, deren ganze Vorzüge gerade der recht ermißt, der aus den über- füllten, noch kunterbunt angeordneten übrigen Sälen dort hinauf- kommt, empfängt den Besucher höchst eindrucksvoll mit einer großen Vitrine von Mumien der Inka -Zeit, die an Ausdruckskraft, in Hal- tung und Bekleidung ihre ägyptischen Gegenstücke weit zu überbieten scheinen. Der große Saal gliedert die Schausammlung einmal nach örtlichen, das andere Mal nach vergleichendsachlichen Gesichtspunkten. Die letztere Abteilung, an der Fensterseite, von der materiellen über die soziale zur g e i st i g e n Kultur fortschreitend, stellt— und das gibt einen ganz besonderen Reiz— den großartigen Berliner Besitz an südamerikanischen Werken für die Naturvölker und für die sogenannten Halbkulturoölker nebenein- ander. Von den Flechtarbeiten, deren Technik für die Oma- mentik in ihrer geometrischen Gestali bestimmend geworden Ist, kommt man da zu den Transportmitteln(geflochtenen Tragkörben und Booten) zu den Verständigungsmitteln. Eine Schrift oder auch nur eine Bilderschrift hatte das höchstentwickelte südamerikanische Kulturvolk zur Zeit vor Kolumbus nicht, dafür findet man hier die K n o t e n f ch n ü r e, die als Hilfsmittel für das Gedächtnis und zur Ileberlieferung statistischen Materials wie der Steuerregister, der Ergebnisse von Volks- und Viehzählungen usw. besonders ausgebildet wurden. Der Schmuck, besonders der farbig köstliche aus Vogelfedern, kommt hier auf dunklem Grunde zum erstenmal zu voller Wirkung. Kinderspiele, wie das Ballspiel der Parnssi-Kabisi, ihr Hockey, dann die Glücksspiele, hie nur bei den Völkern höherer Kultur bekannt sind, bieten ein amüsantes Bild. Kampf und Krieg kommen an besonders schön ge- schmückten Gegenständen aller Stämme zur Darstellung, z. B. an den peruanischen Vasen mit ihren Kampfbildern. Am eindrücklichsten wirkt die eigentliche Kunst: die O r n a- mentik ist da auf der einen Seite vorgeführt, wie sie von der Flechtarbeit auf die Keramik übertragen wird und dann ins Figür- lich-Naturalistifche übergeht. Auf der anderen Seite steht in impo- sanier, dabei sehr gewählter Anordnung die eigentüche Bild- k u n st: vor allem die Plastik in Ton, Holz und Stein, die Edelmetall-
Presie, von den scheindemokratischen„Münchener Neuesten Nachrichten" an, liest, so bekommt man recht häufig den Ein- druck einer recht anfechtbaren Schreibweise, ohne daß bisher der Münchener Polizeigewaltige Poehner ein Vorgehen für notwendig befand. Es ist ferner eine bekannte Tatsache, daß K a h r in provozierender Weise mit dem berüchtigten„Mies- bacher Anzeiger", der kürzlich unter der Anklage der Auf- forderung zum Morde stand, durch die Räume des Landtages geht. Die beste Verfassung ist zwecklos, wenn sie nicht in völliger Unabhängigkeit nach allen Seiten hin gerecht angewandt wird. Hoffentlich legt man diesen Maßstab auch bei der„Münchener Morgenpost" an, die ihrer- seits selbst ein Ersatzorgan für den vor einiger Zeit verbotenen unabhängigen„Kampf" ist.
Die erste �rbeiterkammer. In Ausführung der neuen Bremischen Verfassung vom 18. Mai 1920 hat die Bürgerschaft nunmehr unter dem 17. Juli d. I. das Arbeiterkammergesetz erlassen, das als erstes seiner Art im Hinblick auf den künftigen Ausbau der Bezirkswirt. fchaftsräte von größtem Jnteresie ist. In der Verfasiung ist eine Vertretung der Arbeitnehmer in zwei getrennten Kammern, nämlich in einer Angestelltenkammer und einer Arbeiter. kämm er, vorgesehen: die viel umstrittene Frage, wie die Ver- braucherorganisationen in diesen Aufbau eingefügt wer- den sollen, hat die Verfassung leider nicht entschieden. Die Arbeiter- und Angestelllenkammer kann nur auf Grund ihrer Zusammen- setzung und ihres Aufgabenkreises nicht als Ersatz hierfür ange- sprachen werden. Außer der Arbeiter- und Angestelltenkammer sieht die Bremische Verfassung neben der Handelskammer eine Keinhandelskammer vor. Eine Zusammenfassung dieser Wirtschaftsvertretungen in einen Bremischen Wi r t s ch a f t s r a t ist bedauerlicherweise nicht erfolgt. Als Aufgabe der Arbeiterkammer selber ist die Förderung der wirtschaftlichen und kulturellen Jnteresien der bremischen A r- beitersch aft bezeichnet unter ausdrücklicher A u s s ch a l t u n g der politischen Angelegenheiten. Ebenso ist ihr zweckmäßiger- weise die Zuständigkeit für solche Fragen, deren Behandlung gesetz- lich den Schlichtungsausschüssen und den Betriebs- r ä t e n übertragen ist, entzogen. Di« aus 30 Mitgliedern bestehende Kammer wird von den bremischen Arbeitern in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und ge- heimer Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl ge- wählt. Maßgebend für die Wahlberechtigung ist die Arbeits- stelle, nicht der Wohnort. Das Wahtalter ist auf 18 Jahre, die Wählbarkeit auf 24 Jahre festgelegt. Als Arbeiter gelten auch die Gemeinde-, Staats- und Reichsarbeiter und die Hausgewerbetreiben- den, die selber kein« Arbeiter beschäftigen. Vertreter bremischer Ar- beiterberufsvereinigungen und ihrer Verbände sind mit der Ein- schränkung wählbar, daß 20 Mitglieder der Kammer Arbeiter sein müssen. Die Geschäfte der Kammer, die Rechtsfähigkeit besitzt. vzerden von einem Vorsitzenden, dem ein Stellvertreter und ein Rech- nungsführer beigeordnet sind, mit Hilfe eines beamteten Syndikus geführt. Der Syndikus wie auch die Beamten der Kammer sind in ihrer Besoldung und in ihrer Ruhegehalts- und Hinterbliebenen- Versorgung den Bremer Beamten gleichgestellt. Alle Angelegenheiten, die eine Berufsgruppe ausschließlich oder vorwiegend berühren, sind zunächst dem Fachausschuß zur Be- gutachtung und alsdann der Vollversammlung der Kammer zur Be- schlußfassung vorzulegen, Sowohl in den Fachausjchüsien wie auch in der Vollversammlung steht der überstimmten Minderheit das Recht auf Erstattung eines Sondergutachtens zu. Den Mitgliedern der Kammer wie auch den etwa weiterhin be- rufenen Mitgliedern der Fachausschüsse wird der ihnen entstehende Erwerbsausfall nach den für die Mitglieder der Bürgerschaft geltenden Vorschriften ersetzt. Die K o st e n der Kammer werden in einem Pauschalbetrage in den Staatshaushalt eingestellt. Insoweit dieser Betrag nicht ausreicht, darf die Kammer die bremi- schen Arbeiterberufsvereinigungen gleichmäßig nach dem Verhältnis der Anzahl ihrer Mitglieder zur Zahlung von Beiträgen heran- ziehen. arbeiten der Jntas, ihre figürlichen Töpfereien— alles Dinge, deren Bedeutsamkeit sich hier stark und bleibend einprägt. Die Darstellung der Musik— wieder von den Naturvölkern zu den Inkas auf- steigend, wo ein herrliches Gewebe mst dem Bilde einer Kapelle im Mittelpunkt steht— dann die Körperbehandlung und der T a n z, sein Schmuck und vor allem seine Masken bilden die Schlußgruppen. Bei der regionalen Abteilung, in der man vorläufig vor allem die Gebiete von Guayana , vom Rio Negro , aus Bolivien und Peru , dann die Parassi geordnet findet, prägen sich die Stammesunter- schiede in lehrreichen Gegenüberstellungen schon dadurch ein, daß wichtige Dinge bei jedem Stamm immer an derselben Stelle des Schrankes angeordnet sind und daß die Gegenstände sich ihrem Zweck entsprechend gruppieren. Alles in allem eine Neuordnung, von der man wünschen kann, daß sie so weiter durchgeführt werden möchte. Falls das heute einsetzende Regenwetter auch morgen andauern und Ausflüge in die Umgebung unmöglich machen sollte, werden die Berliner ihren Sonntagvormittag nicht besser oerwerten können als durch eine kleine Reife nach Südamerika — Ecke König- grätzer und Prinz-Albrecht- Straße.
Der Flug durch den Kometenschweif. Nach den Beobachtungen der Sternwarte auf dem Königsstuhl bei Heidelberg ist. wie wir mit- teilten, in der Nacht vom 8. zum 9. August die Erde durch den Schweif eines Kometen gegangen. Ein ganz neuer Weltenbummler ist es, den die Erde auf seiner Bahn gekreuzt hat, und von deffen Erscheinen die Welt überhaupt erst 24 Stunden zuvor Kenntnis erhielt. Man wird sich erinnern, daß vor 11 Iahren ein wahrer Humbug mit dem Kometcndurchgang getrieben worden ist. Vielleicht wäre es diesmal nicht anders gewesen, wenn die Menschheit von dem bevor- stehenden Ereignis eine Ahnung gehabt hätte. Aber da die Begeg- nung der beiden Himmelskörper sozusagen unter Ausschluß der Oeffentlichkeit erfolgt ist, so hat es weder einen„W e l t u n t e r- g a n g" noch andere grausige Dinge gegeben, und man darf vielleicht hoffen, daß die Menschen des 20. Jahrhunderts nunmehr für eine Weile von ihrer Kometenfurcht geheilt sind. Gibt es doch im Weltall überhaupt keine feinere Materie, als es die Ko- metenschweife sind. Ihre Maske ist so locker, daß sie das Licht der schwächsten Sterne ungehindert hindurchscheinen läßt, und es scheint nur so viel festzustehen, daß die unvorstellbare dünne Schweifmaterie durch den von der Sonne ausgehenden Lichtdruck aus dem Kometenkern hinausgeschleudert wird, woher es auch- kommt, daß der Schweif stets von der Sonne abgewandt ist. Jeden- falls ist unser Wisien von den Kometenschweifen noch höchst probte-! matisch, und jede neue Hypothese stellt uns vor neue Fragezeichen.] Ob die gegenwärtige Naturerscheinung unsere Erkenntnis vom Wesen der Kometen und ihrer Materie, namentlich der des Schweifes, erweitern oder aber uns neue Rätsel aufgeben wird, müsse« wir| abwarten.
Der vorstehend kurz skizzierte Inhalt des Gesetzes stellt eine recht glückliche vorläufige Lösung dar, Sache der Peteiligten wird es sein, dieser Form nunmehr auch den Inhalt zu geben. Man wird der Tätigkeit dieser ersten Arbeiterkammer allerseits mit be- sonderem Interesse entgegensehen. Ihre Arbeit wird wertvolles Material für die künftige Gestaltung der Bezirkswirtschaftsräte und ihres Unterbaues liefern. Dr. Gädke.
Die Not üer verflcherungsangeftellten. Aus Kreisen der Versicherungsangestellten wird uns geschrieben: In der zweiten Hälfte dieses Monates sollen die Verhandlungen über die Neuregelung der Gehaltsbezüge der Versicherungsangestell- ten beginnen, da der vollkommen unzulängliche Reichstarifvertrag von den vier beteiligten Angestelltengewerkschaften in seinen geld- lichen Bestimmungen zum 1. 9. 21 gekündigt worden ist. Der über- wiegend größte Teil der Versicherungsangestellten erhall eine Ent- lohnung, die nur einem Bruchteile des Einkommens eines anderen Arbeiters gleichkommt. Der z. Zt. gültige Reichstarifv er- trag enthält unhaltbare Entlohnungsbestimmungen. Es erhält danach z. B. ein 30 jähriger Versicherungsangestelller im Vollgenusse sämtlicher Dienstalterszulagen in der Gehaltsklasie 1 eine Monats- besoldung on rund 1216,80 Mk.; in der Gehaltsklasie 2 1079,00 Mk.; in der Gehaltsklasie 3 983,50 Mk.; in der Gehaltsklasie 4 912,50 Mk. Hiervon gehen zunächst die Abzüge für Steuern und für die Sozial- Versicherungen ab, so daß der Beamte bar ausgezahlt erhält rund 775, 850, 925, 1050 Mk., wenn nicht außerdem noch Ortsklassen- a b schlüge von 5 bis 20 Proz. zu berücksichtigen sind! An eine Sicher- stellung des Alters bzw. der Angehörigen oder aber an die An-� schaffung oder Ergänzung von Wäsche und Kleidung darf der Ver- sicherungsangestellte schon seit Jahr und Tag nicht mehr denken, von der Befriedigung geistiger Bedürfnisse ganz zu schweigen. Die Angestellten sind jetzt am Ende ihrer Kraft! So darf es nicht weitergehen, wenn nicht etn ganzer Berufsstand ins Elend getrieben werden soll! Die Arbeitgeber müssen sich darüber klar werden, daß sie mit ihrer verfehlten Tarispolitik ein ge- rütteltes Maß Schuld daran tragen, wenn schon jetzt die besten Kräfte der Versicherungsbeamtenschaft in andere Handels- und In- dustriezweige hinüberwechseln. Die Arbeitgeber sollten weiter die Zeichen richtig werten, die in der bedauerlichen Tatsache hervor- treten, daß in letzter Zeit die Fälle sich mehren, daß Versicherungs- angestellte vom rechten Wege abwichen. In manchem der zu verzeichnenden Fülle mag die Verzweiflung ülier die hoff- nungslose Lage diesen Unglücklichen den letzten Hall genommen haben! Zur besieren Bewertung der oben angeführten Zahlen sei noch darauf hingewiesen, daß nur ungefähr 8 o. H. aller deutschen Der- sicherungsangestellten(deren Zahl sich auf rund 100 000 belaufen mag), der Gehaltsklasie 1 angehören und ungefähr 25 v. H. den Ge- haltsklasien 1 und 2 nebst Zwischenstufen. Die Versicherungsgesell- schaften, die einen erheblichen Teil des deutschen V o l k s v e r- mögens verwalten, und die gerade darum dem Volksganzen gegenüber zur Erfüllung edler Aufgaben berufen erscheinen, lassen ihre Pflichten völlig außer acht. Wie sollen die durch den Krieg dem Volkskörper geschlagenen Wunden geheilt werden, wenn in allen Gewerben die Arbeitgeber als eins ihrer vornehmsten Ziele den Kampf gegen die Bestrebungen ihrer eigenen Angestellten um die Hebung ihrer wirtschaftlichen Lage betrachten, wie dies im Ver- sicherungsgewerbe der Fall ist. Daß verheiratete Beamte zu den obigen Familienzulagen von monatlich 166,65 M. und für jedes Kind eine Zulage von 62,50 M.(wovon noch 10 v. H. Steuern abgehen!) erhalten, dient wirklich nicht dazu, die so dringend im Interesse des Volksganzen liegende Gründung von Fa- mitten zu fördern. Auch in dieser Hinsicht muß von den Arbeit- gebern im Versicherungsgewerbe verlangt werden, daß sie ihre Auf- gäbe ernstlich zu erfüllen streben. Ihrem Gewerbe und vor allen Dingen dem deutschen Volke dienen sie damit mehr, als durch wochen- langes Feilschen um ein Viertelstündchen Verlängerung der täglichen Arbeitszeit, Verkürzung der Mittagspause, des Urlaubs und der- gleichen mehr! Die in den letzten Wochen schon bekannt gewordenen Jahresabschlüsse der Versicherungsgesellschaften beweisen, daß die Mittel bei den einzelnen Gesellschaften dazu vorhanden sind, ihren Angestellten eine dem Gewerbe würdige Lebenshaltung zu«rmög- lichen!
Gefährdung des Frankfurter Doms. Einer der größten und schönsten Dome des deutschen Ostens, die Marienkirche in Frankfurt a. d. Oder, ist so baufällig, daß einigen Teilen in ab- sehrbarer Zeit der Einsturz droht, wenn nicht bald helfend oorge- beugt wird. Mit dem Bau der Kirche wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts begonnen, 1325 fand die Einweihung statt. Der Frankfurter Dom übertrifft an Breite den Wiener Stephansdom , den Dom zu Speyer und den Dom zu Köln . Das Chordach ist 38,5 Meter hoch, also höher als die hohen Chore des Domes von Florenz . Den erhabensten Eindruck gewährt die Marienkirche dem durch die Turmtür Eintretenden. Am Aufgang zum hohen Chor strahlt der berühmte siebenarmige vergoldete Leuch- t e r. Derartige kolossale Leuchter fanden sich nur in den ältesten christlichen Kirchen, so in den Domen zu Speyer , Magdeburg , Augs- bürg, Prag usw. Der Leuchter ist 4,7 Meter hoch, sein Schaft 0,31 Meter stark. Hochgeschätzt wird von Kunswerständigen auch der geschnitzte Hochaltar, ein mit reichen Gemälden versehener Flügelaltar von hervorragender Schönheit, ferner gehören der 1376 vom Meister Arnold aus Metall gefertigte große Taufstein und ein« ganze Anzahl kunstvoller alter Gemäve zu den Sehenswürdigkeiten von St. Marien. Es ist in hohem Grade zu wünschen, daß dieser alte, schöne Bau vor dem Verfall bewahrt bleibt: Provinz und Staat haben sich bereit erklärt, zu den Baukosten, die auf 114 bis 2 Millionen kommen dürften, je ein Drittel zuzuschießen. Den Rest wird man in Frankfurt aufbringen müssen. Feindliche Pathologen. Der TT. Internationale Kon- greß für vergleichende Pathologie zu Rom , der von dem vorbereitenden italienischen Komitee wegen der Weigerung der Franzosen , sich mit den Deutschen an dem Kongreß zu beteiligen, verschoben worden war, ist nun auf den 2 0. S e p t e m b e r 1 9 2 2 festgefetzt worden. Offenbar hat das italienische Komitee die Hoff- nung, daß bis dahin die Geistesverfassung der französischen Patho - logen sich genügend gebessert haben wird, um eine wirklich inter - nationale Beteiligung am Kongreß zu ermöglichen. Daß sich bei den Franzosen in letzter Zeit Anzeichen von Besserung einstellen, soll nicht verkannt werden.
Erstaufführungen der Woche. Dienst. FokicZ Tadriee:.Fieber taumel",.H e n t che n M e s e r i tz-,.D i e beliebte auf T ei- l u n g*.— Tonn. Theater in der Königgrätzer Straße: ,N o t r u st. Städtische Ztolkskouzerte des Philbarmoni'chen Orchesters finden w der nächsten Woche statt: am IS. und IS. in der Philharmonie Bernburger Straße LS/23; am 18. in der Brauerei König st adt', Schönhauser Allee 11/12, und am 19. und 22. in der Brauerei S a p p o l d t, Halenbeide 32—3«. Beginn der Konzerte 8 Uhr.— Der Vorverkauf ist bei A. Wertheim, Leipziger Straße , in der Berliner Selverk- lchastskommission. Engelicker 15, im Ztgarrengelchift von Harsch und in den betreffenden Konzertsälen. Die im Vorverkauf nicht unterqebrachten Karten werden abcndS an der Kaste verknust. Der EinInttSpreis beträgt 1,50 M. und das Programm 25 Ps. Kasteneröffnung 7 Uhr. Ter„VoltSkrakt-Bund* /Vorsitzender Bruno Wille ) wird vom Okiober ab eigen« SonntagSna/bmittagSvorstellunaen im ft e u t r a l» Theater unter»cgie vou Martin Zickel perauftalren.