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Nr.404+38. Jahrgang Ausgabe B Nr. 200

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Telegramm Adresse: Sozialdemofrat Berlin

Abend- Ausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Redaktion und Expedition: SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Redaktion Moritplan 15195-97 Expedition Morigplak 11753-54

Sonnabend, den 27. August 1921

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Berlag, Expedition und Inseraten.

Abteilung Moritplas 11753-54

Krieg den Mörderparteien!

Die politische Stellungnahme der Rechtspresse zur Er mordung Erzbergers ist rasch stizziert: für einen Ber. brecher wird erklärt nicht etwa, wer durch feige und ge­meine Hezze sich mit der moralischen Urheberschaft an dem Morde beladen hat, sondern wer versuchen sollte, auf Grund dieser Mordtat ,, den inneren Frieden zu zerstören!"

Bei den Herren scheint Begriffsverwirrung eingetreten zu sein: der innere Frieden ist zerstört, er fann nicht erst zer­ftört werden. Und wahrlich, er ist nicht von uns zer: ftört worden. Die Sozialdemokratie hat seit mehr als zwei Jahren in unendlich mühevoller und opferwilliger Arbeit die Grundlage geschaffen, auf denen allein eine ruhige und friedliche Aufwärtsentwicklung des deutschen Volkes nach dem Zusammenbruch des Weltkrieges möglich war. Das ist so­gar von einem so weit rechtsstehenden Politiker wie dem volts­parteilichen Führer Dr. von Campe restlos anerkannt wor den, der mehrfach in letzter Zeit öffentlich sein Bekenntnis in den Worten formuliert hat:

Demotratie wird die Grundlage unferes politischen Lebens fein oder wir werden überhaupt nicht mehr egiftieren. Wir werden uns parlamentarisch regieren, oder wir werden uns bis zur Ohnmacht zerfleischen.

Danach fann niemand der Sozialdemokratie den Vorwurf machen, daß sie nicht von Anfang an den richtigen Weg zum inneren Wiederaufbau Deutschlands beschritten habe.

Bereit zur Abwehr!

Vergebliche Ableugnung.

Winselnd sucht die deutschnationale Presse ihre moralische Wie wir erfahren, find Verhandlungen im Gange, um mitschuld an der Ermordung Erzbergers abzuleugnen. Wir einen einheiffichen Schrift sämtlicher gewerkschaftlicher treten hier den dokumentarischen Gegenbeweis an. Nach dem Arbeiterorganisationen bei der Regierung zu erwirken, damit ersten Attentat auf Erzberger wurde in der deutschnationalen Presse fie alle staatlichen Mitel anwende, um der rechts boliche- ganz öffentlich das Bedauern ausgesprochen, daß das Attentat nicht wistischen Hehe den Boden zu entziehen, aus tödlich verlaufen sei. So schrieb der deutschnationale ,, Arns­der die politischen Morde der jüngsten Zeit und auch die Er- walder Anzeiger"( Kreisblatt) wörtlich folgendes: mordung Erzbergers entsproffen find.

Einen ähnlichen gemeinsamen Schriff werden auch die beiden jozialdemokratischen Parteien unter­nehmen. Die Parteileitungen find sich darüber klar, daß eine Abwehr der immer dreifier auftretenden deutschnationalen Pufschiffen nur durch ein geschlossenes Auftreten der deuffen Arbeiterschaft möglich sein wird.

Wir wollen nicht heucheln. Die Nachricht von dem Mord­anschlag auf Erzberger wird bei vielen, die diesen Mann glühend haffen, wenn nicht ein frohes, jo doch ein erwartungsvolles Auf­horchen ausgelöst haben: ist er tot? Und eine unbedentlich einge­ftandene Enttäuschung mag auf vielen Gesichtern hervorgetreten fein bei der Mittellung, daß anscheinend nur eine leichte Berlegung vorliege und daß für das Leben des Ministers nichts zu befürchten sei.

Wahrscheinlich schon in der nächsten Woche wird eine große republikanische Kundgebung durch ganz Deutschland ver­anstaltet werden. Es besteht Uebereinstimmung darin, daß in Zukunft feine provokatorische Demonstration frommem Augenaufschlag: Bir haben es nicht gewollt." der Militariffen und ihres deutschnafionalen Anhanos ohne liche Heuchelei! Gegen demonftration der gesamten Arbeiterschaft ge­duldet werden wird.

nationalen Bresse zu lesen. Und diese Leute beteuern jetzt mit Solches und Aehnliches stand damals vielfach in der deutsch­

Studenten als Mörder?

Bie verfautet, find inzwischen in Offenburg zwei Studenten verhaftet worden, die des Mordes verdächtig sind und zum Tatort gebracht worden sein sollen.

Aber die Stimme des Herrn von Campe ist die eines Pre­digers in der Wüste geblieben. Ganz offen liegt die Tatsache zutage, daß weite und weiteste Kreise auf der Rech ten von innerem Frieden und ruhiger Entwicklung nicht's missen wollen. Und diese Kreise sind es, die den Rechts- reaktionären Fronden und Cliquen be günstigen. Der parteien immer wieder ihre Taktik und das Gesez des Han- Belagerungszustand in Ostpreußen muß aufgehoben defns aufzwingen. Theoretisch mag die Ansicht des werden, die bayerische Regierung muß gezwungen Herrn Dr. v. Campe in den Rechtsparteien Anhänger zählen, merden, nach zweijähriger Dauer des Belagerungszustandes praktisch ist für ihr Handeln immer und immer wieder die endlich zu den Methoden einer normalen und gesetzlichen Re­zügellose nationalistische Agitation beftim- gierungsweise zurückzukehren. Eingeschritten werden muß mend gewesen. gegen jene Paraben, Rontrollversammlungen

Die Presse über den Mord.

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Die republikanisch gerichtete Berliner Presse ist in ihrem Urteil über den Meuchelmorb an Erzberger einig. Ueberein­ftimmend tommt zum Ausdruck, daß es sich um einen Mord aus politisch- reaktionären Gründen handelt und daß diese Tat poli­fische Wirkungen großen Maßstabes auslösen muß.

Jm Berliner Tageblatt" erinnert Crich Dombrowski an die planmäßige Heße, die von den Deutschnationalen seit Mo­naten im ganzen Lande getrieben wird:

Mehr als einmal fiel in deutsch nationalen Radau­versammlungen und bei militaristischen Veran ftaltungen Don namenlosen Schreiern das Wort: Schlagt Erzberger tot! Nun haben sich zwei Burschen gefunden, die das Gräßliche vollführt haben....

Mit Resignation und bloßer Abscheu vor dieser Bluttat ist es indessen nicht getan. Noch ist es fünf Minuten vor zwölf, viel­leicht Zeit, dem verantwortungslosen Treiben der Rechten, das folche Scheußlichkeiten gebiert, durch eine gefchloffene mo ralische Phalang der Mittelparteien, von der Deutschen Boltspartei bis zur Sozialdemokratie entgegenzutreten. Die Berliner Boltszeitung" weist darauf hin, daß

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Und schließlich: sie haben selbst die Geister ent- und Regiments appelle, die uns mit tödlicher Sicher­feffelt, die sie nicht loswerden. Sie haben die gewiffenlose heit neue Repreffiomaßnahmen der Entente gitation der Rechtsbolschewisten nach Kräften geschürt und auf den Hals hetzen, wenn man sie fortwuchern läßt. Um so Lassen sie noch bei jeder Gelegenheit sich in der reaktionären mehr, als bei jenen Veranstaltungen immer und immer wieder Presse austoben. Niemals ist es den Rechtsparteien ein- die militaristischen Größen des alten gestürzten Systems an gefallen, zwischen sich und dem Rechtsbolfchewismus den ent- der Spize stehen, als sie sich zu offenen Demonstrationen für bei dem Frontkämpferrummel im Stadion ein teutsches" Mägdlein hiedenen Trennungsstrich zu ziehen, den die So- Monarchie und Revanchefrieg auswachsen. Endlich ausrief: enn doch einer Erzberger umbrächte!" zialdemokratie gegen die Lintsbolshewisten muß an eine energische Reform jener Justiz geschritten Der Wunsch sei balb in Erfüllung gegangen: gezogen hat. Niemals haben sie den Mut gehabt, wie es werden, die im Rampf gegen alle strafbaren Erzesse der Rech­die sozialdemokratischen Führer zehntausendmal getan haben, ten glatt versagt.

im Rampf gegen die unverantwortlichen Friedensstörer ihrer Aber wir erkennen an, daß in der Demokratie die Mög­Seite ihre Popularität aufs Spiel zu sehen. In lichkeiten eines Einschreitens für die Regierung gering sind. den Tagen der Kommunistenputsche haben die sozialdemo- Das beste muß aus dem Bolte selber fommen. Eine fratischen Führer unter Einsatz ihres Lebens gegen elle der Berachtung und des 3ornes muß das den Wahnsinn von links gefämpft. In den Kapp- Tagen gesamte feige Mördergesindel nebst seinem Anhang von der waren die Rechtsführer, soweit sie nicht offen zu Rapp überffentlichen Bildfläche hinwegfegen. Gegen gingen, ipurlos von der Bildfläche versch wun diese Schufte und ihren offenen und verkappten Anhang gibt den inklusive des Herrn Dr. v. Campe! esteinen inneren Frieden.

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Aus diesem Grunde ist dies feine Agitationsphrase, son- Die Arbeiterschaft muß Tag für Tag auf dem Boften sein. dern bitterste umumstößliche Wahrheit, wenn wir die Rechts- Jede Demonstration dieser Seite muß mit einer zehnfach parteien mit der moralischen Verantwortung an größeren Gegendemonstration beantwortet werden. Wie jene der Mordkette von Liebknecht bis Erzberger , an den unge- tagtäglich mit Hakenkreuz und Schwarz- weiß- rot demonstrieren, heuerlichen Provokationen und Ausschreitungen der Fanatifer so wollen wir bei jeder Gelegenheit unser Bekenntnis Dom Stahlhelm und Hafenkreuz belasten. Anstatt in allge zur Republik und Freiheit zur Schau tragen. Ihre meinen Phrasen moralische Entrüstung zu martieren, sollen provozierenden Gespräche in Straßenbahn und Eisenbahn Die Herren einmal hervortreten und uns positiv an follen nicht stillschweigend angehört werden, sondern jeder ein­geben, was sie zur Verhinderung des immer stärkeren Um- zelne soll den Mut haben, darauf die gebührende Antwort zu fichgreifens des rechtsbolichemistischen Bahnsinns getan haben. erteilen. Wir wollen bei jeder Gelegenheit zum Ausdruck brin­Benn sie auch nur den zehnten Teil dessen angeben können. gen, daß wir in dem Tragen eines Hafentreuzes ein offenes was die Sozialdemokratie gegen den Lintsbolschewismus ge- Befenntnis zum Morbbanditentum sehen. Den tan hat, sollen sie gerechtfertigt sein. Sie fönnen es nicht. Trägern folcher Abzeichen ist jene Richtachtung zu befunden, die Begünstigern des feigen Meuchelmords gebührt.

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Die Führer freuen sich der Bewegung. Herrn Hergts Hoffnung auf die antisemitische Welle" ließ in einen moralischen Abgrund sehen. Herrn Helfferich aber trifft die unabwasch-. bare Schuld, die Hege gegen Erzberger immer aufs neue entfacht zu haben, obwohl ihm schon der Revolver Oltwig v. Hirschfeldts gezeigt hatte, welches die Folgen seiner Haßpolitit sein müssen....

Die Regierung möge die furchtbare Warnung nicht leicht nehmen. Die republikanische Bevölkerung, die ben ehrlichen Willen hat, den Staat wiederaufzubauen, fann die fortgesetten Störungen durch verlogene Heger und Mordbuben nicht länger ertragen. Das Maß ist voll. Die Gegenrevolution muß jeht niedergezwungen werden. Der schleichende Zustand ist nicht länger zu ertragen. Dem Umsturz, der mit dem Revolver und der mili­tärisch organisierten Gegenwehr arbeitet, muß mit allen it. tein entgegengetreten werden.... Aber die Uhr zeigt fünf Minuten vor 3wölf. Wenn die Regierung nicht sofort handelt, wird es für immer zu spät sein.

Die Berliner Morgenpost " sagt, daß das Blut Erz­bergers an den Rodschößen der Rechtsrabilalen hängen bleibe:

Gewiß, fie haben nicht in dürren Morten zur Ermordung auf­gefordert. Aber sie haben gehegt und hezen, bis unreife Gemüter verwirt werden und mit der Waffe in ber Hand ein verdienstliches Wert zu verrichten glauben. Noch zu feiner Zeit ist eine Sehe fo planmäßig organisiert, fo glänzend finan­siert und fe folgerichtig durchgeführt werden wie die der Rechts­radifalen. Sie verfügen über eine Menge von Blättern, bie sich Wir haben alles getan, um die Grundlagen für eine fried nicht aus eigener Kraft, nicht burth eigene Arbett, nicht durch das, fiche Entwicklung zu schaffen, die Hakenkreuzler und Stahl­Das alles fann ohne Berlegung des Gefehes, ohne Ron was fie bieten, erhalten, fendern die dafür ausgehalten helmleute haben mit stillschweigender Duldung der Rechtspar- flitt mit den Strafgesezen geschehen. Das Herumtrampeln werden, daß fe hegen. Das ist ihr eingiger Swed, dafür wer­den ungeheure Rapitalien immer aufs neue in fie hereingeworfen. teien alles getan, um diese Grundlagen immer wieder zu zer auf den Gesehen, feige und brutale Gewaltafte, Meuchelmord stören. Sie dürfen sich jetzt nicht beklagen, wenn die Erre- und Revolver, diefe erbärmlichen Rampfmethoden ahmen wir Die Freiheit" verlangt, was besonders bemerkt werden muß, gung der Arbeiterfchaft zur Siedehige gesteigert ist. So geht unsern Gegnern nicht nach. Es gibt andere Mittel, ihnen die lebernahme der Berwaltung bur enthiedene mb zuverlässige es nicht weiter! So fann der innere Frieden nicht aufrecht- an jedem Tag und zu jeder Stunde unfern Zorn, unsere Ber- Republikaner: erhalten werden, daß die eine Seite die Grundlagen baut, die achtung zu zeigen. Unter dem Druck des Abscheues andere schonungslos darauf herumtrampelt. Der übergroßen Maffe der Bevölkerung follen sie zufammen­Mit ewigen Ermahnungen zur Eintracht und Besonnenheit brechen. Sie haben den inneren Frieden nicht gewollt, fie mird man der reaktionären Mordbuben und Provokateure haben mit Meuchelmord und Hinterlift den Krieg an die re­nicht Herr. Hier hilft nur eins: schärfstes, schonungs- publikanische Bevölkerung erklärt. Die Kriegsertlä­Ioses Einschreiten. rung der Gegenfeite liegt offen da. Für uns, für Wir wenden uns zunächst an die Regierung. Sie muß feben einzelnen Anhänger der Republif und Freiheit gilt jetzt alle jene Erscheinungen beseitigen, die das Wachstum jener nue: unfern Mann zu stehenl

Das Uebergreifen des Dteuchelmorbes auf die Bürgerlichen Gegner der Deutschnationalen wirb enblich die Stumpfe Lethargie, die fträfliche Gleichgültigteit verscheuchen, die bisher der deutsc nationalen Maffia ihr Wert fo erleichtert hat.

So darf es nicht mehr weiter gehen! 2bchtlich und plan­poll arbeiten die Deutschnationalen und der schmutzige Anhang, den sich die edlen Herren als ihre Stoßtruppe erforen haben, darauf hin, Fascistenzustände in Deutschland zu schaffen. Aber Deutschland ist nicht Italien , und die deutschen Arbeiter werden