r »«<cht Mbm, bBft©«rttffeer, die sluch- un�chuldbeladenen Anstifter des Krieges, die aufs Haupt geschlagen, Ml den Bürger- krieg organisieren, ihr frevles Werk vollenden. Wir lasten uns dies« Zustände nicht länger mehr gefallen! Mit der Reaktion muß gründlich aufgeräumt werden, in der PoMik, in der Justiz, in der Verwaltung. Der Ausnahmezustand muß überall und vor allem in Bayern fallen. Entschiedene und»erlählichc Republikaner müssen die politische Verwaltung übernehmen, die Justiz muß gesäubert werden und die Unabsetzbarkeit der Richter, einst eine Garantie der Unabhängigkeit der Rechtspflege, darf nicht länger Dorwand sein, um die Justiz zu einer Dirne deutschnationaler Parteipolitik zu machen. In der„Germania ", der Crzberger als Journalist nahegestan- den, heißt es u. a.: Das ist die traurig« Folge der ungeheuerstchen, vor keiner Lüge und Verleumdung zurückschreckenden Hetze der Rechten und ihrer Presse. Dieser politische Mord ist ihr Werk. Sie wird es nicht vermögen, sich davon rem zu waschen. Hatte sie sich doch gerade noch in den letzten Wochen w-eder mit aller Kraft darauf verlegt, ihn als den hassenswerten„Reichsverderber" hinzustellen, ein Wort, daß sich fast täglich seit Jahr und Tag in ihren Spalten findet____ Die Folgen, die dieser Mord nach sich ziehen wird, sind zur Stunde nicht zu übersehen. Daß er eine starke Erregr.ng in der Arbeiterschaft hervorrufen wird, ist zu befürchten. Die Rechtspresse zeigt eine geradezu verächtliche Heuchelei. Sie überschlägt sich in moralischer Verurteilung des Mordes, den sie doch auf dem Gewissen hat. Von ganz besonderer Dreistigkeit ist die„K r e u z z e i t u n g", die behauptet, die Tat erinnere lebhaft an die Ermordung der— beiden Bürgermeister bei Heidelberg . Gegen einen Mord aus politischen Gründen schienen die Schüsse auf den Abg. Diez zu sprechen, der politisch gar nicht hervorgetreten sei.. Die„Tägliche Rundschau", die mit am schamlosesten die Erzberger -Hetze betrieb, heulmeiert heute erbärmlich über die„rodi- kalen Agitaloren", die diesen politischen Mord als das kennzeichnen, was er ist. Schließlich versteigt sich das Blatt zu der Behauptung, daß die Gesinnung der Sozialdemokraten, die der Wahrheit die Ehre geben,„um keinen Grad niedriger und verächtlicher als die der Meuchelmörder am Kniebispasse" sei. Die„Deutsche Tageszeitung" spricht von einem ruch- losen Meuchelmord und behauptet heuchlerischerweise, der Kampf, der gegen Erzberger geführt worden sei, wäre ein„Kampf mit geistigen Waffen" gewesen. Um die moralische Verurteilung des Mordes, die sie angeblich hegt, glaubhaft zu machen, fordert die „Tageszeitung" die zuständigen Stellen aus, daß mit aller Energie nach den Tätern gefahndet werde! Zum Schluß aber kommt die einzige Folgerung, die die Reaktionäre ziehen können: die Folgen der Tat kämen auf das Haupt jener Parteien, die aus dem Ber » brechen Kapital schlagen wollten... In dem großkapitalistischen„Tag" wird Erzberger noch einmal durch die Goste geschleift. Zum Schluß aber kommt die abgrund- tiefe Heuchelei zum Vorschein: Jede Stunde mußte man gewärtig sein, ihn wieder persönlich die Bühne beschreiten und sich vor der Welt zum Exponenten des deutschen Volkes machen zu sehen. Ein schwer zu ertragen- der Gedanke, der offenbar die Fassungskraft des Hirne, zersprengt hat, das nun einer unseligen Hand die irre Geste de» Mordes eingab. Möge die Tat ihre Sühne finden und Matthias Erzberger im herzen Gottes ein gnädigeres Urteil, als der Betrachter deutscher Geschichte ihm je wird sprechen dürfen. Den Gipfel aber erklettert das Blatt der evangelischen ortho- boxen Pastoren, der„R« i ch s b o t e", der auch angesichts des Todes nichts anderes zu tun weiß, als den meuchlerisch Ermordeten für alle« Unheil seit Kriegsbeginn verantwortlich zu machen. Das Blatt nennt Erzberger eine„katiNnarische Existenz", die nur durch den Umsturz zu einer politischen Mochtstellung hätte gelangen können. Früher, unter der Monarchie, wäre ihm das nicht möglich gewesen. In der Geschichte würde Erzberger fortleben als Reichsverderber, ak der deutsche Ephialtes. Der.Reichsbote" will augenscheinlich nicht mehr wissen, daß Erzberger» Friedenstättgkeit, die ihm die Feindschaft der Alldeutschen eintrug, gerade unter der Monarchie sich abspielte!
politistke Moröe. Zu allen Zeiten sind politische Mordtaten begangen warben, «ber immer wieder, wenn eine Bluttat, wie jetzt die Ermordung Erzberger» die Oeffenttichkeit erregt, fragt man sich, wozu eine selche Tat verblendeter Leidenschaft dienen soll. Der Mord als politisches Kampfmittel hat im Lauf seiner langen Geschichte sich als wirkungs- los, ja ohnmächtig erwiesen. Kann man gewisse politische Morde aus ihren Motiven begreifen, wenn sie als Verzweiflungstat in einer Atmosphäre völliger Unterdrückung alle Gesetze aufhebender Ty- rannei erwachsen oder sich als Menetekel mißhandelter Menschlichkeit offenbaren, so sind sie doch auch in diesen Fällen«irklich zweck- lo», indem sie an den tatsächlichen Verhältnissen nicht» ändern. Di« deutsche Sozialdemokratie hat daher von jeher ihren Anhängern wirksamere Waffen gezeigt, mit denen man Macht erobert und nicht bloß Symptome bekämpft. Trotzdem sind ihr gerade von den Par- ttien, die jetzt den politischen Mord wenn nich» predigen und glori- fizieren, so doch für ihn die Aussaat streuen, die individuellen Taten einzelner Desperados angerechnet worden. Das Schandgesetz der Sozialistenverfolgung wurde begründet mtt Attentaten, mit denen die Sozialdemokratie nichts zu tun hatte. Die lange Reihe politischer Morde, die in den Geschichtsannalen oerzeichnet sind, hat die verschiedensten Motive zum Ausgangspunkt, aber ihr Enderfolg war. schließlich der gleiche negative, ob sie in der Gestalt des Königsmordes dem Ehrgeiz und der Herrschsucht als Mittel dienen sollten, die Krone zu gewinnen, ob die Idealisten der Freiheit Julius Cäsar vor der Säule des Pompejus ermordeten, ob Element und Raoaillac in religiösem Fanatismus den Dolch er- hoben, ob Balthasar Gerard die Fliesen des Schlosses von Delft mit dem Blute des Oraniers färbte, oder ob die Nihilisten,»b Vera Sassulitsch , Kibaltisch und Ryssakow den Zaren und seine Berater zur Strecke brachten. Hat Ea'ctano Bresci etwas erreicht, als er den Mordstahl gegen König Umberto erhob? Hat die bluttge Saat eine wirkliche Ernte getragen, als Luccheni am Genfer See das Stilett gegen die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich zückte, als Easerio den Präsidenten Sadi Earnot fällte? Und blicken wir zurück: Hat der Mord, den Pausa , iios an Philipp von Mazedonien verübte, die griechische Freiheit geschützt und das Perserreich gerettet? Durch Mörderhand ist Gracchus gefallen, aber, vom tödlichen Etteich ge- troffen, schleuderte er den Staub gen Himmel, indem er die rächen- den Götter zu Zeugen auftief, und aus diesem Staube entstand Marius, der in Rom die Privilegierten in den Staub trat. lieber Casars Leiche hinweg schritt Oktaoian zur Alleinherrschaft: die Faust der Mörder war machtlos gegen den geschichtlichen Willen. Chärea erschlug den Gaius Caligula : Galba Domitian und Eommodus, Heiiogabal und Maximus und ungezählte Nachfolger in der Herr- fchaft über Rom sind dem Schwerte der Mörder zum Opfer gefallen. »der da« Eüsarentum blieb. Auch in de» Fürstengeschlechtera der
Efzbergers Bestattung kn Serttn. wie wir erfahren, findet die kirchliche Einsegnung der Deiche Erzbcrgcrs am morgigen Sonntag in Ofsenan(Baden) stakt. Alsdann wird die Leiche nach Berlin überführt. Am Alitl- woch, den Zt. August, wird Erzberger in Wllmersdors neben seinem im Kriege gefallenen Sohn beigesetzt werden. Beileid deS Landtags. Im Hauptausschuß des preußischen Landtggs widmete am , Sonnabend bei Beginn der Sitzung der Zentrumsabgeordnete R h i e l- Fulda dem Andenken des ermordeten Abgeordneten Erz- berger einige Worte und oerurteitte scharf dieses politische Ver- brechen. Der Ausschuß e r h o b s i ch zu Ehren des Ermordeten von den Sitzen._ d!e ßreuöe ües Generals. Infolge einer telephonischen Doppelverbindung wurde ein Leser unseres Blattes Zuhörer eines Gesprächs, daß der General- major von Bering mit einem Bekannten führte. Das Ge- sprach handelte von der Ermordung Erzbergers und der General sagte: .Ha, da können wir uns ja gratulieren, daß da, Schwein endlich tot ist. Ich habe meine beste pulle aus dem Keller geHoll, um darauf zu trinken." Der unfreiwillige Hörer rief darauf nochmals bei dem General an, gab ihm zu wissen, daß er das Gespräch mit angehört hatte und fragte ihn, ob er zu seinen Worten stünde. Der General ge- riet daraus in große Verlegenheit. Es sei doch nur eine private Aeußerung gewesen. Als„Mensch und Christ" müsse man ja die Tat bedauern, aber es könnte ihm doch niemand oerwehren, wenn er sich darüber freue... Jedes Wort über diesen General mit der doppelten christliche» Buchführung wäre zuviel. Rur eins soll gesagt werden: Nach sicheren Beobachtungen war er bestimmt nicht der einzige seiner Berufs- und Gesellschaftsklasse, der in so unverhohlener Weise der Freude über den Mord Ausdruck gegeben hat. Dafür gehört er auch zu den„bessern" Kreisen.
Das Signalement üer Möröer. Areiburg i. Br„ 27. August.(WTB.) lieber die beiden M ö r» der Erzberger» erfahren wir folgendes: Einer der Täter ist groß und blond, der andere klein und schwarz. Sie erregten das Mißtrauen Erzberger » durch ihr auffälliges Der- halten. Er konnte jedoch mit dem Abgeordneten Dietz dem An- schlag nicht mehr ausweichen. Der große blonde Mörder ist der Krimwalpolizei bereit» in Berlin aufgesallen, wo er sich bei der letzten Abreise Erzberger» am Anhalter Bahnhos verdächtig gemacht hat. Er tauchte dann wieder- in Neuron auf, wo sich Crzbevger länger« Zeit zur Erholung aufhielt. Es hak den Anschein, ai» ob der Mörder sein Opfer ständig verfolgt hat. Die von anderer Seite verbreitete Meldung, daß der»ine der Mörder Erzberger » bereits verhaftet worden sei, trifft, wie wir zuverlässig erfahren, nicht zu. Auch ist»» nicht richtig, daß die Leiche Erz- bergers zu Tal geführt und dort aufgebahrt worden sei. Die Leiche ist vielmehr die Nacht über am Ort der Tat geblieben, da sie vor der Uebersührung durch den Eerichtschemiker besichtigt wird, der heute morgen aus Frankfurt a. M. in Oberkirch eingetroffen ist und sich mit den Gerichtsbehörden sofort an die Mordstelle begibt. Ob die Sektion der Leiche noch heute stattfinden wird, ist nicht bekannt. » Der Reichstagspräsident» Genosse LZbe, hat den ReichsjMz- mwffter gebten, bei der badischen Regierung für die sofortige Aus» setzung einer außergewöhnlich hohen Belohnung auf die Ergreifung der Mörder Erzbergers hmzuwlrken, und außer- dem die Heranziehung gewiegt« Berliner Kriminalisten zur Ver- folgrmg d« Täter ins Auge zu fasten.
Die Deutsche FrledensgeseUschaft wirb stch an»er morgen in Potsdam stottfindenden Gegendemonstration der Arbeiterschaft gegen die Ludendorffsche Tannenbergfeier beteiligen. Es werden u. a. die Genossin Wellmann und Lehmann-Rußbildt sprechen.
Germanen, im Volke der Goten, der Franken , der Langobarden tobte der Mord. Der Glanz der Renaissance ist hundertfach getrübt war- den durch den Mord der Fürsten , aber niemals hat der Mord einen neuen Dedanken geschaffen oder mich nur eine Frucht zur Reife gebracht. Als Befrei« der Menschheit von Willkür und Rot ttäumte sich Ravachol , ttäumten sich Daillant und Henry Lebreton, die Pro» pogandisten der anarchistischen Tat— arme Menschen, die sich für Träger des Menschenschicksale hiellenl Keiner von ihnen schuf den Fortschritt, sondern üb« sie und ihr Wollen schritt die Geschichte fort. Die Mordbuben, deren sich die Gegenrevolution«freut, mit den Männ«n zu vergleichen, die der Befteiung geknechteter Völker oder unterdrückter Klassen mit dem Einsatz ihre, Lebens zu dienen ge- dachten,, hieße ihnen zuviel politische und menschliche Ehre«weisen. Wo war hier ein Volksbedrücker, ein ungesetzlich Wütender? Welche» System wird durch diese Revolverschüsse umgestürzt? Ist der politische Mord fast immer ein ungeeignetes polittsches Instrument, so sinkt er in der Demokratie zu ein« gemewen Rachetat herab, die den gehaßten Gegn« vernichtet, weil sie ihn im ehrlichen Kampf nicht überwinden kann. Nicht den Kranz Wilhelm Tell» reicht diesen Schändern neuerrungen« Lolksfreiheit die Geschichte, für diese ruch- losen Fortsetzer eine»»«haßten und immer noch nicht erledigte» Gewaltsystems wird ste nur Abscheu verzeichnen.
Ira Diovolo« Ehrenrettung. In Neapel wurde kürzlich anläßlich der Fünfzigjahrfei« der Wiedergeburt Italien » eine Aus- stellung«öffnet, in d« man auch einen Saal für die Bild« b e- rühmter italienischer Räuber reserviert hatte. Unter diesen Bildern befand sich an«ster Stell« dasdesFraDiavolo, dem Aubers Oper zur Weltberühmtheit verholfen hatte. Eines Tages erschien nun in dem Ausstellungssaal ein Bauer aus Jtti, der sich die Bilder ansah und erklärte, er sei ein direkter Nachkomme dieses Fra Diavolo, der, wie er hinzufügte, einen besseren Platz oerdiene, da« zu denen zähle, die für die Ehr« und den Ruhm des Vaterlandes ihr Blut gelassen bätten. Auf Beftagen er- klärte er weit«, jen« Fra Diavolo sei Offizi« im Heere gewesen und habe taps« gegen Bonaparte gekämpft. Der Einspruch de, Bauern hatte Erfolg: das Bild Fra Diavolo» wurde vom Nagel ge- nommen und der Sammlung ttolienisch« Helden eino«leibt. Im Gegensatz zu der Bolkserimierung, die mit zäh« Hartnäckig- keit an der Legende von dem Räuberhauptmann festhält, ist übrigen, längst einwandftei nachgewiesen, daß der Bauer von Jtri die Wahr- heit gesagt hat, so dr.ß es der Ehrenrettung durch die Ausstellungs- leitung nicht mehr bedurft hätte. Der Mann, der unter seinem Spitz- namen„Fra Diavolo"(Bruder Teufel) in der Geschichte d« italienl- scheu Räuberromantik fortlebt, hieß in Wahrheit Michel Pezza und stammt« aus Jtri. Seinen Spitznamen verdankt n der findigen Schlauheit, die er im Kampf gegen die Franzosen an den Tag legte. Als er sich überzeugt hatte, daß eine Fortsetzung des Widerstandes nicht möglich sei, floh er, wurde aber bald eingefangen. Er weigerte sich, eine Gnade aus der Hand Josef Bonapartes anzunehmen, wurde zum Tod« verurteill und auf dem Marktplatz in Neapel gehenkt.
Stimmen ües �uslanöes» Entrüstung in der Schweiz . Basel . 27. August.(EP.) Di« Nachricht von der Ermordung des Abgeordneten Erzberger ruft auch in der schweizerischen Presse ungeteilte Teilnahme und Entrüstung hervor. Die Blätter unterlassen zwar nicht, in jedem Nachruf an der Tätigkeit Erzberger » während des Kriege», als« noch für Annexionen eintrat, Kritik zu üben, lassen ab« im übrigen der Persönlich- keit Gerechtigkeit widerfahren. So schreiben die»Basler Nach- richten": Leute sein« Art seien in traurigen Zeiten wie jetzt, ein wahrer Schatz für ein Volk. Das Volk vergißt ihm gern alle Irrtümer, weil sie der Phantasie immer wieder etwas Neues bieten Erzbergers größter Fehler sei die Uebernahme der Waffen still st andsverhandlvn- gen ISIS gewesen, wodrrch man ihn später zu Unrecht als den Urheber des schmachvollen Friedens gestempell habe. Diese Art von Attentat gehöre zu den schlimmsten Erscheinun- gen der Nachkriegspsyche, da früher der politische Merd nirgends seltener war als gerade in Deutschland ." » Der„Mattn" fährt aus, daß sich Erzberger in den Augen?--- deutschen Militaristen des Verbrechens schuldig gemacht Hab«, die Wcfsensttllstandsverhandlungen geführt und in seinen Memoiren ue Panik geschildert zu haben, die sich H i n d e n b u r g s und Luden- d o r i s s«n Tage der deutschen Niederlage bemächtigt«. Die beut chcn Militaristen bißen keine Partei, sondern eine Bande von Mor- d e r n, deren Verbrechen durch«ine gefällige Justiz gedeckt werccn, die allen denen dient, welch« von dem Erwachen des Geistes van ISIS träumen. Das sei dieftlb« Justiz, die in Leipzig die ikandalo.en Urteile gefällt habe, die man kenne. Der„Matin" ist überzeugt, daß das Verbrechen auf die Ritter von der Tafelrunde zurückzuführen sei, die Mörderlisten führt, aus denen Erzbergers Name bereits feit ISIS oerzeichnet stand.
Dlutopfer in München . Mknchen. 26. August.(Eigener Drahtbericht des„Borwärts".) Im Anschluß an unseren heutigen Bericht müssen wir leider fest- stellen, daß die Demonstration in München Opfer gefordert hat. Ja der Sonnenstraße wurden»an der Schutzpolizei S ch ü s s e a u s d i.e Arbeiterschaft abgegeben: ein Mann wurde getötet, ein anderer durch Rückenschuß schwer verletzt. An anderer Stelle ritten plötzlich Teile der Schutzmannschaft eine Attacke auf die Menge. Polizisten drangen mit Gummiknüppeln auf die Arbeiter ein, mehrere Personen wurden»«letzt; ein Mann erhielt einen Säbel- hieb guer durchs S-sscht. Im Westen der Stadt schlugen Schutzleute mehr«« Arbeiter zu Boden, ein junges Mädchen blieb bewußtlos liegen. Ein alt« Herr, der sich um die Bewußtlose bemühte, erhielt Echlag«:f Schlag über den Kopf. Genosse Stadtrat H o f f m a n n wnrde grundlos mit einem Hagel von Hieben ttakttert. Schupo- leut« mit aufgepflanztem Bajonett führten„Bravourstücke" unter d« Menge aus. Der Sekretär des Republikanischen Führerbundes E ch m o l i x wurde mitten auf dem Wege aus der Demonstration herausgerissen. mißhandelt und schließlich unt« Schlägen und Tritten zur Pol!» z e i w a ch e geschleppt. Nach Mitteilungen von Augenzeugen schössen Zivilisten auf die Menge. Die aufgelöste Einwohnerwehr stand im Norden der Stadt in Bereitschaft. Der städtische Rettungsdienst beschränkte merkwürdigerweise seine ganze Tättgteit auf die Behand- lung einig« Ohnmächtig«. Der amtliche Bericht über den Verlauf der Demonstration ist erst im Laufe der Abendstunden zu erwarten.
Srevnt Moskau ? Paeis, 27. August. (Dens.) Lloyd Gibbons, d« In A!»s?au weiknde Derichkerstatter d«»Chicago Tribüne", meldek. daß Moskau seil drei Tagen in Flantmeu stehe. Eine ähnliche Mitteilung Hot hoover vou den Mtgfledm» der amerikanischen Hilfskommission erhalten. Was daran Wahres ist. muß abgewartet werden, bekanntlich stellen sich alle Mel- düngen aus Rußland gewöhnlich als stark übertrieben heraus. Eine Bestätigung dies« Nachricht liegt bei der Berliner v«ttetung d« russischen Sowjet-Republik, wie wir durch Rückfrage bei letzt«« feststellen kannten, bisher nicht vor.
Ludwig Thoma f. In d« Nacht auf Sonnabend ist Ludwig Thoma in München , wo er sich eben erst einer Operation im Roten Kreuz unterzogen hatte, gestorben. Die Trauer um den starken politischen Satiriker und famosen Lustspieldichter wäre noch inten- siv«, wenn Thoma nicht in den letzten Jahren durch seine politische und lit«arische Vergangenheit einen Strich gemacht und sich auf die Seite der Reaktion geschlagen hätte. Ob er nun zu den Mitarbeitern de» wirklich nicht mehr literarischen„Miesbacher Anzeigers" gehörte oder nicht,« machte aus leinem Ueb«gange ins andere Lager kein Geheimnis. Wir Deutschen haben ein ausgesprochennes Pech m»t uns«en politischen Satirikern. In dem Lande d« Duckmäuserei und Obrigteitsftömmelei gedeiht diese Rasse an und für sich nicht, haben wir ab« mal«neu ganzen K«l wie Thoma, so fällt« in seinen alten Tagen um und kehrt in den gesegneten Pferch zurück. Ludwig Thoma stammt aus Ob«bay«n, wo er in O b e r- ammergau im Jahre 1M7 geboren wurde. Er brachte als Sohn seines Stammes die derbe und urwüchsige Spottlust, eine kraftvolle, noch nicht lit«arisch entwertete Sprache und die gesunde demokra- tische Oppositionslüst mit. Als Rechtsanwalt in Dachau begann er und entwickelte hier zugleich sein Talent in kleinen Bauerngeschichten, in denen« die Typen sein« Umwelt festnagelte und sich als einen treffsicheren Raturallsten erwies. Nach sein« Uebersiedlung nach München kam er in Fühlung mit dem damals neugegründeten „Simplizissimus". Hi« hat er Jahre hindurch unter dem Namen Peter Scklemihl seine Leser«tzötzt, indem er seinen immer gut aufgelegten Spott losließ. Die spezifisch bayerische Rote, die er hatte, gab seineu Sattren den besonderen Reiz. Weit«« Kreise zog« nach mit seinen Komödien, in denen er die gute Beobachtung des Volksleben« mit der Bttulkung der Bureauftaten. Spieß« und Großkopfeten»«einte. „Die M e d« i l l e".„Die Lokalbahn ",„Moral" und „Erster Klasse" haben ihm eine dauernde Stätte auf der deut- scheu Bühne bereitet. Wenn er auch nicht die Schärfe und Weite seine» Landsmannes Ruederer hatte, so sind seine lustigen Stücke, in denen« das spezifisch deutsche Regime aufs Korn nahm, für uns doch schlechthin unentbehrlich. Als Erzähler kleiner Geschichten aus� de» Bauern- und Kleinstadtleben, als Berfass« der unüber- troffen en Lausbubcngeschichten, wurde er auf diesem bei uns nicht viel kultivierten Gebiet ein« unser« Ersten. Die„Hochzeit" ist eine klassisch« deutsche Novelle, in der bayerische Sitten unüberfteff- lich und mit feinstem Humor konterfeit sind. Von da zielte Thoma weit« zum größeren Roman, und in der Tat sind ihm in„An- d r e a s B ö st", der seinerzeit im„Vorwärts"«schien, und in dem zweiten Bauernrcnnan d«„Wittiber " große Würfe gelungen. Der lustige Bogel zeigte sich hier als ernster und tief« Erfasser d« Bauernseele, die er in ihrer ganzen Erdgebundenheft begriff und in kernhafter Sprache gestaltete. Eines seiner letzten Werte war seine Lcbonsgeschichte, die leider seinen Niedergang als Schriftsteller schon bestätigte._ K. H. D. Eritauifübrungen ber Woche: Dann. Role-Theat«:.Dl« zärtlichen Verwandte n".— Kreit. Thalia-Theater;„Schäme dich, Lotte'.— Neues vperetten-Tdeat«:.Di««önigin der Nacht".— Sonn. Tribüne:.Der»et t laus mtt de« G chatte»".