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Kr. 405 3$. Jahrgang

2. Heilage öes vorwärts

Sonntag, 2S. Mgust 1 021

Inträge Zum Parteitag in Görlitz . (Fortsetzung.) 23 cid Berfa . Der Parteitag wolle beschkeßen: Alle in Parka- rnenten und Regierungen tätigen Genossen sind aufzufordern, dahin zu wirken, daß das Eelbswerwaltungsrecht der Gemeinden weiterhin nicht angetastet und eingeschränkt wird. Unkerbezirksparieitag des Münfierlandes. Der Parteitag wolle beschließen, Reichs- und Landtagsfraktion zu beauftragen, darauf hinzuwirken, daß ein Gesetz alsbald auch den Provinziallandtags-, Kreistagsabgeordneten und Stadwerordneten(Gemeindevertretern) mehr Schutz in Firm einer gewisien Immunität sichert. Königsberg (Ostpreußen ). Die Genosien in den Parlamenten haben darauf ihr Augenmerk zu richten, daß in den kommenden Derwalttmgsgesetzen Zahlung von Tage- und Reisegeldern für die Mitglieder der Verwaltungskörperschasten gesetzlich festgesetzt werden. Frankenberg a. d. Eder. Es sind von Parteiseite aus alle chebel in Bewegung zu setzen, daß unentgeltliche Amtsblätter für die Kreise eingeführt werde 1, die die amtlichen Bekanntmachungen der Be­völkerung übermitteln. Frankfurt a. M. Die Reichstagsfraktion wird ersucht, darauf hinzuwirken, daß die Vergebung von Aufträgen für Sachlieferungen iür die Reparationen von kaufmännischen Gesichtspunkten aus ge- leitet wird. Die Vergebung an Syndikate muß vermieden werden, da Kalkulation und Preisstellung sonst ganz in deren Macht liegen. Für alle Aufträge sind Kalkulationen einzureichen, welche von den Betriebs- und Angestelltenräten gegengezeichnet werden müssen. Es sollen bestimmte Verdienst- und Ünkostenquoten für diese Kalku- lationen bestimmt werden, welche je nach Betriebsgröße abzustufen sind. Bei dem Wiederaufbauministerium sind diese Kalkulationen zu prüfen. Alle Aufträge sollen unter persönkcher Verantwortung der Kommission vergeben werden. Frankfurt a. M. Der Parteitag wird ersucht, darauf zu dringen, daß eine Devisenzenttale errichtet wird, welche die Spekulationskäufe in Devisen verhindert und den Banken zur Pflicht macht. Devisen nur gegen Vorlage der Faktura zu verkaufen. Fütlidrau. Der Parteivorstand ist zu beauftragen, dahin zu wirken, daß bei der bevorstehenden Beratung des Reichsmieten- gesetzes die Sozialdemokratische Fraktion, als die gegebene Der- treterin der Mieter, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln für den Entwurf des Mieterbundes(Sitz Dresden ) einttitt, um dem- selben zum Siege zu oerhelfen. V. Das Parteiprogramm. Veränderter Programmentwurf bereits veröffent- licht in der Morgenausgabe des.Vorwärts" vom 25. August 1921. Koblenz . Zu Punkt V der Tagesordnung: Der dem Parteitag vorliegende Programmentwurf stellt wertvolles Material für ein neues Parteiprogramm dar. Er wird der vom Parteitag zu bilden- den Programmkommission überwiesen. Die Kommission und der Par- teivorstand haben frühzeitig den hiernach ausgearbeiteten Entwurf in der Parteipresse zur.Diskussion zu stellen. Elberfeld . Der Programmentwurf sowie sämtliche dazu gestellten Anrräge sind der Programmkommission als Material zu überweisen. Ein neuer Programmentwurf nebst Kommentar ist im Einver- ständnis mit dem Parteioorftand mindestens 4 Monate vor Statt* sinden des nächsten Parteitages zu veröffentlichen und zur Diskussion zu stellen. Göppingen . Die Wahlkreiskonferenz des 12. württembergischen Landtagswählkreises Göppingen -Geislingen anerkennt die in dem vor- gelegten Entwurf zum neuen Parteiprogramm geleistete Arbeit. Sie hält den Entwurf aber in seiner gegenwärtigen Form zur Annahme nicht für geeignet. Der Parteitag möge daher beschließen: Der Ent- wurf hat als Grundlag« für die weitere Beratung bis zum nächsten Parteitag zu dienen. Der Parteitag erklärt, daß das neue Programm ein klares Bekenntnis der geschichtlichen Sendung der Arbeiterklasse, die kapitalistische Gesellschaft durch ihren wirtschaftlichen und politischen Kampf in«ine sozialistische umzuwandeln, entholten muß. Dresden . Der von der Programmkommission ousgearbeftete Entwurf zum neuen Parteiprogramm ist, trotz der vielen mühevollen Arbeit, die in ihm enchalten ist, infolge seiner mneren Widersprüche und Halbheiten vom Parteitag abzulehnen. Der Parteitag möge eine neue Programmkommission erwählen, die vor ollen Dingen in der Frage der Sozialisierung und in den Fragen der Kulturarbeft unserer Partei, genaue Richtlinien gibt. Aufgabe des Parteitages muß es zunächst fein, so bald als möglich«in Aktionsprogramm zu schaffen, welches der Partei ermöglicht, klare Marschrouten zu befolgen. Weimar . Der vorliegende Entwurf ist abzulehnen: das alte Programm m seinen wesentlichsten Teilen ist beizubehalten. Er- forderlich ist dagegen ein Aktionsprogramm, zu welchem einzelne Teile des Entwurfs benutzt werden können. Preetz . Eine bessere und klarere Fassung des Programmentwurfs. Vor allen Dingen muß der Klassenkampf schärfer hervorgehoben werden. Köln und Koblenz . Der dem Parteitag vorliegende Programm- entwurf stellt wertvolles Material für ein neues Parteiprogramm dar. Er wird der vom Parteitag zu bildenden Programmkommission überwiesen. Die Kommission und der Parteivorstand haben früh- zeitig den hiernach ausgearbeiteten Entwurf in der Parteipresse zur Diskussion zu stellen. Stuttgart . Der Parteitag wolle beschließen: 1. Das Partei Programm in Görlitz noch nicht endgülttg festzusetzen, jedoch die nötigen Vorarbeiten für ein neues Programm zu treffen. 2. Ein wirischaftspolitifches Aktionsprogramm für die kommenden Aufgaben und Kämpfe auszuarbeiten. Lüneburg . Die am 31. Juli in Lüneburg tagende Unterbezirks- tonferenz(Bezirk Hannover ) kann in dem vorliegenden Entwurf eines neuen Parteiprogrmmns eine wenig geeignet« Grundlage für ein neues Parteiprogramm erblicken, da sie in dem Entwurf«ine grundsätzliche Klarheit und Herausarbeitung sozialistischer Grundge- danN oermißt. Di« ianterbezirkskonferenz erwartet vom Parteitag in wsriitz. daß er den Entwurf an die Programmkommission zurück- oerweist, und damit die Schaffung eines neuen Programms überhaupt noch zurückstellt. Salzungen. Die am 23. Juli 1921 tagende Versammlung des Bezirksvereins Salzungen befaßt sich eingehend mit dem zu Debatte stehenden Entwurf eines sozialdemokratischen Parteipro gramms. Sie fetzt in ihrer überwiegenden Mehrheit das Vertrauen in die Beratungen des Parteitages, daß«oentuelle Mängel in diesem Entwurf nach gründlicher Beratung beseitigt werden. Die anwesenden Genossen und Genossinnen bringen zum Aus- druck, daß in dem grundsätzlichen Teil des Entwurfes in markanten Worten die Gegensätze zwischen Bourgeoisie und Proletariat geschildert werden. Es wird ober der Weg. auf welchem der Sieg des Prole- tariats erreicht und die im Entwurf festgelegten Forderungen durch- geführt werden können, vermißt. Um Mißverständnissen über den Eharakter unserer Partei und allzu philanthropischen Auslegungen des Programms vorzubeugen, beantragt die Versammlung, daß noch folgendes den grundsätzlichen Forderungen hinzugefügt werden möge: Der Kampf des Proletariats gegen feine Ausbeuter führt not- wendigerweife zur schärfsten Auseinandersetzung. Die Bourgeoisie ist Verteidiger des Privateigentums und somit für Erhaltung der kapitalifttschen Gesellschaftsordnung. Aus dieser Erkenntnis heraus ist die Befreiung der proletarischen Klasse nur ihr«igen Werk ohne Hilfe anderer Klaffen. Darmstadl. Der Parteitag möge beschkeßem Der von der Pro» grammkommission vorgelegte Entwurf zu einem neuen Parteipro- gramm erscheint sowohl in seinem grundsätzlichen wie auch praktischen Test nicht geeignet, als brauchbar« Grundlage für«in zutünftige»

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! sozialdemokratisches Programm zu dienen. Aus diesem Grunde nimmt der Parteitag davon Abstand, schon in diesem Jahre ein end- gültiges Programm zu beschließen. . Um aber den veränderten Verhältnissen Rechnung zu tragen, ist es notwendig, ein Aktionsprogramm zu schaffen, welches in der nächsten Zeit der Partei als Richtschnur und Wegweiser dienen kann. Zur Ausarbeitung eines diesbezügl.chen Entwurfs wird bei Beginn des Parteitages eine Kommission gebildet, welche nach Erledigung der ersten vier Tagesordnungspunkte ihr« Arbeit dem Parteitag zur Diskussion und Beschlußfassung zu unterbreiten hat. Die endgültige Programmrevision wird auf mindestens ein Jahr zurückgestellt. Königsberg i. Pr. Der Sozialdemokratische Verein Königsberg ist der Ansicht, daß der gegenwärtige Zeitpunkt denkbar ungeeignet zur Schaffung eines Programms ist. Di« ungeklärten politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse gestatten nicht, schon heute theoretische Richllinien für die Zukunft aufzustellen. Der Verein erwaret daher vom Parteitag, daß in Görlitz nur neu« Richtlinien für den Tages- kämpf aufgestellt werden, die Formulierung der theoretischen Forde­rungen aber einer ruhigeren Zukunft vorbehalten bleibt. Bezirksvorstand und Bezirksbeiral des Bezirksveibandes Groß- Thüringen. Der Bezirksvorstand und Bezirksb-ürat des Bezirks- Verbandes Groß-Thüringen ist der Ausfassung, daß der vom Partei- vorstand veröffentlichte Entwurf zu einem Parteiprogramm auf den Parteitag in Görlitz nicht angenommen werden kann. Der bekannt- gegeben« Entwurf ist vollständig unfertig, unklar und in keiner Be- ziehung übersichtlich und entspricht auch nicht voll und ganz den sozial- demokratischen Grundsätzen und der sozialistischen Auffassung, von denen die Arbeiter und Angestellten durchdrungen sind. Der Bezirksvorstand und Bezirksbeirat fordern, daß der Pro- grammentwurf nochmals an die Programmkommission zurückgegeben, dieselbe eventuell anders zusammengesetzt, damit bei neuen Beratungen den Auffassungen der Massen mehr Rechnung getragen wird. Znsierburg. Der von der Programmkommission vorgelegte Ent- wurf ist in seiner gegenwärtigen Form zur Annahme nicht geeignet. Mr fordern, daß das neue Programm insbesondere enthalten muß: 1. Bekenntnis zum Klassenkampf: 2. klares Bekenntnis zur Sozial!- sierung: 3. klares Bekenntnis zur sozialistischen Republik: 4. ein ein- gehendes klares Agrarprogramm: 5 klare Stellungnahme zum Heer banne. Aue l. Erzqeb.(Entschließung.) Die Mitgliederversammlung des Sozialdemokratischen Vereins Au« i. Erzgeb. vom 3. August 1921 kann sich mit dem Entwurf zum Parteiprogramm nicht einverstanden erklären und verlangt: 1. im Entwurf eine schärfere Betonung der Notwendigkeit des Klassenkampfes: 2. textlich« Abkürzung des' Ent- wurfs und volle Klarheit der Sätze: 3. den so abgeänderten Entwurf einer gemeinsamen Vorständekonfercnz der SPD. und USPD . vor- zulegen, um die Wiedervereinigung beider Parteien auf dieser Grund- läge vorzubereiten. Hamburg . Die Einleitung des Parteiprogramms ist unter Der zicht auf einen allgemeinen theoretischen Teil wie folgt zusammen zufassen: Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ist die Partei des arbeitenden Volkes. Sie erstrebt die Uebcrwindung des kapitalistischen Wirtschaftssystems durch eine die Wohlfahrt aller Gesellschaftsmit- glieder sichernde sozialistische Gemeinwirffchaft und damit zugleich die allgemeine höchste Steigerung der geistigen und sittlichen Kultur des Volkes. Die kapitallstische Gesellschaft hat sich zur Lösung dieser wirk schafts- und kulturpolittfchen Aufgabe als unfähig erwiesen. In der kapitalistischen Well herrscht, noch oerschärft durch die unheilvollen Auswirkungen des Weltkrieges, die Tendenz, die wirtschaftliche Un< gleichheit und damit die Klassengegensätze immer krasser zu steigern. Einer kleinen Minderheit im Ueberfluß lebender Kapitalisten stehen große mit Not und Elend kämpfende proletarische Schichten gegen- über. Diese unerträglichen Zustände können nur dadurch über- wunden werden, daß die kapitalistischen Produkttonsmittel in den Besitz der Allgemeinheit übergeführt und zugleich alle im Volke vor- handenen Kräfte in planmäßigem Aus- und Aufbau der Produktion zu höchster technischer Vollkommenheit und lebendiger Arbeits- freudigkeit erzogen werden. Daher fordert die Sozialdemokratie: Im Anschluß an diese Einleitung sind in knappster Formulierung die Forderungen der Partei aufzustellen, und zwar in folgenden Gruppen: 1. Wirtschaftspolitische Forderungen, worunter die Förderung des gemeinnützigen Genossenschaftswesens und der Schutz aller Er finderrechte durch den Staat kräftig hervorzuheben sind. 2. Agrarfragen, wo an die Spitze der folgende Satz gestellt werden müßte: ,/Das Privateigentum des Kleinbauern an Land und Arbeitsmitteln bleibt unangetc stet." 3. Finanzen, wo nicht auf den Versailler Vertrag Bezug zu nehmen, sondern nur kurz zu sagen ist:Für die Finanzpolitik des Reiches, der Länder und der Gemeinden fordert die Sozialdemo- kratie...* und wo die ForderungenSchonung des niedrigen Ar- beitseinkommens" an die Spitze zu stellen und eine entschiedene Afr lehnung von indirekten Steuern auf unentbehrliche Lebensmittel auf zunehmen ist. 4. Verfassung und Verwaltung, worunter kurz zusammengefaßt die kommunalpolitischen Forderungen mit aufzunehmen sind. 5. Bevölkerungs- und Sozialpolitik, worunter zuerst die Forde- rungen für eine gesui de, dem sozialistischen Aufbau sich anpassende planmäßige Bevölkerungspoütik tritt dem Ziel einer körperlichen und geistigen Ertüchtigung des einzelnen wie der Gesamtheit aufzuführen und anschließend die veröffentlichten Forderungen des Entwurfs über Sozialpolitik, zu denen noch die ForderungAusgleichende Fürsorge für kinderreiche Familien" aufzunehmen ist. ö. Beamtenrecht, v orunter die im Entwurf aufgeführten Forde- rungen für die Beamten mit Ergänzungen, die sich aus Anträgen ergeben werden, aufzunehmen wären. 7. Gesundheitspflege, wie Entwurf. 8. Wohnungswesen, wo die zweimalige Forderung der Der- gesellschaftung, die int grundsätzlichen Teil schon ausgesprochen ist, wegfallen müßte. 9. Rechtspflege, wo der Fassung des Entwurfs im AbsatzZivil- prozeß" hintermenschlichere und wirtschaftlichere Zwangsvoll- streckunq" die WorteBelassunq des Existenzminimums bei jeder Lohnbeschlognahme" und im AbsatzStrafrecht" noch dieStraf­losigkeit der Scbwangerschaftsunterbrechuna in sozial und gesundheit- lich begründeten Fällen" als Forderung eingefügt werden müßten. 10. Kulturpolitik, worunter ganz neu ein HauptabschnittSchule" aufzunehmen wäre mit folgender Einleitung: Um allen im Volke keimenden und aufstrebenden Kräften und Fähigkeiten freie und gleiche Entwicklungsmöglichkeiten zu gewähr­leisten, fordert die Sozialdemokratie den einheitlichen Aufbau des gesamten Schulwesens nach dem Grundsatz: daß jedem Kinde der unentgeltliche gleiche Bildungsgang offen steht vom Kindergarten bis zur Universität. Im einzelnen fordert die Sozialdemokratie:... Hierunter müßten die Forderungen gebracht werden, die von der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer in Hamburg auf- gestellt und dem Parteitage als Sonderantrag zum Programm ein- gereicht sind. Besonders betont werden müßte die ForderungUm- fassende Hilfe des Staates für die Kinder armer Eltern, um jede Behinderung im Aufstieg eines Kindes aus sozialen Gründen aus- zuschließen". 11. WeltpoNtik, Völkerrecht und Jnternattonale. Unter diesem Schlußabschnitt müßte der leitende Gedanke der Außenpolitik der Sozialdemokratie wie folgt an die Spitze gestellt werden: Die Herbeiführung und Erhaltung eines dauernden, von allen Völkern freiwillig anerkannten und geachteten Weltfriedens ist das oberste Ziel der Sozialdemokratie. Sie fordert aus diesem Grunde: 1. Ersetzung des Vertrages von Versailles durch einen wirklichen Friedensvertrag, der ohne Kränkung, ohne Willlürbestinummgen

und ohne Beschränkung der Arbeit der besiegten Völker ist. 2. Gleichberechtigung aller Völker auf allen Meeren der Welt und allen Wasserstraßen, die die Meere verschiedener Länder unterein- ander verbinden. Offene Märkte für den Handel aller Völker in den Ländern und Kolonien der ganzen Welt. Hier anschließend könnten die im Entwurf veröffentlichten Forderungen Gesetz werden, unter Streichung derJnternationali- sierung der Wasserstraßen und Durchführung des Gundsatzes der offenen Tür" in Ziffern 5 und 6 des veröffentlichten Entwurfs, da diese Forderungen in der beantragten Neufassung der Absätze 1 und 2 enthalten sind. 19. Schulforderuugen, ausgearbeitet von der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer Hamburgs . Schule und Erziehung. Dos Leben der Gesellschaft bewegt und gestaltet sich mst der Formentfaltung ihrer Wirtschaft. Die materielle und geistige Pr» duktion entfesselt in mannigfaltiger Wechselwirkung die Gesamt* kräfte ihrer Glieder. Dies Gesetz gilt auch für die Schule. Sie ist für die Jugend die Form der Arbeit im Dienste der Gemeinschaft, die des instinktsicheren, schöpferischen, verantwortungsbewußten Menschet» bedarf. Die Schule wird damit zu einem aufbauenden Gkede der sozim listischen Gesellschaft: sie ist nicht mehr Fremdkörper, sondern Wesen» teil der Gesellschaft. Sie ist Lebensstätte der Jugend; sie unterbricht nicht die natürliche Entwicklung, sondern fördert sie: ihr oberstes G« setz ist die Unversehrtheit des Kindes. Sie ist nicht Werkzeug kirche licher und politischer Parteien, dient nicht Dogmen und Programmen, ist nicht abhängig von Klassen und Ständen. In einheitlichem Auf* bau vom Kindergarten bis einschließlich zur Hochschule dient sie der Gesamtheit des Volkes. Nächste Forderungen. Innere Schulgestaltung. Entwicklung der Schule aus einer Unterrichtsanstast zu eines erzieherischen Arbeitsgemeinschaft. Bildung der Persönlichkeit durch die Gemeinschaft für die Ge*. meinschaft aus dem Wege produktiver, körperlicher und geistig«! Arbeit. Ausbau der Schule zu einem Haushalt mst eigen« Wirtschaft* sicher und geistiger Bedürfnisbestiedigimg. Die Schule, einschließlich der Hochschule» als Arbeits-, Lehr- und Kulturstätte der Jugend mit ihren Lehrern und anderen zur Er* ziehung Berufenen(Handarbeitern, Künstlern) als Führern. Erziehung zur Selbstregierung, Selbstauslese der Begabunge« durch vielgestaltige Arbeit auf dem Gebiete des Ertennens, Ge* staltens und Handelns. Aufbau und Verzweigung des Schulwesens nach der Richtung daß keine Begabung eine Schranke findet. Ausbildung der besonderen Anlagen in fielen, wissenschaftsichen, künstlerischen, technischen Arbeitsgemeinschaften. Beseitigung des Prüfungs- und Berechtigungswesens. Verbindung der Kinderhilfe jeglicher Art mit der Schule. Umgestaltung der Horte, Jugendheime, Waisenhäuser, Er* ziehungsanstalten(auch Gefängnisse) in Stätten helfender, für« sorgender und rettender Gemeinschaften. Einheitsschule. Oeffentsiche Kindergärten für das vierte bis- sechste Lebensjahr, deren Besuch auf Anordnimg der Jugendamt« zur Pflicht gemacht werden kann. Mindestens sechsjährige Grundschule. Anschließend eine mindestens zweijährige Pfsichtschule ckls Heber* gang zur Berufs- und Fortbildungsschule bis zum achtzehnte«. Lebensjahre. Sechsjährige Oberschule im Anschluß an die Grundschule. Mög* lichkeit von Uebergänqen von einer Schulart zur mtderen. Hochschulen als Berufsschulen für besondere Begabungen und als wissenschaftliche Forschungsstütten, Volkshochschulen als freie Arbeitsgemeinschaften zur Weiter* bildung ohne Rücksicht auf Vorbildung zum Ausbau einer lebendigen Volkskultur. Besondere Einrichtungen für körperlich, geistig od« sittlich ab* norme Kinder. Beseitigung des Schutgeldes, Uncntgeltlichkeit der Lehrmittel, Er*. ziehungsbeihilfen, Freifahrten bei notwendigen Schulwegen und Schülerwanderungen, Verbot des Lohnabzugs für den Fortbildung» fchulbesuch. Weltliche(bekenntnisfreie) Schule. Keine Trennung nach Glaubensbekenntnissen für Kinder unlk Lehrer, kein Religionsunterricht. Scßulverwaltung. Einheitliche Schulverwaltung für alle Schulgattungen nach de« Grundsätzen der Selbstverwaltung. Verantwortlichkeit des Lehr* körpers' für die Arbeit jeder einzelnen Schule. Teilnahme der Eltern an der Arbeit der Schule. Verwaltung jeder einzelnen Schule durch Lehrkörper und Elternrat. Wohl der Eltern* räte durch die Elternschaft der Schule. Wahl des ehrenamtlichen Schulleiters durch den Lehrkörper und durch den Elternrat auf Zeit. Bei Fach- und Berufsschulen Fachbeiräte, die von den eckt* sprechenden Berufen gewählt werden� Wahl derselben durch die Be* rufsangehörigen. Mitwirkung der Schüler durch Schülerräte. Mit* Wirkung der Lehrer und Eltern auf allen Stufen der Schulver* maltung durch eine für alle Schulgattunqen gemeinsame Eltern* und Lehrerkommer sowie durch gewählte Eltern und Lehr« bis zur Reichsschulbehörde und Reichsschulkammer hin. Schulaussicht im Auftrage des Staates durch Schulsachleute. Berufung dersewea durch staatsiche Behörden unter Mitwirkung von Eltern- und Lehre» kämm er. Lehrerbildung. Ausbildung aller Lehrer auf der Hochschul«. Abschaffung ßvi sonderer Lekrcrdildunflsanstalten. Der Parteitag wolle beschließen, in das Parteiprogramm ei»* zufügen:Wir fordern Sozinlisierung des Buchgewerbes und d» Presse, insbesondere Trennung des Jnferatenwesens von d« Presse« Herausgabc besonderer Annoncenblätter im Staatsmonopol." Der§ 5 des Erfurter Programms, der da heißt:Abschaffung aller Gesetze, die die Frau in öffentlicher und privatrechtlicher Be* ziehung gegenüber dem Manne benachteiligen." ist in da? neue Pro* gramm mit hinüberzuKrttmeti. Um dos internatioukile Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken und internationale Konpresse wirksamer zu gestalten, sowie grdge Ersparnisse an Zeit und Kosten für Uebersetzungfti zu machen, ist im Parteiprogramm die Einführung einer internationalen Hilfssprache zu fordern. Unter Völkerbeziehungen ist nachNationaler Selbstbestimmung usw." aufzunehmen:Revision aller umstrittenen und aller seit 1918 durch Machtspruch geregelten Staatsgrenzen durch Volksabstimmung nach Gemeinden, frei von jedem militärischen Druck und unter au» schließlich neutraler Leitung und Kontrolle. Wo die Verwirklichung des Abstimmungsergebnisses der einzelnen Gemeinden zur Bildung eingeschlossener fremdstaatlicher Gebiete(Enklaven) führen oder auf unverhältnismäßig große verkehrstechnische Hindernisse stoßen würde und die beteiligten Staaten sich nicht and«weiüg einigen, Ziehung der Grenze nach dem Grundsatze, daß die nationalen Opfer zu beiden Seiten im ganzen gleich groß sind. Völkerrechtlicher Schutz all« verbleibenden nationalen Minderheiten nach dem Grundsätze voll* kommen« Gegenseitigkeit und im Sinne freiest« Selbstregierung und Selbstverwaltung Parteifähigkeit all« demgemäß organi- sierten größeren nationalen Minderheiten vor dem internationalen Schiedshof."