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Nr. 4?5»3L. Jahrgang Sonnabenh, z. September 1921

Groß-Serliner Alle Lasten ans die t Das Rückgrat der städtischen Finanzen bildete früher die Ein- kommen st euer. Das ist heute nicht mehr der Fall, da den Ee- meinden die Erhebung selbständiger Zuschläge zur staatlichen Ein- kommensteuer verboten ist. Das Reich überweist vielmehr von sich aus den Kommunen einen Anteil der staatlich veranlagten und ein- gezogenen Reichseinkommensteuer. Dieser Anteil wird zurzeit er- rechnet nach dem Ist der Gcmeindecinkommensteuer des Jahres 191g mit einem Zuschlag von 35 Proz. Wie wenig dieser Steucrbctrag geeignet ist, die durch die Kriegswirtschaft und die Kriegslasten hervorgerufene Finanznot der Ge- meinden zu mildern, beweist der Berliner Haushaltsplan, bei de>n einem Bedarf von 5 Milliarden eine Einnahme von wenig über 1 Milliarde aus der Reichseinkommensteuer gegenübersteht. Auch Groß-Berlin sind also die Hände gebunden. Es darf keine direkte Besteuerung seiner Einwohner vornehmen. Dieselben kapital!- st i s ch e n Parteien, die ihm das ganze Finanzelend der Kriegserbschaft überlassen haben, geben ihm als schwachen Trost das Recht, neue indirekte Steuern zu erfinden, um seinen Etat zu balancieren. Im Reiche sorgt die vereinigte Reaktion dafür, daß die besitzenden Klaffen bei der Deckung des staatlichen Bedarfs möglichst geschont werden, und den Gemeinden ruft man zu: Seht zu, wie ihr fertig werdet! Wir wissen, daß die Finanzen Groß-Berlins noch durchaus nicht die schlechtesten von den Städten der deutschen Republik sind. Aber auf die Reichshauptstadt hat man es nun einmal ganz besonders scharf abgesehen, doppelt scharf, weil hier eine sozial! st ifche Mehrheit am Ruder sitzt. Man möchte gar zu gern den Kredit der Rcichshauptstadt untergraben, ihr die Balancierung des Etats unmöglich machen und dann nach Demagogenart sich in die Brust werfen:Seht euch die sozialistische Mißwirtschaft an! Sie hat Berlin in den Bankrott geführt!" Diesen billigen Triumph der Reaktion zu verhindern, mußte die erste und wichtigste Aufgabe der sozialdemokratischen Finanzpolitik im neuen Groß-Berlin sein. Ganz sicherlich wäre an einem wirklichen Dankrott Berlins die sozio- listische Verwaltung am o l l e r w e n i g st e n schuld gewesen muß sich doch jeder halbwegs Bernünftige sagen, daß die Kriegs- defizitwirtschaft und die durch den Krieg herbeigeführte finanzielle Steuerbelastung sich noch jahrelang und einstweilen immer stärker und fühlbarer auswirken muß. Aber die Reaktion rechnet hier wie überall mit dem kurzen Gedächtnis gewiffer Schichten dds Bürgertums, und der deutschnationole Stadtverordnete und Pfarrer Koch hat bei seiner Etatsrede im Frühjahr schon den ver- logenen Versuch unternommen, die steigende Schuldenlost Berlins dersozialistischen Mißwirtschaft" aufs Konto zu setzen. Damals haben die Massen der Berliner Bevölkerung wohl den D e m a g o- gentrick des Herrn Pfarrers noch durchschaut. Aber wenn es uns nicht gelungen wäre, den Berliner Etat für 1921 zu balancieren, so hätte der deutschnationale Lügenfeldzug neue Hilfskräfte erhalten. Die Reaktion hätte es leichter gehabt, ihre eigene Riesen- schuld an der Rot Berlins hinter dem Verleumdungsgeschrei von derMißwirtschaft" zu verbergen. Unsere Fraktion war bei dieser Sachlage sich von vorn- herein darüber klar, daß neue Einnahmequellen für die notleidenden städtischen Finanzen erschlossen werden müßten. Es bestand auch kein Zweifel darüber, daß ein Festhalten an irgendeiner Steuerdogmatik der Rot des Augenblicks nicht gerecht werden konnte. Unsere an sich wohl begründete Ablehnung indirekter Steuern war nicht aufrechtzuerhalten, wenn das Defizit nur durch neue Steuern zu decken war und den Gemeinden nur das Rocht zur Schaffung indirekter Steuern zustand. So haben wir denn und mit uns die Unabhängigen einer Reihe neuer indirekter Steuern Miserere Zustimmung gegeben und dadurch den Unentwegten von ganz links die Gelegenheit geboten, ihr sattsam bekanntes Geheul vomPrinzipienverrat" zu erheben. Und sie haben es selbstverständlich getan. Aber just in einem Augenblick, wo den Kam-

,2, Die Rächer. Roman von 5) e r m a n n Wagner. Die Geräusche der Straße waren erwacht und brüllten mit neuer Kraft in den jungen Tag hinein. Kein Mensch achtete des anderen. Man hastete vor- und rückwärts, eiserne Roll- lüden wurden hochgezogen, ein Geschlecht der Arbeit machte sich breit. Die Müßiggänger schliefen noch, sie hatten hier nichts zu suchen. Aus alledem bin ich ausgeschaltet, dachte Reisner. �ich bin ein Rad, das gebrochen ist, das man beiseite geworsen und durch ein neues ersetzt hat. Es vollzog sich alles so schnell in dem Fieber der Zeit. Gestern stand man noch im Mittel- punkt einer Bewegung, heute brach man zusammen, und die West redete gleichgültig davon, morgen war man vergessen. Man lag am Weg, kein Vorübergehender wandte den Kopf nach einem, denn niemand hatte Zeit. Er überschritt den Fahrdamm, überquerte die Leipziger Straße und flüchtete in eine Nebengasse. Dort hingen Schilder an den Türen, die möblierte Zimmer anboten. Er ging wahllos in das erste Haus. Ein unrasierter Mann in Filzpantoffeln öffnete ihm und führte ihn durch einen finsteren Flur in ein Eckzimmer, das die gute Stube der Familie war. Plüschmöbel, die noch Kampfer rochen, ein bronzierter Lüster mit nie angebrannten Kerzen, ein Vertikow, auf dem zahllose billige Nippes standen, ein Schreibtisch aus weichem Holz, ein Teppich, über den zum Schutz ein Hader gezogen war, ein Bett, das kalt und feindselig aussah das war das fein möblierte Zimmer. Reisner fragte nach dem Preis. Der Mann tat. als müsse er erst überlegen, und rief schließlich seine Frau, eine üppige Vierziqerin. die notdürftig Toilette gemacht hatte, die noch ungewaschen war. mit wirr über die Stirn hereinhängenden, ungekämmten Haaren, ver- drießlich ob des Aergers mit den Kindern, die in der Küche lärmten, und doch zugleich süßlich und entgegenkommend lächelnd. Vierzig Mark," sagte ste in einem Ton, der verriet, daß sie in der Familie die Herrin war,aber den Kaffee extra." Reisner zahlte und bat, man möge ihn allein lassen, er wolle schlafen. Er verriegelte die Tür, entkleidete sich und

Steuerpolitik. l'agfähigen Schultern! munisten eigentlich der Irrsinn ihrer Prinzipien- r e i t e r c i hätte selbst aufgehen müssen Ausgerechnet bei der Aus- dehnung der Biersteuer auf die neue Einheitsgemeinde wollte uns ihr Sprecher Letz darauf festnageln, daß wir entgegen unserem Pro- gramm eine indirekte Steuer bewilligten. Und er merkte nicht, daß eine Aufhebung der bestehenden indirekten Bierbesteuerung keinem einzigen Arbeiter sein gelegentliches Glas Bier verbilligt haben würde, dafür aber denarmen" Großbrauereien ein w i l l k o m- mcnes Millionengeschenk in den Schoß geworfen hätte. Es sind eben Pechagitatoren, unsere kommunalen Kommunisten diese Prinzipienfesten, dieniemals eine indirekte Steuer bewilligen" und dann 8 Tage darauf der WoHiiungsluxussteuer zustimmen und später für eine Autosteuer eintteten. Da gab es auf einmal keine Prinzipien" mehr, weil man befürchten mußte, daß auch Prinzipien- festeste Wählerkammunisten die Ablehnung einfach nicht v e r st a n- den hätten, weil die Arbeiterschaft besser als ihre scgenannten Führer darauf hingewiesen hätte, daß es ebensolche" indirekten Steuern oibt undsolche", daß es in dieser Zeit außergewöhnlicher Rot ein Wahnsinn wäre, den auggesprochenen Luxus unbesteuert zu lassen, nur weil man aus Prinzip gegen jede indirekte Steuer ist. Neue Steuern durften freilich nur bewilligt werden und sind auch von uns nur bewilligt worden, wenn sie o u s s ch l i e ß- lich die wirtschaftlich starken Schultern belasteten oder sogar den Luxus und die Verschwendung betrafen. Der Arbeiter, der Angestellte, der Beamte trägt schon schwer genug an de in Steuerabzug, durch den sein Anteil an der Reichssteuer vor- weggenommen wird. Er kann und soll mit neuen indirekten Steuern nicht eher belastet werden, ehe nicht die besitzenden Kreise verhüll- nismäßig ebenso stark und stärker zu den allgemeinen Lasten herangezogen sind. Für die Steuerpolitik unserer Partei in Groß- Verlin galt also als Norm, daß wir nur solchen Steuern unsere Zustimmung gaben, die sich auf die deutlichen Anzeichen eines W o h l st a n d e s, der. über den Durchschnitt hinausgeht, gründeten. Wir haben bei diesem unseren Grundsatz und bei unseren eitt- sprechenden Anträgen die geschlossene Front der bürger- lichen Parteien gegen uns gehabt. Wie immer, wenn es an den Geldbeutel der Besitzenden geht, haben sich hier, die bürgerlichen Demokraten mit den übrigen reaktionären Parteien sehr schnell zu einer Waffenbrüderschaft zusammengefunden zum Schutze ihrer heiligsten Güter. Ja, die Rechtsparteien haben sich nicht mit der Ablehnung im Rathause begnügt, sondern mit Hilfe ihrerVerbindungen" und Beziehungen" in den reaktionären A m t s st u b e n der Mi­nisterien auch bereits beschlossene Steuergesetze nachträglich zu sabotieren oersucht. Lcider ist ihnen dies verschiedentllch gelungen, und wir sehen hier wieder, wie die Kommunalpolitik im letzten Grunde aufs innigste mit dergroßen" Politik zusammenhängt. Eh« wir die Reaktion in Reich und Ländern nicht niedergerungen haben, wird auch eine sozialistische Gcmeindcpolitik immer wieder auf tausend Widerstände und Hchwie/igkeiten stoßen. lieber unsere kommunale Steuerpolitik aber dürfen wir getrost das Urteil unserer Wählerschaft erwarten. Von allen unseren Wählern, von den breitesten Schichten der Arbeiter-, Ange- stellten- und Beamtenschaft wird kein einziger etwas von denjenigen Steuern, die wir neu beschlossen haben, bishergemertt haben oder in Zukunft merken. Don der Wohnungsluxusstcuer über die Auto- und Pferdesteuer bis zur Hausangestelltensteuer trifft keine einzige die Schultern derer, die nicht tatsächlich über einen gewissen Wohlstand verfügen. Wir haben in unserer Steuerpolitik den einzig bleibenden Grundsatz zu verwirklichen versucht, daß die Lasten der Allgemeinheit wirklich auf die tragfähigen Schultern gelegt werden. Und so soll es bleiben. So wird es bleiben, wenn die Sozialdemokratische Partei im neuen Stadtparlament den aus- schlaggebenden Faktor bilde t. Richard Lohmann.

warf sich auf das Bett, dessen roher, gestärkter Ueberzug ihn gruseln machte. Draußen lärmten erbarmungslos die Kinder und tram- pelten mit den Füßen, die Frau schimpfte im rohesten Berliner Dialekt, man hörte das Klirren von Kaffeetassen, wie aus weiter Ferne kamen die Glocksnsignale der Elektrischen und irgendwo krächzte ein Grammophon das Lied:Ach, das haben die Mädchen so gerne.." Von diesem Lärm, der ihn feindselig anbellte, umstellt, schloß Rcisner die Augen und schlief ein. Er erwachte durch ein Klopfen an der Tür und sah auf die Ubr. Es war zwei Uhr nachmittaags. Er fuhr in die Kleider und öffnete. Die Wirtin schob ihre Fülle durch die Tür und verlangte, daß er den Anmeldeschein ausfülle. Er tot es, und sie stellte erstaunt fest, daß er in Berlin- Grunewald zu Hause mar.Sind Sie auch ein Dauermieter?" fragte sie bösartigen Mißtrauens. Erst jetzt bemerkte er den gemeinen Zug in ihrem Gesicht. Die Art. wie sie sich aufgedonnert hatte, die Fülle ihres über- quellenden Körpers gewaltsam zusammenpressend, ließ ihn noch deutlicher hervortreten. Reisner fetzte sich an das Fenster und brütete vor sich hin. Die Kinder lärmten noch immer, besonders die Stimme eines Knaben tat sich hervor, frühreif, brutal und ordinär. Die Zeit schlich mit schlepnender Langsamkeit. Reisner war es, als stecke er in einem Sack, den man oben fest zugeschnürt hatte. Vom Flur her kamen leise, longsam schlürfende Schritte. 'Der Wirt, schien es. machte in feinen Filzpantoffeln einen Spaziergang. Wie eine Wache, die man vor meiner Tür postiorf h-ft. dachte Reisner. Er überdacht? leine Lage. Er tat es-um erstenmal und lab"im erstenmal auch klar: sie war trostlos, sie war ver- zwe'Mt.' Wohin er st� auch wandle er lab di« di» er cu-ben wallte nerftaast. Die Ldee dasi er eine kleine Aaenttir über- nabm. war einlach lächerlickv(Pefpftt den Fall, daß er eine bekommen bätte. er war nicht imstande, ibr vorzustehen. Er kannte nicht reden, kein Wart. Und er füblte, daß da? nicht bester werden'de. In lein.-ni Gehirn war irgend etwas zerbra-ben. Er spürte einen klallenden R'ß. Er hatte ein unermeßliches Rnhebedürfnis. er lehnte sich nach einem Schweigen, das endlos war. Die lärmenden Kinderstimmen hämmerten auf seine Nerven ein, die schlür-

durch öas Spreetal . Quer durch das Spreetal führt uns eine Wanderung von Erkner nach Königswusterhausen . Wir beginnen sie in Erkner . Rechts unter der Bahn hindurch und über das Vcrbindungsflish des F l a k e n f e e s mit dem Dämeritzfee kommen wir zur Kirche. Auf der Chaussee nach Neu-Zittau verlassen wir den freundlichen Ort. Zu beiden Seiten des Weges schweift der Blick über die weiten Wiefenflächen des Spreetals, di« von dunklem Kiefernwald eingerahmt werden. Rechts ragen die M ü g g e l» berge und die Gosener Berge auf, mit dem Dorf Gosen davor. Wir kommen an der Siedlung Schönschorn st ein vor- über und haben bald darauf Neu-Zittau erreicht? kurz vor dem Ort überschreiten wir die Spree. Neu-Zittau ist ebenso wie Gosen und Friedrichshagen ein« Kolonistensiedlung, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts angelegt wurde. In östlicher Richtung ziehen wir aus dem Dorf hinaus nach Burig an der Spree . Von hier folgen wir dem Friedersdorfer Weg: er führt dauernd durch Kiefernwald. Nach etwa% Stunden macht der Weg eine scharfe Biegung nach links. Der nächste Gestellweg bringt uns nach rechts auf den Stahlberg, der sich 85,5 Meter übex den Meeresspiegel oder 53 Meter über den Dämeritzfee erhebt. Don hier oben hoben wir einen prächtigen Ueberbiick über das Waldgebiet bis Wusterhausen hin, von wo uns die Masten der Telefuntenstation grüßen. Meilen- weit erstrecken sich die Kiefernwälder durch das ebene Land. Die schnurgeraden Gestellwege sind häufig von Birken eingefaßt, deren helle Laubkronen sich deutlich von dem dunklen Grün der Kiefern abheben. Das Spreetal oildet einen Teilabschnitt des großen Ber - liner Urstromtals. Auf dem Talsand, der an manchen Stellen, wie in den Püttbcrgen bei Wilhelmshagen und zwischen Erkner und Fürstenwalde, zu großen Dünenzügcn zusammengeweht wurde, siedeln sich anspruchsoollcre Pflanzen nicht an. So sehen wir denn hier den innigen Zusammenhang der geologischen Verhältnisse mit dem Pflanzenwuchs, einen jener Zusammenhänge, denen wir in der Natur überall begegnen. Vereinzelt steigen aus der Talebene Berg- kuppen wie Inseln empor, lo der Stahlberg, auf dem wir stehen, die Gosencr Berge und die Müggclberge. Sie sind bei der Aus- wafchung des Tals durch die Fluten der eiszeitlichen Schmelzwässer als Ueberreste der ehemaligen Hochfläche stehen geblieben. Vom Stahlberg steigen wir zur Chaussee hinab und wandern über den Oder-Spree -Kanol, der vom Seddinsee auf möglichst geradem Wege nach Fürstenwalde und weiter zur Oder führt. Jen- feits der Brücke auf dem Kablower Gestell(dl) gen Südwest. Bald hinter der Kreuzung des Weges Fürstenwalde Königswusterhausen (in der Nähe des Jagcnsteins dll) rechts ab auf dem sich schlängeln- den Weg zur kleinen Siedlung Uklei um Ukleifee. Wir wandern rechts um die Ansiedlung herum(WegweiserKablower Ziegelei", späterNiederlchme") und kommen beim Jagenstein Qt an die Straße von Fürstenwalde. Dieser folgen wir in südwestlicher Rich- tung über die Bahn von Be:skow bis zur Zernsdorfer Chaussee kurz vor Neue Mühle. N e u e M ü h l e an der Dahme ist ein beliebtes Ausflugsziel, besonders für Dampferpartien. Im Süden der Siedlung liegt der Tiergarten, ein schönes Laubwaldgebiet, das eine angenehme Abwechslung zu den durchwanderten Kiefernwäldern bildet. Die Chaussee führt au der Spukbrücke vorüber nach Königswusterhausen, einem Marktflecken an der Notte, die hier in die Dahme mündet. Nicht weit vom Bahnhof kiegt.lios ganz von Efeu umsvonnene Jagdschloß, in dem derEa'.daten- könig" seineTabakskollegien" abhielt. virgina Moll vor Gericht. Bei der gestrigen Verhandlung wurde die Einfuhr der konden- sierten Milch auf Grund der dafür erteitten Ausfuhrbewilligung be« handelt. Der Vorsitzende hiell hierbei der Angeklagten vor, daß sie in der Borunterjuchung selbst zugegeben habe, daß sie in Amerika keinen Menschen Hab«, der ihr auch nur einen Pfennig geben konnte. Die ganze Liebesgabe ngeschichte sei Schwindel, sie wäre allerdings ein glänzendes Geschäft gerporden, wenn die Sache so weitergegangen wäre. Die Angeklagte widersprach dem und behauptete, daß sie so reichlich mit Einfuhrscheinen versorgt worden sei, daß sie viel davon sogar fortgeworsen habe. --------------------------------------------- senden Schritte des unrasierten Mannes draußen brachten ihn zur Verzweiflung. Und es war ihm unmöglich, noch einmal das Gesicht der Vermieterin zu sehen. Alles das tat ihm nicht nur weh. es engte ihn ein, wie einen, der nahe daran ist, zu ersticken. So machte er in kurzen Abständen ein paar Schritte durch das Zimmer, blieb stehen, starrte irgendeinen Gegenstand versunken an und schrak dann plötzlich auf. Wo war er und wohin gehörte er? Er hatte kein Daheim. Er gefiel sich in der Vorstellung. in einem Krankenhaus zu liegen, wo Schwestern sich mit leisen Handgriffen um ihn bemühten. Diese Ruhe, dieses Schweigen brauchte er, die Apathie eines Menschen, dem alles gleichgültig ist, weil vielleicht schon der Tod lauernd um fein Bett schleicht. Alles Denken war ausgeschaltet, es war ihm abgenom- men wie eine Bürde, der er nicht mehr gewachsen war. Andere dachten für ihn. Das war so wohltuend. Die Ge- danken waren durch ein vages Gefühl ersetzt, das halbwach träumte und oft ganz schlief. Er war wie ein Nachtwandler. Die Welt war voll von Geheimnissen für ihn, die er überwunden hatte. Er stand außerhalb der Welt. Und plötzlich nahmen seine Vorstellungen noch etwas Ruhigeres an. Er sah sich im Gefängnis. Dieses war noch friedvoller als das Krankenhaus, denn es war schon wie der Tod. Wie war es nur möglich gewesen, daß er sich vor ihm so gefürchtet hatte? Er kannte es docb. Auch dort war es nicht nötig, daß man dachte. Einmol überwunden, hatte die Einsamkeit des Gefängnisses keine Schrecknisse mehr. Man lebte ruhig und war aller Konflikte enthoben. Eine tiefe Nacht kam. ernst und doch barmherzig in ibrem ehernen Schweigen, und man ertrank in ihr zu einem langen Schlaf. Alle Wünsche gingen heim, aber es gab auch keine Absagen. Des Lebens wechselvoller Kamvs war ans- gehoben, es gab keine Niederlagen und keine Siege Keine Zukunft lockte und keine Vergangenheit schreckte, indem sie da? Gewissen aufwühlte. Min träumte in dem ewigen Gleichmaß einer Gegenwort, die einen der Notwendigkeit jedes Handelns enthob. Man war eine Nummer. Den Men- schen hatte man abgelegt, begraben. Der Friede des Grabes war um einen.(Fortsetzung folgt.)