Nr. 423 ♦ ZS.�ahrgaag
Heilage öcs Vorwärts
Vonnerstag, s. September 1�1
GroßGerün Ein stiller Winkel. Wenn man mit der.47" oder„57" nach Niederschönhausen fährt und in der Kaiser-Wilhelm-Straße an der Haltestelle hinter der Kirche aussteigt, bemerkt man zunächst einige Gartenhäuser. Man ahnt nicht, daß sie den„L r o s e- P a r k" verbergen, der im Sommer dieses Jahres von der Gemeinde der Oeffenllichkeit über- geben worden isti Eine Gartentür trägt die Hausnummer 16. Durch sie hindurch gelangen wir sofort in den Part, der eigenartig, geheimnisvoll, fast verwunschen anmutet. Links von der Gartentür rankt edler Wein am Giebel eines ehemaligen Herrenhauses empor und umschließt ein Fenster, aus dem rote Fuchsienblüten lugen. Es fehlt nur noch ein süßer Mädchenkopf und ein Freier im altmodischen Gewände und ein Tpitzwegsches Gemälde ist fertig. Ein kleiner Bub schaut sehnsüchtig nach den letzten Weintrauben empor:.Ich kann nich rauftlettern", sagt er traurig und schüttelt sein Lockenköpfchen. Nach dem Park hinaus läuft dle Veranda dieses Hauses, deren Dach von vier dorischen aus Holz gefertigten Säulen getragen wird. Hohe Lhornbäume spenden dem Eintretenden Schatten, und hübsche Buchsbaumanlagen bilden gleichsam den Vorhos. Viereckige Säulen, die von Körben gekrönt sind, in denen sich Hortensien wiegen, stehen rechts und links, und dann teilen sich die Wege. Enge, kleine Wege, in denen man oft nur allein gehen kann, die aber von Liebenden sicher auch gemeinsam und wahrscheinlich sogar mit Vorliebe be- nutzt werden.(Zu„Mondscheinpromenaden" ist jedoch keine Ge- legenheit, da der Park mit dem Eintritt der Dunkelheit geschlossen wird.) Zu beiden Seiten dieser Wege stehen undurchdringliche Mauern von dichtem Strauchwerk oder düsteren Tannen. Hin und wieder treffen wir breitere Wege, auf denen auch die Sonnen- strahlen spielen. Niedrige, grün gestrichene Bänke sind für den Ruhebedürftigen da, auch in zierlichen Lauben darf man sich niederlasien. Niedliche Serpentinen führen auf einen Hügel, und nach dem Ueberschreiten einer kleinen Holzbrücke erreicht man eine von diesen Lauben, die mit Stroh gedeckt ist und aussieht, wie die Nachbildung eines vor- geschichtlichen Hauses. Waflerbasiins sind auch da, leider sammelt sich in ihnen nur Staub und trockenes Laub, das Wasser fehlt. Dieser Mangel hat sich im Verein mit der großen Trockenheit sehr bemerk- bar gemacht: überall ist das Gras verdorrt und müde hängen die Zweige und Blätter vieler Bäume und Sträucher. Einige Teile des Parks sehen ganz alt und verstaubt aus. Auf einer tr'- wenigen freien Flächen steht eine ganze Tannenfamilie. In der Mitte reckt eine alte knorrige ihr Haupt. Irgendein Rankengewächs hat sich mit ihrem Stamm und den Zweigen vermählt, so daß es fast an- mutet, als ob hier ein Nadelbaum breite Blätter trage. Um diese Großtanne herum hat sich eine Menge kleinerer geschart wie die Kücken um die Henne. Eine ganze Reihe von freundlichen Wegen ist durch Gitter, einige sogar durch Stacheldrahtverhau abgesperrt. Was mag da- hinter alles verborgen seinß Auf diese geheimnisvolle Frage ist der ganze Park eingestellt, man glaubt in eine romantische Welt versetzt zu sein. Man würde sich nicht wundern, wenn aus den Gebüschen Rokokodomen hervortreten und mit ihren gepuderten Partnern ein zierliches Menuett tanzen würden. Die Vergangen- heit öffnet sich hier der neuen Zeit. Der polizeipräflöent an öle öeamtensthast. Der Polizeipräsident von Berlin hat folgenden Erlaß an die ihm unterstellte Beamtenschaft gerichtet: „Die zum Schutz der Republik von der Reichsregierung ge- troffsnen Maßnahmen stellen bei ihrer Durchführung die Beamten- jchost des Polizeipräsidiums vor Aufgaben, deren Lösung in erster Reihe von der Besonnenheit und dem Takt der Beamten abhängt. Nur eine vom Vertrauen der Bevölkerung getragen« Polizei-Beamtenschaft kann den Anforderungen ihres verant- mortungsschweren Dienstes gerecht werden. Pflicht jedes einzelnen Beamten ist es daher, sich— dienstlich wie außerdienstlich— so zu
betätigen, daß Zweifel in seine Verfassungstreue nicht entstehen können. Insbesondere die Schutzpolizei , die ihre Waffen trägt zur Auf- rechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zum Schutze der Republik und ihrer Verfassung, muß sich bei allen ihren Maßnahmen ihrer hohen Vertrauensstellung bewußt sein."
Glitö! ßWWe iiMoiMn heute, Donnerstag, öen 8. September, abends 7 Uhr: 11. Kreis(SchöneSerg): llhland-Schule, kolonnenstr. 22— 24. (Friedenau ): Lürzerfaal des Friedenauer Rai- Hauses, Laulerplatz. 16. kreis(Friedrichshag.): Gejellschafishaus, Friedrichsir. 1Z7. Referenten: Franz Ezemiuski, Johannes Haß . Kasper.
Warnung vor versammlungsfprengungen. Das Berliner Polizeipräsidium läßt folgende Warnung durch das offiziöse Depeschenbureau verbreiten: In verschiedenen Fällen sind politisch harmlose Vereinsveranstal- tungen und öffentlich« Versammlungen planmäßig unter Anwendung von Gewalt gestört und gesprengt werden. Der Polizeipräsident von Berlin ist nicht gesonnen, eine der- artige Verkümmerung der verfassungsmäßig gewährleisteten Vereinsfreiheit zu dulden. Er hat feine�Organe angewiesen, in allen solchen Fällen nachdrücklichst gegen die Ruhestörer einzu- schreiten. Im übrigen vertraut der Polizeipräsident darauf, daß die Ueberfälle nicht auf Weisungen irgendemer politischen Par- tei zurückzuführen sind, sondern daß sie von einzelnen besonders radikalen Mitgliedern oder Mitgliedergruppen auf eigene Faust unternommen werden. Der Polizeipräsident erwartet, daß die in Betracht kommenden Parteileitungen von selbst ihre Mit- glieder anhalten, in Zukunft derartige gemeinschödlich« Treibe- reien zu unterlassen, da dieses Treiben eine unnachsichtliche Destra- sung wegen Landsried cnsbruchs nach sich ziehen muß. Virginia Moll vor Gericht. Schluß der Beweisaufnahme. Rechtsanwalt Dr. Joffe nahm Bezug auf eine aus der Presse- abteilung der Reichsregierung herausgegangen« Mitteilung an die Presse, in der es heißt: „Irt dem wegen Schleichhandels gegen die Frau Moll vor der Strafkammer in Moabit verhandelten Prozeß wurde die Behaup- tung der Angeklagten über ihre angeblichen Beziehungen zu dem Reichspräsidenten widerlegt. Der als Zeuge vernommene Legations- rat Walther sagte aus, daß von Beziehungen keine Rede sei: die Angeklagte, die sich in dem ausländischen Hilfswert, insbesondere in der Speisung von deutschen Kindern aus amerikansschen Mitteln, betätigt hatte, ist lediglich auf Vorschlag der deutschen Gesamtorganisation dieses Hilfswerks im Sommer 1920 mit etwa 80 anderen Ausländern und Deutschen , die diese Wohltätigkeitsorganisationen vertraten, zu einem Tee bei dem Reichspräsidenten geladen gewesen, und sie ist nachher bei ähnlichen Anlässen noch insgesamt dreimal dienstlich empfangen worden. Irgendwelche weiteren Beziehungen haben nicht bestanden." Zu dieser Mitteilung behauptete der Verteidiger, daß alles, was seitens der Angeklagten und der Verteidigung hierüber vorgetragen worden, in vollem Umfange in der Haupwerhandlung erwiesen worden sei. Legationsrat Walther habe unter seinem Eide bestätigt. 1. daß Frau Moll einmal im Hause des Reichspräsidenten Ebert zum Tee geladen wurde bzw. den Tee dort genommen hat: 2. daß die dienstlichen Beziehungen der Frau Moll zum Bureau des Reichs- Präsidenten so weit gingen, daß Frau Moll mit dienstlichen Anliegen sich ohne weiteres an ihn als den'Adlahts des Reichspräsidenten wenden konnte. Etwas darüber Hinausgehende« sei nicht behauptet worden. Staatsanwalt Dr. Ziegel widersprach dem Verteidiger. Aus der Bekundung des Herrn Legationsrats Walther gehe klar hervor, daß Frau Moll nur deshalb zu dem Tee des Reichspräsidenten hinzu- gezogen worden ist, da sie auf Grund ihrer Beziehungen zu den Quäkern und amerikanischen Persönlichkeiten auf die Liste gesetzt
worden war.— Der Vorsitzende bat, weitere Erörterungen über diesen Punkt zu unterlassen. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, festzustellen, was der Legationsrat Walther gesagt hat. So viel gehe aus der Aussage hervor, daß Frau Moll den Zutritt zum Reichspräsidenten erhalten hat, weil man sie als Mitglied der Quäkerkommission gehalten hat. Es ist ja. meinte der Vorsitzende, eine ganze Reihe von Behörden der Frau Moll gutgläubig entgegengekommen. Nach kurzer Vernehmung des Untersuchungsrichters über einen strittigen Punkt machte der ehemalige Vorsitzende des Betriebsrats der Reichsstelle zur Uebcrwachung der Ein- und Ausfuhr länger« Ausführungen über die Tätigkeit der Frau Moll bei Einrichtung der Küche für die Angestellten. Frau Moll hat dem Zeugen gegenüber davon gesvrochen, daß ihr nach deutschem Gelde ein Betrag von etwa 77 Millionen Mark zur Verfügung stünde. Nach der Bekun» dunq des Zeugen war Frau Moll oft bei dem Reichsbeauftragten o. Flügge und dessen Stellvertreter. Der Angestelltenausschuß hatte keinerlei Machtbefugnisse bei Erteilung von Einfuhrbewilligungen, auch der Küchenbetrieb ging den Ausschuß in finanzieller Beziehung nichts an. Ueber die vermögensverhälknisse macht der zum Testamentsvollstrecker des verstorbenen Ehemannes Moll und zum Vermögensoerwalter bestellte Rechnungirat Rege- l e r einige Mittellungen. Danach hat der am 13. Oktober 1920 oer« storbene Börsenmakler Moll mündelsichere Wertpapiere im Nominal- werte von 300 090 Mk. hinterlassen. Dazu tritt noch der Nachlaß eines verstorbenen Onkels im Werte von 42 600 M., so daß ein Zinsgenuh von ca. 13 00— 14 000 M. herauskommt. Hinzu kommt ferner ein schuldenfteies Grundstück in Hubertushöhe, das außer- ordentlich reizend gelegen ist und einen realen Wert von 200 000 M. und einen Liebhaberwert von vielleicht 400 000 M. darstellt. Ueber die Modalitäten, unter welchen Einfuhrbewilligungen erteilt wurden und wer nun eigentlich für diese Bewilligungen die maßgebende Instanz war, wurden noch Reaierungsrat Rau, Hilfs, referent im Ernährungsministerium und Geh. Regierungsrat Dos« vernommen. Nach der Bekundung des erstgenannten seien als Liebesgaben diejenigen ausländischen Sendun- gen zu v e t r a ch t e n, die an inländische Empfänger gehen, ohne daß dafür eine Leistung an das Ausland gewährt wird. Derartige Sendungen sind zollfrei, bedürfen keiner Einfuhrbewilligung und genießen unter Umständen Frachtfreiheit. Rechtsanwalt Dr. Arthur Ball stellte durch Befragen des Geh. Rat. Base fest, daß auch dieser dasselbe getan habe, was dem Angeklagten Mautner zum Vorwurf gemacht werde, daß er sich bemüht habe, den nicht von den Quäkern abgenommenen Rest der Kondensmilch an Behörden ab» zugeben. Schließlich wurde Fräulein Dr. phil. Wegen er, die sich selbst gemeldet hatte, als Zeugin vernommen. Sie gab der Angeklagten Moll mit Bezug auf ihre charitative Tätigkeit das denkbar günstigste Zeugnis. Sie habe sich in den Swdentenküchen durch tägliche Mit- Hilfe in der Bedienung aufs beste bewährt, sich die Dankbarkeit der Studenten erworben, die allgemein empört feien über die Art, wie man die wirklich Humanitären Bestrebungen der Frau Moll herab- setze und habe Anspruch auf weiteste Anerkennung. Dielen Studenten habe sie durch ihre Konnexionen ausgeholfen. Die Beweisaufnahm« wurde hierauf vorläufig geschlossen und die Sitzung auf Freitag 954 Uhr vertagt. Die örei Gpfer öes Luftmoröers. Zur Aufklärung der Lustmorde des Händlers Großmann nahm die Kriminalpolizei gestern noch einmal eine gründliche Durch- suchung der versiegelten Wohnung des verhafteten Verbrechers vor. Veranlassung dazu gab besonders, daß Zeugen und Zeuginnen auf Sachen aufmerksam gemacht hatten, die Großmann belasten mußten. Verschiedene Sachen dieser Art wurden in der Tat in seiner Woh- nung noch gefunden, außerdem aber auch noch etwas Fleisch, das dem Chemiker der Polizeipräsidiums zur Untersuchung übergeben wurde. Großmann bleibt allen diesen Funden gegenüber hartnäckig bei seinem Leugnen. Wie wir früher schon mitteilten, bekundeten mehrere Zeugen. daß Großmann an bestimmten Stellen Pakete in den Luiscnstädti- schen Kanal und das Engelbecken geworfen habe. Es ist möglich, daß er Leichenteile eingepackt und beschwert hat, um sie zu versenken, und daß deshalb das Abfischen des Wassers erfolglos geblieben ist. Beim Einwickeln der zerstückelten Leichen mag er auch Kleidungs- stücke oder Teile von ihnen benutzt haben. So ist in seinem Zimmer die Hälfte eines Unterrocks gesunden worden, dessen anderd Hälfte
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Die Rächer.
Roman von Hermann Wagner. „Er sagt aus, daß Sie es besitzen." erklärte der Unter- suchungsrichter. «„�a, ich h a b e es besessen." „Sie ha—---?" „Ich habe es vernichtet," erklärte Behrens. „Erlauben Sie: wieso—?" „Es beliebte mir so," erklärte Behrens kalt. „Und Sie behaupten, daß die Unterschrift der Frau von Mansch echt war?" „Sie war es in einem gewissen Sinn. Wie aus der von mir beigebrachten, amtlich beglaubigten Erklärung der Frau von Mansch hervorgeht, durfte Reisner glauben, daß er in einem dringenden Fall das Recht hatte, � die Unte-schrift für Frau von Mansch zu leisten. Er hat des öfteren von ähnlichen Rechten Gebrauch gemacht. Es entsprach dieses einer Ge- pflogenheit, die stch zwischen den beiden im Laufender Jahre herausgebildet hatte. Es war nicht das erste Geschäft, das sie gemeinsam machten. Es war nur das unglücklichste. Daher die nervöse Ueberreizung Reisners." Der Untersuchungsrichter spielte nachdenklich mit einem Bleistift.„Reisner behauptet, daß Sie der Geschädigte seien," sagte er nach einer Weile.„Ich möchte Sie fragen, woher es kommt, daß Sie sich seiner so lebhaft annehmen?" Behrens lächefte.„Lebhaft? Das kann man wohl sticht gut sagen." „Run: doch annehmen..." „Warum?" Behrens hielt den Beamten eine Weile mit seinem Blick fest, drang in sein Innerstes ein, ließ sich dort nieder und war nicht mehr daraus zu vertreiben.„Warum, Herr Untersuchunosrichter? Dafür gibt es einen einfachen Gnind: den der Menschlichkeit... Würden Sie jemandem. von dem sie wissen, daß er krank ist, die Hisse versagen?" Der Unkerfuchungsrichter schwieg. Er stützte den Kopf mit beiden Händen und dachte nach. Es war klar, daß er Behrens durchschaute. Silber nicht minder klar war, daß der Fall nicht so schwer log, wie es anfangs den Anschein gemacht hatte. Welchen Entschluß würde er fassen? Lucio zerrte au ihrem Taschentuch. Jeder Nerv zitterte w
ihr. Welche Stunde! Und plötzlich schrak sie auf, denn der Untersuchungsrichter hatte auf den Knopf einer elektrischen Glocke gedrückt. Das Signal durchschnitt fchrill das Zimmer nebenan. „Führen Sie den Untersuchungsgefangenen Reisner vor," sagte der Beamte zu dem eintretenden Diener. Lucie klopfte das Herz. Sie sah zu Behrens hmüber, als suche sie bei diesem Hilfe. Doch Behrens bemerkte sie nicht. Er hatte den Kopf gesenkt und schien in Nachdenken versunken. Bange Minuten verstrichen. Lucie seufzte und betupfte immer wieder ihre Stirn. Der Untersuchungsrichter musterte sie verstohlen. Sie empfand sein Interesse wie ein indiskretes Betasten. Endlich ging die Tür auf. Bon einem Beamten geleitet, erschien Reisner. Er sah verfallen aus, feine Lippen waren schmal und blaß, seine Augen hatten keinen Glanz. Lucie schien es, als feien feine Haare, seitdem sie ihn nicht mehr gesehen hatte, weiß geworden. Sie stand auf und ging ihm zögernd entgegen:„Her- mann." Erst jetzt bemerkte er sie. Er erschrak. Und als sie ihn umfaßte und den Kopf an leine Brust drückte, spürte er ein Wanken in seinen Krien und mußte, um nicht zu fallen, nach der Lehne eine? Stuhles greifen. „Herr Rei-ner, bitte, setzen Sie sich," sagte der Unter- suchungsrichter freundlich.»2ch möchte Sie in Ihrer Sache befragen.". Reisner gehorchte mechanisch. E? sah zv Boden. Noch immer spürte er die bebende'Schwäche in den Knien. „Herr Reisner. hören Sie mich an," wandte sich der Untersuchlmgsrichter an ibn.„Bleiben Sie dabei, jene Bürg- schaftserklärung mit dem Namen der Frau von Mansch unter- schrieben zu haben?" Reisner starrte ausdnickstos vor stch hin. Er hatte Muhe, den Sinn der Frage zu erfassen. Wie kam man überhaupt dazu, ihn nochmals zu fragen? Seine Augen wanderten durch den Raum, als suchten sie die Lösung dieses Rössels. Und plötzlich trafen sie mit denen des Behrens zusammen. Die beiden sahen sich ein: Weile stumm an. Es waren kaum drei Sekunden und es schien doch«ne Ewigkeit. Reisner wußte mit einem Male Bescheid. Ein heftiges Zittern befiel ihn und fein Kopf fiel nach vorn.
Der Untersuchungsrichter wiederHolle seine Frage ia scharfem Ton. Reisner nickte matt.„Ja," sagte er mechanisch. Lucie bekam einen Weinkrampf. „Ich bitte um Rube," verwies sie der Untersuchungs- richter. Und sich an Reisner wendend, fuhr er fort:„Gut. Sie geben das zu... Jetzt möchte ich Sie noch fragen: glaubten Sie irgendein Recht zu haben, das zu tun?" Reisner horchte auf. Ein Recht? Warum fragte man Reisner horchte auf. Ein Recht? Warum fragte man ihn ihn das? Und ganz jäh stieg ein bluttoter Zorn in ihm hoch. Derselbe, der ihn geschüttelt hatte, als die Frau, die sich jähre- lang an ihn gehängt hatte, plötzluh zur Verräterin an ihm ge- worden war. Er wollte sprechen, doch die Stimme versagte ihm. Er machte eine erbitterte Geste.„Ia" stieß er hervor. „Welches Recht glaubten Sie zu haben?" fragte der Un- terfuchungsrichter ruhig. Reisner fuchtelt« wild mit den Armen.„Manche Rechte," schrie er heiser,„ja, manche Rechte.. Aber mit einem Mal fiel ihm ein, daß seine Frau zugegen war, und er wurde tiefrot und verschluckte den Rest seiner Worte. „Und würden Sie jenes Dokument nicht unterschrieben haben, wenn Sie diese vermeintlichen Rechte nicht besessen hätten?" Reisner wurde wieder von dem dunklen Zorn gepackt. „Nein," rief er heftig aus,„nein!" Ein bleiernes Schweigen hing über dem Zimmer. Deh- rens hatte sich nicht mehr gerührt. Lucie faß mit geschlossenen Augen halb abwesend auf ihrem Stuhl. Der Untersuchungsrichter stand plötzlich auf. Er schellte nach dem Schriftführer.„Gut, wir wollen protokollieren." Cr diktierte die Aussagen des Behrens und den Inhalt der Erklärung der Frau von Mansch, die den Akten einver- leibt wurde. Reisner hörte zu und alles erschien ihm wie ein Traum. „Ich bitte zu unterschreiben," wandte stch der Unter- suchungsrichter an Behrens.. Das zweite Protokoll enthielt die Aussagen Rewners. der gleichfalls unterschrieb.• (Forts, folgt.)