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gegebene Versicherung, bnfe die Gemeindeverwaltung die Jugend spiele fördern werde, daß aber Spielplätze Geld kosten, klang nicht sehr verheißungsvolle Wie lange eigentlich die Berliner Gemeindeverwaltung schon die Jugendspielefördert" und mit der Schaffung öffentlicher Spielplätze beschäftigt ist, wissen wir nicht genau. Aber es ist jedenfalls schon sehr lange, mindestens ein Bierteljahrhundert. Auch über die der Verwendung der Gemeindeschulhöse als Spielplätze wird schon mindestens ebenso lange debattirt, ohne daß man bisher von der Stelle gekommen wäre. Als der Magistrat ISSS eine Vorlage in betreff eines Spielplatzes imEichbusch" vor dem Schlesischen Thor machte, erklärte die Stadtverordneten- Versammlung, sie wünsche die Jugendspiele möglichst schnell noch in demselben Jahre ins Leben gerufen zu sehen, sie glaube jedoch, daß, wenn die Jugendspicle gedeihen sollen, denselben auch innerhalb der Stadl Vorschub geleistet werden muffe; sie ersuche daher, ans einen ähnlichen Beschluß vom Jahre 1867 zurückkommend, den Magistrat, von der angebotenen Thätigkeit desVereins für Familien- und Volkserziehung" hinsichtlich der Arrangirnng von Jugendspielen auf den Gemeinde- Schulhöfcn Gebrauch zu mache». Verwirklicht wurde diese Idee, so viel wir wissen, erst 1383, aber auch nur in aller- bescheidenstem Umfange. Versuchsweise wurden drei Höfe für Spiele unter Aussicht technischer Lehrerinnen hergegeben. Im Bericht der Schuldeputation für 1884/85 heißt es dann, man bc- absichtige zunächst nur eine Fortsetzung dieses bescheidenen Ver- suchs. von dessen weiterem Ausfall es abhängen werde, ob die Einrichtung noch an anderen Sch»len getroffen werden solle; die bisherigen Resultate seien recht günstig. Trotzdem ist es bis aus den heuligen Tag bei den drei Hosen geblieben. Einige Jahre später tauchte zwar in den Berichten der Schuldeputalion die Bemerkung auf, eine Verallgemeinerung der Einrichtung sei de- absichligl und solle allmälig durchgeführt werden. Aber über diese Ankündigung ist mau einstweilen nicht hinausgekommen. Unsere Leser iverden sich erinnern(vgl. den Artikel in Sir. L34), daß die Ankündigung in den Berichten mehrerer aufeinander folgender Jahre beinahe in genau demselben Wortlaut wieder- gekehrt ist und auch noch in dem neuesten Bericht über 1893/94 paradirt, ein beredtes Zeugniß, für die eigenartigeEnergie", mit der unsere Gcm.eindeverwaltung solche Bestrebungenfördert". Das halbe Dutzend in Parkanlagen belegener Spielplätze, das die Stadt gegenwärtig der erholungsbedürstigen Jugend zur Ver- sügung stellt, reicht selbstverständlich nicht aus, um den, Bedürfniß zu genügen. Die Ferien der Berliner Gemeindeschuleu sind für das Jahr 1895 folgendermaßen festgesetzt; Osterferien: 6. April bis 92. April; Psingstfcrien: 31. Mai bis 7. Juni; Sommerferie»; 5. Juli bis 5, August; Herbstferien: 28. September bis 1(1. Oktober; Weihnachlsferien: 21. Dezember bis 6. Januar 1896. Der Schluß der Schule vor den Ferien wird an den vor- stehend bezeichneten Autangstagen jedesmal nach Beendigung der gewöhnlichen Unterrichtsstunden oder der Zensurvertheilung erfolgen. Die Sontmerferien der Berliner Gemeinde- schulen werden also doch nicht verlängert. Im Jahre 1895 werden sie, wie aus vorstehenden An- gaben ersichtlich, wieder nur einen Monat, von Freilag, 5. Juli bis Montag, 5. August dauern. Auf die wenigen besser Situirlen, die ihre Kinder in eine Gemeindeschule schicken und mir ihnen fünf statt vier Wochen zu verreisen wün- scheu, ist also einmal keine Rücksicht genommen worden; wohl deshalb, weil die Schuldeputalion der Ansicht ist, daß es bei dem bisherigen Usus, solche Kinder einfach erst 8 Tage später zur Schule zu schicken, verbleiben kann. Vom Hausithandel mit Lebensmitteln in den Straßen Berlins wird im neuesten Verwallungsbericht über die Markt- hallen gesagt, er sei zwar für die Großsiadi an und für stch un- entbehrlich, habe jedoch in den letzten Jahren in den die Markt- hallen umgebenden Straßen einen solchen Umfang angenommen, daß er bereits die Rentabilität der Detail-Markthallcn beein- trächtige. Viele von den Kleinhändlern aus den Hallen trieben jetzt selbst den Hausirhandel in der Nähe der Hallen und hielten das Publikum gerade vom Besuche derselben ab und machten so den Standinhabern eine erhebliche Konkurrenz. Im Interesse der Standinhader sei es sehr zu wünschen, daß der Hausirhandel wenigstens aus der unmittelbaren Nähe der Hallen sorlgewiesen würde. Das soll vermurhlich ein Wink für die Polizei sei». Dann wird diese wohl auch bald zu der Ansicht kommen, daß der Hausir- Handel in zu großer Nähe der HallenUnznlräglichkeiten" hervorruft. Ueber die Ursachen, die dem Auszug vieler Kleinhändler aus den Hallen zu Grunde liegen könnten, scheint sich der Verfasser des Berichtes keine Gedanken gemacht zu haben. Bessere Geschäfte als in den Markthallen können doch aus den Straßen auch nicht zu machen sein, und angenehmer ist der Straßenhandel erst recht nicht. Aber den Kleinhändlern, die sich aus den Hallen auf die Straße hinausgezogen haben, ist augenscheinlich das Standgeld zu theuer geworden. Uns will scheinen, als ob auch in diesem Herabsinken des Slandinhabers zum Straßenhändler ein Zeichen der Zeit zu erblicken sei. Auch ein Fortschritt! Ja, wir leben wirklich in der Zeil des Fortschritts, das ist keine Frage. Ein Berliner Geschäfts- mann ist auf die Idee gekommen, den Landwirthen seine Ferngläser mit dem Bemerken zu empfehlen, daß sieunbemerkte Ueb erwachung der Feldarbeit zc. von weiter Ferne aus ermög- lichen". Jetzt fehlt blos noch, daß die Landwirthe ihren Ar- beitern ein transportables Telephon mit aufs Feld geben, damit sie sich nicht einmal zu ihnen zu bemühen brauchen, wenn sie sie au- schnauzen wollen. Da sage noch einer, daß die Erfindungen nicht dazu beitragen, den Menschen dieArbeit" zu erleichtern! uora dens: den Arbeitgebern natürlich; denn Arbeiter rechnet ein rechter Großgrundbesitzer überhaupt nicht zu den Menschen, die Anspruch auf Erleichterung haben. Die Inhaber der Knochenmühle in der GreifSwalder- straße haben uns gestern mit einer Zuschrift beehrt, welche wir, trotzdem sie erklärlicher Weise nicht gerade lieblich duftet, der Öeffeullichkeit nicht vorenthalten dürfen. Das Produkt aus der Knochenmühle der Herren Schöneberg u. Co. sieht folgender- maßen ans: Berlin , LS. Nov. 34. An die Redaktion desVorwärts". Wegen Ihres in der Rubrik: Gerichtszeitung, in Nr. 273 Ihres Blattes haben wir uns bereits telrphomsck ein wenig unterhallen.(Wovon uns nichts bekannt ist. D. R. ) Weil wir es nickt der Mühe für werth halten, es auch unter unserer Würde ist, uns mit Ihnen vor Gericht zu stellen, wollen wir auf diesem Wege die wohlverdiente Zu recht- Weisung aus Ihren Redaktionslisch gelangen lassen. Es ist uns ganz unerfindlich, woher Sie den Muth her- genommen haben, ein Fabriketablissement, deren Inhaber sie gar nicht persönlich kennen, die Ihnen nichts zu leide gelhan haben. mit dem Epitheton:berüchligl" zu belegen. Von der volks- wirthschaftlichen Bedeutung einer solchen Knochenmühle resp. der darin produzirten und präparirten Materialien haben Sie. am allerwenigsien aber Ihr Leserkreis, nicht die blasseste Ahnung. Sie kauen einfach wieder, was Ihnen andere Pennyaliners schon seit Jahren fortgesetzt vorkauen. Presse bleibt Presse, oi sie nun Bourgeois oder zukunftsschwärmerische Volksbeglücker zu Vemetern hat. Hätten Sie eine Ahnung davon, was wir prodnziren, wozu uns« Produkte dienen, würden Sie solche Ausdrücke nicht gebrauchen. Nun, wir wollen nicht zu scharf mit Ihnen ins Gericht gehen. denn bei der Tendenz desVorwärts" und dem Bildungsgrade seiner Leser kann man einen besonderen, würdevollen Ernst nicht erwarten; Sie würden da- mit keinen Anllang bei Ihren Lesern finden; Ihr Element ist Raisonniren und Schimpfen, Sie können aus Ihrer Haut nicht heraus und deshalb wollen wir uns still bescheiden und nicht etwa in denselben Fehler verfallen, denn wir würden vielleicht dann das Recht sür uns in Anspruch nehmen, von dem b e- rüchtigten"Vorwärts" zu sprechen. Aber ersuchen möchten wir Sie doch, uns künftig überhaupt ungeschoren zu lassen, denn nicht immer dürsten wir so milde gesinnt sein. Mit Achtung S ch ö n e b e rsg u. Co., Greifswalderstr. 154. Der am Schluß dieser mit unfreiwilligem Humor gewürzten Zuschrift kühn ausgesprochene Wunsch dürste sich kaum realisiren lassen. Wir werden uns, wie früher, so auch in Zukunft noch häufig mit der Knochenmühle der Firma Schöneberg u. Co. und ihren widerwärtigen Gerüchen zu beschäftigen haben; es sei denn, die Herrschaften zögen es vor, recht schleunigst in eine menschen- leere Gegend zu verduften. Ein Wohlthäter der Menschheit. Herr James Salo- s ch i n hat zur Ehrung des Gedächtnisses seiner verstorbenen Gattin dem Magistrat der Sladl Berlin die Summe von hundert- tausend Mark zu ivohlthätigen Zwecken überwiesen. So berichtet derBörsen- Kourier". Ob dieser wohlthätige Herr schon dem Droschkenkulscher Obst eine Genugthnung gegeben hat, die ihn einigermaßen mit seinem tragischen Geschick versöhnen und die in weiteste» Volksschichten über den bekannten Fall geweckte Er- regung besänftigen dürfte? Aus der Kaserne. In der Nacht zum 19. d.M. um 2 Uhr hat sich der bei der 8. Kompagnie des ersten Garderegiments zu Fuß in Potsdam stehende Rekrut Lipski aus Graudenz mit einem Rasirmesser die Pulsadern, sowie den Hals durchschnitten. Der Posten fand ihn in einem offenen Schuppen, der zur Auf- bewahrung der Kompagniewagen diente, in seinem Blute liegend vor. Er ist noch lebend nach dem Garnisonlazareth gebracht worden, doch soll wenig Aussicht vorhanden sein, dem Unglück- lichen das Leben zu erhalten. In einein Zeitraum von kaum drei Jahren ist dies der dritte oder vierte Selbstmord, der bei der erwähnten Kompagnie vorgekommen ist. Ein Soldat hat sich in der Havel ertränkt, ein anderer ist mit einem Strohschober in Nedlitz verbrannt und ein dritter hat sich erschossen. Eine Tragödie auS dem Bereich des Militarismus giebt die Nr. 92 des Kreisblattes für den Lebuser KreiS in folgender amtlichen Bekanntmachung kund: Seelow , den 19. November 1694. Am Freitag, den 19. d. M. um 6 Uhr Morgens hat sich der Kanonier(Rekrut) Seiffert der 5. Kompagnie Niederschlesischen Fuß-Arlillerie-Reginmits Nr. 5 entfernt, um, wie nach einem von ihm hinterlassenen Zettel anzu- nehmen ist, sich das Leben zu nehmen. Zivilpersonen haben am genannten Tage in der Warthe einen Menschen ertrinken sehen,'konnten jedoch mit Sicher- heit eine Mililärperson in demselben nicht erkennen. p. Seiffert ist 1,70� groß, schlank, hat blondes �aar, Schnurrbart im Entstehen und ivar mit Drillichjacke, Tuch- Hose, Feldmütze und Stiefeln bekleidet. Die Ortspolizci- Behörden und die städtischen Polizeiverwaltungen werden ersucht, von dem etwaige» Aussinden der Leiche dem oben- genannten Regiment, sowie mir umgehend Anzeige z» er- statten. Der Landrath, von der Marwitz. Dieselbe Nummer des Kreisblattes enthält noch folgende amtliche Mittheilung: Seelow . den 17. November 1894. Der hinter den Kanonier Joh. Reichhammer erlassene Steckbrief Kr. Bl. S. 341 ist erledigt, da der Genannte inzwischen bei feinem Truppentheil abgeliefert worden ist. Nochmals die zerbrochene» Klosetscheiben. Wie jetzt mitgetheilt wird, ist im weiteren Verlaus der bekannten An- gelegenheit folgende Verfügung ergangen: Die unter dem 13. November erlassene Verfügung betr. die Zertrümmerung der Klosetfensterscheiben wird hiermit postamtlich w i d e r r n f e n. Postamt 35. Gez.: M a i w a 1 d. Bei dem wegen Bettel»? in Köpenick inhaftirlen angeb- lichen Pfarrer, der mehrere Tage im dortigen Amtsgerichts- Gefängniß zubringen mußte, haben sich Papiere vorgefunden, aus denen allerdings hervorgeht, daß der Betreffende in Amerika Prediger gewesen ist. Weiter wird gemeldet: Da derselbe der Sohn eines deutschen Geistlichen, hat das Gericht ihn freigelassen. Die Gerichlsbeamten veranstalteten sofort eine Geldsammlung und der Betrag derselben ermöglichte dem etwa 30 jährigen Manne, sich von Köpenick aus nach Breslau zu seiner Familie zu begeben. Die Mittheilung. daß der Mann freigelassen wurde, weil er ein Geistlicher ist, dürfte schwer mit dem bekannten gleichen Recht sür Alle in Einklang zu bringen und daher vor der Hand zu bezweifeln sein. Auch ist zu bemerken, daß man an amtlicher Stelle mit Bettlern und armen Reisenden, die sich nicht als Geistliche ausweisen können, gewöhnlich nicht so mild- lhätig wie in diesem Falle umzugehen pflegt. Ter sibirische Flüchtling Kothor«, welcher 25 Jahre lang als Gefangener in Sibirien gelebt haben will, sich nach glücklich gelungener Flucht kürzlich in Berlin bezw. Weißensee niedergelassen hat und sich durch den Erirag von Vorträgen er« nährte, die er über25 Jahre in Sibirien " hielt, soll am Sonn- abend unter der Beschuldigung der räuberischen Erpresiung von der hiesigen Kriminalpolizei verHaftel und in das Moabiler Uutersuchungsgefängniß eingeliefert worden sein. Er soll sich mit Dirnen eingelassen, dieselben erst bezahlt und dann wieder die Herausgabe des Geldes mit Gewalt erzwungen haben. Am Dieiistag wurden mehrere Entlastungszeugen in der Sache vor dem Untersuchungsrichter vernommen, währenddem befand sich der Beschuldigte noch in Uittersuchungshäft. Ueber eine Revolveraffäre wird berichtet: Der 21 Jahre alte Arbeiter Amelang fuhr am Montag um vier Uhr mit einem unbeladenen Möbelwagen, auf dem seine Mutter und drei Kinder außer ihm selbst Platz genommen hatten, die Johannisstraße entlang. An der Ecke der Friedrichstraße wird die schmale Straße noch durch einen Droschken-Halteplatz verengt. Hier fuhr Amelang einen Selterwasser-Wagen an, und sein Pferd kam zu Fall. Obgleich Amelang sesbst die Schuld an dem Zu- summenstoß trug, griff er den Kutscher des anderen Wagens an und veranlaßte dadurch einen großen Auflauf. Das Publikum stellte sich auf die Seite des schuldlosen Wagenführers und befreite ihn. Der Schutzmann Thiele vom 6. Polizeirevier hatte den Posten an der Ecke der Karl- und Friedrichstraße inne und wollte den Urheber des Vorganges, Amelang, feststellen. Da dies bei dem Wirrwarr auf der Straße uicht angängig war, die Entfernung des Schuldigen auch zur schnellen Beseitigung des Auflaufes nothwendig war, so sollte Amelang nach der Wache gebracht werden. Dem widersetzte sich dieser aber, eilte nach seinem Wagen, hatte mit Blitzesschnelle aus einem Ueberzieher einen Revolver hervorgeholt und setzte dem Beamten die geladene Waffe mit den Worten auf die Brust:Hund, ich schieße Dich lodt!" Der Schutzmann hatte kaum die Zeit, den Lauf des Revolvers bei Seite zu schieben und drückte mit dem andern Arm Amelang zu Boden. Die Mutter, der das thörichte Benehmen ihres Sohnes klar wurde. riß nunmehr die Waffe an sich und überreichte sie den Kindern aus dem Wagen, die das gefährliche Beweismittel zu verstecken suchten. Das Publikum machte aber einen zweiten inzwischen eingetroffenen Schutzmann darauf aufmerksam, der den Revolver mit Beschlag belegte. Amelang sowohl, als auch seine Mutter mußten nun den Weg nach der Polizeiwache antreten; der elftere wurde in Haft genommen. Arbeiterrisiko. Der 25jährige Kutscher Georg Kallina aus der Müllerstraße 23 wurde am Freitag Nachmittag beim Abladen von Müll durch seinen Mitarbeiter leicht am kleinen Zeh des linken FußeZ verletzt. Die unbedeutende Wunde verschlimmerte sich, und Kallina mußte nach der Charitee gebracht werde». Montag Nachmittag trat ein Starrkrampf ein, und Kallina war alsbald todt. Ter Fall Kotze soll, wie mehrere Blätter zu melden wissen, durch das Urlheil eines Kriegsgerichts demnächst wieder auf­gefrischt werden. Auf dem Wege zu den Gräbern ihrer jLieben ver- starben ist eine Unbekannte in der Nähe des Ringbahnhofes Prenzlauer Allee. Die Anfangs der 30er Jahre Stehende wollte vermuthlich nach dem Sl. Georgenkirchhof in Weißensee gehen und hatte bis dahin die Verbindungsbahn benutzt. Bald hinter dem Bahnhof brach die in tiefe Trauer Gekleidete, welche mehrere Kränze trug, leblos zusammen und verschied, ehe ärztliche Hilf« zur Stelle war, an den Folgen eines Herzschlages. Die Leiche der Unbekannten wurde nach dem Schauhause gebracht. Polizeibericht. Am 26. d. Mts. Nachmittags fiel in der Schönhnufer Allee ein Kutscher beim Besteigen seines in der Fahrt befindlichen Arbeitswagens herab, gerielh unter die Räder und erlitt Quetschungen an beiden Unterschenkeln. In der Span- dauerstraße fiel Abends ein Mann beim Besteigen eines Omnibus herunter und zog sich dabei eine schwere Verletzung der Hand zu. Im Laufe des Tages fanden vier Brände statt. Witterungsübersicht vom 27. November 1894. Wetter-Prognose für Mittwoch, den 28. November 1894. Ein wenig wärmeres, zeitweise auftlärendes, vorwiegend nebeliges Wetter mit schwachen südöstlichen Winden ohne wesenl« liche Niederschläge. Berliner Wetterbureau. Theertev. Im Schiller-Theater ist jetzt Jnterimszeit. Die Direktion war klug genug, das durchgefallene Scklestnger'scheVolksstück" schnell vom Repertoire abzusetzen und sie füllt, bis am Freitag Grillparzer'sHero und Leander " zur Aufführung kommt, die Abende mit den vier Hans Sachs -Schwänken aus, denen ein aus dem Deutschen Theater bekannter Einakter,Die Burg- r u i n e" von Karl Cora, folgt. Dies Stück errang vorgestern Abend einen freundlichen Erfolg. Es handelt von dem Widersteil der romantischen Schwärmereien eines jungen Mädchens mit der nüchxrnen Prosa des Alltagslebens, die natürlich, wie es im harmlosen Lustspiel nicht anders denkbar, elend unterliegt und der in Schwärmerei erwachten ersten Liebe zum wohlgegönnien Triumph verHelsen muß. Der Maßstab pedantischer Kritik ist bei derartigen harmlosen Sachen natürlich ausgeschlossen. Die Herrenrollen waren im Schiller-Theater recht gilt vertheilt; die braven Künstler Georg, Walden, Grelle und Schmasow thatcn ihr Bestes. Ein wenig mehr Feuer und Leben wäre Fräulein Hebbel als Liebhaberin zu wünschen gewesen, wogegen Frau Werner die Rolle der ältlichen Jungfrau drastisch verkörperte. Radau- Antisemitismus nannte derVorwärts" seiner eit eine Begebenheit, die sich zwischen dem Weinreisenven löber und dem Redakteur derBerliner Zeitung " Herrn Perls abspielte. Der Vorgang war kurz folgender: Herr Perls de- gegncte in der Nacht vom 17. zum 18. November v. I. in Bi- gleitung des Herrn Röber einen ihm bekannten Zahnarzt, den er begrüßte. Diesen Gruß beantwortete Herr Röber m rechtzuvor- kommender" Weise mit:Halte die Sch.... verfluchter Jude" und erwiderte die Ausforderung seitens des Herrn PerlS, diese Beleidigung zurückzunehm-n. mit ein paar wuchtigen Stockhieben. An dieser Handlungsweise hatte derVorwärts" eine sehr scharfe Kritik geübt, und fühlte sich nun der schlagfertig« Herr beleidigt, weshalb er gegen den Redakteur Rod. Schmidt Anklage erhob. Die Beweisaufnahme ergab die Richtigkeit der geschilderten Vorgänge und erkannte der Gerichtshof nur in bezug aus die formalen Beleidigungen auf eine Geldstrafe von 30 Mark. Der Fall de? Studenten Steinke macht entschieden Schule. denn gestern gab die 131. Abtheilung des Amtsgerichts l eine verbesserte Ausgabe heraus. Angeklagt war der Rechlskandidat Ludwig Hagemann. Aus den Akten wurde festgestellt, daß der Angeklagte, welcher 2 Jahre als Avantageur gedient hat, bereits wegen Beleidigung und Sachbeschädigung mit 50 bezw. 15 M. vorbestraft ist. Am 8. Juli d. I. hatte Hagemann mitseinem Verhältniß" zunächst die Italienische Ausstellung und dann den Friedrichsgarten besucht. Als das Paar das letztere Lokal ver- lassen hatte, wollte Hagemann noch ein Cafe besuchen, während das Mädchen der Ansicht war, daß es nun des wünen Treibens genug sei. Da aber Hagemann die Widerstrebende mit Gewalt in eine Droschke zerren wollte, und das Mädchen laut weinte, wurde das Publikum aufmerksam, und der Droschken - kutscher Grützmacher und der Kellner Wegener wollten dem de- drängten Mädchen Beistand leisten, da in jener Gegend grobe Insulte gegen einzelne Damen leider nicht zu den Sellenkeile» Sehören. Hagemann aber war nicht der Mann, der sich eine Einmischung inseine Rechte" gefallen lassen wollt«, er schwang deshalb seinen Stock so energisch auf den unbedeckten Kopf des Kutschers, daß eine blutende Wunde entstand. Dem Kellner Wegener wollte er ebenfalls einen Hieb versetzen, da der Bedrohte seinen Schirm zur Abwehr vorhielt, blieb er selbst unverletzt. dagegen wurde der Schirm zerschlagen. Wegen der Heldenthaten ei hielt Hagemann eine Anklage wegen Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs. Der Staatsanwalt war der An- ficht, daß es sich hier um einen sehr groben Exzeß handle, und beantragte, zumal der Angeklagte bereits vorbestraft war, eine Gefängiiißstrafe von 14 Tagen. Der Gerichtshof wollte aber von einer Freiheitsstrafe nichts wissen. Ter Angeklagte sei an dem fraglichen Abend angetrunken gewesen, und seine Vorstrafen be- zögen sich nicht aus Rohheilsdelikte. Das Urtheil lautete auf 100 M. Geldstrafe. Ein recht häßlicher Auftritt im Konzerthause hat zu einer Privatklage Anlaß gegeben, d,e gestern vor dem hiesigen Schöffengericht gegen den Dekorationsmaler Thiele verhandelt wurde. Der Angeklagte befand sich eineS Abends mit Frau und Töchtern im Konzerthause, um das Konzerl ,u genießen. In seiner unmittelbaren Nähe saßen zwei junge Lehrer, die höchst überrascht waren, als der Angeklagte plötzlich mit ihnen einen Wortwechsel anfing. Er scheint der irrigen Ansicht gewesen zu sein, daß über seine weibliche Begleitung unpassende Bemerkungen gefallen seien und beleidigte die beiden Lehrer mit den WortenNette