Lehrer! Unverschämtheiten" u. dergl. Er beruhigte sich dabeiaber nicht, sondern veranlaßte auck noch die Sistirung der beidenLehrer nach dem Polizcibureau. Wie in der gestrigen VerHand-lung zur Sprache kam, ist aus diesem Anlaß gegen die Lehrerauch noch ein Disziplinarverfahren anhängig gemacht worden,von welchem diese aber bis jetzt keine Kenntniß erlangt haben.Die in dieser Weise um ihren Konzerlgenuß gebrachten Lehrerstrengten gegen Thiele die Privatklage an und bc-wiesen gestern durch mehrere Zeugen, daß sie im Konzerthauseabsolut nichts gethan hatten, was Herrn Thiele zu seinembeleidigenden Verfahren hätte Anlaß geben können. Der An-geklagte suchte zwar die Bekundungen der Zeugen zu bemängelnund erhob auf grund der angeblichen Bemerkungen der Klägerüber seine Damen die Widerklage. Er erzielte nach keinenRichtungen hin Erfolg. Der Gerichtshof hatte, wie der Vor-sitzende verkündete, keinen Augenblick Zweifel darüber, daß dieVorwürfe, die der Angeklagte gegen die beiden Lehrer erhoben,ohne jede positive Unterlage waren und derselbe sich vielleicht aufgrund übergroßer Nervosität in einem vollständigen Jrrthum be>sunden hat. Die Beleidigung sei um so schwerer, als dieKläger nicht nur nach der Polizeiwache sistirt wurden, sondernauch noch ein Disziplinarverfahren in Szene gesetzt worden sei.Aus diesem Grunde verurtheilte der Gerichtshof den An-geklagten zu IS0 Marl Geldstrafe eventuell 30 Tagen Ge-sängniß.Berliner Sicherheitszustände. Im äußersten NordenBerlins spielten die Vorgänge, welche einer gestern vor demSchwurgericht deS Landgerichts I verhandelten Anklage wegenvollendeten und versuchten Straßenraubes zu Grunde lagen.Angeklagt war der Arbeiter Paul Samelke, ein übel be-leumdeter Mann, der schon wiederholt wegen Eigenthumsvergehenvorbestraft>st. Am 28. Juli er. Abends ging der BuchhalterRadlke in der Müllcrstraßc spazieren und traf dort mit demAngeklagten zusammen. Derselbe nannte sich Mielke und stelltesich als alter Schulkollege vor. Er erzählte, daß er ihn schonoft auf der Straße gesehen und schon oft den Vorsatz gehabthabe, ihn anzuspreche», da es ihm recht schlecht gehe. HerrRadlke fühlte Mitleid mit dem Fremden und nahni ihn mit ineine Schankwirthschast, wo er ihn zu einem Glase Bier einlud.Als er das Lokal verließ und den Courbiöreplatz, dieMüllerstraße und Triststraße entlang ging, folgte ihmder Angeklagte; er ging ihm nicht von der Seite undbat wiederholt um ein Jockel. Als Radtke erwiderte,daß er doch kein Jockel bei sich führe, erhielt er plötzlich einenFaustschlag ins Gesicht, der ihn zum Taumeln brachte. Er merkleaber doch, daß ihm der Angeklagte mit Gewalt Uhr und Kettevon der Weste losriß und als er darüber Lärm machen wollte,erschien ein anderer Mann aus der Btldfläche und schlug ihn zuBoden. Der Ueberfallcne hat auf der Polizei«ine ganz genaueBeschreibung des Slraßenräubers, die vollständig aufden Angeklagtenpaßte, gegeben, letzlerer wurde ihm auch schon zwei Tage darauf inPerson vorgestellt. Er hatte nämlich am Tage nach dem Raubanfalllviederum in der Müllerslraße eine Rolle bei einem Abenteuergespielt, welches dem Arbeiter Miegel in der Nähe der Gas-unstalt begegnet war. Dieser kam, mit Kleidern und Stiefelnbepackt um die M i t t a g sz e i t aus einem Krankenhause dieMüllerstraße entlang und wurde von dem Angeklagten an-gesprochen, der unter dem Schlachtruf:»Junge gieb die Stiefelher!" ihm die Stiefel zu entreißen suchte. Mielke hielt aberseine Habe krampfhaft fest, der Angeklagte schlug auf ihn ein,er kam zu Falle und als er wieder zur Besinnung kam. wareiner der vielen Personen, die ihn umstanden und ihn hänselten,mit seinem Hut davongegangen. Mielke traf den Angeklagte»unmittelbar darauf auf der Straße und veranlaßtefeine Verhaftung.— Im gestrigen Termine bestritt derAngeklagte, überhaupt mit dem Zeugen Radtke an dem fraglichenAbend zusammen gewesen zu sein und behauptete, daß es sich indem Falle Mielke keineswegs um einen Raubanfall, sondern nurum einen Zwist mit dem Zeugen gehandelt habe.— Die Gc-schworenen sprachen den Angeklagten des Straßenraubes ineinem Falle und der Körperverletzung schuldig und der Gerichtshofverurtheilte den Angeklagten unter Anrechnung einer vor kurzemgegen ihn erkannten einjährigen Gesängnißstrafe zu 6 JahrentiMonaten Zuchthaus, Ehrverlust aus die Daner vonIV Jahren und Zulässigkeit der Polizei-Aufsichl.I>arkemarfmlftrcu.Bericht über den Parteitag erstatteten noch FrauIhrer in Bernau; Frau Wengels in Wolgast; Gen.P oller in Kiel; Gen. Stich in Gaarden; Gen. Steinin Eschersheim. In allen diesen Versammlungen wurdendie Beschlüsse des Parteitags im Allgemeinen gut geheißen.Ueber die Rede Pollmar's, die er am Dienstag Abendin München hielt, geht uns folgendes Privattelegramm zu:Die Versammlung im Orpheum ist von über 2000 Personen be-sucht. V o l l m a r führt auS: B eb e l' S Berliner Rede steheim Widerspruch mit dessen versöhnlichen Reden in Frankfurtund seinem Artikel in der„Neuen Zeil". Es bestehe keine Ver-sumpsuna in der Partei, es mache sich im Gegentheil ein steterForlschritt in der Parleiprefse und Literatur bemerk-bar. Der Vorwurf des partikularistischen Geistes, den Bebelgegen die bayerischen Sozialdemokraten gerichtet, sei un-begründet. B e b e l' s Temperament und seine einflußreicheThätigkeit unter dem Sozialistengesetz erkläre seine Rechthabereiund Herrschsucht. Die Sozialdemokratie könne selbst von einemhervorragenden Führer sich derartiges nicht gefallen lassen; derParteivorstand müsse Stellung nehmen und erklären, daß er mitder Vorrechnung der Zuwendungen an die Bayern nichts zuthun habe.Unerfindlich sei ihm(vollmar), wie Bebel mit einerkleinen Sekte die politische Macht erobern zu können meine.B o l l m a r verwahrt sich dagegen, daß er die Angelegenheitpersönlich zuspitze; er habe die Gesammtheit der bayerischenParteigenossen hinler sich.— Schließlich wird eine Resolutionangenommen, in der Protest eingelegt wird gegen die RedeBevel'S. in der ferner der Parteivorstand zur Stellungnahme auf-gefordert und dem Genossen Vollmar ein Vertrauensvotum aus-gestellt wird.«Ueber die„bayerische Angelegenheit" auf dem Frank-f u r t e r Parteitage schreibt v. a.(Viktor Adler) in der W i e n e r„Arbeiter-Zeitung":Dem Frankfurter Parteitage lag eine Anzahl von Anträgenvor. welche die Mißbilligung jener Abstimmung verlangten. DieBayern selbst brachten einen Antrag ein,«elcher besagte, dieGesammtabstimmung über die Finanzgesetze der einzelnen Staatensei eine reine Zwcckmäßigkeitssrage, die grundsätzliche Bekämpfungder herrschenden Staats- und Gesellschaftsordnung gehe aus derGesammtthätigkeit der Partei hervor.Dem gegenüber stand der Antrag Bebel und Genossen,welcher im Wesentlichen aussprach, daß die Sozialdemokratieden Regierungen als Leitern von Klassenstaaten ein Zeichen desVertrauens nicht geben könne; die Bewilligung des Gesammt»budgets aber gelte als Vertrauensvotum, daher die parlamen-tarischen Vertreter der Partei in allen Fällen gegen dasselbe zustimmen haben. Ausdrücklich wurde von allen Rednern, die siirdiesen zweiten Antrag sprachen, darauf hingewiesen, daß es sichnicht um ein Tadelsvotum für die bayerischen Genossen bandle,daß man vielmehr annehme, die Frage sei bisher eine offene ge-wesen. die Landtage hätten gerade durch die hervorragendeThätigkeit der Bayern eine große Bedeutung gewonnen, undes müsse nunmehr eine Richtschnur für die Zukunft geschaffenwerden. Man mußte begierig sein, was Vollmar undGrillen berger für ihre Haltung vorbringen-könnten;und so sehr wir uns bemühten, objektiv zu prüfen,es gelang uns nichts Anderes zu entdecken, als daßsie auf die„spezifisch bayerischen Verhältnisse" Rücksicht nehmenmüßten, daß es von ihren Wählern nicht verstanden würde,wenn sie gegen ein Budget stimmten, welches eine Reihe vonPosten enthielte, die man vernünftiger Weise nicht ablehnenkönne. Im übrigen war sehr deutlich, daß sich die bayerischenGenossen nicht wohl in ihrer Haut sühlten. Niemals hatVollmar so schlechte Argumente für eine Sache vorgebrachtwie diesmal; er ging so weit, an den bayerischen Chauvinismuszu appelliren und eine Frage, die einfach die Interessen undPrinzipien der Gesammtpartei betraf, zu einem Streit zwischenBayern und Preußen herabzudrückcu. Es war klar, daßVollmar, sowie Grillenberger umso heftiger sichwehrten, je mehr sie das Gefühl, daß sie im Unrechteien, übertäuben mußten. Es war weiter klar, daß die-elben Leute, welche ihre Genehmigung des Budgets so heftigvertheidigten, sich niemals wieder in Zukunft derselben schuldigmachen würden. Und das mag die Erwägung gewesen sein, auswelcher heraus einzelne Delegirte versuchten, ihnen eine Brückezu bauen.Genosse Stadthagen wählte unseres Erachtens die dazuam wenigsten geeignete. Er knüpfte an den Antrag Bebel einAmendement, wodurch sein Wortlaut dahin geändert wurde, essei gegen das Budget zu stimmen, insoweit darin eineVertrauensfrage liegt. Damit war der Antrag einfachin fein Gegeniheil verkehrt, denn das war ja der ganze Streit-punkt, daß die Budgelbewilligung immer eine Verlrauenssragebilde. Die Abstimmung ergab folgendes: Der Antrag Vollmarwurde mit Zweidrittel-Majorität abgelehnt; der Parteitag sprachalso aus, daß die Budgetabstimmung nicht«ineZweckmäßigkeits-frage sei.Das Amendement Stadthagen, welches acschästs-ordnungsgemäß vor dem Hauptantrag Bebel zur Abstimmungkam. wurde angenommen mit den Stimmen aller derer, die ver-meiden wollten, den Bayern wehe zu thun und mit den Stimmender Bayern selbst. Als aber der Antrag Bebel auf diese Weiseverdorben war, mußten alle, die eine prinzipielle Lösungfür nölhig hielten, dagegen stimmen, wozu ebenso bezeichnenderals begreiflicher Weise auch noch die bayerischen Stimmen kamen.Die Vermittelungskünste der Diplomatie hatten bewirkt, daßformell kein Antrag angenommen war. Die Bedeutung derAbstimmung ist trotzdem klar. Der Parteitag konnte sich nicht zueiner prinzipiellen Entscheidung aufschwingen, welche die Bayernallerdings ohne Grund als sie verletzend erklärten, aber ebenso-wenig dazu entschließen, ihre opportunistische Haltung auch fürdie Zukunft zu billigen. Das Urtheil des Parteitages lautet:„Angeklagter, Sie sind freigesprochen, aber thun Sie es nichtwieder!"Grillenberger zitirte in München Plechanow'sWort, daß nicht die Mittel revolutionäre seien, welche so aus-sehen, sondern die, welche revolutionär wirken und ermeinte,„die Gesammtthätigkeit der bayerischen Fraktion, die an-gesochtene Abstimmung mit eingeschloffen, habe revolutionär ge-wirkt, d. h. Massen von bisher Indifferenten auf ihre Seite ge-bracht". Allerdings, daS Budget zu bewilligen, ist eine Hand-lung. die von jedem Verdachte des revolutionären Scheines freiist. Nickt jede Taktik aber, die den revolutionären Schein ver-meidet, ist darum schon revolutionär und wer aus Angst vorderrevolutionären Phrase in zweideutigen Opportunismus verfällt,hat kein Recht sich auf P l e ch a n o w zu berufen.Mas aber die Gewinnung der indifferenten Maffen angeht, soist das allerdings unser wichtigstes Ziel, aber nur dann, wenndiese Massen für die Sozialdemokratie gewonnen werden,woraus folgt, daß dieser Gewinn genau so viel werth ist, alsdie Mittel, die wir dazu anwenden. Schnelle Arbeit ist nichtimmer gründliche Arbeil und wenn wir uns selbst aufgeben, umden Gegner zu gewinnen, wäre das ein zweiselhafter Erfolg.Vollmar und seine Meinungsgenossen sind in Gefahr, eineneue Illustration zu dem alten Nestroy'schen Spaß zu geben, derals Soldat zwischen zwei Feinden aus die Bühne kommt undmeldet:„Ich habe zwei Gefangene gemacht, aber— sie lassenmich nicht loS."Man sieht, wir beschönigen nichts und dennoch wiederholenwir: Gerade der Frankfurter Parteitag, und was ihm folgte,bestärkt uns in der Ueberzeugung, daß die deutsche Sozialdemo-kratie niemals weniger als heute in Gefahr war, in Opporlnnis-mus zu verfallen, den kleinbürgerlichen und kleinbäuerlichenStrömungen zu unterliegen. Was uns diese Zuversicht giebt, istdie ungemein starke Reaktion, welche durch die angeführtenDinge hervorgerufen wurde.Ueber die Reden der Genoffen Bebel und Auer in derBerliner Versammlung, in der Genoffe Adler ebenfalls zugegenwar, heißt �s in seinem Artikel:„Man muß die Wirkung der Reden von Bebel und Auerin Frankfurt und auf der Berliner Versammlung mit erlebthaben, um zu wissen, wie gründlich die Partei über diese Ueber-gangsphase, die von ihrem rapiden Wachsthum bedingt ist, hin-wegkommen wird. Und die Zustimmung zu der Verurtheilungjedes Venvischens und Berwaschens des proletarischen Charaktersunserer Partei kam in Frankfurt nicht etwa blo- bei den nord-deutschen Delegirten zum Ausdruck. So mancher bayerischer Ge-nosse war herzlich froh, als die Debatte vorbei war, die ihnzwang, einen übereilten Schritt, dessen Unrichtigkeit er schmerzlichcmpfond, zu vertheidigen, weil— nun. weil er eben einmal ge-schehen war. Das Wesen unserer Partei kann sich nicht ändern nacheiner augenblicklichen Situation, oder vielmehr nach der Beurthei-lung, welche einzelne Genoffen, im Momente belangen, von dieser Si-tuation haben. Die der Partei gewonnenen kleiiwürtjerlichen Elementekönnen wohl nicht im Handumdrehen proletarisch und revolu-tionär empfinden lernen, aber ebensowenig können sie die Füh-rung erlangen und den Charakter der Partei bestimmen."Nachdem Genosse Adler seiner Meinung dahin Ausdruckgegeben, daß Vollmar und Grillenberger die Debattevom prinzipiellen Boden weg auf das Gebiet des Persönlichenspielen, heißt es dann weiter:„Möglich, daß eS ihnen gelingt,sich selbstund den bayerischen Genoffen aus eine Weile einzureden, eshandle sich um einen Konflikt zwischen München und Berlin.nicht aber zwischen Opportunisterei und Parteiprinzip. Daß derStreit mitunter mit starken Worten geführt wird. daran mögendie Gegner sich erbauen, wir selbst jammern darüber nicht. Ja,wir gestehen offen, daß die göttliche Grobheit, in der alte Kampf-fei, offen und Freunde ihre Meinungsverschiedenheit ausfechten,ür uns geradezu etwas Herzerquickendes hat.Und was ist's nun'mit der Spaltung? Eine Partei, dieso öffentlich Selbstkritik übt, die keinen Raum gewährt demschleichenden Gifte des Mißtrauens, die nicht zusammenhaltenwill, was nicht zusammengehört, spaltet sich nicht. Der Streit,die niemals rastende Diskussion in der Partei garantirt geradezuihre Einigkeit.Was die Partei zusammenschmiedet und zusammenhält, dasist der Druck der Gegner, das ist vor Allem das gemeinsameZiel. Wenn sich die Feinde der Sozialdemokratie mit Selbst-tänschungen trösten wollen, wir gönnen ihnen daS Vergnügen.Mögen sie doch versuchen, ihren Keil in den behaupteten Spaltzu treiben iDie deutscht Sozialdemokratie wird den Machtgewinn, denihr Anwachsen bringt, behaupten, sie wird aber auch die darausentstehenden Schwierigkeiten überwinden. Das klassenbewußteProletariat Deutschlands wird seinen vorgezeichneten Weg zu gehenund seine Aufgab« ohne Schwanken zu»rsüllen wissen.*■*Lei den Stadtverordneten-Wahlen in Chemnitz sindunsere Genoffen ehrenvoll unterleaen. Die reinsozialdemokratischeListe brachte es aus über 3000 Stimmen, während die der ver-einten Ordnungsparteien mit S000 fiegte. Tie Zunahme dersozialdemokratischen Stimmen beträgt 860; hierbei kommt allerdings in Betracht, daß seit der letzten Wahl Altchemnitz derStadt einverleibt worden ist.In Neustadt(Sachsen) siegte bei der Gemeinderaths-Er-satzwahl der sozialdemokratische Kandidat.In Neu in ü n st e r(Schleswig-Holstein) siegten ebenfallsdie zwei Kandidaten der Sozialdemokratie mit großer Majorität.Partriliteratur. Mit dem Beginn des nächsten Jahressoll im Verlage von Hans Vaake, Berlin, unter derRedaktion von I. S a s s e n b a ch ein neues sozialdemokratischesOrgan erscheinen:„Der sozialistische Akademiker".Das Blatt erscheint am l. und IS. jeden Monats; eine Probe-nummer wird am IS. Dezember herausgegeben. In der An-kündigung des neuen Blattes seitens der Redaktion und desVerlags heißt es u. a.:Die Zeitschrift wird herausgegeben unter der Mitwirkunghervorragender Theoretiker des Sozialismus und stellt sich alserste Aufgabe, den Studenten aller Fakultäten, welche in den Jahrenstehen, in denen man für die Aufnahme neuer Ideen und eine ent-sprechende Umbildung seiner Weltanschauung am empfänglichsten ist,die Anregung zu liefern für ein vorurtheilsfreies Studium derTheorien und Lehren des Sozialismus. Die Zeitschrift ist weitdavon entfernt— um Mißverständnissen vorzubeugen, sei es hierbesonders betont— irgendwelche Sekrenbildung bewirken odergar begünstigen zu wollen, durch welche der Gang der allgemeinenArbeiterbewegung geschmälert oder gestört werden könnte. Inder bestimmten Erkenntniß, daß eine völlige Befreiung von dendrückenden Fesseln der heutigen Zustände nur durch eine Be-kämpfung des Systems, nur durch die sozialistische Gesellschaftherbeigeführt werden kann, wird sie nur das eine Bestrebenhaben, aus den Kreisen der Studenten und Akademiker neueStreiter zu werben für den allgemeinen Kamps der Arbeiterklasse.für den Sieg des internationalen Proletariats.Die Landarbeiter und die Sozialdemokratie. Im AmteSorö auf Seeland(Dänemark) hatte» in diesen Tmzen17 Jnstleute und Eigenkäthner eine Versammlung ihrer Standes-genossen nach Bingstedt bernfen, um die Schaffung einerOrganisation der Landarbeiter, die über dasganze Land ausgedehnt werden und die ökonomischenInteressen derselben wahrnehmen könnte, zu veranlassen. Nach-dem mehrere Redner vor einer Zersplitterung der Kräftegewarnt und den Anschluß an die sozial-demokratische Organisation empfohlen hatten,wurde einstimmig folgende Resolution angenommen:„Zueiner Zeit, da die Arbeitgeber auf ganz Seeland,sowohl die städtischen, als die ländlichen, sich zumSchutz ihrer Vorrechte organisiren, während gleichzeitig dieAgrarier auf Mittel sinnen, die Arbeitskraft bis aufs äußersteauszunützen, ist es bohe Zeit, daß auch'die Landarbeiter, allewie einer sich zu Organisationen zusammenschließen, damit sienicht noch mehr in ökonomischer wie sozialer Beziehung unter-drückt werden. Die Arbeiter verfolgen mit dieser Organisationein doppeltes Ziel: I. unter besonnener Verhandlung mit denArbeitgebern bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen; 2. Seitean Seite mit dem ganzen unter der kapita-listischen Gesellschaft leidenden Theil derBevölkerung den Arbeitern den politischen Einflu»zu erringen, der ihnen infolge ihrer Zahl und sozialenBedeutung zukommt. An Reformen sehen die Landarbeiterals reif für die Lösung und dringend nolhwendig an: Ein-sührung der Staatspacht, einer bedeutend verbesserten, staatlichunterstützten Volksschule, Durchführung des allgemeinen Wahl-rechts bei den Staats- wie bei den Kommunalleirungen. NurPolilikeni, die für die schnelle Durchführung dieser Reformeneintreten wollen, können die Landarbeiter bei den bevorstehendenReichstagswahlen ihre Slimmen geben. Die Versammlung er-klärt schließlich, daß die Landarbeiter- wiedie Agrarfrage völlig nur durch den Ueber-gang zun, Gesellschastseigenthum und dergesellschaftsmäßigen Organisation der Ar-b e i t g e l ö st werden kann. Die Versammlung ersuchtdie Hauptleitung der Sozialdemokratie, eine kräftige Agition imAmt Sorö zu entfalten und sagt ihre persönliche und moralischeUnterstützung zu."— Zum Schlüsse meldeten zahlreiche An-wesende ihren Beitritt zur sozialdemokratischen Partei an.Polizeiliches, Gerichtliches»e.— Das Vorgehen der Polizei gegen dieArbeitervereine, wie es bisher nur in Sachsen üblichwar, scheint mehr und mehr allgemeine Praxis werden zu wollen.So berichtet die Magdeburger„Volksstimine" über einen fast un-glaublichen Vorfall in B a r b y a. E. Dort wollte am 17. No-vember die Zahlstelle des deutschen Maurerverbandes ihr erstesSliftnngsfest, bestehend in Konzert und Ball, veranstalten, undzwar als geschlossenes Vereinsvergnügen, zu dem auch der Ge-sanaverein„Einigkeit" zu Buckau' eingeladen war. Der Bevoll-mächtigte der dortigen Zahlstelle meldete das Vereinsvergnügenpersönlich an und erhielt eine schriftliche Beglaubigung, ob-wohl der Maurer-Verband keiner polizeilichen Erlaubniß be-durfte. Alle Vorbereitungen waren getroffen und die Fest-theilnehmer zahlreich erschienen. Plötzlich drang die Gendarmeriein den Saal ein, machte ihre Schuppenketten herunter. vei.Iangte,daß Frauen und Lehrlinge sich aus dem Saale entfernen sollten.und erklärte: der Maurerverband sei ein politischer Verein.Daraufhin erwiderte der Bevollmächtigte, daß dies ein gewerk-schafilicher Verein sei und sie den Saal vom Wirth für denAbend gemielhet hätten zur Abhaltung ihres Stistungsfestes,zeigte den Gendarmen auch die polizeiliche Anmeldung vor undforderte sie auf, den Saal sofort zu verlassen. Diese leistetender Aufforderung aber keine Folge, sondern ein D»mtererklärte:„Im Namen des Gesetzes löse ich die Ver-sammlung auf!" Dann schritt die Gendarmerie zur so-sortigen Räumung des Saales und befahl dem Rirth, denSaal an dem Abend nicht wieder zu öffnen. Als päler derGesangverein«intraf, fand er fast kein Unterkomme--, da vielVolk herbeigeströmt war, um sich von der Wahrheit zu über-zeugen, wie ein harmloses Arbeitervergnügen vereitelt wordenwar. Als dann später der Wirth und der Gesangverein eineUnterredung über die Beherbergung deS Vereins hatten, dennerst am andern Morgen konnte derselbe zurückfahren, da glaubteder Gendarm, schon wieder eine Versammlung vor sich zu haben,und rief:„Ich löse die Versammlung auf und gestatte nicht, daßein Vortrag gehalten wird!" Das Publikum war sehr entrüstetüber das Vorgehen der Beamten.— Das Vaterland war wiedereinmal gerettet.— Daß ein gewerkschaftliches Vereinsvergnügenals eine politische Versammlung betrachtet wird, ist für denjenigen,der nur wenig Kenntniß von den Gesetzen hat, unbegreiflich.Hoffentlich wird Beschwerde darüber erhoben.— Die Beschwerde wegen Auflösung derletzten Versammlung des Bildungsvereinsvon Heiligenhafen wurde vom Landrath als unbegründetverworfen, weil, so heißt es, der Verein nach den diesseits er-hobenen Feststellungen als rein politischer anzusehen sei. Dasich nun diese„Feststellungen" auf die Aussagen des betreffendenGendarmen beschränken dürften, der aber, um sich nicht selbstwegen Mißbrauch der Amtsgewalt zu denunziren, nothwendiger-weis« den Verein als politischen bezeichnen mußte, hat sich derBeschwerdeführer nunmehr an die höhere Instanz gewandt.—Die zwei fortgeholten Schriften wurden dem Schriftführer wiederausgehändigt.— Die Auflösung des sozialdemokratischen Wahl-Vereins von Zwickau hat daS sächsische Ministrrim des Inner»als höchst« Instanz endgiltig bestätigt.— Versammlungsverbote und kein Ende. InG a b l o n z bei Chemnitz wurde eine Versammlung verboten, inder ein Chemnitzer Parteigenosse über die Bedeutung der Koni-mnnalwahlen referircn wollte.— Auch in Grimma wurde einefür vorigen Sonnabend anberaumte Versammlung verboten.