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und das ist bezeichnend r a n n die Landeszentralbehorde an Orten mit weniger als 5000 Einwohnern die Zeit bis zu drei Monaten verlängern! Der S ch l a f r a u m soll angemessen, sittlich und gesund heitlich einwandfrei sein. Verlangt müßte allerdings werden. daß Maße für Raum. Licht und Luft vorgeschrieben wären, denn der Schlafraum stellt einen Teil der Bezahlung für geleistete Arbeit dar. Wenn weiter in der kalten Jahres- zeit ein erwärmter Raum, der auch die Küche sein kann, zur Verfügung gestellt werden soll, dann mutet es wahrlich komisch an. wenn es weiter im Text heißt:sofern der Arbeit- geber selbst in seiner Wohnung über einen solchen verfügt". § 11 spricht von der Kost. Darüber heißt es: Wenn nichts anderes vereinbart, ist dem Hausangestell ten Kost zu gewähren. Sie muß gesund und auskömmlich sein." Daß sie auch der Haushaltsführung ent- sprechend sein muß, hat der Gesetzgeber vergessen. Angemessene Zeit zur Erfüllung seiner staatsbürger- lichen und kirchlichen Pflichten ist dem Hausangestellten zu gewähren, i n s b es o n d e r e zum Besuch des Gottesdienstes und soweit ein Fortbildung- und Beruf sschul- zwang besteht. Erwartet hätte man, daß die st a a t s» bürgerlichen Rechte den kirchlichen vorange- g e st e l l t wären. Der kra n k e Hausangestellte soll keinen Anspruch auf Jnnehaltung der Kündigungsfrist haben, wenn er bei Ab- schluß des Arbeitsvertrages die Krankheit verheimlicht hat, oder wenn sie vorsätzlich herbeigeführt ist. Die hieraus ent- ftandenen Kosten kann der Arbeitgeber auf den geschuldeten Barlohn bis zu zwei Drittel in Anrechnung bringen. Man erwartet vom Gesetzgeber, daß damit nicht gemeint ist, daß Hausangestellte, die sich Mutter fühlen und dies bei ihrem Antritt verschwiegen haben, darunter fallen, ebenfalls so bei Fehlgeburten, denn oftmals sind Hausangestellte be- schuldigt worden, diese vorsätzlich herbeigeführt zu haben. Wir vermissen diese Klarstellung in der Begründung, trotzdem bei der Vorbereitung eine Verneinung dahin zielender Fragen erfolgte. Hinzu kommt, daß auch eine sofortige Ent- l a s s u n g stattfinden kann, wenn der Hausangestellte einen unsittlichen Lebenswandel" führt. Wir haben schon früher vor solcher Kautschukbestimmung gewarnt. Daß man sie aber trotzdem in den Gesetzentwurf aufnehmen würde, hielt man nicht für möglich. Die Arbeitsbescheinigung, die über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses Auskunft geben soll, ist im fi 29 ausführlich behandelt. Die Landeszentralbehörde, nicht däs Reich, kann einheitliche Vordrucke dafür herausgeben, kann auch bestimmen, daß diese behördlich gestempelt werden. Auf Verlangen des Hausangestellten sind der Wahrheit ent- fprechendcr Angaben über Leistung und Führung zu machen. Hoffentlich überlegen sich die Hausangestellten sehr, von diesem eingeräumtenRecht" Gebrauch zu machen. Dem Verfasser des Entwurfs gibt die Arbeitsbescheinigung aber noch keine Gewähr für die Ehrlichkeit der Hausangestellten. Gewaltsam soll dieser Stand wieder herabgedrückt werden. M e n- schen zweite r Klasse, wie vor Aufhebung der Gesinde- ordnung, sollen die Hausangestellten wieder werden. Jedes Selbstbewußtsein soll ihnen genommen werden. Warum will der Reichsarbeitsminister den Steckbrief, denAusweis mit Lichtbild" gerade für d i e s e n Beruf? Warum denn nicht auch Fingerabdrucke?..... Die Hausangestellten in eine Ausnahmestellung zu drän- gen, sie zu willigen und gehorsamen Ausbeutungsobjekten zu mychen das kann der Beruf heute nicht ertragen! Hier wird und niuß von einsichtigen Persönlichkesten alles daran gesetzt werden, damst dieser Schandfleck aus dem Entwurf ver- schwindet. Die Bestimmungen, die von der Schlichtung von Streitig- keiten sprechen, genügen nicht. Solange die Arbeitsgerichte noch nicht bestehen, muß oberstes Gesetz bleiben, daß die be- stehenden Schlichtungsstellen auch die Streitigkeiten der Haus- angestellten regeln. Die Kontrolle über das Gesetz kann von den Landeszentral- behörden eingeführt werden unter Hinzuziehung von Arbeit-
gebern und Arbeitnehmern, die ehrenamtlich sich dieser Arbeit unterziehen. Unseren Anforderungen entsprechen diese Be- stimmungen m keiner Weise, denn nur eine behördlich ein- geführte Kontrolle kann Gewähr für Durchführung des Gesetzes geben. Wäre man bei dei�Beratung des Gesetzentwurfs den Vorschlägen desZenträrverbandes der Hausangestellten" nähergetreten, dann wäre zum Ausdruck gekommen, daß auch die Hausangestellten das neue Gesetz vertrauensvoll erwarten können. So aber müssen sie ein Stück S e l b st h i l f e ge- brauchen, müssen ihre Organisation stärken, damit der Gesetz- geber ihnen die nötige Beachtung schenkt. Alle anderen Be- rufsgruppen aber müssen helfend zur Seite stehen. Ganz be- sonders müssen aber die Reichstagsmitglieder dafür sorgen, daß hier ein Werk zustande kommt, das den Stiefkindern der bisherigen Gesellschaft endlich einmal gerecht wird.
Keine verhanülungen über üie Koalition. Ein Berliner   Mittagsblatt meldet Einzelheiten einer Kon- ferenz über die Regierungsumbildung, es soll der erste offizielle Schritt auf dem Wege zur neuen Regierungskoalition sein, man habe beim Reichskanzler darüber verhandelt. Die Meldung ist von A bis Z unwahr. Zur Regierungsumbildung in Preußen. Der geschäftsführende Ausschuh der Deutschen Volkspartei   hat seine auf den 29. September festgesetzte Sitzung auf den Z. Oktober vettagt. Die Rcichstagsfraktion der Deutschen Volkspartei   tritt am Montagabend zusammen. Von wohlunterrichteter Seite wird dem Verl  . Lokalanz." betont, daß die Mehrheitssozialdemokratio bei ihrem Festhalten an ihren Mindestforderungen keineswegs auf deren Annahme durch die Deutsche   Dolkspattei werde rechnen können. Es stehe allerdings zu erwarten, daß Zentrum und Demokraten ihrer- feits bis zur wirklichen Aufnahme der Verhandlungen noch auf die Sozialdemokatie einwirken werden, um sie von der Unerfüllbarkeit ihrer Bedingungen zu überzeugen. Koalitionsverbreiterung nach rechts oder links? DieDena" macht folgende beachtenswerte Ausführungen: Der auffällige Kampf, der gegen die Kanzlerschaft Dr. Wirths geführt wird, beginnt sich allmählich in seinen politifchen Untergründen zu klären. Den Schlüssel zur Situation bilden die Heidelberger Ver- Handlungen der Reichstagsfraktion der Deutschen Voltspartci. Es ist allgemein aufgefallen und als politische Sensation empfunden worden, daß Dr. Stresemann in direktem Anschluß an die Heidel- berger Verhandlungen in seiner Rede in Pforzheim   in scharfen Motten sich gegen den Reichskanzler wendete, mit dem doch nach allgemeiner Annahme alsbald nach der Heidelberger Tagung die Koalitionsoerhandlungen angeknüpft und gefühtt werden sollten. Der Grund für diese scheinbar gänzlich unmotivierten Angriffe Stresemanns auf den Kanzler liegt dann, daß der koalitionswillige Führer Dr. Stresemann in den Heidelberger   Verhandlungen vom rechten Flügel der Dolkspattei, vor allem von den bekannten Füh- rern Vögeler, Brünninghaus, Moldenhauer, ober auch von den übrigen Vertretern der mehr den Deutschnationalen zugeneigten Richtung der Deutschen   Dolkspartei hart bedrängt und sozusagen gezwungen wurde, össentlich Stellung gegen eine Neubildung des Kabinetts unter der Führung des bisherigen Kanzlers zu nehmen. Diese Kreise der Deutscheu Volkspartei sind zwar bereit, in eine neue Regierung einzutreten, aber sie glauben stark genug zu fein, um diese Neublldung mit dem Sturz des jetzigen Konz  - lers, der ihnen aus vielen Gründen unbequem ist, zu verbinden. Die erwähnten Vorgänge, die erst jetzt in Berliner   politischen Kreisen bekannt geworden sind, können dazu führen, daß die ganze politische Situation im Reiche, die in den letzten Wochen auf Koalitions- erwesterung nach rechts zu sich entwickelte, wieder auf den allen Stand zurückgefühtt wird, bei dem auch ein« Koalitionser- Weiterung nach links in den Bereich der pollsschen Kombi- Nationen eingeschlossen war. Es ist hierzu noch zu bemerken, daß der Beschluß des sozialistischen   Parteitages in Görlitz   sich nicht an sich für eine Koalition mit der Deutschen Volkspartei   ausspttcht, vielmehr nur die allgemeinen Richtlinien und Pttnzipien einer Koalitionserweiterung überhaupt festlegt. Es muß in diesem Zu- samenhang auch auf einen vielbeachteten Artikel von Karl Kautsky  m derFreiheit" hingewiesen werden, in dem Kautsky   den Görlitzer
Beschluß insofern beklagt, als er zu einer Koalitionsregierung unter Einbeziehung der Deutschen Volkspartei   und nicht der USP. führen soll. Die USP. war, nach Kautsky  , bereit, ihren alten Stand- puntt, nach welchen sie mit bürgerlichen Parteien prinzipiell in keine Koalltion eintreten wollte, zu opfern und sich zu einer praktischen Koalitionsvolitik bereit zu erklären. Falls nun im Verfolg der von der Deutschen Volkspartei   eingeschlagenen Taktik, die auf eine Be- seitigung der Reichskanzlerschaft Dr. Wirths hinzielt, der Gedanke einer Erweiterung der Koalition nach rechts zum Scheitern kommen sollte und dies ist nicht unwahrscheinlich, nachdem sowohl die SPD.   als auch das Zentrum durch den Mund ihrer ersten Führer sich aus innen- und außenpolitischen Gründen für die Kanzlerschaft Dr. Wirths eingesetzt haben, so liegt es in der Natur der poli- tischen Entwicklung, daß dann das Pendelnoch links schlägt und ernsthafte Versuche gemacht werden würden, die USPD  . zur positiven Mitarbeit an der Reichspolitik heranzuziehen. Klatsch. In derFreiheit" erzählt Rud. Br e i t s ch e i d Gruselgeschichten von einem geheimenEinvernehmen" zwischen Sozialdemokraten und Dolksparteilern und von einem Verbot für die Redakteure des Vorwärts", vor der Rückkehr des Chefredakteurs Stampfer an der taktischen Haltung der Partei Kritik zu üben". Weder das ein« noch das andere ist wahr. Es ist bedauerlich, daß ein Mann wie Breitscheid   solchen Klatsch, den ihm irgend- ein Intrigant cufgcbunden hat, mit der Miene des Wijfcnäsn vorträgt., Presseverbot. Sondershausen  , 26. September.  (WTB.) Aus Grui� r:r« ordnung des Reichspräsidenten   ist die hiesige deutschnaticu Der Deutsche" aus 14 Tage verboten worden. vom LanSbunö. DemLandbund" auf die Finger zu sehen ist wenig erfreulich. aber notwendig. Mit einem Aufgebot der Sophisterei, die er bei seinen Gegnern sicher alsjüdisch" bezeichnen würde, bemüht er sich, Stimmung gegen die Regierung zu machen. Ein Beispiel aus der neuesten Nummer der Zeitschrift:.Landbund Tellow". Da heißt es in einem AttitelWas ist uns der Landbund?": Minsstcr Gradnauer hat eine Anzahl von Landbunderntefesten verboten mit der Begründung,sie könnten geeignet sein, die republikanische Verfassung verächtlich zu machen und zu gefährden". Das ist be- wußter Unsinn, denn der Sign der Verbote war, daß anscheinend harmlose Erntefeste dazu benutzt werden, um durch Reden die Agitation gegen die Regierung in Gang zu halten. Man stellt sich eben dumm, um diegekränkte Leberwurst" spielen zu können. Daß in dem Attitel die Staatshypothck als kalte Sozialisierung, als Enteignung des deutschen   Bauern bezeichnet wird, ist selbswerständ- lich, weniger begreiflich ober die Unverfrorenheit, mit der von den Absichten der Regierung als denfurchtbaren Plänen unserer Verderbe r" gesprochen wird. Hier ist das Miesbacher   Vorbild schon erreicht und die Regierung sollte den Herren Gelegenheit geben, über den Ton ihrer Schreibweise nachzudenken. Die Schundlileralur auf den Scheiterhaufen. Die Iugendorgani- sationen von Altona   haben der Schundliteratur den heftigsten Kampf angesagt. Iugendvereine aller Parteien vereinigten sich gestern auf dem Alles-Sportplatz, wo eine von vielen Hunderten von Jugendlichen abgelieferte Menge von Schundbüchern in aller Oeffentlichkcit vor- brannt wurde. Jugendliche hielten Ansprachen, und dann wurde der riesige Scheiterhausen von Schundliteratur mit Petroleum übergössen und angezündet. Reue Arbeikskämpfe in England. Die Verhandlungen mll den Arbeitern im Maschinen- und Cchiffsbaugewerbe über die Beseitigung des Knegsaufschlags auf die Arbeitslöhne sind nach längerer Dauer abgebrochen worden. Die Beseitigung bedingt eine Herabsetzung der Löhne um zehn Schilling wöchentlich für d r e i Millionen Arbeiter. Eine Delegiertenkonferenz der Trade Unions  , die sich heute mit dieser Angelegenheit befaßte, beschloß, ein Eingreifen des Arbeitsmini st ers herbeizuführen. Die Staalsbeamlen Frankreichs  , die sich gewerkschaftlich organi- siett haben, sind in Paris   zusammengetreten, um über die Frage des Streitrechts zu entscheiden, das ihnen die Regierung zu entziehen gedenkt.
Ver Silüungswert der Gefellfthastslehre. Don Dr. Theodor Geiger, Geschäftsführer derVolkshochschule   Groß-verNn". Im Zusammenhang mit dem Drängen unserer Zeit nach der Erfassung großer lebendiger Einheiten ist auch eine Erneuerung der Gesellschaftslehre eingetreten; ja, wir können sagen, die Soziologie wurde erst in jüngster Zeit zu einer Wissenschast von früher kaum geahnter Eigenart der Fragestellung und Forschungsmethode. Sie hat darum, an der Schwelle ihrer vollen Entialtung, nicht zu über- blickende Möglichkeiten und Aussichten. Ueberall liegt hier noch Neuland für den forschenden Mcnschengeist. Wir könnten die Soziologie im Gegensatz zu den in lanzer Ueberliefernng systematisch festgelegten alten Wissenschaften eine Problemwissenschaft" nennen: alles gruppiert sich� noch um die Aufgaben selbst, die menschliche Gesellschaft und ihre Lebens- erscheinungen. Wir erkennen, daß sich diese rätselvollen Gebilde unter de» stelig und kaum unentwirrbar ineinandergreifenden Ge- setzlichkeiten der natürlichen Notwendigkeit und der formenschaffenden menschlichen Vernunft entwickelt haben und fottentwickeln. Die ver» schiedensten Wissenschaften müssen darum zur Arbeit unter neuen Gesichtspunkten zu Hilfe gerufen werden, um der Lösung neu- gestellter Fragen näher zu kommen: Die Geschichte und die Biologie, die Länder- und Völkerkunde und die Psychologie, die Ethik und die Rechtslehre, die Statistik und die Wirtschaftslehre, die ältere Schwester der Soziologie. Ein vollstäi diges und abschließendes Wissen ist darum auf diesem Gebiete gar nicht denkbar wenigstens heute noch nicht. Aber eben dies macht die Studien so reizvoll, verspricht und ge- währt uns auf Schritt und Tritt Entdeckersreuden. Die unbegrenz- ten Möglichkeiten, die problematische Lebendigkeit der Soziologie, die große Zahl der offenen Fragen könnten sie auch zu einem für die wissenschaftlich interessierten Massen besonders anziehenden Be- tatigungsfeld machen: wir suchen die vielen und unendlich mannig- fachen Lebenserscheinungen der menschlichen Gesellschaft zunächst klar aus dem Gesamtbild Herauszuschälen; wir spüren ihren natürlichen und geistigen Wurzeln nach; ermitteln die Beziehungen und Der- kettungen der ineinander vielfach verschränkten Erscheinungen; wir forschen endlich nach den großen, allen geselligen Lebensvorgängen gemeinsamen Gesetzen, um so einen geschlossenen, farbigen Begriff vom Wesen der Gesellschaft zu bekommen. .Die wissenshungrige Masse der für däs tägliche Brot arbeitenden Menschen«endet sich in ihren Mußestunden noch immer fast aus- schließlich den reinen Natur- und den reinen Geisteswissenschaften zu. Sie zollt dem materialistischen Zeitgeist ihren Tribut, indem sie sich in die Gesetze der leblosen Natur einzuweihen sucht; andererseits flieht sie aus den Niederungen in die rein« Höhe der großen ethischen, künstlerischen und religiösen Ideen. Aber damit ist keine innere Harmonie geschaffen: Der Abgrund zwischen Mate ri«und G e i st wird übersprungen, nicht überbrückt. Die Gegebenheiten des Lebens, besonders des geselligen Lebens, in dem Natur und Geist sich immer von neuem zu einer großen Einheit verschmelze», scheinen vielen zu alltäglich, zu selbstverständlich, um sie zum Gegenstand
nicht nur sittlicher Kritik, sondern forschender Betrachtung zu machen. Der Gesellschaft, in der jeder selbst atmet und wirkt, diesem gewaltigen Organismus widmet die Masse nur selten eine nachdenkliche Stunde. Ihre geistigen Beziehungen zur Gesellschaft erschöpfen sich meist in der aktiven Politik. Und doch wäre es gerade für die Kraft und Zielsicherheit des praktifch-politifchen Handelns und Srrebens von unschätzbarem Wert, einen tieferen Blick in die Mechanik und Dynamik dieser Gesellschaft getan zu haben, die wir umformen, unseren sittlichen Idealen an- gleichen wollen. Nur eigene E r k e n n tn i s auf Grund der Tat- fachen befugt zur Kritik: nur eigene wohlgegründete Kenntnisse be- fähigen zum erfolgreichen, selbstverantwortlichen Handeln. Soll die geistige Grundlegung und objektive Rechtfertigung des Sozialismus als Gesellschaftsform Aufgabe der Führer lein? Hätte nicht vielmehr jeder einzelne die Pflicht, seine sittliche Ueberzeugung noch Möglichkeit vor sich selbst auf dem Boden sachlicher Erkenntnis zu rechtfertigen, sein Handeln im Dienst der Idee an Hand der er- kar.nten Sachverhältnisse zu bestimmen?
Metropoltheaker:Die Skraßensängcttn." Wenn das Publikum nicht ganz mit Blindheit geschlagen ist, so wird es über seiner Sttahensängettn" den altenblauen Mazur" bald vergessen' haben. Wenn die Handlung auch nicht übermäßig neu, spannend oder raffi- niert ist, so helfen doch manche witzigen Situationen und behäbige. gut treffende Kalauer über die gewöhnliche Opercttensentimentalität hinweg. Und Leo Fall   hat diesem Libretto von Lo Porten und August Neidhardt einen musikalischen Ausdruck verliehen, wie er nur ihm, dem Wien  -Berliner  , gegeben ist. Er gibt der Straße, was der Straße ist. aber im Innersten bleibt er der feine musikalische Aristokrat, wie er sich dem Publikum persönlich vorstellt. Derschiedeue seiner Duette und Terzette sind feinste Kammermusik, und doch nie ohne den prickelnden Pfeffer der Operette. Seine Orchestrierung ist ganz einzig, aber der Erfinder.hält gleichen Schritt. Und die Aus- machung, die Regie und das einmütige Einleben der Darsteller in die Sache ist beim Metropoltheater seit je Tradition. Soll man sich von Toiletten, schönen Frauenfiguren, ausgezeichnetem Salon- ton bis zur letzten Statiltenrolle bezaubern lassen? Es ist nicht die Hauptsache, aber es tut dem Feinschmecker unendlich wohl. Fritz Friedmann-Frederich  , der szenische Leiter, und Otto U r a ck, der musikalische, teilten sick ruhmvoll in die Ehren des Abends. M i z z i G ü n t h e r, die wieder einmal unnachahmlich eine Eharakterrolle gab, Trude Hesterberg  , die ganz reizende Mabel, Albert Kutzner, Guido Thielscher   und der eben- bürtige Leonhard Hostel ernteten alle unerschöpflichen Beifall. H. M. Znsammenschluß der deutschen   volksblbllothekare. Dieser Tage hat in Berlin   die erste Tagung deutscher   Dolksbibliothekore statt- gefunden. Sie war von führenden Männern des Faches einberufen und aus den verschiedensten Teilen des Reiches, auch aus Bayern  , besucht. Es nahmen ferner teil als Vertreter des Preußischen Kultus- Ministeriums der Fachreferent Dr. R. o. Erdberg   und«ls Stell- Vertreter de» Deutschen Städtetage, der Syndikus Dr. Meyer» Lülmam. Ausgiebige Erörterung lebenswichtiger Fragen de, deut-
fchen volkstümlichen Büchereiwesens, besonders organisatorischer und wirtschaftlicher Art, führte zu einmütigen Beschlüssen: insbesondere wurde dem Vertreter der Städte als dringendste Forderung über- mittelt sehr besrcmdende Vorgänze gaben dazu den Anlaß, das verantwortungsvolle Amt des Leiters öffentlicher Blichereien als des berufenen literarischen Beraters der Einwohnerschaft in Zukunft nur bewährten Berufsbibliothekaren anzuvertrauen. Die über das ganze Reich stch erstreckende Arbeitsgemeinschaft gab stch eine feste Organisation unter dem Namen Bücherei- oerband. Diese umfaßt die Büchereien, die provinziellen Be- ratungsstellen und die Einzelmitglieder. Organ des Verbandes ist die ZeitschristBücherei und Bildungspflege"(Leipzig  , Harrassowitz  ). Der Sitz der Geschäftsstelle des Büchereiverbandes ist vorläufig die Stadtbücherei Charlottenburg  , Wilmersdorfer Straße 16S/167.- Drahtlose Musik im Dienste der Wohlkäligkeik. Zum Besten der von Hungersnot betroffenen Bewohner des Wolgagebietes ist gestern von der Hauptfunkstelle Königswusterhausen m» ein draht­loses Konzert veranstaltet worden. Die Anregung hierzu ging von dem Chef der Radio-Verwaltung der Ukraine   aus. Sämtliche Emp­fangsstellen der Ukraine   waren hierfür mobil gemacht. Die kon- zerticrende Kapelle spielte in einem Gebäude in Königswusterhausen. Von hier wurden die Musikstücke auf der Drahlleitung nach der Hauptfuntstelle der Reichspostoerwaltung übettragen und von dort durch den Iv-Kilowatt-Telefunken-Röhrensender weiter übermittelt. Das Mädchen ohne Hosen. Das Fachblatt des deutschen   Buch- Handels, das unter dem Namen.Buchhändlerbörsenblatt" in Leipzig   erscheint, bat sich bisher nur auf dem Felde der politischen Zensur betätigt, indem es die Anzeigen linksradikaler Schriften zuweilen von seinem Inseratenteil ausschloß. Jetzt scheint es, dem Geiste der Zeit entsprechend, leine voltspädagogische Wirksamkeit auch auf das Gebiet der Sittlichkeit ausdehnen zu wollen. Die Anzeigen des Verlags Alfred Richard Meyer   werden neuerdings vom Börsenblatt abgelehnt, weil das Vcrlagssignet eine nur mit Strümpfen und Sonnenschirm bekleidete Dame zeigt. Diese Tratfst widerspricht der Kleiderordnung des deutschen   Buch- Handels. Entweder entschließt sich Meyer, seiner Jungfrau die vor- geschriebenen deutschnationalen Flonellhosen überzuziehen oder er muß darauf verzichten, daß das Erscheinen seiner Verlaxswerke den Sortimentern in der üblichen Weise bekanntgegeben wird. An diejenigen deutschen Buchhändler und Schriftsteller, die sich bewußt sind, im 20. Jahrhundert zu leben» möchten wir aber doch die Frage richten, wie lange sie sich eine derartige entwürdigende Bevormundung durch eine Clique muffiger Spießerseelen noch gefallen lassen und vor der ganzen Welt lächerlich machen wollen.
LnftsPielhauS. Die Aufführungen von Wilhelm Schmidtbonns Komödie.Die Schauspieler» beginnen von heute ab um 8 Uhr. NeueS Thenter am Zoo. Die Erstaufführung von Roda Roda  : .Die ersten Spore»', ist aus Sonnabend, dent. vttober (Ansang 7 Uhr) verlegt. �ie Giro de Berliner Kunstausstellung im LandeSautftelluiigS' gcbäude am Lehrter Bahnhof   wird am 4. Oktober geschlossen.