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tVee entschädigt Oppau? München , 6. Oktober. (TU.) Das große Unglück in Oppau wird der bayerischen Baugewerks- Berufsgenossen- schaft, soweit es sich bis jetzt übersehen läßt, die Entschädigung«- pflicht für etwa 100 Todesfälle und für weit über IVO Verletzte und damit eine jährliche Entschädigungssumme von mindestens 1 Mil- lion Mark auf viele Lahre hinaus bringen. Me Mitglieder der bayerischen Baugewerks-�Berufsgenosienschaft haben nach einer Ver- öffentlichung der Vorstandschaft ab 1. Januar 1322 mit nicht unwesentlich erhähten Beitrügen zur Deckung dieser außerordentlichen Entschädigungslasten zu rechnen. Die Vorstand» schaft steht auf dem Standpunkt, es könne nicht angehen, daß für eine gewaltige Schadenlast, die durch das dem Baugewerbe voll- kommen betriebsfremde Ereignis herbeigeführt wurde, ein be- stimmten Kreis von bayerischen Unternehmen allein aufkommen müsse, Es dürfe vielmehr eine entsprechende Regelung der Ange- oyett durch das Reich erwartet werden. i» Wir känneu uns der Forderung der bayerischen Sauge- werks-Berufsgenossenschaft nicht anschließen. Niemand verlaugt von der Genossenschaft, daß sie den ganzen Schaden von Oppau trägt. Aber es liegt kein Grund vor, sie von Verpflichtungen zu entbinden, die sie gesetzlich übernommen hat. Das Reich ist nicht dafür da, Unternehmungen, an deren Gewinn es nicht beteiligt ist, für Verluste zu entschädigen. Es wäre die Frage zu stellen, ob nicht der Antlinkonzern in dieser Hinsicht die richtige Instanz ist. Für eines sind wir allerdings: für Reicheaussicht dar» über, daß die Genossenschaft ihre Verpflichtungen den Opfern von Oppau gegenüber voll und ganz erfüllt.

De Orouckere über Görlitz . 2>ie deutschen Sozial: st en wollen die Republik verteidigen." Unter dieser Ueberschrift gibt der belgische So- zialist Genosse de Brouckere seine Haupteindrücke von der Gör- litzer Tagung im BrüsselerPeuple " wieder. Auch für die deutschen Sozialdemokraten dürfte es interessant sein, zu wissen, in welchem Licht der Parteitag und seine Beschlüsse unseren ausländischen Be» sinnungsfreunden erscheinen. De Brouckere schreibt, daß das charakteristische Merkmal des Parteitage» der unerschütterliche Wille der deutschen Sozialdemokraten zur Republik gewesen sei.Die deutschen Proletarier sind entschlossen, ihre Republik mit der ganzen Kraft eines Volkes zu verteidigen, das jetzt den tiefen Wert der Demokratie begriffen hat. Das ging aus dem Ton der Verband- lungen schärfer noch hervor, als aus den angenommenen Resolu- tionen." Er geht dann ein auf den Augenblick nach den Reden der Genossen T r e u- Nürnberg und K ö r n e r- Ludwigshafen, die zu einem spontanen Treugelöbnis für die deutsche Republik wurden. Er nennt die�e Redeneinen jener Momente, die geschicht- lichen Wert haben.... Der gleiche Wille, die Republik zu schützen, zu stützen, zeigte sich in der Diskussion. Wir verstehen heute nur zu gut, daß die Reform der Verwaltung fortgesetzt werden muß, daß die Republik nicht durch die alten Beamten des Kaiserreichs verwaltet werden kann." Zur Programmdebatte übergehend, sagt de Broucköre, daß auch hier jeder Redner auf der Notwendigkeit bestanden habe, alle sozialen Forderungen auf der absolut gesicherten Existenz des republikanisch-demokratischen Staates zu basieren. Von den Höhe- punkten der Programmdebatte sagt« er, sie hätten auf ihn einen der tiefsten Eindrücke gemacht, deren er sich als alter Kongreß- tellnehmer entsinnen könne. De Brouckere beschäftigt sich dann mit der Frage der erw ei« terten Koalitionsmöglichkeit. Seiner ziemlich optimisti- schen Ansicht nach hat die Deullche Doltspartei zugelernt.Die Geschäftsleute, aus denen sie sich zusammensetzt, haben zuviel ge- sunden Menschenverstand, um nicht zu erkennen, daß eine deutsche Monarchie sich gegen den einigen und jetzt tätigen Willen eines fest organisierten Proletariats nicht behaupten kann. Sie wissen auch, daß die Entente eine deutsche Monarchie um keinen Preis dulden würde." Er vergleicht die augenblickliche Lage Deutschlands mit der Frankreichs zur Zeit der Dreyfus-Affäre. Man denke in den Kreisen der deutschen Sozialdemokratie daran,einen Block zu bilden, um alles dem einzig Wesentlichen unterzuordnen: der Existenz- sicherung de» neuen Regimes"._ Die firbeitslofenfrage in England. London , 5. Oktober. (WTB.) Die Mitglieder des neu gebilde- ten G e n e r a l r a t e s, etwa 30 an der Zahl, hatten heute eine Ästündige Unterredung mit Lloyd George über die Arbeits- losenfrage. Unter anderen nahmen daran teil Clynes, Smillie und Gosling. Lloyd George schlug vor, daß eine Zahl von Ar- beiteroertretern mit ihm und seinen Kollegen über praktische Maß- nahmen gegen die äußerste nationale Notlage beraten sollen. Wie verlautet, will der Generalrat der Arbeiterschaft Lloyd George be. stimmte Vorschläge zur Behebung der Arbeitslosigkeit unterbreiten. * Der Generalrat der Arbeiterschaft hat einstimmig den Sekretär der Landesarbeiterverbände Walker zum Vorsitzenden für da» nächst» Jahr gewählt.__ Unabhängiger Parteitag. Di« USP. beruft ihren Parteitag auf den 8. Januar 1S22 noch Leipzig (Dolkehaus). vi« vorläufige Tagesordnung enthält folgende Punkt«: 1. Eröffnung und Konftitu- ierung des Parteitage»: 2. Geschäftsbericht: 3. Bericht der Reichs- tagsfraktion: 4. Bericht der Programmkommission: S. Finanz- und Steuerpolitik: 8. Organisationsstatut: 7. Die Internationale Arbeits» gemeinschaft: 8. Anträge; 9. Wahl der Parteileitung. Die Re­ferenten werden noch bekanntgegeben. Der Fall Schön. Wie uns aus Hamburg mitgeteilt wird, trifft es n i ch t zu, daß der Hamburger Senat in der Sache des General- staatsanwalts Dr. Schön einen Rückzug angetreten und die Vorwürfe zurückgenommen habe. Offenbar ist diese irreführende Meldung von reaktionärer Seite verbreitet worden. Die Außerdienstsetzung des Generolstaatsanwalts ist tatsächlich in vollem Umfang aufrecht- erhalten und, wie bereits gemeldet, von der Hamburger Bürger- schaft mit großer Mehrheit bestätigt worden. Die Ausführungen unserer gestrigen RotizEin bedauerlicher Rückzug" werden dadurch gegenstandslos. Endlich bestätigt. Seit etwa einem Jahre verwaltet der Genosse Eduard Adler das Landratsamt Eckernförde kommissarisch. Während bei bürgerlichen Anwärtern die Bestätigung durch den In- nenminister umgehend erfolgt, wurde di« Bestätigung des Genossen Eduard Adler durch Herrn Dominicus ungewöhnlich lange hinaus- geschoben, obgleich der Kreistag des Kreises Eckernförd « den Genossen Adle? e i n st i m m i a als Landrat präsentiert hotte.(Einige Bürger- liche hatten bei der Wahl weiße Zettel abgegeben.) Nunmehr ist der Genosse Adler vom preußischen Innenminister endgültig als Land- rat bestättgt worden. Besonders wertvoll ist diese Lestäligung, weil deutschnational-agrarische Element« in der letzten Zeit einen Ver- leumdungsfeldzug gegen den Genossen Adler unternommen hatten. DieDeutsche Tageszeitung", Hamburger Warte" und fast die ge- samte monarchistische Presse hatte sich zum Träger dieser Verleum- oungen gemacht, ohne von der schließlich«» Aufklärung de« Irrtum- später Notiz zu nehmen.

GroMerllu Der pferöefuß. Bei der bürgerlichen Wahlagitation spielt die Unrentabllität städtischer Werke und Betriebe eine große Rolle. Man tut so, als ob kommunale Bettiebe unter allen Umständen Zuschüsse erfordern müßten und als ob insbesondere Betriebe unter s o z i a- l i st i scher Verwaltung unrentabel arbeiteten. Das eine ist allerdings richtig, daß eine städtische Verwaltung mit sozialistischer Mehrheit eine größere Verantwortung auch gegenüber ihren Arbeitern und Angestellten in sich fühlt als ein kapitalistisch geleiteter Privatbetrieb, daß sie es unter allen Umständen ablehnt und ablehnen wird. Ersparnisse auf Kosten der Arbeiterschaft zu machen. Aber Kommunalistcrung braucht beileibe nicht Bureaukra- iisierung zu bedeuten. Gerade Gcmcindebetriebe unter sozio- listischer Verwaltung haben den Beweis dafür erbracht. Ist es ein Zufall, daß die Gaswerke in Neukölln und in Lichten- b e r g so unendlich viel rentabler arbeiten als die A l t- B e r l i n e r Werke? Ist es ein Zufall,, daß selbst ein so heruntergewirtschafteter Betrieb wie die städtische Straßenbahn schon nach«inem knappen Jahre sozialistischer Verwaltung Lohnerhöhungen bewtl» ligen kann, ohne gleichzeitige Erhöhung der Tarife? All das wissen die Bürgerblockleute sehr gut. Trotzdem drehen sie gerade jetzt wieder besonders eifrig die Lügenwalze von den unrentabeln städtischen Betrieben. Warum? Die verhaßten kommunalen Werk« sollen ingemischt-wirtschaftliche" Be­triebe umgewandelt werden. Da kommt der kapitalistisch« Pferdefuß zum Dorschein l Sollte es wirklich Arbeiter, sollte es Angestellte und Beamten, sollte es denkende Menschen geben, die nicht merken, wer hinter dieser Agitation steckt? Die nicht merken, daß sie hier vor die allcrengstcn Interessen einer kleinen Gruppe von Privattopitalisten gespannt werden sollen, die über das

geffMl.VN!eriWi!'MlsW«W! Achtung! Frauen! Achtung! 1 4. K r c i»(Britz ): Die für heule angesagte ösfenkllche Frauen- Versammlung findet nicht in Beckers Festsälen, sondern um m Uhr in der 2. Gemeindeschule in der Bürgerstraße stakt. Tagesordnung:Die Bedeutung der Stadloerordnekenwahlen für die Frauen". Refercnttn: Frau Psiilss, MdB.

entgangene Geschäft erbost sind? Dieselben Prioatkapitalisten gehen ja auch mit dem famosen Plane um, Post und Eisenbahnen im Reiche ingemischt-wirtschaflliche" Bettiebe zu verwandeln. Wie harmlos, wie schön das klingt! In Wahrheit ist es hier wie dort dasselbe: Man entblödet sich nicht, die wirtschaftliche Not der Stadtgemeinde, des Laude«, des Reiches a u s z u- nutzen, um hintenherum ein großes Privatgeschäft zu machen. Darum der Sturm auf die städtischen Werke, darum da» scheinheilige Getue angeblich besorgterFachleute", darum di« demagogische Hetze de» Bürgerblocks gegen diesozialistische Mist- Wirtschaft"! Man fürchtet, die Felle könnten dem Privatkapital, dem Großkapttal wegschwimmen, wenn dasRote Berlin" erhalten bliebe. Augen auf! Wollt Ihr Büttel des Großkapilal» fein? Wähl! sozialdemokratisch! Der we!akeller.5acha'.anu''. Die Dezirksversammlungen der westlichen Bezirke sind in der letzten Zeit eine unerschöpfliche, wenn auch nicht gerade freiwillig sprudelnde Quelle für den Deweis der bürgerlichen Mißwirtschaft geworden. Ein Kapitel eigener Art war auf diesem Gebiet seit jeher der städtische Weinkeller in Schöneberg. (Glückliche Gemeinde, die ihn sich leisten kann.) Aus' der letzten Bezirks» Versammlung im Bezirk Xl(Schäneberg) richtete die s o z i a l- demokratische Fraktion die Anfrage an das Bczttksamt, warum es dem Beschluß auf Bildung einer Deputation für die städtische Weinkellerei nickt bcigetteten sei. Bürger- meister B e r n d t antwortete mit einer Beteuerung, daß er die beste Absicht habe, mit der Bezirksversominluna sowie den ehrenamtlich tatigen Bürgern zusammen zu arbeite».«Was nutzt der gute Wille, wenn die polittschen Freunde es nicht wollen.) Genosse C r d m a n n erklärte es für unverantwortlich, daß dies werbende Unternehmen. das einzige, über das der Bezirk verfügt, in di« Hände eines solchen Fachmannes" gelegt wird. Der Dezernent und alleinige Gebieter lei im Zivilberuf P o st r a t. Unser Redner wies weiter darauf hin, oaß das Unternehmen, das früher für den Stadtläckel erhebliche Ein­nahmen brachte, durch diefachmännische" Leitung bald so heruntergewirtschaftet sein wird, daß nicht» mehrübrigbleibenwerde. Ohne Beschluß und noch eigenem Ermessen hat der Dezernent dieKvmmunalisierung". noch ver- arößert und sie auf Kognak und Likeure ausgedehnt, für die in der Bürgerschaft kein Bedürfnis vorliegt. Allerdings schweben hierüber sonderbare Gerüchte und es fei im eigenen Interesse des Bürget- Meisters, für baldige Abhilfe Sorge zu ttagen. Von ollen Rednern, bis zu den Demokraten, wurde unser Redner unterstützt. Nur die Deutschnationalen und ihr« Nachbeter, die Wirtschaftlichen, schwiegen. Wie im übrigen die Wiederaufbmttätigkeit der Nationalisten aussieht, schildert« Genosse F r i tz s ch. Ein deutschnotionales Mitglied des Bezirksamt« hatte sich krank gemeldet und die Zeih dazu benutzt,«uf Kosten der Steuerzahler mit stlnem Segelboot eine Fahrt von Berlin nach Schweden zu machen. Drei Monate wurden hierzu gebraucht. Der ahnungslose Bürgermeister erttärte, daß ihm wohl da, ärztliche Zeugnis vorgelegen habe, daß er ober von der Vergnügungsfahrt erst durch die Anfrage Kenntnis erhallen habe. Den Urlaub habe er auf Grund de» ärztlichen Zeugnisses erteilt.

Gattenmorüprozeß tzemberger. Das finstere Famillendrama. das die Ermordung des Ober- lehrers Dr. Hemberger durch seine Frau Elisabeth Hem- b e r g e r und ihren Geliebten, den Kaufmann Walter Protz« zum Gegenstand hat, wurde heute vormittag unter großem Andrang de, Publikums vor dem Schwurgericht des Landgerichts II unter Vorsitz de- Landgerichtsdirektors Dr. Ziethen aufgerollt. Di« Verteidigung führen: für Frau Hemberg er Rechtsanwalt H i r s ch o< witz, für Protze Rechtsanwalt Dr. Alsberg und Asseflor Welt, für die Angeklagte Frau Weise Rechtsanwall Dr. Grünwald. Die Anklage wird von Staatsanwaltschaftsrat G e n n r i ch ver- treten. Zu der Verhandlung, für die drei Sitzungstage angesetzt sind, sind neben zirka SO Zeugen als Sachverständige UniversttSts- Professor Dr. Strauch und von der Verteidigung Sanitätsrat Dr. Magnus Hirsch feld und Sanitätsrat Dr. Fritz Leppmann geladen.» Di« Angeklagte Frau Hemberger war mit ihrem 2S Jahr« ölteren Ehemann in schwere Differenzen geraten, die sie veranlahten, mit Hilf« der beiden Mitangeklagten Protze und Frau Weise in einen leerstehenden Laden in der Urban st laß« zu ziehen. Hier soll nun. wie die Anklage behauptet. Frau Hemberger den Plan ge-

saßt haben, ihren Mann aus der Welt zu Waffen, um dadurch in den Besitz der Wohnungseinrichtung und der Witwenpension zu kommen. Sie soll nun ihren Reffen, den Angeklagten Protze, zu dem sie in näheren Beziehungen stand, angestiftet haben, ihren Mann meuch­lings zu erschießen. Di« Tat wurde dann auch in der Urbanstraße verübt, wohin man Dr. Hemberger unter einem Borwande gelockt halt«. Die Leiche wurde zerstückelt und dann die einzelnen Teil« teils ins Wasser geworfen, teils auf dem Tempelhofer Feld« ver- graben. Als in Grünau die schon etwa» in Verwesung übcrgegan- gene Leiche eines unbekannten Mannes gefunden wurde, erklärte Frau Hemberger der Polizeibehörde, daß es die Leiche ihres Mannes sei. Das Derbrechen gelangt« erst später durch eine Sclbstbezichti- gung des Protze zur Kenntnis der Behörden. Frau Hemberger gibt über ihr- persönlichen Verhältnisse an, daß sie di« Tochter eines D o r ff ch u l l« h r e r s ist u>u> bis zum 14. Jahre eine Schule in einem kleinen Spreewalddörfchen be- sucht habe. Mit 19 Iahren sei sie nach Berlin gekommen, sei bei der Firma Heyl in Eharloitenburg und anderen Firmen im Kontor in Stellung gewesen. Sie habe ihren Mann beim Tanzunter- richtkennengelerntundihn aus Liebe gcheirakel. Er sei 49 Jahre alt gewe-en und sie 24 Jahre, aber st« habe stets eine Vorliebe für ältere Herren gehabt. Zu Anfang habe ss« stets ge­glaubt, er sei einfacher Vvlksschullehrer, erst kurz vor der Verlobung habe er ihr mitgeteilt, daß er Oberlehrer undDoktor" sei. Am 29. April 1909 sei dann die Ehe geschlossen worden. Ihr Mann sei ftüher katholischer Geistlicher gewesen, dann aus der Kirche aus- getteten, um hettaten zu können. Er habe sich dann in London trauen lassen, die Ehe sei jedoch 1898 schon wieder geschieden worden. Ihre Verwandten, die alles ermittelt hatten, waren deshalb gegen eine Heirat, zumal sie auch erfahren hatten, dag H. wegen f i t t- l t ch« r Verfehlungen, die er als Lehrer an der Margarethen- schule begangen hatte, vom Amte suspendiert worden war. Die Ehe sei von Anfang an nicht glücklich oewesen, da ihr Mann mit dem Gelde sehr leichtsinnig umging und sich deshalb bald Wirtschaft- liche Sorgen einstellten. Ihr Moiin machte ihr wiederum Vorwürfe, daß sie ihm nicht genug Geld mit in die Eh« gebracht habe. Diese Zerwürfnisse spitzten sich schließlich derartig zu, daß sie Selbst- mordgedanken bekam« und sich einmal mit Gas vergiften wollte. Um die Geldnot zu beseitigen, ging die Angeklagte, wie sie weiter erzählte, wieder ins Bureau. Die Fola« war, daß ein Hans- Mädchen eingestellt werden mußte, um die Wirtschaft und das im Jahre 1917 geborene Kind zu versorgen. Ihr Mann sei sofort zu den Mädcken zudringlich geworden, so daß sie in 1- Iahren acht Mädchen hatten. Als sie von einem Mädchen eine eidesstattliche Versicherung erhiell, daß ihr Mann die Ehe gebrochen habe, wollt: sie sich scheiden lassen, gab ober auf Bitten ihre« Mannes wieder nach. Im Jahre 1916 wurde das zweite Kind geboren. Wäh­rend ihrer Schwangerschaft habe sie ihr Mann vielfach geschlagen und den Boden entlang geschleift und von ihr verlangt, sie soll« einen strafbaren Eingriff an sich vornehmen lassen. Bei einem derartigen Zwischenfall, als ihr Mann auf sie einschlug, habe sie einen doppelten Bruch davongetragen. Sie sei deshalb auch zu ihrer Mutter gezogen.

Die Hohcuzollern als Wandschmuck. Manche Leute wollen immer noch nicht begretsen, daß dt« Zeit vorüber ist, wo in jedem öffentlichen Raum ein»aar löohenzo'lern hängen mußten. Die im Sitzungssaal des Berliner Mo» g i st r a t s aufgehängten zwölf Hohenzollern sollen, wie wir bereits meldeten, nun endlich heruntergeholt werden, um als refidenzlich-berlinlsche Rarllät ins Märkisch« Museum zu wandern. Darüber schreien die unentwegt Köniastteuen, die von einer Wieder- kehr der schönen Zeit ttäumen, wo Wilhelm II. in übler Laune den Magisttat rüffelte. Wir hoffen, daß die Säuberung des Magistrats- sitzunassaales als aufmunternde, Beispiel wirken und eine Mahnung auch für andere Behörden sein wird, sich ihres byzan- tinischen Wandschmuckes zu entledigen. Behörden, bei denen der- artige Reliquien aus den Tagen der Monarchie liebevoll noch tonler» viert werden, sind mehrfach imVorwärts" genannt worden. Wir wollen heute hinzufügen, daß auch im Gebäude des Landgerichts Berlin I an der Erunerstraße ein Saal noch mit zwei großen Kaiserbilderngeschmückt" ist. Hinaus endlich mit dem Plunder, der hier wie eine Demonstration für die Monarchie wirken muh! An einer Stätte der Rechtspflege sollte man längst-/i« Konseqmmen daraus gezogen haben, daß nach der Gesetz gewerd""": neuen Verfassung wir in einer Republik leben.

BilNge» Fleisch in Reinickendorf . In den amtlichen Fleischver- kaufsstellen des 20. Verwaltungsbezirks Reinickendori-Ost. Residenz- sttaße 131, Reinickendorf-West, Kögelstr. 3, Tegel , Bahnhofftt. 6/7 und Schön eberger Stt. 63, gelangt in dieser Woche billiges Schweine- fleisch zu nachstehenden Preisen zum Verkauf: Rückenfett ä Pfund 13 M!.. Kotelettes und Bauch 17,50 Mk., Kamm, Schuft und Schinken ohne Dein 16,50 Mk., Kopf und Beine 8 Mk. Die Haussammlnng de» Oberschlesier-Hiffswerks zugunsten der bedrängten Oberschlesier ergab außerordentlich crsreuliih« Resultate. Durch 3700 Hauslistey wurden im Laufe der vergangenen Woche 152 620 Mark gesammelt, so daß auf jede Hausliste im Durchschnitt 40 M. fällt. Der Herr der Welt«. DerNuSiiattungZzauber deSApollo-SUeattt« ist jetzt unter der Direktion gam?» Klein auch in di« Komisch« Ov c r gerückt. Ein« große AuSltattungSrevue.Der Herr der Welt" mit»er- bindendem Text von Karl Jrcilchaeider, VelangStexten von De. Beda und Felix Wolfs leitet die neue Aera de? Hause» an der Wctdevdamrr Brücke ein, da« die ernste Kunst schon lange an den Nagel gedüngt hat. An zrdn vninkvoll ausgestatteten Bildern wird die nickt gang neu« Idee enllvickelt. dost»old nicht glülttich mackt und nicht vorwärts bringt, sondern, daß die Arbelt der olleir.iae Herr der Welt ist. DaS Zeitgeschehen lb'.elt. wie«S sich sür»ine Stevue gebärt, eine große Rolle, aber die Spöttereien über politiichc Vorgänge find l«id«r so fade, daß man sie sich besser schenten sollte. Der- giclche» ist nur erträglich, wenn cS von wirklichem Geist zeugt. Ergötzlich ist eS. den schönen Film-Kästner über den versailler Frieden lamen- Heren zu sehen, geschmacklos aber Franz Groß über da« abgetretene Tirol läuielil zu lassen. Daß man sich auch den a!t«» Fritz nicht v er kn eisen kann, zeugt davon, mit wie billigen Eiseklen ein Textdichter, der allerdings sein Publikum richtig einschätzt, heute auskommt. Szene, Ballett», waren ganz auf Pracht gesttmi«: IanreS Klein, der so etwa» versteht, tat darin da» äußerste, zuweilen aus Kosten des guten Geschmack«. Da viele« noch nicht klappte, dauert« dl« Aufsübrung last süns Stunden, wa« selbst sür die Ge- buldigsten-in bißchen zu viel war. Auch nackte Beine und Gold werden einem über, wenn man einen ganzen Abend hindurch nicht« Andere» zie leben kriegt. Au« der großen Reih« der guten Darsteller seien vor allem Lotte W e r k m« t st e r, Paul W« st- r m« i e r und der unverwüstliche Wilhelm Hartstein genonn». Sascha Gura wird im Leben leine MilliardärStochler. Di» Musik von Karl Hajo« d-t nicht»,«a» si« au« der Mass« ähnlicher Erzeugntss« herausheben könnte. «tu NolkSunterhaltungSkouzert in Schöneberg veranstaltet am Dom, tag. den S. Oktober d. L«.. nachm. 4 Uhr, im Bürgersaal de« neuen Ralhause« zu Schöncderg der Ausschuß sür LollSunterhaUungen bei« Bezirksamt XI. Tai kommunale Kinderheim tu Meiulckeudorf-Ost veranstaltet am DonnrrStag. den S. Oktober, abend« 70, Uhr. kn der Jug-ndhall- am Seebad einen Mütterab»nd. ilußer«inem belehrenden Vortrag über Körperpfieoe de» KUtnkinde« finden Aufführungen von Kindern und Chorgesänge statt.

Groß-Serliner Parteinachrichten. Heute, Donnerstag. S. Oktober: M.(früh«r 1«.)«dt.«l&, 819., 329., 824., 825. und 327. B-Jht abenv»» Uhr bei Hcefe, M«met«, Str. tzz.«esprechung über: Ist»in gusamm-ng-hm NM der Deutschen DoUtpartei ratsam» Resuml!»enofle Rtgu. Morgen, Freitag, 7. Oktober: «. MA, Steglitz . Adeut» 7»/, Uhr. Steffpuntt vberreolschule TNfenswche.