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Nr. 475 38.Jahrgang

Groß- Berlin

Die Fachleute der Bürgerlichen .

Steinwerfer im Glashaus.

Beilage des Vorwärts

Sonnabend, 8. Oktober 1921

der bürgerlichen Parteien durchschauen und bei den Stadtver- in den drei Wasserstraßen, der Großschiffahrtsweg Berlin­ordnetenwahlen am 16. Oftober die richtige Antwort geben. Sie Stettin , der Berlin - Spandauer Schiffahrtskanal und der Charlotten­stimmt für die Kandidatenlisten der Sozialdemokratie.

Berlin als Hafenstadt.

burger Verbindungskanal einmünden. Auf dem 38 Hektar großen Gelände sind zwei Hafenbeden ausgebaut. Das nördliche hat eine Länge von 650 Meter, das südliche 450 Meter. Ihre Breite beträgt 55 Meter. Hier können bei vollem Betriebe 104 Finow­Wieviele Berliner wissen wohl, daß ihre Stadt mit den verkehrs- Ladefähigkeit be- oder entladen werden, da eine Railänge von 2500 fähne von je 225 Tonnen oder 68 Schiffe von je 600 Tonnen reichen Straßen auch ein ansehnlicher Hafenplatz ist, dessen meter zur Verfügung steht. Ein drittes Beden von etwa 500 Meter Safenanlagen, insbesondere der im Entstehen begriffene Westhafen, Länge ist projektiert. Die Hochbauten, Lagerhallen und geradezu als Sehenswürdigkeiten gewertet werden können. So schreien und geradezu als Sehenswürdigkeiten gewertet werden können. Das Speicher, find zwedentsprechend und sehr geschmackroll ausgeführt. zwischen Oder und Eibe gelegene Berlin , dem sich die Wasserwege so- Man hat den Eindruck, als ob der Baumeister die Arbeit ehren wolle, die hier nun jahrein jahraus geleistet werden soll. Die Bauten sind anheimelnd, trotzdem sie der blanken Nützlichkeit dienen sollen. Welch ein Weg liegt zwischen den elenden Schuppen, die man früher errichtete, und diesen Bauten, in denen sich die Kultur einer neuen Zeit, in der auch die Arbeit gilt, widerspiegelt. Die Gebäudesockel sind mit Werffteinen verblendet. Das aufstrebende Mauerwerk aber ist aus wetterfesten, im angenehmen Rotbraun

Die rote Fahne muß vom Rathaus heruntergeholt werden, die Roten haben Berlin in Grund und Boden gewirtschaftet, ihre Leute im Magistrat sind Laien und verstehen nichts." So schreien und lügen die bürgerlichen Parteien, um bei den Stadtverord netenwahlen am 16. Oktober die Wählerschaft vor ihren Karren zu spannen.

Freilich, stets galten

die Juristen als die befähigtsten" Köpfe,

Große öffentliche Wählerversammlungen!

Heute, Sonnabend, den 8. Oktober:

firake 10. Thema: Die politiche Bedeutung der Stadt­verordnetenwahlen." Referent: Heinrich Bahlke, mdc. 17. Kreis Haulsdorf: 7% Uhr zum wilden Eber", Giesestraße. Thema: Die politische Bedeutung der Stadtverordneten­wahlen." Referent: Dr. Otto Ostrowski . Morgen, Sonntag, den 9. Oktober:

Faltenberg: Nachmittags 3 Uhr im Cotal Mener. Thema: Der Kampf um Groß- Berlin." Referent: Dr. Ostrowski. 19. Areis Blantenfelde: Nagmittags 3 Uhr im Restaurant Staab, Haupt- Ecke Blankenfelder Straße. Thema: Der Kampf um Groß- Berlin." Referent: Heinrich Vierbücher.

wohl nach der Nord- und Ostsee , als auch nach der Tschechoslowakei öffnen, scheint für diesen Zweck vorherbestimmt zu sein.

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Der deutschnationale Sofalanzeiger" hat u. a. dem Stadtbaurat Horten, der das Maschinenwesen leitet, die Fachkenntnis abge­sprochen. Horten sei Bergassessor gewesen, habe also gar keine Vor­bereitung für fein Berliner Amt mitgebracht. Wegen Unfähigkeit Hortens habe Oberbürgermeister Böß schließlich selber den Vorfit 13. Kreis Tempelhof : 2bends 7% Uhr Wählerinnenverjammlung leuchtenden Eisenfchmelzklinkern gebildet. Bis jetzt find drei drei. in der Deputation für die Werke übernommen. Mit Verlaub, ver­in der Aula des Realgymnasiums Kaiserin- Augusta- Str. geschossige Lagerhallen von je 123 Meter Länge und ehrter Lofalanzeiger": Wo her hat der Jurist Oberbürger Thema: Der Kampf der Frauen ums rote Haus." Refe- 23 Meter Breite errichtet. Außerdem ragt ein noch von Gerüsten renfin: Frau Elfriede Ryned, M. d. R. umgebener zehngeschossiger Getreidespeicher von 115 meister Böß die Fachkenntnis, die Horten angeb 15. Kreis Schödwih: 8 Uhr Lokal zum Storchenneft", Wenden- Meter Länge und 27 Meter Breite empor, sowie ein neun gefchof lich nicht hat? [ iger 3oll- und Warenspeicher, der in U- Eisenform an der Spize des Kais zwischen den beiden Hafenbecken errichtet ist. Am Kopf des Nordbeckens entsteht das Berwaltungsgebäude, das die Hafen- und Eisenbahnverwaltung aufnehmen soll und auch die in der Kommunalverwaltung zu allem und noch zu einigem zu Bureauräume für die Kaufmannschaft enthalten wird. Außerdem gebrauchen seien. Besinnen wir uns bei dieser Gelegenheit mal auf die ist ein Speisehaus, zwei Gebäude mit Aufenthalts­Zustände der Kriegszeit, in der die Stadt eine Reihe praktischez und Baderäumen für die Bahn- und Kohlenarbeiter, ein 20­Aufgaben übernehmen mußte, die man bis dahin keinem Berliner 8. Kreis Cladow : Nachmittags 4 Uhr bei Bäumann. Thema:" Die to motivschuppen für vier Maschinen und ein Werkstatt­Magistrat zugetraut und zugemutet hatte. Wo tamen damals politische Bedeutung der Stadtverordnetenwahlen." Refe- gebäude errichtet. Der Hafenbahnhof mit 16 Kilometer rent: M. Kreuziger. Gleislänge ist an den Hamburg - Lehrter Güterbahnhof angeschlossen. plötzlich die Fähigkeiten" her? Damals war Dezernent 3. B. für die Brotversorgung der Justizrat Dr. Simonsohn, für die 15. Kreis Zahlreiche Portal und Halbportalkräne und Luken­winden werden hier für die Lage- und Stapeltätigkeit zur Ver­Fischpersorgung der Jurist Stadtrat Dr. Loehning, für die Fleisch­fügung stehen. Der für die Anlagen benötigte Strom wird von dem versorgung der Stadtrat Berndt, unseres Wissens gleichfalls Jurist, in nächster Nähe befindlichen städtischen Elektrizitätswert mit einer für die Futtermittelverteilungsstelle der Jurist Stadtrat Alberti, für Spannung von 6000 Bolt entnommen und dann auf die Betriebs­die Kartoffelversorgung derselbe Alberti, für die Einkaufskommission [ pannung von 380 bzw. 220 Volt umgeformt. Mit der Bauaus­der Jurist Stadtrat Fischbed, für die Nährmittel der schon genannte führung wurde bereits 1914 begonnen, im Jahre 1917 infolge Jurist Stadtrat Dr. Simonsohn, für Milch, Butter und Käse wieder des Krieges völlig eingestellt und erst Ende 1918 wieder aufgenommen. Bis jetzt sind die drei Lagerhallen, der Lokomotiv = derfelbe Simonsohn, für die Kohlenversorgung der gleichfalls schon erwähnte Jurist Stadtrat Dr. Loehring, für die Obst- und Gemüse- Berlins Hafenanlagen find in zwei Bezirke Osthafen schuppen und das Werkstattgebäude in Betrieb genommen. versorgung der Stadtrat Runge, der zwar fein Jurist ist, aber auch und Westhafen geteilt, zwischen denen der Mühlendamm die Es ist damit zu rechnen, daß die übrigen Gebäude im Laufe des niemals mit Obst und Gemüse etwas zu tun gehabt hatte, für die Berlin ist es endlich möglich geworden, eine zentrale Ber- Mark berechnet wurden, find auf 124 millionen angewachsen, Grenze bildet. Infolge der Schaffung eines einheitlichen nächsten Jahres fertiggestellt werden. Die Baukosten, die ursprünglich mit 34% Millionen Zuderversorgung der Stadtschulrat Reimann, zwar fein Jurist, aber waltung durchzuführen, so daß die Hoffnung ausgesprochen werden d. h. trotz einer Berteuerung der Rohmaterialien ufm. um das 10­gewiß auch kein Sachverständiger für Zucker, für die Voltsspeisung darf, daß auch die Wirtschaftliteit dieser Anlagen, die bis 15fache haben sich die Kosten nur etwa um das Bierfache erhöht. der Jurist Stadtrat Doflein. Diese Liste könnte noch vervielfacht nunmehr großzügig und nach modernen Gesichtspunkten geleitet wer: Das möge als ein günstiges Zeichen betrachtet werden. Es zeigt werden, aber lassen wir es genug der Beispiele sein. den, zu erwarten ist. Der an der Stralauer Allee gelegene Ost= Wir wiederholen die Frage: Wo hatten alle diese Leute ihre hafen, der im Oktober 1913 in Betrieb genommen wurde, wird sich, daß unter dem ,, roten Magistrat" troß der Ungunft der Ber­hältnisse nicht nur billig, sondern auch gut gebaut werden fann. Allen, Fachkenntnis" her? Bielleicht beantwortet uns das die Berliner schon in diesem Jahre keinen Zuschuß mehr erfordern, jedoch die mit Kopf und Hand an diesem Werf geschaffen haben, gebührt Bevölkerung, die in der Kriegszeit die Versorgung mit Brot, wird das beim Westhafen noch auf Jahre hinaus der Fall sein, volle Anerkennung. Es ehrt auch Berlins Verwaltung, daß sie in Kartoffeln, Gemüse, Fleisch, Fischen, Milch, Butter, Nährmitteln, so daß auf eine Berzinsung der Anlage, die aber im Interesse Berlins fördert, deren volle Bedeutung sich erst in der Zukunft zeigen wird. da die Baukosten infolge des Krieges ganz erheblich gestiegen find, fchwerer Zeit mit Energie und llmficht die Schaffung von Anlagen Zucker usw., sowie die Boltsspeisung zur Genüge fennen gelernt hat. unbedingt notwendig ist, zunächst nicht gerechnet werden kann. Wir wissen, wie wenig man mit den Leistungen der Im Osthafen, der durch einen Tunnel mit dem Bahnhof von Juristen geleiteten Kriegswirtschaft zu Frankfurter Allee in Verbindung steht, wurden vom Juli bis Sep­frieden sein tonnte, obwohl die Leiter für diese praktische tember 1920 von 303 Arbeitern 147 550,5 Tonnen Güter verladen. Im weiteren Verlauf der Bernehmung Broßes glaubte Rechts­Tätigkeit natürlich noch wirkliche Sachverständige zur Seite hatten. Das entspricht fir 1921 aber schafften 228 Meter anwalt Sirf chow it feſtſtellen zu können, daß die Auslaffungen Der Demokrat Lochning, der angebliche Sachverständige" für Fisch- In dem Vierteljahr Juli- September 1921 aber schafften 228 Arbeiter des Proke hier im Termin in verschiedenen Bunften mit seiner versorgung und für Kohlenversorgung, hat in einer demokratischen 221 056,5 Tonnen, pro Kopf also 970 Tonnen. Die Arbeits- Darstellung in dem Selbstbekenntnis in vollem Widerspruch stehen. Bersammlung eingestimmt in das Geschrei über laienhafte Unfähigkeit leistung ist also um 100 Bro3. geftiegen. Die Stadt ver- Der Angeklagte bleibt bei wiederholten Borhaltungen dabei, daß er der Roten . Der Deutschnationale Berndt, der Sachverständige" für fügt über Speicher und Lagerhäufer mit einem Gesamt die Berstückelung der Leiche selbst nicht vorgenommen habe. flächenraum von 64 066 Quadratmetern. Davon sind 18 251 Quadrat- Nach der Beendigung der Vernehmung Prozes wird Frau Weise Fleischversorgung, schreit mit seinen Deutschnationalen über die an- meter an Private vermietet, der Rest wird im Eigenbetrieb und von vernommen. Frau B. ist mit ihrer Bekannten, der Zeugin Fräulein gebliche Mißwirtschaft unfähiger Sozialdemokraten. den städtischen Abteilungen ausgenußt. Die Freilagerpläge Hartmann, seinerzeit Einmieterin bei dem Ehepaar Hemberger ge haben einen Flächenraum von 18 573 Quadratmetern, von denen wesen. Sie befundet u. a., daß Dr. Hemberger den Kindern sehr 5067 im Eigenbetrieb ausgenugt werden. Die Zahl der ver zugetan war, dagegen mit seiner Frau mehrfach in Konflikt fam. fehrenden Schiffe hat allerdings infolge des niedrigen Wasser- Mißhandlungen der Frau hat sie nicht bemerkt. auch keinerlei un standes der Elbe und Oder und auch wegen der unsicheren züchtige Handlungen seitens des Dr. 5). in feiner Wohnung. Frau H. & age Oberschlesiens abgenommen, dagegen ist die Zahl habe ihr leid getan. Die Angeklagte befundet, daß Proze während der Waggons wesentlich gestiegen. Interessant ist die Tat- feines Aufenthalts bei Frau H. mehrmals Anfälle bekommen habe, sache, daß der Stromverbrauch des Osthafens für die Monate April- hingefallen, ganz starr geworden sei und phantasiert habe. Die September 1920 und 1921 gleichmäßig etwa 43 000 Kilowattstunden Angeklagte weiß, daß Frau H. und Broge in ihrer Gegenwart davon betrug, daß aber der Preis dafür von rund 39 000 m. auf 58 000 m. gesprochen haben, daß Broße mit Aften nach der Kirchstraße gehen gestiegen ist. Zu Anfang dieses Jahres wurde viel von den Un- und sie dem Dr. H. verkaufen solle. Die Angeklagte hat dann auch regelmäßigkeiten im Osthafen gesprochen. Hiergegen ist eines Tages den Proze nach der Kirchstraße begleitet, da Frau die Verwaltung ganz energisch und mit vollem Erfolge eingeschritten. Hemberger ihr sagte: Behen Sie doch mit." Sie hat auf der Zwischen den Ringbahnhöfen Butliz- und Beuffelstraße dehnt Bärenbrüde gewartet, während Protze zu Dr. H. ins Haus ging. sich der Westhafen, Berlins größte Hafenanlage, Als er zurückfam, hat er ihr erzählt, Herr Dr. H. habe die Akten ,, Wann reisest du. Lothar?" auf und ab, tiefe Furchen um Stirn und Mund. Als sie vor Morgen mittag." den Spiegel trat, blickte sie doch hinein. Du liebe 3eit, mie ernst sah sie aus, wie unglücklich! Man mußte Mitleid mit so einem jungen Menschenkind, haben und beim Anblick ihres Mitleids begann Thea richtig zu weinen.

Es kann der Berliner Kommunalverwaltung nur zum Vorteil gereichen, daß die Juristen zum Teil durch

Männer aus dem praffischen Leben ersetzt worden sind. Den Juristen, die in der Kriegszeit uns mit dem Nötigen zu versorgen" sich abmühten, wollen wir für ihre Mißerfolge die durch den Kriegszustand gegebenen Hindernisse gern als mildernden Umstand zubilligen. Aber daß auch heute noch die Zeitverhältnisse dem jezigen Magistrat seine Tätigkeit aufs ärgfte erschweren, ja, daß die bürger­lichen Barteien fich alle Mühe geben, die Schwierigkeiten noch zu steigern- davon schweigt des Gegners Berlogenheit.

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Die aufgeklärte Wählerschaft wird diese Wahlmache

Fräulein.

Von Paul Enderling . Copyright, 1820, by J. G. Cotrasche Buchhandlung Nachf. Stuttgart u. Berlin ,, Auch nicht, wenn ich dir sage, daß ich ihn nicht liebe?" " Du mußt es doch einmal getan haben, Thea, zum min­desten in dem Augenblick, als du Ja sagtest." Sie schrie auf. Da am wenigsten!" " Dann war es nicht recht von dir, daß du ihm Ja fagtest."

Sie faßte feine Hand. Er konnte nicht weiter zurück. Hinter sich fühlte er ein Fensterbord. Quäle mich doch nicht, Lothar." Er spürte den Hauch ihres Mundes an seinem Gesicht. Damals damals war es das einzigemal in meinem Leben, daß ich liebte. Ich habe piele Dummheiten gemacht, ja, Lothar. Aber ich bin nicht schlecht."

" Das weiß ich, Thea."

-

" Nicht wahr? lind nun muß ich ja auch dafür büßen." Er schob sie sacht von sich fort. Was willst du nun, daß ich tun foll?"

Ich weiß nicht, Lothar. Wenn du es nicht weißt- wenn du es nicht wissen willst

"

Sie tat ihm leid. Er kannte sie gut. Er wußte von ihren vielen, vielen Liebeleien. Er mußte, daß sie haltlos war wie ein Vogel, der noch nicht flügge. Es wird ja alles gut merden, Thea."

Ohne dich??"

" Ich glaube, es fommt jemand," flüsterte er.

Die Tür zum Gang flappte.

Thea lief von ihm weg in den Saal hinein. Nach einer Weile folgte ihr Lothar langsam.

Draußen begegnete ihm Oberlehrer Sanders. glaube, Lothar, es ist Zeit, daß du gehst."

Warum?"

"

Ich wünsche dir soviel Gutes, wie du verdienst. Sieh zu, daß es viel fein kann!" Hermann Görte stand auf einem Balkon nach dem Plaz zu und fah hinaus. Ein Duft von Goldlack und Nellen schwebte herüber. Er lehnte sich weit hinaus. Als sich seine Augen an die Dunkelheit draußen gewöhnt hatten, erkannte er die Silhouetten der Türme da hinten: den Stockturm, das Rat­haus, die Marienkirche, die vier Giebel des alten Zeughauses. Da hob es an zu flingen. Zuerst das Glockenspiel vom Ratsturm. Es spielte: Wer nur den lieben Gott läßt walten.

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was

Wir haben nicht mehr die Naivität zu diesen Dingen, dachte Hermann; aber man muß zugeben, daß es Schönes ist. . und hoffet auf ihn alle Zeit..."

In das helle Spiel mischten sich dunkle, sonore, wuchtige Töne. Das waren die Gloden von St. Marien. Ein Turm nach dem anderen erwachte, und eine Glocke nach der anderen flang herüber.

Gattenmordprozeß Hemberger.

-

Eine Weile betrachtete sie noch ihr weinendes Spiegel­bild. Aber als sie merkte, daß die Nasenspize rot wurde vom Weinen, fand sie es dumm. Sie trocknete energisch die Tränen und setzte sich ans Fenster.

Was würden ihre Berehrer wohl sagen, wenn sie sie so trostlos und gealtert sähen? Ja, auch gealtert sah sie aus. Sie hatte es nur zu gut gemerit. Es war auch kein Wunder. Es wäre auch kein Wunder gewesen, wenn sie graue oder weiße Haare bekommen hätte.

Wie nett war der Referendar gestern gewesen! Was für luftige, verwegene Sachen hatte er ihr doch ins Ohr geflüstert! Jegt war das alles vorbei. Eigentlich hätte es gestern schon vorbei sein müssen....

Und Lothar? Er hatte gut ausgesehen. Wer glich ihm hier noch unter den jungen Männern ihres Kreises? Er hatte im fleinen Finger mehr Energie als die anderen alle zu " Du heißt doch Sibylle," sagte er halblaut. fammen. Wo war er nur geblieben? Mutter hatte gesagt, Bo Eine Flut von Lönen überschwemmte die schlafende daß er sich gleich verabschiedet habe. Ließ er sich nicht mehr Stadt und hob ihn empor und trug ihn fort. Sibylle. Sibylle..."

Die hundert Türme der Stadt sangen. Eine Flucht.

Thea lag auf der Chaiselongue in ihrem Zimmer und verfolgte die Sonnentringel an der Decke.

Sie war noch müde vom gestrigen Fest. Es war schon hell gewesen, als sie nach Hause gekommen waren. Herrgott, hatte sie getanzt! Als sei es das letztemal gewesen... Und " Ich in all dem Lachen und Wirbeln, Wirbeln und Klingen hatte sie das fühlte sie jetzt mit Beschämung auch Lothars vergessen, der irgendwohin verschwunden war. Alles war so luftig und lockend gewesen, und wie hatte sie doch gelacht! Als sei es zum letztenmal gewesen...

Der Oberlehrer sah ihn groß an. Das weißt du nicht?" Lothar erblaßte: der Oberlehrer hatte also alles mit angehört. Aber er zwang sich zu einem Lachen. Mitten im Tanz kann ich doch nicht fahnenflüchtig werden.

"

Aber der Oberlehrer ließ ihn nicht. Mit allen darfst du tanzen. Nur mit einer nicht."

Ich weiß. Sei ohne Sorge!"

Die beiden gaben sich die Hand und sahen sich ernst an.

-

Thea sprang von der Chaiselongue auf. Es war auch zum letztenmal gewesen. Nun tam der Alltag. Nun hatte sie in allen Zeitungen der Stadt als Verlobte gestanden. Nun hatte die halbe Stadt ihr gratuliert. Es sollte auch zum letzten­mal gewesen sein..

Sie biß die Zähne zusammen und ging in ihrem Zimmer

sehen?

Die Sonnenfringel tanzten an der Decke. So hatten sie damals auf dem 3oppoter Promenadenweg getanzt Schön und unruhig und flüchtig wie das Leben... wie die Liebe Drunten sah sie den Onkel, den Oberlehrer, über den Blaz gehen, in seiner charakteristischen Haltung: etwas vornüber­gebeugt, mit den Armen beim Gehen herumrudernd. Nun trat er unten ins Haus ein.

War er glücklich? Es war sonderbar: Sie war noch nie auf den Gedanken gekommen, danach bei anderen Menschen zu fragen. Jetzt, wo sie sich so weit von Glück fühlte wie nie zuvor, jetzt ließ sie alle an sich vorüberziehen. Den Bater­ja, er war glücklich in seiner selbstsicheren, selbstgläubigen Art. Die Mutter- fie flagte oder jammerte eigentlich den ganzen lieben, langen Tag. aber glücklich war sie wohl doch. Den Ontel- fie mußte so wenig von ihm, von ihm, der immer so freundlich zu ihr war.

Sie stand auf und ordnete vor dem Spiegel ihr Haar, Dann lief fie die Treppe hinunter zu dem Ontel. ( Forts. folgt.)