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[rr ; unterlagen keinerlei Einflüssen, sowohl was ihre NationalitZt als auch die Politik der Behörden betrifft, von denen sie ernannt wurden. Sie wurden von den vier Ratsmitgliedern ausgefordert, di« allge- meinen Maßnahmen zu untersuchen, welche die Fortführung des Wirtschaftslebens in Oberschlesien sichern und die Schwierigkeiten der U eb er g an g s per i o d e auf ein Mindestmaß beschränken müssen. Die Projekt«, in denen die betreffenden wirtschaftlichen Be- stimmungen vorgeschlagen werden, sehen in einer langen Penade, in gewissen Fällen für 15 Iahre eine Reihe von Vereinbarungen vor. Dies« Vereinbarungen beziehen sich aus«ine unparteiische und gerechte Regelung der Eisenbahnfrage, die Wasser» und Elektrizitäts- Versorgung, die Zollsreiheit für zahlreiche Erzeugnisse, wie Kohlen und Zink, die Beibehaltung der deutschen Mark als gesetzliches Zahlungsmittel in den an Polen abgetretenen Gebieten. Der Rat schlug gleichzeitig mit der Annahme dieser Projekte Garantien für die polltischen Minderheiten vor, da er hierin ein« wesentliche Ergänzung einer politischen Grenz- sührung erblickt. Rur auf diese Weise war es möglich, den politischen Wünschen der Einwohner die größte Befriedigung zu gewähren und ihnen gleichzeitig den Fortbestand des wirtschaftlichen Wohlergehens zu sichern. Die Schlußansprache. Gens, 12. Oktober. (WTB.) Die Tagung des Völkerbundrates über die oberschleflsche Frage ging heute zu Ende. Gegen 6 Uhr abend» unterzeichneten die Ratemitgliede? das Schlußprotokoll. Am Schluß der letzten Ratssitzung hielt Baron IshU. Präsident der Tagung für die oberschlesische Frage, folgende Ansprache: Meine Herren, der Völkerbundrat schätzt sich glücklich, bei der Lösung einer der schwierigsten und verwickeltsten Fragen angelangt zu sein Er hat, davon bin ich überzeugt, eine der wichtigsten Auf- gaben, die ihm nufactragen wurden, mit Erfolg durchgeführt. Es ist dies eine entscheidende Stunde im Leben de» Völkerbundes. Gestatten Sie mir, bei dieser feierlichen Gelegenheit im Namen meiner franzo- fischen, englischen und italienischen Kollegen, wie auch in meinem eigenen Namen imseren vier Kollegen aus Belgien , Brasilien , China und Spanien dafür zu danken, daß sie dem Rat ihre wertvolle Hilfe gewährten. Das Ergebnis ihrer Arbeiten ist vom Geiste der Recht- l i ch k e i t und hohen Unparteilichkeit erfüllt. Gleichzeitig kann ich nicht umhin, den ehrenwerten Vertretern Englands, Frank- reich? und Italiens meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Sie haben trotz der großen nationalen Interessen, die auf dem Spiele standen, eklatante Beweise ihrer Versöhnlichkeit gegeben. So gelang es uns, eins glückliche Lösung des Problems zu er- zielen. Gestatten Sie mir im Namen des Rates, unserem hervor- ragenden Generalsekretär und seinen Mitarbeitern vom Sekretariat für die wertvolle und unermüdliche Mithilfe bei den Arbeiten unserer vier Berichterstottcr zu danken. Schließlich bitte Ich Sie, meinen persönlichen tiesgefühlten Dank dafür entgegenzunehmen, daß Sie mir die unverdiente Ehre erwiesen, bei dieser denkwürdigen, nunmehr geschichtlichen Sitzung über die oberschlesische Frage zu präsidieren, deren soeben erfolgt« Lösung nicht verfehlen wird, in hohem Maße zur Erhaltung de» Frieden» in Europa und in der Welt beizutragen. vor öer Reichstagssitzung. Tagung der Demokraten. Heute nachmittag treten im Reichstag die demokratische Reichs- und Landtagsfraktion zur Beratung der augenblick» lichen Lage zusammen. Die sozialdemokratische Reichstags- sraktion wird voraussichtlich am Tage vor Zusammentritt des Reichstags einberufen werden, soweit nicht ein früherer Zu- sammentritt notwendig erscheint. Die Einberufung des Reichstags wird aller Wahrscheinlichkeit nach Anfang der nächsten Woche erfolgen. Die Nachricht von einer Demokratentagung erregt unter den gegenwärtigen Umständen gewisse Sorgen, da die Demo- traten bisher leider stets in allen kritischen Zeitläuften den Herd der Nervosität innerhalb der Koalition gebildet haben. Hoffentlich werden die Demokraten diesmal nicht eine Haltung einnehmen, auf die man das Wort anwenden könnte: Mehr Angst als Vaterlandsliebe!" Hoffentlich werden sie oissehen, daß jetzt am allerwenigsten Zeit ist für eine Politik parteitaktischer Spekulationen, sondern daß es sich jetzt darum Eesinöung oöer Entwicklung! In der heute herrschenden Geschichtsauffassung wird die Be- deutung des Einzclmenschen für die historische Entwicklung gewaltig übertrieben Tüchtige Feldherren erscheinen in der bürgerlichen Ge- fchichtzausfassung als der Motor der Weltgeschichte. Mit keinem Wort, oder bestenfalls ganz nebenbei wird die ökonomische Triebkraft der Geschichte aufgezeigt. Ebenso falsch ist das all- gemeine Urteil über die kulturelle Entwicklung der Menschheit. Da heißt es einfach: Gutenberg hat den Buchdruck erfunden, v. Drais das Fahrrad, Stephenson die Lokomotive, Zeppelin das lenkbare Luftschiff usw. Mit dem Glorienschein des genialen Erfinders werden alle diese Männer umgeben. Staunend erfährt die Nachwelt van der überragenden, der fast zauberhaften Begabung vieler Erfinder. Sie erfährt aber nichts davon, daß nicht Genie und spontane Erfindung die Kulturgüter der Menschheit vervollkommneten, sondern daß die Arbeit der als Erfinder gerühmten Menschen vornehmlich in der Prüfung der bereits vorhandenen technischen Leistungen auf einem bestimmten Gebiet, in ihrer oft nur geringfügigen Ergänzung und vor allem in ihrer Nutzbarmachung bestand. Die Geschichte des Fahrrades ist dafür ein außerordentlich lehrreiches Beispiel. Bereits im 17. Jahrhundert existierten vier- rädige Wagen, die durcb die Insassen selbst in Bewegung gesetzt wer- den konnten. Die im Jahre 1816 von Drais erfundene Grundform des heutigen Fahrrades, dieDraisine", war bereits zwanzia Jahre vorher in Poris aufgetaucht. Dos Nürnberger germanische Museum birgt gor eine der Draisine ähnlicheLaufmaschine", die aus der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts stammen soll. An der 1818erfundenen" Draisine war nichts neu, wie das lenkbare Vorder- rad. Ueberall zeigte sich ein lebhaftes Interesse für dieses neue Vor- kebrsmittel. Dieses Interesse erlasch nach einigen Jahren wieder. Im Jahre 1882 oersah ein Pariser Ingenieur das Vorderrad mit zwei Tretkurbeln, der Sattel wurde bequemer angebracht. Man versuchte zunächst, die Geschwindigkeit durch Vergrößerung de» Vorderrades zu vergrößern, dieser folgte die Einführung der Kcttenübersetzung. Die Folge war eine größere Gefährlichkeit. Zur Herabminderung der Gefahr wurde dos Vorderrad wieder verkleinert und allmählich der Rahmen verbessert, bis die heute noch gebräuchliche Form des Fahrrades entstand, die vor etwa 25 Iahren durch billige Her- stellunasmöalichkeit vom Luxus- zum Gebrauchsgegenstand wurde. Aehnlich war es mit der Erfindung des Buchdrucks. Ihre Grundform Siegelring und Münzstempel sind uralt. Bereits die Assyrcr besaßen Siegclznlindcr. mit denen sie Texte in weichen Ton eingruben. Die Chinesen hatten flache Holzvlotten mit einge- schnitzten Sätzen, die sie auf Papier druckten. Im Mittelalter wurden bereits in Europa Vordrucklettern für Initiale verwendet. Man sieht, daß für Gutenberg wirklich kein Zauberwerk mehr zu tun war. DieErfindung" der Lokomotive charakterisiert am treff- l'chsten ein Ausspruch ihres..Erfinders" Stepdenson. Er sagte:Die Lakomntwe Ist nickt die Erfindung eines Mannes, sondern einer Notion von Maschineningenieuren." n. Die Jahrhunderte zurückweisende Vorgeschichte der Erfindung des lenkbaren Flugapparates ist allgemeiner bekannt, ßit meist i k~L handelt, das Reich mit fester Hand über die drohende inners Krise himoegzubrmgen. Mögen die Demokraten also ivenig- stens diesmal den Kopf oben behalten! » Die deutschinonarchistische(sog. deutschnationale) Reichs- tagsfraktion fordert die sofortige Einberufuna des Reichs- tags, damit dieser zu derbevorstehenden" Entscheidung über ' Oberschlesien noch Stellung nehmen könne. Soviel bekannt, steht aber die Enffcheidung nicht mehr bevor, sondern sie ist bereits gefallen, nur noch nicht bekannd Wäre sie noch nicht gefallen, so würde sie durch deutschinonarchistische Reden sicher nicht günstig beeinflußt. Uebrigens tritt der Äeltestenausschuß heute um 7 Uhr abends zusammen. Ein Aufruf öer deutschmonarchisten. Der Vorstand der Deutschnationalen Volkspartei ver- öffentlicht eine Kundgebung, in der die R e i ch s r e g i e r u n g aufgefordert wird, wegen der ungünstigen Entscheidung über Oberschlesien die Führung zu ergreifen und an allen Orten wie aus allen Kreisen der Bevölkerung heraus wuchtige g e- meinfame Kundgebungen herbeizuführen. Wenn in dem Aufruf gesagt wird, dies« Angelegenheit sei keine Parteisache, sondern eine Sache des ganzen Volkes, so ist dem zuzustimmen. Wir können jedoch nicht der Auffassung bei» pflichten, daß dieser Sache durch Protestkundgebungen gedient wird, di« bei der allgemeinen Erregung nur zu leicht die beteiligten nationalistischen Kreise zuAktionen" hinreißen könnten, welche der gemeinsamen Sache des Volkes nur schaden würden. Wir sind der Auffassung, daß gerade im gegenwärtigen Augenblick der Bevölkerung am besten gedient wird, wenn man jede Aufpeitschung der nationalen Leiden- schaften unterläßt und auf eine Demonstrationspolitik ver- zichtet, die bei dem bekannten Mangel an Takt, den die Deutsch - nationalen bewiesen haben, nur neue inner- und außenpolitische Komplikationen herbeizuführen geeignet ist. Kampf üem Lebensmittelwucher! Aon der preußischen Landtagsfraktton wird uns mstgeteist: Die vomVorwärts" angekündigten Maßnahmen zum Antrag der Deutschnationalen, daß das Diensteintommm für Beamten und Lehrer automatisch dem Wert des Geldes angepaßt werden soll, haben sich zu folgendem Antrag Braun und Genossen ver- dichtet, in dem unter Punkt 3 deutlich gesagt wird, woher di« Mittel zu seiner Ausführung genommen werden sollen. Der Antrag lautet: Der Landtag wolle beschließen, 1. durchgreifende Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung des täglich zunehmenden Wuchers mit Lebensmitteln und sonstigen notwendigen Bedarf»- artikeln, unter dem die Arbeiter, Angestellten und Beamten schwer leiden, zu treffen: 2. allen im Staatsdienst stehenden Per- sonen, Pensionären und Hinterbliebenen eine dem Grade der Teue- rung entsprechende Zulage zu den Bezügen schnellstens zu ge- währen; 3. das Staatsmimsterium zu ersuchen, dem Landtage zur Aufbringung der dazu erforderlichen Mittel sogleich den Entwurf zu einem Grundsteuergesetz zugehen zu lassen, da» vornehm- lich den durch die Teuerung hohe Gewinne erzielenden Groß- grundbesitz schärfstens heranzieht. Gleichzeittg interpellieren die Genossen Braun, Peters und Husemann die Regierung, was geschehen sei, um ein« planmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Kartoffeln zu erträglichen Preisen zu ermöglichen und was geschehen soll, um den Wucher mit Kartoffeln zu unterbinden. Sie weisen in ihrer Anfrage darauf hin, daß es der braunschweigischen Regierung z. B. gelungen ist, den Preis für Kartoffeln auf 35 M. für den Zentner festzusetzen, während sonst Preise von 70 und 80 M. keine Selten- heit sind. Protest des preußischen Landtage». Zu Beginn der heutigen Landtagssitzung wird der Präsident eine Erklärung abgeben, die gegen die beabsichtigte Teilung Oberschlesren» prote» stiert und den Standpunkt des deotsches Aolbe» ln dieser Frage zum Ausdruck bringt. ebenso wie die besprochenen Beispiele, die wir dem Buche von Alfred Vierkandt Die Stetigkeit im Kulturwandel" entnahmen, und die sich beliebig vermehren ließen, auf die Kontinuität in der Entwicklung hin. Nicht auf der Genialität und der schöpferischen Kraft e i n z e l» ner Menschen beruht der Fortschritt, sondern auf dem emsigen Zusammenwirken, auf der Schaffensfreude Unzähliger. Junge rheinische Kunst. Im Kronprinzenpalais wurde heute mittag eine Ausstellung'moderner Maler des Rheinlands er- öffnet. Sie bietet dem großen Publikum keinerlei Sensation, ober dem Kunstfreunde Freude, Anregung und Belehrung. August Macke, Heinrich Eampendonck, Nauen , Seehaus u. a. marschieren aus. Alles gute Bekannte, die uns im einzelnen nichts Neues mehr offenbaren, die aber durch ihre Gesamtwirkung tnter- essont werden. Denn man konstatiert hier unter Künstlern, die im Innersten einander wesensfremd sind, eine ArtFamilienähnlichkeit", di« nie zuvor so deutlich zutage getreten ist, die überrascht und zum Nachdenken anregt. Das Band einer gemeinsamen Schule, wie es früher die Düsseldorfer Akademie für die rheinische Kunst bedeutete, besteht heute nicht mehr. Die rheinische Luft und das rheinische Blut schaffen allein diese Zusammenhänge. Farbenfreude, die sich gern im Lichten, Reinen und Klaren ergeht und die ganz bestimmte, immer wiederkehrende koloristische Harmonien bevorzugt, bildet den charachteristischen Grundton. Um diesen einigenden Grundton noch sinnfälliger hervortreten zu lassen, haben die Arrangeure der Aus- stellung die Arbeiten nicht nach den Künstlern gruppiert, sondern nach dekorativen Gesichtspunkten. So sind Wände zustande gekommen, die vollkommen einheitlich, wieaus einem Guß" wirken und doch aus Werken ganz verschieden gearteter Persönlichkeiten zusammen- gesetzt sind. Namentlich die Wand, an der Eampendonck mit Macke abwechselt, wirkt überraschend. Die Malerei der jungen Rheinländer ist aufs feinste kultiviert, ober ihr mangelt die urwüchsige Kraft des Ausdrucks. Sie schwelgt in zarten Nuancen, die der einfühlenden Betrachtung immer neue Reize offenbaren, ober sie dringt nur selten in seelisch« Tiefen. Es ist eine wohlerzoaene, liebenswürdige, meist heitere Kunst, ein er- lesener Schmuck für die gute Stube des guten Europäers, aber die aufrüttelnden Fanfaren der revolutionären Gegenwart tönen nicht in ihr.' I. S. Unser Archäologisches Institut in Athen , das jetzt bereit» fast 50 Jahre besteht und auf plürncnde Leistungen zurückblickt, war wah- rend des Krieges von der griechischen Regierung beschlagnahmt und als Töchterschule verwendet worden. Nach dem Frieden aber haben die Griechen das Gebäude dem Deutschen Reich zurückgegeben, obwohl sie es nach dem Versailler Vertrag « hätten behalten oder wenigstens ein paar Millionen Mar? dafür hätten verlanoen können; sie taten di?» wegen der großen Verdienste, die sich das Institut um Griechen- land erworben habe. Dos Institut ist daraufhin im Herbst 1920 wieder eröffnet worden, nahm seine Vorträge und Arbeiten auf und knüpfte auch Beziebunqen zu den Instituten der anderen Nationen an. Die künftigen Aufgaben des Instituts werden sich nach einem in derKunftchronik" wiedergegebenen Bericht Dörpfelds darauf zu be» schränken haben» haß Van nur kleine Nachgrabungen unternimmt Maurenbrecher unö öie»Deutsche Zeitung*'. Wir hören, daß Maurenbrecher auf unbestimmte Zeit in Urlaub gegangen ist, um nicht mehr in dieDeutsche Zeitung" zu- rückzukehren. Leute, die es wissen müssen, behaupten, er habe seine deutschmonarchistischen Freunde zu rasch kennengekernt, er könne sie nicht mehr vertragen. Schiele nach Leipzig übergeführt. ZNüncheu, 13. Oktober. (WTB.) Der von der bayerischen Grenzpolizei in Salzburg verhaftete Arzt und Volkswirt Dr. Wss- Helm Schiele, welcher wegen Teilnahme am Kapp-Putsch steck- brieflich verfolgt war. wurde gestern auf Verlangen de» Reichs- amvalts vom Münchner Gerichtsgefängnis nach Leipzig übergeführt. ßestzug ober Gefangenentransport! Am Sonntag, den v. Oktober, sollte in Menden , Kreis Iser- lohn, eine Jahresfeier der dortigen militärischen Dereine nebst dazu- gehörigem Festzug durch die Stadt elfolgen. Einige Tage vorher durchlief das Gerücht die Stadt, der Festzug solle von den Arbeiter- Parteien gesprengt werden. Da die hohe Behörde hierüber in Sorge geriet, bat sie unsere Parteigenossen zu einer Sitzung, als deren Ergebnis die Kriegervereinler zusagten, jede Provokation zu unterlassen, wofür unsere Genossen versprachen, keine Gegendemon- stratton einzuberufen. Nachmittags um 3 Uhr wurde es plötzlich lebendig in der Stadt, und die Schupo rückte heran. Es erschien ein Lastauto mit 40 bis 50 Mann und besetzte den Balkon des Rathauses. Unter dem Schutz der Polizei nahmen die Vereine auf dem Markt- platz Ausstellung. Bevor sich der Festzug in Bewegung setzte, er- scholl das Kommando: Laden und sichern! An der Spitze des Zuges ritten Landjäger mit umgehängten Karabinern. Es folgte die erste Fahne, die ebenfalls bewaffnet war, und an den Seiten des Zuges wie am Schluß waren gleichfalls bewaffnete Mannschaften, so daß der.Festzug" eher einem Gefangenen- transport ähnelte. Daß über diese lächerliche Demonstration in der ganzen Stadt gewallige Heiterkeit entstand, bedarf kaum be- sonderer Erwähnung. Wann werden wohl unsere braven Spießer einsehen, daß sie sich durch derartige Schildbürgerstreiche zum oll- gemeinen Gespött machen? Hunger unö Staatsform. Jeder in der Agitation Tätige weiß, wie die unbestreitbare Lebensmittelteuerung von den K o m m u n i st e n für ihre politischen Zwecke ausgebeutet wird. Mag es sich auch zehnfach um Folge- erscheinungen des Weltkrieges handeln, für olles machen die Kommunisten diebürgerliche" Demokratie verantwortlich, uns Sozialdemokraten in erster Linie. Natürlich verheißen sie auch, daß mit dem Siege des Kommunismus alle Not ein Ende haben würde. Nun lesen wir in derRoten F a h n e' vom Mittwoch, den 12. Oktober, in einem Propagandaartikel zur Unterstützung Sowjet- rußlands(erste Beilage, erste Seite) wörtlich folgendes: Immer dringender kommen die Hilferufe aus Ruß- land zu uns. und immer dringender wird es einfach Menschen- Pflicht, zu helfen. Wir, die wir hier, gemessen au dem Mangel dort, lleberssuh an Brök, heisch. Aett und anderen guten Dingen haben und die wir selbst in den schwersten Kriegs- Hungerszeiten doch nicht so den Hunger, den vol. ligen Nahrungsmangel gekannt haben, können nur schwer zu einem lebendigen, qualvollen Leidenempfinden für die Leiden der zu Millionen zum Hungertod Verdammten kommen. Wenn ein anderer den deutschen Arbellern erzählle, daß sie Ueberfluß an Brot, Fleisch,-Fett und anderen guten Dingen hätten, so würde dieRote Fahne" sich wohl nicht genug über dreiste Verhöhnung der Arbeiterschaft entrüsten können. Sie wird sich darauf berufen, daß sie nur von einem verhältnismäßigen Ueberfluß im Vergleich zu dem völlig verhungerten Rußland ge- sprachen habe. Aber gerade durch diesen Vergleich trttt die Verlogenheit der kommunistischen Agitation klar zutage. Denn wenn unser tatsächlicher und unbestreitbarer Mangel gemessen cn dem russischen Elend noch immer glänzender Ueberfluß ist. so kann unser Mangel unmöglich die Folge davon sein, daß wir uns nicht gleich Ruhland zu den Grundsätzen des B o l s ch e- und die sonstige Lehr- und Forschungstätigkeit ausbaut. Infolge der Entwertung des deutschen Geldes kann an große eigene Gra- bungen Deutschlands , wie sie vor dem Kriege durchgeführt wurden, zunächst nicht mehr gedacht werden. Doch bleibt das Institut eine vortreffliche Schule für junge Gelehrte, die es allerdings bei dem gegenwärtig in Griechenland für uns außerordentlich teuren Leben schwer haben werden; sie können sich aber durch Erteilen von Unter- richt an der deutschen und an griechischen Schulen die Mittel zum Unterhalt erwerben. Das Archäologische Institut und alle seine Mitglieder finden bei der griechischen Regierung volle Unterstützung: sie werden auch wieder wie vor dem Kriege bei den griechischen Ausgrabungen zugelassen und sogar beteiligt. Die reiche Bibliothek des Instituts wird von griechischen und fremden Archäologen benutzt, di« Veröffentlichungen der verschiedenen Institute werden wieder ausgetauscht, und so knüpfen sich in Athen auf dem Gebiete der archäologischen Wissen- schaften die durch den Krieg unterbrochenen Beziehungen der ver- schiedenen Nationen von neuem. Leben auf dem Mond? Der bekannte Astronom der Havard- Sternwarte, Prof. W. H. Pickerino. veröffentlicht inPopulär Astronomy" einen Artikel, der die Ergebnisse semer vom August 1S20 bis Februar 1921 gemachten Beobachtungen wiedergibt. Er bekämpft darin die bisher allgemein angenommene Ansicht. daß auf dem Mond alles Leben erloschen sei. Bon einem der Krater, wie fi« die Oberfläche des Mondes in großer Anzahl be- decken, hat Pickering viele Photographien angefertigt, und ist auf Grund dieser Ausnahmen der Ueberzeugungz daß sich auf dem Mond Flächen mit Nflanzenwuchs befinden. Die Vegetation schließt noch der Ansscht de» Astronomen cm jedem Mondtag, der ja vier- zehnmal so lana als unser Tag ist, mit ungeheurer Schnelligkeit auf. In den Kratern muß es nach Pickertnq Waffer und hin- reichende Hitze geben: er will auch auffteiaenden Rauch beobackuet haben. Pickerings Erklärung geht dahin, dag die Sonnenfttahlen. wenn der Mond aus seiner Periode der Dunkelheit auftaucht, seine Ob«rfläche so stark erwärmen, daß in den Kraterfeldern das Pflanzenleben p i l z a r t i g aufwuchert. Dadurch sollen die wechselnden Bcobachtunaen auf der Oberfläch? des Mondes erklärt werden, die den am Mars gemachten gleichen. Irgendeine Er- scheinung mineralischer oder unorganischer Natur könne di« Ursache nicht sein. Uebrigens sollen die Platten auch zeigen, daß auf dem Mond Wirbel- und Schneestürme, sowie vulkanische Ausbrüche häusig sind. Jedenfalls fei kein Zweifel, daß auk beiden Planeten Leben vorhanden sei,»nd daß wir also gewisser- maßenvor unseren Türen" eine lebendige West anzunehmen hätten, deren Bedingungen ln mancher Beziehung denen auf dem Mars glichen, wenn sie auch äußerst verschieden von denen aus unserem eigenen Planeten seien. TaS erste Tonntag-Mittags-Konzert Im Schiller- Tbeater Cbarlottenburq am kommenden Sonntag öeginnt pilnktllch II1/, Ndr und bringt unter Mitwirkung von Prot. Leonid Kreutzer Beetboden« Klavier. Trio in v-äur op. 97 und Schubert« Forellen-Oumtett. Margarete Arndt- Ober fingt Lieder von Strauß, Blech». a.