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Nr.491+38. Jahrgang Ausgabe A nr. 248
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Berliner Volksblatt
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Expedition Morikplay 11753-54
Dienstag, den 18. Oftober 1921
Amtliche Wahlergebnisse.
Nach den vorläufigen Berechnungen des städtischen Wahl- die gründliche Abkehr von den bisherigen Methoden, eine DrienLueraus werden durch WTB. nunmehr Zahlen als bisher letzte zu- tierung voraus, die nicht auf eine Wiederbeteiligung der Hauptverlässig ermittelte Wahlresultate bekanntgegeben, die nunmehr nur schuldigen, der Mehrheitssozialisten, etwa im Rahmen noch einer amtlichen Bestätigung bedürfen. Diese Bestätigung eines sogen. Blocks der Mitte, hinausläuft. Ein Versuch, aus dem wird aber voraussichtlich an dem jetzt feststehenden Ergebnis nicht gestrigen Wahlausfall eine solche Politik des Wasch mir den Pelz, mehr viel ändern. Wir geben hieraus die bisher noch nicht veröffent- aber mach' mich nicht naß" abzuleiten, würde heißen, seine eigentlichten Wahlziffern des 14. Kreises( Lichtenberg ) und des 15. Kreises liche Tendenz ignorieren und den flar ausgesprochenen Willen der ( Weißensee , Pankow usw.), deren Ergebnisse sich wesentlich geändert Wählerschaft durchkreuzen. haben, wieder.
Insgesamt sind am Sonntag 1672 513 Stimmen abgegeben, von denen auf die bürgerlichen Parteien 845 773, auf die drei fozialistischen Parteien 826 740 Stimmen entfallen.
Der Wahlquotient ist 7433.
Im einzelnen entfallen
auf die SPD.
Stimmen; ferner
auf das Zentrum
1921
343 685 323 085 159 970
9
auf die Deutsche Demokratische Partei
auf die Wirtschaftspartei
288 988 251 728 122 917 61 433 84 370
auf die Deutschsoziale Partei
11 830
auf die Deutschnationale Wählerschaft
5.978
auf den Ordnungsblod
9 076
auf die Freie Bereinigung
9 463
Stimmen.
1920
283 586 633 657
188 207
275 664 116 657 61 388
68 635
Danach werden die bürgerlichen Parteien mit einer geringen Mehrheit, vielleicht infolge der Listenverbindungen auch nur in gleicher Stärte, mit den sozialistischen Parteien in das Stadtparlament einziehen.
1.- 6. Wahlkreis( Alt- Berlin).
Sozialdemokraten
Unabhängige
Kommunisten
Demokraten
Deutschnationale
9
180 107( 141 806) 192 664( 370 090)
93 074
55 224( 50 604)
154 742( 90 065) 1358
107 491( 125 267)
Deutschsoziale
Deutsche Volkspartei
Wirtschaftliche Bereinigung
Zentrum.
Sozialdemokraten
9
42 217( 30 110)
•
33 641( 33 565)'
17 065( 13 563)
18 533( 32 682) 9 726
3 895( 3 178) 10 526( 5 025) 134 11 207
Unabhängige
Rommunisten
Demokraten
Deutschnationale
Deutschsoziale
Wirtschaftliche Bereinigung
5 852 4 417)
.
Zentrum.
( 8770)
3 059( 2 812)
Sozialdemokraten.
Unabhängige
Kommunisten
Demokraten
Deutsche Volkspartei
Deutschnationale
Wirtschaftliche Bereinigung Zentrum Zersplittert
19 548( 15 097)
•
20 666( 38 859)
11 166
( 6214)
5 701 16 479( 16 032) 18 519( 15 684) 6516( 2848) 3549( 3327)
96
-
Auch die„ Deutsche Zeitung" stellt mit Befriedigung den Erfolg der Deutschnationalen fest:
Wenn auch der absolute Erfolg somit nicht allzu groß ist, so ist es dennoch der relative. Das geht aus der Gegenüberfstellung der neuen mit den alten Wahlergebnissen hervor. Besonders der 3u wachs der Deutschnationalen ist bezeichnend.
Während die„ Tägl. Rundschau" bezüglich des Wahlergebnisses der Deutschen Volkspartei gedämpfte Töne anfchlägt, stellt sie mit Befriedigung den Rud nach rechts und die Zunahme der deutschnationalen Stimmen fest:
Eine Verschiebung nach rechts, das ist das Ergebnis der gestrigen Berliner Wahlen. Diese Verschiebung feßt ganz links ein und endet bei der Deutschnationalen Boltspartei, die eine 3 unahme von mindestens 75 vom Hundert
verzeichnen fann.
Solche Jubelstimmen von rechts sind begreiflich. Um so mehr besteht links Ursache zu ernster Einkehr.
Interfraktioneller Ausschuß.
Ratlosigkeit.
Die gestrige Sigung des interfraktionellen Ausschusses blieb ergebnis los. Die bürgerlichen Parteien gaben über die Frage der Demiffion des Slabinetts feine Erklärungen ab, fie scheinen sich selber darüber noch nicht schlüssig zu sein. In der Steuerfrage konnte kein Fortschritt erzielt werden, da bestimmte Nachrichten über die geplante Kredithilfe der Industrie nicht vorlagen.
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Dollar 194.
Nach den amtlichen Notierungen stieg gestern der Dollar an der Berliner Börse von 149,60 auf 184,81 m. Im freien Verkehr wurde der Kurs noch überboten, er stellte fich zeitweilig auf 194. Schließlich überstieg die Nachfrage das Angebot derart, daß sie nicht mehr befriedigt werden konnte, und so mußte man die Devisen den Käufern, zuteilen". Dollarkäufer erhielten 30 Proz. des angemeldeten Bedarfs. deutsche Währung um 14 ihrer Kauftraft herabErgebnis: An einem einzigen Tage ist die gesetzt worden. Ein solcher Sturz der Mark steht einzig da. Die erneute Valutablockade, die Abschnürung des deutschen Käufers vom Weltmarkt, wirft ihre Schatten voraus. Aus Angst um die Rohstoffversorgung decken sich Handel und Industrie ein. Die Nachfrage nach fremden Geldsorten ist groß und dringend. Das Angebot aber ist gering. Der Reichs bank werden über die Pflichtablieferungen hinaus fremde Wechsel nicht zur Verfügung gestellt. Auf dem Markt wird wenig angeboten. Da aber infolge der schon seit Monaten steigert worden ist, muß man fragen, wo die große Zahl diefer anhaltenden Valutaverschlechterung die Ausfuhr erheblich ge
Eingänge bleibt. Es ist eine schon aus früheren Zeiten des Balutarüdganges bekannte Tatsache, daß mit dem Steigen der Devisenfurse die Exporteure mit den wertvollen Zahlungsmitteln zurückhalten. Im gegenwärtigen Augenblick wäre das ein Berbrechen gegen die Allgemeinheit, auf die der Belutafturz in feiner ganzen Schwere durch Berteuerung der Lebensmittel und Rohstoffe, durch Steigerung aller Warenpreise und durch die Verschlechterung der Reichsfinanzen abgewälzt wird.
Sind wir schon auf dem Punkte angelangt, daß unsere ährung vernichtet ist?
In einem späteren Stadium der Verhandlungen wurde die Deutsche Volfspartei mit hinzugezogen. Auch jeßt war Die Spefulation tat zwar das Ihrige dazu, von dem steigenden erst recht irgendein Ergebnis nicht zu erzielen. Man trennte sich mit dem Gefühl, einander nicht näher gekommen zu sein.
Nächste Sigung: Heute 11.30 Uhr.
Die Parteileitung der Deutschen Volkspartei hat beschlossen, mit Rücksicht auf die durch die Entscheidung über Oberschlesien herbeigeführte politisch- parlamentarische Lage den für den 24. und 25. Oftober in Stuttgart anberaumten Parteitag vorläufig zu verschieben.
Die Blätter der Deutschen Boltspartei empfinden die Ablehnung der Sozialdemokraten und des Zentrums gegenüber ihrem eifrigen Bestreben, das Kabinett Birth zu stürzen und in: besonderen den ihnen verhaßten Reichskanzler felbft für die Zutunst ve der Regierung auszuschließen, als eine recht unangenehme Störung der eigenen Pläne. Um ihre Absichten dennoch nicht ins Stoden fommen zu lassen, wirst sich die volksparteiliche Bresse gegenseitig offiziöse" Mitteilungen über die Regierungsneubildung zu, die in Wirklichkeit nichts weiter als Parteimache sind.
So schrieb die" Deutsche Allgemeine Zeitung" gestern morgen:
Bis vor wenigen Tagen ließ sich das Sinfen der Baluta ausreichend damit erflären, daß infolge der Reparationen und der wachsenden, vorläufig noch ungedeckten Goldmarkverpflich tungen an die Entente das Mißtrauen gegen die deutsche Währung wuchs. Tatsachen, die sich nicht verheimlichen ließen, aaben dem recht. Der Umlauf an Bapiergeld schwoll auf 95 Milliarden, die schwebenden Schulden des Reiches auf 212 Milliarden an. Die Bewegung war aber feineswegs fo überftürzt, daß sie eine Banifstimmung gerechtfertigt hätte. Mißtrauen gegen die Mark ihrerseits au profitieren. Aber der Niedergang blieb, von einzelnen Sturmtagen abgesehen, immer noch in mäßigen Grenzen. Da kam der Beschluß des Bölterbundes über die Teilung Oberschlesiens . Ohne daß erit Erwägungen darüber angestellt wurden, wie hoch diefer Berluft wirtschaftlich zu bewerten ist, brach der Pessimismus durch. Derselbe Pessimismus, der der Reaktion in den Berliner Kommunalwahlen Behntausende von Stimmen einbrachte, richtete sich gegen die fünftige Wirtschaft Deutsch lands . Der Dollar stieg sprunghaft auf 120, 130, 145 und gestern zeitweilig auf 194! Das Ausland ging an dieser Tatfache nicht norüber und setzte seinerseits die für Mark gezahlten Breife herab.
Die Marf qift fnapp 21% fennige. Was das heißt, mas dorauf folgt, darin hat Deutschland nun schon einige Erfahrung. Es braucht des näheren faum geschildert au merden. Aber man fragt doch: ist diese Entwicklung bes rechtigt oder nicht?
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Wir haben einen Teil Oberschlesiens verloren, einen fostbaren, unerfeßlichen Teil der deutschen Wirtschaft mit den größten Zukunftsaussichten. Aber der wirtschaftliche Verlust wird nicht in den nächsten Jahren so sichtbar, wenn, was wahrfcheinlich ist, der freie Rohstoffverkehr über die Grenze erfolgt. Wir haben eine schwere Einbuße an wirtschaftlicher AusDehnungsfähigkeit, an Bodenschäzen, an Goldmart, an Bahlungsfähigkeit verloren. Das wird die Entente berüdfichtigen müffen. oder aber sie wird die verminderte Kauffraft Deutschlands für Jahrzehnte auf ihren Warenmärkten fpüren bekommen. Zahlung und Balutadumping oder Zahlungsherabfegungen ein drittes gibt es nicht. Das er des Ronals. Entscheidend fann also diefer Beweisgrund nicht fennen fchon heute die einsichtigen Wirtschaftspolitiker jenseits dafür sein, daß die Mart heute faum noch ein Drittel von dem gilt, mas fie im Monat Mai dieses Jahres an Bert besaß. Er fann es noch weniger sein, wenn man daran denkt, Die Mitteilung der Deutschen Allg. 3tg." dürfte nicht ohne daß die Industrie ihr Kreditangebot für das Reich nicht das Vorwissen offiziöfer Kreife erfolgt fein. zurüdgezogen hat. Am 15. November sind feine GoldMan scheint also wohl auch schon in der Wilhelmstraße langfam zahlungen fällig. Für spätere Termine fann Deutschland , sei mit der Wirth- Propaganda abzubauen. Besondere Beachtung es durch die Kredithilfe der Industrie, sei es durch die steuerverdient die Bemerkung des noch immer der Regierung naheliche Heranziehung des Sachbefizes noch ganz oder mindestens stehenden Blattes, daß der fünftige Kangler nicht aus der Reihe teilweise zahlungsfähig gemacht werden. Die Politik loyaler der bisherigen Minister tommen solle."
Wie wir schon mitteilten, haben sich die Parteien auf den Das Acht- Uhr- Abendblatt" teilte gestern mit, der Verfassungs- Standpunkt gestellt, daß eine vollständige Neubildung des Reichs. ausschuß des Preußischen Staatsrats habe sich mit der Frage der fabinetts erfolgen soll. Welche Partei den Reichskanzler stellen Gültigkeit der Rotverordnung über die Berliner wird, steht noch nicht endgültig fest. Jedoch scheint man sich, wie Stadtverordnetenversammlung beschäftigt, auf Grund wir aus parlamentarischen Kreisen hören, in den in Frage tommen deren die gestrigen Stadtverordnetenwahlen vorgenommen wurden. den Parteien der Auffassung zu nähern, daß die Neubildung des Das Blatt fügt hinzu, daß die Bertreter sämtlicher bürgerlichen Rabinetts durch eine Bersönlichkeit erfolgen muß, die bisher Barteien der Auffassung waren, daß diese Verordnung und damit im Kabinett nicht vertreten die gestrigen Stadtverordnetenwahlen ungültig feien. Wie wir hören, Randidatur des bisherigen Reichstanzlers soll, wie uns versichert Gine abermalige ist lettere Angabe unzutreffend. In amtlichen Kreisen wird außer= dem auf den Artikel 55 der Preußischen Verfassung verwiesen, in dem wird, nicht in Frage kommen." die Mitwirkung des Staatsrats in Fällen wie der vorliegende nicht norgesehen ist. Hingegen sind solche Verordnungen dem Landtage zur Genehmigung vorzulegen.
Jubel der Reaktion.
Die Berliner Rechtspresse triumphiert. In begeisterten Ueberschriften:„ Die Roten in Berlin geschlagen"," Eine bür gerliche Mehrheit"," Das Deutsche Berlin hat gesprochen" usw. gibt sie ihrem Entzücken stürmischen Ausdruck. Die„ Deutsche Tageszeitung" schreibt:
Die gestrige Wahl hat die Möglichkeit geschaffen, durch bürgerliche Gemeinschaftsarbeit an den Wiederaufbau beffen zu gehen, was durch die sozialistische Mißwirtschaft singeriffen und zerstört morben ist. Allerdings jetzt diefer Aufbau
"
war.
Flugs antwortet am Abend die" Tägliche Rundschau":
Wir können demgegenüber nur feststellen, daß die Deutsche Allgemeine Zeitung" höchstens Stresemann - offiziös ift. Die Sozialdemokratie hat sich jedenfalls nicht auf den Standpunkt gestellt daß eine vollständige Neubildung des Robinetts erfolgen soll". Wir glauben auch nicht, daß die D. A. 3tg." über die Absichten der übrigen Koalitionspar teien fo unterrichtet ist, mie fie es gern sein möchte.
Erfüllung, die mit dem Wiesbadener Abkommen in neue Bahnen geleitet wurde, ist also möglich, menn unsere Vertragsgegner uns loyal entgegenkommen. Und es wird ihnen über furz oder lang teine andere Wahl bleiben, nicht, weil sie vor der Waffengewalt Ludendorffs zittern, sondern weil die ökono mischen Zusammenhänge hier zwingender wirken als je fonit.
Die Panit erklärt sich also nicht so sehr aus diesen Umständen als aus der Tatsache, daß der Befih die Flugt nor