erM«i« f<rwt, weA ff<m Me?oyestött 5nfHnft€ appeMerk, Set aber in keiner Weise zielweisend wirkt, hat sich noch immer und überall als verwüstend und politisch ganz unfruchtbar er- wiesen. In den Arbeitermassen sieht man das Wachsen der real- tionären Welle mit begreiflicher Erregung. Denn die Ar- beitermasien, die zu politischem Denken erwacht sind, und die die stärkste Stütze der heute in Deutschland bestehenden Staats- ordnung, der demokratischen Republik sind, sie erkennen in den Deutschnationalen die Nachfahren jener Konservativen, die ihnen mit der brutalsten Zähigkeit alle politischen und ge» fcllschaftlict)«n Menschenrechte versagt haben. Ergibt sich das Bürgertum der Reaktion, dann schwinden die Aussichten für eine friedliche Entwicklung im Innern, und ein f u r ch t b a- rer Zusammenstoß rückt als drohende Wahrscheinlich- kcit in die Nähe. Das sind Gründe, die das politisch denkende Bürgertum in Berlin veranlassen sollten, seinen„Sieg" eher mit zwei nassen Augen zu betrachten als mit einem nassen und einem trockenen. Es steht nicht gut um seine Sache, wenn es seine innerpolitischen Schlachten von dem Gefolge Luden- d o r f f» schlagen lassen muß. Denn dadurch wird nur noch um so klarer, daß nur die sozialdemokratische Ar- b e i t e r b e w e g u n g, die immer mehr zu einer Bewegung aller körperlich und geistig Schaffenden wird, einen geregel- ten Gang des republikanischen Staatswagens zu sichern und dem sozialen Fortschritt den Weg zu bahnen imstande ist. Immer noch, wenn sich das Bürgertum allzu offen in die Arme der Reaktion warf, war ein neuer gewaltiger Aufstieg der Sozialdemokratie die Folge. Es kann diesmal nicht an- ders fein!
Maper gegen Warth . Die Treibereien gegen den Bestand des Kabinetts W i r t h nehmen ihren Fortgang. Nachdem sich die Kandi- datur des Kölner Oberbürgermeisters Adenauer als durch- aus unpratikabel erwiesen hat, ist man auf den Gedanken gekommen, den deutschen Botschafter in Paris , Herrn Dr. Mayer- Kuufbeuren als Kanzlerkandidaten vorzuschieben. Es heißt, daß Dr. Mayer von den Trägern dieser Idee be- reits bewogen worden sei, nach Berlin zu kommen, um im geeigneten Augenblick die Verhandlungen über die Kabinetts- bildung in die Hand zu nehmen. Als Urheber dieses Treibens gegen den Zentrums- kanzler Wirth werden mit Recht oder mit Unricht— wir hoffen mit Unrecht— die Zentrumsabgeordneten Marx und Klöckner bezeichnet. Der erstgenannte ist bekanntlich feit Trimborns Tod Vorsitzender der Zentrumsfraktion tm Reichstag.
Ernüchterung am Devisenmarkt. Daß die Entwertung der Mark in den letzten Tagen weit über das durch di« Verhältnisse gerechtfertigte Maß hinausging, zeigt sich in der heutigen Haltung des Kurses der ausländischen Zahlungs- mittel. An der Berliner VLrse wurden heute zu Beginn des Ge- schäft» Dollarnoten mit 177 ausgeboten. Es kamen jedoch zu diesem Kurse, der wesentlich unter der amtlichen Notierung von gestern liegt, Abschlüfie noch nicht zustande. Im weiteren Verlauf ging der Dollar auf 17Z herab. Auch bei diesem Kurs fanden wesentliche Abschlüsie nicht statt. Man hat den Eindruck, als ob die über- stürzten Angstkäufe der Industrie und des-Großhandels vollkommen eingestellt worden sind, und daß eine ruhigere Austastung in den be. teiligken Kreisen Platz greift. Im weiteren Verlauf hielt die Stille am Devisenmarkt an, der Dollar wurde mit 170 gehandelt, 100 polnisch« Mark stellten sich auf 4.30 Mark. Weitere Devisenkurse lagen bis 1 Uhr mittags noch nicht vor. Vaycrn«cgen die Devisenfpekalatton. WTB. meldet: Das bayerische Handelsministerium hat dem Bernehmen nach schon vor längerer Zeit die Aufmerksamkeit der zuständigen Reichsstellen darauf lenken lasten, daß die Aus- schreitungen derSpekulation vor allem aus dem Devisen- ------- Ji!_________________-_________ IU-—.!!.. OK. �11 1 U i„__..„Ji.'JJl.J!__— J. Der Mensth ist gutN Von Michael Charol. Der Rückschlag auf di« systematische nationalistische Verhetzung der letzten Jahrzehnt«, di« 1S14 ihre Auslösung fand, zeigte sich zu- erst im zweiten Rriegsjahr. Man erschrak vor der wilden Bestie, die auf den Schlachtfeldern dreier Kontinente raubte, sengte und mordete. Man konnte den Gedanken nicht fasten, daß diese Bestie sich auch aus Menschen zusammensetzt«. Aus Menschen, mit welchen man bis jetzt täglich zusammenkam, wie man sie jetzt noch stündlich in anderen Röcken auf der Straße traf, mit denen man auch jetzt noch in einem Zimmer am selben Tisch zusammensaß. Die Summe dieser Menschen sollte nun die furchtbar« Best!« dort draußen er- geben? Wie man sich dagegen auch sträubt», es war so, und so suchte man nach Gründen. Die entsetzlich» Lebenswesie, die grauen« haften Erlebnist«, der eisern« Zwang waren diese Gründe, und dir Dichter schilderten sie. Sie zeigten den Menschen im Hinterland, woran Tausend« zusammenbrachen und Millionen vertierten. � Der Mensch, der Mensch an sich ist gut. Er ist edel, feinfühlig, hilfsbereit, Wdebedurstig— sie wiesen e» dichterisch, psychologisch und biologisch nach— der Mensch ist die Krone der Schöpfung... nur die Umstände, die entsetzllch» Notwendigkeit! Daß die Umstände und diese Notwendigkeit von ebensolchen Menschen geschaffen wer- den, daß Millionen starben, damit sich Hunderte bereicherten, damit Dutzende zu Ruhm und Ehren gelangten, daß da» Streben nach diesem blutigen Ruhm und diesen nach Leichen pestenden Ehren von ebensolchen Menschen schon kleinen Kindern eingedrillt und als allein begehrenswert dargestellt wurde, daran dachten die Dichter nicht. Sie hatten vor sich ein Vdealbild, das sie Mensch nannten, und alle», wa» ander» war, mußte ein Irrtum, mußte ein Produkt der äußeren unbezwingbaren Kruste sein..Der Mensch an sich ist gut! Erinnern wir ihn daran, daß er gut ist, und er wird vor seinen bisherigen Taten erschrecken, und der Wahn, in dem er bis jetzt gelebt hat, wird zerstiebenl" Mit dieser Annahme: der Mensch ist gut, begannen nun die Dich:er nach.dem Menschen" zu rufen. Es gibt wohl kaum ein Wert eines Dichter» aus dem jungen Geschlecht, das in den letzten Iahren entstanden ist und nicht in irgendeiner Form nach.dem Menschen" riefe, sich an.den Menschen" wandte. Und niemand, kein Kritiker, kein Dichter bisher fühlte die Verlogenheit dieses „Menschen". Keiner merkte, daß dieser„Mensch" eine Utopie,«ine Lüge, ein Phantasiegebilde überreizter Gehirne,«in abstrakter Be- griff ist. Keiner merkte es, oder, wa» wahrscheinlicher ist, keiner wollte es merken, da eine angenehme Täuschung, ein Einlullen in unerreichbare, romantische Nebel von den Menschen immer der er- bormungslosen Wahrheit vorgezogen wurde, trotzdem nur die Wahr- heit menschenwürdig ist. Aettou«o» cg(tm notianalipijch« Lüge markt
auch in den weitesten Kreisen der bayerischen Bevölkerung schwerste Besorgnisse und tiefgehende Beunruhigung hervorgerufen haben. Dabei wurde darauf hingewiesen, daß in Bayern die kleinen, um die Grenze des Existenzminimums sich bewegenden Vermögen und die Schicht der nun mit dem Untergang Bedrohten Verhältnis- mäßig größer und wichtiger ist als in manchen anderen Teiien des Reilbes und daher Bayern besonders an den Vorgängen interessiert ist, die vor allem an den großen Börsen in Erscheinung treten. Wenn schon diese Vorgänge mehr die Folge als die Ursache der inneren Wertbewegung der Mark sind und es hiernach unmöglich ist, mit technischen Mitteln den Swrz der Mark aufzuhalten, so muh doch nach Auffassung der bayerischen Regierung oersucht werden, wenigstens den gröbsten Ausschreitungen der Spekulation entgegen- zuwirken. Hierzu wurde in Uebereinstimmung mit dem Urteil her- vorragender bayerischer Sachverständiger neben anderen Maß- nahmen besonders die Einfuhrung der Legitimations- pflicht und des Schlußscheinzwangs bei Devisen- g e s ch ä s t e n angeregt. Die hier vorgeschlagenen Maßnahmen sind bereits in Oester- reich zur Abwehr der Devisenspekulation in Anwendung gebracht.
Sunöestag See freien Schulgesell schasten. Am 15. Ottober begann in Köln eine Tagung von etwa zwei- hundert Delegierten der freien Schulgesellschaften, um zu den schwe- benden Fragen der gesetzlichen Regelung unseres Schulwesens Stel- lnng zu nehmen und den organisatorischen Auf- und Ausbau der Schulgesellschaften zu einer ganz Deutschland umfastenden Einheit- lichkeit zu bewerkstelligen. Man kann schon jetzt sagen, daß die erste Aufgabe, die sich in erster Linie mit pädagogischen Frmyfn zu befassen hatte, in erfreulicher Einmütigkeit gelöst wurde. Was jedoch die zweite Aufgabe, die Gestaltung der Organisation, anbe- langt, muß zugegeben werden, daß die Herbeiführung einer stren- gen und straffen Zentralisierung der Schulgesellschaften noch schwere Hindernisse zu überwinden haben wird. Ein erstes Hindernis liegt darin, daß sehr viele Ortsorganisationen noch nicht die wünschens- werte Festigkeit erlangt haben, die nötig ist, wenn sie als Bau. steine den Gesamtbau tragen sollen. Zum andern aber ist auch hier das alte Leid zu beklagen, an dem alle Organisationen tragen, die die verschiedensten Parteien zu gemeinsamer Arbeit oereinigen wollen: das Leid der Auenutzung der Bewegung zu parteipolitischen Zwecken durch kommunistische Kreise. Hoffentlich ist diesen Hitzköpfen in der Kölner Tagung zum Bewußtsein gekommen, daß hierdurch der Bewegung ein schwerer Schaden zugefügt wird, und daß die Ei- nigkeit all derer, die unsere Schule ju einer wirklichen Bolls- einheltsschule gestalten wollen, die unbedingte Boraussetznng zur Erreichung dieses hohen Zieles bedeutet. Es wurde eine Anzahl von Entschließungen anaenom- men, deren erste an Reichstag und Reichsregierung gerichtet ist. Sie verlangt die unverzügliche Darlegung eines Äcichsfchuigesetzcntwars«. der als die Normalschule der deutschen Republik die weltliche Schule fesllegt, die der Reichseinhettsschule die Bahn öffnen soll. Eine weitere Resolution richtet sich an die deutsche Lehrerschaft, die die Einheitsschule erstrebt, und fordert diese auf, den Kampf für sie durch Eintritt zum Bunde der freien Schulgcsellschaften zu führen und gemeinsam mit ihm das Volk zum Kampf für die Schule aufzurufen. Ferner wendet sich eine Entschließung an dl« sreigerichtete deutsche Elternschaft. Diese soll sich für Abänderung der jetzt be- stehenden Schulparapraphcn der deutschen Reichsverfassung einsetzen, die an der Festlegung der Einheitsschule vorbeigegangen ist. Es soll der Elternschaft die Gefährlichkeit des kürzlich vorgelegten Reichsschulgesetzentwurfs vor Augen geführt werden, der die Mög- lichkeit einer noch größeren Zerreißung des deutschen Volksschul- Wesens in sich trägt und keinerlei Gewähr bietet für die zu fordernde. im Unterricht zum Ausdruck kommende Anerkennung der Republik als bleibende Staatsform. Endlich wendet sich der Bundestag an die breite Oefsentlicnkeit und verweist sie auf die Gefahren und Schwierigkeiten, die oer freien Schule und Ihren Förderern bereitet werden durch die reaktionären Schul- und G e h e i m r ä t« in den Schul- und Verwaltungsstellen, durch das akademische Beamten- tum in seiner Mehrzahl, das sich dem autokrattfch-monarchischen System verschrieben hat und das neue System sabotiert, wo es nur kann. Alle auf dem Boden der heutigen Staatsform stehenden Volks- Vertreter, die Verwaltungsstellen in Reich und Einzelländern sollton darauf hinwirken, Säubermig zu halten, die reaktionären Beamten durch Republikaner zu ersetzen und Bestrafung aller Lehrenden herbeizuführen, die bewußt zum Haß gegen die bestehende Staats« ordnung erziehen und ihren verfassungsmäßigen Verpflichtungen (Artikel 148) nicht nachkommen.
gibt von der Auserwähltheit des eigenen Volkes, genau so baut stch auch dct« pazifistische Prinzip einer Lüge auf:»Der Mensch ist gut!" Der Reichspräsident hat sich ein großes Verdienst erworben, als er in einem Erlaß von der sittlichen Verrohung des deutschen Volkes sprach: der Völkerbund und der pazifistische Kongreß würden stch ebenso oerdient machen, wenn sie von der Roheit und Bosheit und der Verkommenheit der ganzen Menschheit reden würden. Wenn sie, statt zu oertuschen, alle Greueltaten sämtlicher Nationen in sämtlichen Sprachen herausgeben würden. Wenn sie alle Einzelzüge aufschrieben, die die sittliche Verkommenheit, die unerträgliche Rohelt, den krassesten Egoismus der Menschen beleuchten, und dadurch der Menschheit den Seelenspiegel vorhielten. Es ist leicht möglich, daß eine ganze Reihe Nervöser unter uns den grauenvollen Anblick der moralischen Pest nicht ertragen könnten, es ist möglich, daß eine solche Lekttire unsere Irrenhäuser für«ine Zeitlang Übervölkern würde. Aber es ist sicher, daß auf der Basis der Wahrheit sich eine Besserung und eine menschlichere Gemeinschaft, als die jetzige Gesellschaft sie repräsentiert, aufbauen Neßen. Es ist wahrscheinlich, daß im Grauen vor diesem Abbild die Menschen Derbesserungen anzubringen oersuchen würden, daraus mit der Zelt ein wirklicher Pozisismus mit wirklich guten Menschen entstehen könnt«. Der Schrei»Der Mensch Ist gut!" und das Hinstellen dieses Ideals als schon vorhandene Tatsache wird uns nie weiterbringen, da er von den Meisten als eine von den vielen Rarkotiken gebraucht wird, mit denen die Menschen sich so gern über das Unangenehme hinweg- helfen.
Lejstngtheattt:„Der lasterhoste Herr Tsthu". „Ein Spiel mit Körpern und mit Seelen" nennt der Verfasser Julius Bcrstl seine Arbeit. Leaendenhaftes ist bineingewoben. Am Anfang sieht's so aus, als solle den Großen oer Erde, den Mandarinen, mahnend und drohend der Gedanke einer rächenden göttlichen Vergeltung entgegengehalten werden. Indes von einer dichterisch gestaltenden Durchführung dieser oder einer anderen Idee ist nicht die Rede. Kein Hauch des einfältig schlichten Ernstes, der in dem mittelalterlichen Legendenspiel„Jedermann" ergriff, läßt sich hier oerspüren. Das Aufgebot jenseitiger Gewalten, die Klage über menschliche Schwäche und Verderbtheit und das Elend alles Erdendaseins erscheint hier nur als äußerlicher Apparat, der einer unbeseelten, haltlos auseinandersallenden Bilderfolge zu einem künstlichen Relief verhelfen soll. Die malerisch eigenartigen chinesi- scheu Dekorationen waren das einzige, das den Eindruck dKr Echt- hett machte. Schon Im Vorspiel In der Unterwelt macht sich ein arger Mangel verdichtender Konzentration bemerkbar. Die Skizzierung der armen abgeschiedenen Sünder, die durch den Urteilsspruch grotesk unHeim- licher Götzen zu infernalischen Strafen verdammt werden, steht mit der Hauptfigur des Mandarinen, der auch in der Hölle noch ein Privileg beansprucht, in keinerlei organischer Beziehung. Als besonders schwerer U«t>«lläter wird ex zur Buße seiner Frevel in die Oberwelt zurück«
Zur literarischen Erziehung der Kinder wurde gefvr- dert, daß gegen den literarischen Schund in den Lehr- und Lese- büchern mit aller Macht eingeschritten werden müsse. In der Frage der Lernmittelfreiheit wurde verlangt, daß die Versassungs- bestimmung betr. Lieferung freier Lernmittel baldigst in allen Volks- schulen der deutschen RepubM durchgeführt werde. Gegen die Besetzung der Schulen mit Rektoren erhoben die Schulgesellschoften schärfsten Protest und ersuchten, unverzüglich die notwendigen Schritt« zu unternehmen, die kollegiale«chul« l e i t u n g zur Durchführung zu bringen. Die Volksoersammlung am Abend des ersten Tages gestaltete sich im großen Saale des Gürzenich zu einer machtvollen Kundgebung für die Emheitsschule. Staatsratspräsident P e u s- Dessau redete über das Thema:„Die freie Schule, ein« Kulturforderung der Ge- genwart". Sein« Ausführungen waren ein warmes Bekenntnis zu der alle Schichten, Parteien, Konfessionen unseres Volkes umfassenden Volkseinheitsschule, di« nur dann zustande kommen könne, wenn die Schul« von der einseitigen Beherrschung durch Konfessionen und Parteien erlöst würde.__ Der schimpfenöe Schulmeister. Hamburg , 19. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Der frühere Schulmann und Schriftsteller Otto Ernst , mit dem stch die sozia- listtsche Presse wegen seiner reaktionären Hetzereien, die stch insbesondere gegen den Genossen Scheidemann richteten, schon des öfteren beschäftigen mußte, hotte in den beiden Hamburger natio- nalistischen Zeitungen, der„Hamburger Warte" und dem„Hamburger Tageblatt ", einen Artikel veröffentlicht:„Die Republik soll leben?" In diesem Artikel stellt Otto Ernst die Frage, aus welchen Gründen eigentlich die Regierung durch die Verordnung des Reichspräsidenten die Republik schütze und warum die Republik überhaupt geschützt werden müsse. Er antwortet darauf solgendermaßen: „Weil die Herren Bürstenbinder, Kantinenwirte und L e i m s i e d e r, die Landräte, Ministerpräsidenten und der- gleichen geworden sind, es nun auch gern bleiben möchten? Weil der Herr Reichskanzler so geduldig dem Ausland die W a n- gen hingehalten hatte, als gäbe es gar nicht so viel Ohr- f e i g e n, die darauf Platz hätten, weil sich in Parlament und Ver- sammlung, im Haus und auf der Gasse, im Bierhaus und im Ge- richtssaal ihre Majestät die souveräne Dreckseele breit- machen darf?" Ernst schließt mit der Bemerkung, die Zeit werde kommen, wo man„keine Gleichheit mit fanatischen Idioten und keine Freiheit für plebejisch gesinnt« Schufte" werde haben wollen. Die Hamburger Polizeibehörde sah w diesem Artikel Grund genug, um gegen beide Blätter einzuschreiten. Das Hamburger Tageblatt " und die Hamburger Warte" sind daher vom Polizei- senator H ens e auf die Dauer von vierzehn Tagen, bi« zum 81. Oktober 1921, verboten worden. Der verarmte Wilhelm. Die„Eologne Post", das Organ der englischen Befaßungearmee, berichtet, daß der ehemalige deutsch « Kaiser durch die augenblick- lichen Valutaoerhältnisse gezwungen sei, zehn Mitglieder seines Hauses zu entlassen. Es geht bergab mit der Monarchie! Erst mußte Wilhelm auf feinen Thron verzichten, und nun fleht er sich gezwungen, seinen Hofstaat zu vermindern und«inen Tell seiner Getreuen zu entlassen. Es bewahrheiten sich die Worte des Kaiserliedes:»Nicht Roß, nicht Reisige sichern die stolze Höh', wo Fürpen pehn.",,
Zortfetzung ües MMtSrtuchprozestes. Bei der weiteren Vernehmung des früheren Leiter» der Beschaf- fungsstelle der Sicherheitswehr Major Bruer, fragt der Vor- sitzende: Sie haben gestern gesagt, daß zu jener Zeit, als da« Tuch- geschüst abgeschlossen wurde, Sie gewöhnlich nicht vorher Vortrag hielten, sondern befugt waren, sttbständig obzuichließen. Nun hat aber der Minister am SS. April ausdrücklich verfügt„Ihrem Antrags gemäß wird die Genehmigung zum Antauf von 450 000 Pard Tuch erteilt." Zeuge: Wegen der Höhe de» Objekte« tonnt« ich in diesem Falle nicht allein die Verantwortung tragen. Die Einfuhrgenehmigung habe ich selbst besorgt. Vors.: Wußten Sie, daß auf die zweite Lieferung 2 Schilling ausgeschlagen waren? Zeuge: Nein. Auf Befragen von Rechtsanwalt Ä u g u st i n, Köln , gibt
geschickt, um dort die Leiden eine» elenden Flickschneiderlebens durch- zukoften. Doch das Motto tritt bald zurück zugunsten einer fenti- mentalisch aufgeputzten Liebesaffäre, die mit dem Wesen jenes auf- geblasenen schurkischen Würdenträger» auch nicht dos mindeste zu tun hat. Als Schneider steigt er ans seinem Sarge, entflieht der Echneidersfrau, verdingt stch als Diener bei der eigenen ungetreuen Gattin, um in der gleichen Rolle dann bei Mn-ying, seiner einstigen Mätresse, anzutreten. Die triebhaft dumme Kleine(sehr anmutig von Frl. B e r g n e r dargestellt) hat den Verstorbenen noch nicht vergessen. Ihre Ljebe zehrt von der Erinnerung, wie drollig er auf einem Bein hüpfen und obendrein gleich einer Spitzmaus pfeifen konnte. Als der Diener die wundervollen Künste seines früheren Ich von neuem spielen läßt, oermag ihr Herz nicht länger Widerstand zu leisten. Sie entläuft mit ihm der Kupplerin. Diese schwanthaft burlesken Szenen riefen lebhaften Applaus hervor. Was folgte, mußte in semer krassen Sttllosigkeit, die sich tm letzten Bild zu Zügen eines widerwärtigen Sadismus steigern, um so ärger ver- stimmen. Das Mädel entweicht dem»hungernden" für sie zum Dieb gewordenen Schneidersmann und wird Mätresse eine» scheußlich dicken und grausamen Mandarinen, der den verhasteten Schneider vor ihren Augen foltern läßt. Sie weint nur einige stille Tränen, während er den Foltertod mtt Gesten triumphierender Ekstase als Erlösung begrüßt. Weiter ließen Ungeschmack und Unnatur sich freilich nicht mehr treiben. Direktor Varnowskys Inszenierung hatte da» Milieu kunst» voll farbig herausgearbeitet. Die einzelnen Figuren boten kaum ein« Handhabe zu irgendwie intimerer Charakteristik. Alexander G r a n a ch deklamierte mit oft überlautem Stimmaufwand den Mandarinen, V a l l e n t i n verkörperte abschreckend drastisch das Scheusal in dem letzten Bilde. ckt.
Neuerwerbungen Berliner Museen. Die drei Meikterblötter alter deutscher Zeichenkunst, die auf der Amsterdamer Versteigerung der Sammlung Rodriguez für die Berliner Museen ersteigert werden konnten, sind jetzt im Kupserstichkabinett ausge- stellt. Es sind: das Abendmahl von Albrecht Dürer ,«in« der bis- der umstrittenen Zeichnungen au» seiner Frühzeit, um 1495; dann Hans Baldung Gricns Enthauptung der heiligen Katharina, 1505 datiert, eine der stolzesten Acußerungen seiner schwungvollen Feder: endlich die Zeichnung eine, ritterlichen jungen Königs als heiligen Sebastian, aus dem 15. Jahrhundert.
Der Oskar-Aried-ZtzkluS beginnt am 23. Oktober mittag« llft, Uhr in der Scala mit einer Ülusilibrung von Gustav Mahlerö u, Sinfonie. Der Chor der StaatZoPer wirkt mit. Die Berliner mldizinikche Gesellschaft veranstaltet am SS. Oktober '/»S Uhr eine Festsitzung zu Ehren V i r ch o w S im Saal de» Langcnbeck- Virchow-Hause». Plato und Goethe— Katholiken. Hermann Bahr , der Uebermoberne von einst, ist reuig zum Katholizismu» zurückgekebrt. Er hielt tn dem österreichischen katholischen UniversilätSverein einen Feftvortrag, worin er nachwies, daß eigentlich'alle edlercn Naturen katholisch dachten. Der alte Heide Plato , dem das Christentum später viele Ideen entlehnte, war schon so ein ungetanster Katholik. Und Goethe — meint der Ketzer von ehemals— wäre heute auch Witglieh de» katholischen lluwerfitätSderewt.