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tono als Serrati haben sie ausdrücklich gut geheißen. Sie haben es offen gesagt: die Wirklichkeit, der Zwang der Umstände, nötigen uns ohnehin zu Zugeständnissen: wir dürfen diese Notwendigkeit nicht kodifizieren. Indem wir die ohnehin unvermeidlichen Zugeständnisse ausdrücklich im voraus autorisieren, begünstigen wir die Situationen, die solche Zwangslagen schaffen. Um diesen Gedanken zu erläutern, hat Serrati das folgende Bild gebraucht: Wenn Du, Modigliani  , vqn Bri- ganten überfallen wirst, und ihnen dein Geld und vielleicht auch deinen Rock abliefern mußt, so wird kein Mensch dir daraus einen Vorwurf machen. Wenn du aber vorher sagst: falls mich Briganten anfallen, so gebe ich ihnen mein Geld und meinen Rock, so begünstigst du das Brigantenwefen. Auch ohne dieses Bild ist die Haltung der Maximaliften verständlich. Sie wollen tun, was sie nicht vermeiden können, aber sie wollen es sich selbst nicht eingestehen. Sie sagen nicht mehr, wie die wirklichen Jntransigenten sagen: das darf nicht geschehen: mit der Bourgeoisie paktiert man nicht, eine bürger- liche Regierung schont man nicht, sondern begnügt sich zu erklären: wie verbieten in unseren Erklärungen das Paktieren und das Schonen, damit ihr, wenn ihr diese Sachen tut, es nie vergeht, daß es etwas Häßliches ist, das ein gut erzogener Maximalist nicht tun darf. Daher die große Milde gegenüber denen, die sich tat- sächlich Zugeständnisse der herrschenden Klasse gegenüber haben zuschulden kommen lassen, und die große Strenge gegenüber denen, die dieses tatsächliche Verhalten mit Worten gut ge- heißen haben. Deshalb gehen sie mit den Reformisten vor allem wegen ihrer Worte, fast nie wegen ihrer Taten ins Gericht. Ist man doch so weit gegangen, auf dem Kongreß zu erklären, daß es eine Disziplinverletzung im Sinne der. maximalistischen Resolution wäre, wenn Turati nach dem Parteitag den Reformismus als den Sieger ausgäbe! Im ganzen waren die Verhandlungen ziemlich uner- quicklich, obwohl weit größere Duldsamkeit und Beherrschtheit an den Tag gelegt wurde, als in Livorno  , unerquick- lich, weil wenig Neues dabei zu Tage kam und weil der schwere Fittich der Dritten Internationale verdunkelnd und drohend über den Diskussionen lag. Lunarscharsky, der als Deleierter der Exekutive dem Kongreß beiwohnen sollte, hatte die Einreiseerlaubnis nicht erhalten, mit der Begrün- düng, daß die Regierung ihm nicht die persönliche Sicherheit gewährleisten könne. Statt seiner waren Klara Zetkin   und der Pole Valetzky anwesend. Frau Zetkin   sprach zu unserer Partei mit Achtung, wie einer es tut, der aus eigener lieber- zeugung, warmer, ehrlicher Ueberzeugung, den anderen zu über- zeugen sucht. Valetzky dagegen sprach, wie der Lehrer zu ungezogenen Kindern. Er verlas ein endloses Sendschreiben, das die italienische   Parteipolitik unter die Lupe nahm, voll Selbsteingenommenheit und Selbstzufriedenheit, ein Schrift- stück, dessen geduldiges Anhören allein genügend Beweis liefert für die unglückliche Liebe der italienischen   Partei zu Moskau  . Beide forderten den Ausschluß der Reformisten, den sofortigen Ausschluß der ganzen Fraktion auf dem Kongreß. Als dieser durch Annahme der Resolution Serroti-Baratono abgelehnt wurde, brachten die beiden Vertreter der Dritten Internationale eine Erklärung zur Verlesung, die feststellte, daß sich die italienische   Partei außerhalb der Dritten Inter  - nationale gestellt hatte, und die Arbeiter aufforderte, sich von den reformistischen Verrätern der Kommunistischen Partei zu- Mpenden. Das war die Erabschrift des langen Bettelns um Aufnahme in Moskau  . -Ä Daß dieses Betteln nunmehr ein Ende hat, wird als eine Erlösung empfunden werden. _ Als Fazit des Kongresses bleibt die Betonung des uner- schütterlichen Wi l l e n s zur Parteieinheit, die Auer- kennung der im Interesse des Proletariats durch die Verhält- nisie aufgenötigten Zugeständniste, die man machen aber nicht billigen darf, und die Tatslache des reformistischen Macht- Zuwachses.
Neuregelung üe? Seamtengehälter. In der Sitzung des Zwölscrausschustcs für Beamten- angelegenheiten gab der preuhische Finanzminister folgende Erklärung ab: Die Staatsregicrung verfolgt mit wachsender Sorge, wie die mit der fortschreitenden Entwertung der Mark immer weiter steigende allgemeine Verteuerung der wichtigsten Lebens- bedürfniste es den Deamken und Angefkellken des Staates mehr und mehr erschwert, mit ihren gegenwärtigen Dienstbezügen auszukommen. Diese Verteuerung schreitet in einem Zeitmaße fort, das bei der letzten Neuregelung der Bezüge nicht vorausgesehen wer- d e n k o n n t e.(?) In ähnlicher Notlage wie die aktiven Beamten befinden sich die Ruhegehaltsempfänger und die Hinte r- b l i e b e n e n. Von der Regierung wird anerkannt, daß hier durch- greifende Abhilfe dringend geboten ist. Eine weitere Anspannung des Systems der Ausgleichs- und Versorgungszu- schlage, die in Ortsklasse A die Höhe von 93 v. H. erreicht haben, wird über hundert Prozent der Grundgehälter hinaus g r u n d s S tz- lich bedenklich und deshalb nicht durchführbar sein. Es muß deshalb versticht werden, im Rahmen der Besoldungsordnung auf anderem Wege zu einer Neugestaltung der Bezüge zu kommen. Die Arbeiten dazu sind im Preußischen Finanzministerium bereits eingeleitet und werden im' engsten Einvernehmen mit dem Reichsfincnzministerium tatkräftig gefördert. Um aber das Zustande- kommen der beabsichtigten Maßnahmen nicht zu gefährden, muß ich es mir zur Stunde noch versagen, über weitere Einzelheiten nähere Mitteilungen zu machen. Vielmehr muß zunächst der Ab- schluß der darüber zwischen dem Reich und Preußen schwebenden Verhandlungen abgewartet werden. Soviel kann jedoch schon jetzt gesagt werden, daß die Regierung alles daransetzen wird, um diese Angelegenheit, die wegen der engen Zusammenhänge mit dem Reich und den anderen deutschen   Ländern besonders pfleglicher BeHand- lung bedarf, rasch zum Ziele zu führen. Ich werde die Führer der Parteien zu einer Besprechung einladen, sobald die Vcr- Handlungen mit dem Reiche soweit gediehen sind, daß ich in der Lage bin, nähere Angaben über die Einzelheiten zu machen. Der Finanzminister erklärte hierauf noch weiter, daß die Ver- Handlungen mit dem Reich schon recht weit gediehen seien und daß er hoffe, binnen 8 Tagen dem Ausschuß nähere Erklä- r u n g e n über die Art der Regelung abgeben zu können. Die Re- gelung sei durchaus großzügig gedacht; es sei selbstverständlich, daß die Maßnahmen automatisch auf die S t a a t s a r b e i t e r und Angestellten wirken würden. Nach dieser Erklärung setzte der Ausschuß die weitere Beratung der Angelegenheit zunächst aus. » Die Reichsgewerkschafk der Post- und Telegraphenbamten teilt mit: Die Leitung der Reichspostgewerkschaft hat sich erneut mit der Frage der Steuerung der wirtschaftlichen Not der Beamtenschaft befaßt und ist zu dem Beschluß gelangt, daß der Beamtenschaft, um sie vor einer sonst unabwendbaren Katastrophe zu bewahren, sofort und durchgreifend geholfen werden muß. Die in der Bor- bereitung begriffene grundsätzliche Neuregelung der Beamtenbesol- dung ist mit größter Beschleunigung durchzuführen. Außerdem verlangt die Reichspostgewerkschaft zur Abwendung dringendster Not und zur Beschaffung von Winteroorräten und Kleidung die s o- fortige Vorauszahlung eines namhaften Betrags auf die zu erwartenden Mehrbezüge. Die Reichspostgewerkschaft hat diesen Beschluß dem Deutschen Beamtenbund zur nachdrücklichen und schleunigen Vertretung bei den maßgebenden Stellen übermittelt.
Ein unpolitischer viplomakenmord. Das in Moskau   ermordete Mitglied der polnischen Repatriierungskommission Fractewicz ist, wie die Untersuchung der Sowjetbehörden ergeben hat, das Opfer eines Raubmordes geworden, den sein Bedienter mit Beihilfe eines Mittäters verübt hat. Der Bediente ist ergriffen und hat ein Geständnis abgelegt. Der Volkskommissar für Auswärtiges   hat dem polnischen Gesandten sein Beileid zum Ausdruck gebracht. Angestellte der Sowjctgesandtschaft in Warschau   vernagelten mit Brettern den Zugang zum dem Räume, den«ine polnische Militär behörde im gleichen Hause(I) innehalt. Der diensttuende polnische Beamte mußte durch das Fenster befördert werden. Das Außenministeriüm verlangt von der Sowjctgesandtschaft Genug- tuung.
was Domimcus nicht weiß. In seiner Erwiderung auf die sozialdemokratische Interpellation hat der preußische Innenminister D o m i n i c u s erklärt, daß die Freikorpszefahr in Otcrschlesien überwunden sei. Es seien nur noch wenige hundert Mann in den Arbeitsgemeinschaften vorhanden, die. über das ganze Land verstreut, keine Bedrohung mehr bildeten. Wir wollen nun das Treiben einer einzigen dieser Arbeits- gemeinschaften, der Arbeitsgemeinschaft Roßbach, an drei Fällen aus allerjüngster Zeit beleuchten. Erster Fall: Drei Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Roßbach aus Euckelwitz, namens Schocher, Freundenberg und S ch m e i l, hatten sich mit der übrigen Kumpanei veruneinigt. Als sie am 19. Oktober 1921 gegen �9 Uhr abends in der gemeinschaft- lichcn Küche saßen, kamen drei Mann der Arbeitsgemeinschaft, be- wafsnek mit Revolver und Gummiknüppel, und forderten sie auf, in die Stube zu kommen. Sieben weitere Mann von der Arbeitsgruppe Roßbach in Gnichwitz versperrten ihnen den Ausweg. Auf das Kcm- mandoLos" kiel   alles über die drei Erstgenannten her, die in fürchterlichster Weise mißhandelt wurden. Dann wurden ihnen mit vorgehaltenem Revolver sämtliche Lebensmittel wegge- nomnisn und sie mußten das Haus oerlassen, ohne ihr Eigentum mit- nehmen zu können. Schocher oersteckte sich schutzsuchend in der Woh- nung einer Arbeiterfamilie. Auch hier drangen drei Mann der Ar- beiksgemernschast aus Gnckelwih mit Revolvern bewaffnek gewaltsam ein. um Sch. aus dem Hause zu holen. Schocher sprang aber aus dem Fenster, worauf die anderen ihn verfolgten und, als er auf Halt- rufe nicht stehen blieb, mehrere Schüsie hinker ihm her abgaben. An- stifter der ganzen Angelegenheit scheint Leutnant a. D. H o f f m a n n zu sein, Abschnittsleiter der Arbeitsgemeinschaft Roßbach in Gnich- witz. Die Haupttäter sind ein gewisser Artur Klein, Bizefeld- webel Paul Schupp und Martin Heppner. Bei Klein wurde ein Revolver beschlagnahmt, bei Schupp ein Kunze- Knüppel, ferner wurde eine Handgranate vorgefunden. Mehrere einheimische Arbeiter können als Zeugen des Vorsalles an- gegeben werden. Zweiter Fall: Auf dem Rittergut S ch o t t w i tz sind zwei An- gehörige der Arbeitsgemeinschaft Roßbach- Trebnitz als Feldhüter untergebracht, die fortwährend in der Gastwirtschaft die Bewohner provozieren und mit Revolvern bedrohen. Als einer dieser Burschen am Sonntag, den 16. Oktober, wieder Skandal anfing, wurde der Landjäger hinzugerufen. Darauf zog der Bursche den Revolver und schoß, und nur dem resoluten Eingreifen der Wirtin war es zu verdanken, daß die Kugel in die Decke ging. Run wurde der Täter überwältigt und entwaffnet. Es fanden sich bei ihm ein R e- oolver, ein Schlagring und ein Totschläger. Aus dem Lokal hinausgeworfen, ging der Bursche in die Ziegelei ans Telephon und forderte von Trebnitz Hilfe. Mt dem nächsten Zuge rücklen der Leutnant klemm mit neun Mann an, olle bis an die Zähne bewafs- net, um Rache für den Entwaffneten zu nehmen. Sofort war die gesamte Arbeiterschaft des Dorfes auf der Straße und die Lage wurde immer ernster. Der Landjäger redete der Bande zu, sich zu entfemen, aber der Leutnant Klemm wollte seine Nachepläne nicht aufgeben. Erst als die gesamte Arbeiterschaft und auch die Landarbeiter des Gutes sich drohend aufgestellt hatten, zog die Bande ab. Dritter Fall: Am 6. Oktober 1921 hat tu M a l s ch a w e eine Ge­fechtsübung der Arbeitsgemeinschaft Roßbach stattgefunden, bei der mit scharfer Munition geschossen wurde, wobei der GutseinwoHncr Paul Korsawe von einer verirrten Kugel fast getroffen worden wäre. An diesem Abend wurde den Gutscinwohnern streng verboten, ihre Wohnungen zu verlassen, also eine direkte Freiheitsbe- raubungl In Malsthawe laufen die Roßbacher mit K a r a- binern bewaffnet herum. Auf dem Gut sind Maschinen- gewehre verborgen. Hält Herr Dominicas alles dies für ungefährlich? Erachtet er diese Zustände als dem Wesen eines Rechtsstaates entsprechend?
Otto Ernst   als Miesbacher. Die.Hamburger Warte" wurde bis zum 31. Oktober einschließlich wegen eines Aufsatzes von Otto Ernst   verboten. Daß Otto Ernst   zum Mitarbeiter dieses hanseatischenMiesbacher Anzeigers" herabgesunken ist, kennzeichnet den geistigen Abstieg des Verfassers vonAsmus Semper".
August Gau  !. Die deutsche Kunst hat einen schweren Verlust erlitten: August Gaul  , der große Tierbildner, ist gestorben. Eine unheilbare Krankheit hatte ihn schon vor längerer Zeit ergriffen, seine Freunde wußten, daß er dem Tode geweiht war, nur er selber wußte es nicht. Bis zuletzt ist er in seiner Werkstatt tätig gewesen, und ein Herzschlag hat ihn mitten in der Arbeit getroffen. Gaul   war am 22. Oktober 1869 in Großauheim   bei Hanau   ge- boren. Er war erst 14 Jahre, als er auf die Zeichenakademie in Hanau   kam, mußte sich aber daneben in einer kunstgewerblichen Silberfabrik sein Brot verdienen. Mit 17 Iahren ging er nach Berlin   und wurde 1889 von Calandrelli   in seine Werkstatt aufge- nommen. Auch auf der Kunstgewerbeschule   bildete er sich. Und hier war es, wo er bei einer Schülerverlosung eine Dauerkarte für den Besuch des Zoologischen Gartens gewann. Vom nächsten Tage an war er dort Stammgast, von morgens an zeichnete er vor den Käfigen die Tiere und prägte sie so tief seinem Gedächtnis ein, daß er später alle seine Tierfiguren aus dem Kopfe gearbeitet hat, nur gelegentlich einmal in seinen Skizzenbüchcrn sich Rat holend. Peter Breuer wies eines Tages den Schöpfer des Kaiser-Wil- helm-Denkmals vor dem Berliner   Schloß auf den jungen Tierbild- Hauer hin, und Begas gewann ihn als Gehilfen. Die Löwen am Sockel des Denkmals, sino von Gauls Hand. Das brachte ihm seinen ersten Ruhm. Aber der Künstler suchte anderes. Mit Hilfe eines Preises ging er nach Italien   und trat in den Kreis von Adolf Hildebrand   und Louis Tuaillon  . Und in den römischen Galerien erschloß sich ihm der strenge Stil Aegyptens  , der frühen Griechen, der Etrusker. Aeoyptische Katzen sind die Vorbilder der Kleinplastiken Gauls geworden. Die Tierplastiken des Meisters haben sich ihre Geltung mit einer natürlichen Selbstverständlichkeit erworben. Sie haben den Kunst- freunden das höchste Entzücken bereitet und haben dem Kind aus dem Volke in aller schlichten Einfalt sich eingeprägt. Der köstliche kleine Entenbrunnen, den Gaul für die Ecke der Hardenberg- und Kncsebeckstraße geschaffen hat, bekam den NamenStrcichel- brunnen", denn jedes Charlottenburger   Kind hat ihn einmal be- tatscht. Ein Handwerksmeister ist Gaul in dem besonderen Sinne gewesen, daß er alle seine Arbeiten von ihrer Entstehung bis zu ihrer Vollendung mit eigener Hand durchgeführt hat. Den l i e- gendenLöwen,dener 1909 begann, hat er in jahrelanger Arbeit aus dem harten grauen Marmor herausgearbeitet. Es folgte 1993 der B r o n z e l ö w e, der in den Anlagen vor der Nationalgalerie steht, und der bronzene Adler, den die Hamburger Kunsthalle  erwarb. In jenen Iahren bot sich auch die Möglichkeit, eine große Denk- malsarbeit von ihm zu erhalten. Die Stadt Charlottenburg   hatte für den Steinst l a tz gegenüber der Kunsthochschule einen Weit- bewerb ausgeschrieben. Gaul entwarf dafür einen Brunnen mit einem wassertrompetenden Elefanten und Pelikangruppen, die am Rande hockten. Er erhielt den Preis, aus der Ausführung ist aber nichts geworden, wie denn überhaupt Gauls Begabung für die Monumentalplastit nicht zur Entfaltung hat kom- men tönneu.
Die Ungunst der Zeiten hat ihn immer mehr auf die Kleinkunst geführt. Ein Zeichner von ungeheurer Sicherheit und unbeirrbarer Sachlichkeit, begann er zu radieren, und eine schöne Folge von Schwarz-Weiß-Blättern ist in den letzten Iahren entstanden. Sein letztes plastisches Werk war die große Figur eines Menschen- äffen, die von seinen Freunden für sein höchstes Meisterwerk ge- halten wird. Er hat bis zuletzt an ihr gearbeitet und mußte sie un- vollendet in seiner Werkstatt hinterlassen.
Schaljapins elf Kinder. Der große ruffische Sänger Schaljapin  hat, bevor er sich zu einem Gastspiel nach New tyort begibt, den Londonern noch allerlei über seine Familiensorgen erzählt.Diese Tage in England," erklärte er,wären für mich ganz glücklich ge- wesen, wenn nicht die Sorge um meine Kinder mir jedes Glücks- -gefühl unmöglich machte. Ich bin statt deffen in einem Zustand der beständigen Marter. Gerade dieser Tage habe ich den ersten Brief aus Moskau   bekommen: ich höre darin, daß die Pakete mit Getreide und anderen Nahrungsmitteln, die ich von Riga   aus an meine Fami- lie zu schicken suchte, nicht angekommen sind." Schaljapin   seufzte tief.Hier singe ich für den allgemeinen Hungerfonds, und ich kann nicht einmal meine kleine Gesellschaft füttern. Ich habe elf Kinder, alle bis auf zwei in Rußland  . Eine Tochter ist in Berlin   oerheiratet und eine andere ist lungenkrank in Helsingfors  . Die anderen sind in Petersburg   und Moskau  : ich habe zwei Familien. Die Regierung wird mir nicht erlauben, meine Kinder wegzubringen. Es gibt nichts, aber auch nichts, was ich nicht gern und freudig hingeben würde, wenn ich meine Familie hier nach England bringen und in einem kleinen Häuschen in einem stillen Winkel an der Themse   einquartieren dürfte." Ein zeitgenössisches Porträt Barbaroffas. In der Schloß- tirche von Quedlinburg  , dem altberühmten Denkmal roma- nischer Baukunst in Sachsen  , hat Dr. T r ö s ch e r von den Berliner  Museen einen interessanten Fund gemacht. Cr konnte nachweisen, daß die Wandgemälde der Kirche ein lebensgroßes zeitgenössisches Bildnis des Kaisers Friedrich Barbaroffa als eines Stifters ent- halten. Dieses einzigartige monumentale Porträt gehört in eine Folge von Bildern, die sich an den Schluß der Regierung des Kaisers, also in die Zeit von 1189 bis 119S oerlegen lassen. Charakteristisch für das Bildnis ist das sehr breite Untergestcht des Kaisers. Der Ouedlinburger Bau, auf eine Stiftung des Sachfenkönigs Heinrichs 1. zurückgehend und dann mehrfach erweitert, tonnte kürzlich seine 999-Jahrfeier begehen. Vagabundierende Schiffskrümmer. Nach der offiziellen Statistik des Hydrographischen Llmts der Vereinigten Staaten   erleiden all- jährlich im Nordatlontik durchschnittlich acht Schiffe Havarie durch Zusammenstoß mit Im Fahrwaffer treibenden Wracks, den schwim- Menden Ueberresten verunglückter Schiffe. Durchschnittlich treiben in diesem Teil des Ozeans nicht weniger als dreißig Wracks, die die Schiffahrt gefährden. Die gefährlichsten dieser vagabundierenden Schiffstrümmer sind jene, die bis auf die Wasserlinie heruntergebrannt sind. Berüchtigt war in dieser Beziehung besonders das Wrack des norwegischen SchonersT a u r u s", das achtzehnmal gesichtet wor- den war, ehe es gelang, den treibenden Schiffsrumpf durch Geschütz- feuer zu zerstören und zum Sinken zu bringen. Noch kurz vorher
waren zwei Schiffe mit dem Wrack desTaurus" zusammengestoßen, wobei es indessen noch glimpflich abgegangen war. Die Schiffskapitäne sind gesetzlich verpflichtet, beim Marineamt unter Angabe der Zeit und des Orts Meldung über die Wracks zu erstatten, die sie auf ihrer Fahrt gesichtet haben. Der Duzkomment in der französischen   Revolution. Während der französischen   Revolutirn wurde es nicht nur Sitte, daß jeder den anderen mit Bürger anredete, sondern auch das-Du wurde von Staats wegen eingeführt. Der Nationalkonvent befahl am 19. November 1793 die Einführung des Du in die Anredeum dadurch die Grundlagen der vollkommenen Gleichheit zu sichern, die unter den Republikanern als Brüdern herrschen soll".Der veraltete und schlechte Gebrauch, Sie zu sagen, wenn man zu einer einzelnen Person spricht, ist abgeschafft", hieß es in einer Derord- nung.Jnfolgedesjen wird allen Bürgern befohlen, sowohl in ihren Gesprächen wie in ihren Schriften sich stet- der Anrede Du zu bedienen, wenn sie an eine einzige Persönlichkeit das Wort richten oder an sie schreib-n. Die Bürger sind auch gehalten, wenn man ihnen nicht in derselben Art antwortet, diejenigen, mit denen sie sich unterhalte, darauf aufmerksam zu machen, daß die Be- treffenden sich im Gespräch der republikanischen Sprache bedienen müssen, und wenn man sich trotzdem weigert, Du statt Sie zu sagen, dann sind sie verpflichtet, die Unfolgsamen anzuzeigen." Man wollte auch auf diese Weiseden Sturz der alten Tyrannei und die Unverschämtheit der ftüher herrschenden Klassen" zunichte machen. Das Sloakenkrcüz.(Ein belauschtes Gespräch.) Alfred, mein Liebling, wenn auch nicht mir, so tu's Lizzi zu Liebe und stecke dir das Hakenkreuz anl Nein, Mama! Was in jedem Lokus prangt, damit möchte ich mich nicht schmücken. Meine Brust ist keine Abort-Wand.
Konzerte. Die für Freitag angesetzten Konzerts von Maria I   a V o r(Klinbworth-Scharwenka-Zaal) und Robert H u l l(Blüthner- Saal) werden auf einen späteren Termin verlegt. Alfred P t c e a v e r, der Wiener Tenor, wird am 25. Oktober im Marmor­saal einen Aricnabcnd veranstalten. Di« MittagSveranstaltung zum Gedächtnis Joses MaanS muh mit Rücksicht aus szenische- Schwierigkeiten vom 23. aus einen noch bekannt- zugebenden Termin verschoben werden. Die bereits verkauften Eintritts- karten behalten keine Gültigkeit, sie werden an der Opernhauskasie täglich vormittags und am 23. bis mittags 12 Uhr zurückgenommen. Vorlescabend von Wilhelm Echöser. Am Sonnabend, den 22. Oktober, wird im Lesesaal der Charlottenburger   tztadtbücherei, Wilmcrsdorfer Str. IM, Wilhelm Schäfer aus seinen Werken vor- lesen. Eintrittskarten zum Preise von 3 M. sind in der Stadtbücherei er» hältlich. Ein Mohammedaner über de» JSlam. Vom 1. November ab hält Dr. A ch m e d W a I y im Hörsaal 83 des Orientalischen Seminars sieben Dienstogsvorträgc(abends 8 Uhr):Einführung in den reli- giösen und sittlichen Inhalt des Islams." Es dürste in Berlin   zum ersten Male der Fall sein, daß ein Mohammedaner über seine Religion aussührlich selbst spricht. Teilnehmerkarten zum Preise von 8 M. für den ganzen Eyklus und 2 M. für den Einzelvortrog am Seminar für Orientalische Sprachen, Dorotheenstr. 7, Hochparterre lml», sonst an der Abendkasse.