Nr.520 38. Jahrgang Ausgabe& Nr. 238
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Sozialbemotrat Berlin"
Abend- Ausgabe
Vorwärts
Berliner Volksblatt
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Expedition Morisplas 11753-54
Donnerstag, den 3. November 1921
Ohne Kreditaktion unannehmbar.
Vorwärts- Verlag 6.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Berlag. Expedition und Inferaten.
Abteilung Morisplas 11753-54
In der heutigen Sigung des Vorläufigen Reichswirt ändern, weil wir glauben, daß der Besiz noch auf andere Abschied genommen hatte, da glaubte sich jeder bayerische schaftsrates fand die zweite Lesung der Vermögens. Weise herangezogen werden tann,
und nur unter der Voraussetzung, daß die in Aussicht genommene Kreditation den Erfolg hat, den man erwarten muß, stimmen wir den Steuergesehen zu.
Steuervorlagen ſtatt: Der Berichterstatter, Geheimrat Schwarz, wies darauf hin, deß der Reichsrat bei der Abänderung der Vorlagen der Vermögenszuwachssteuer aus der Nachkriegszeit sich die Gedankengänge des Reichswirtschaftsrates zu eigen gemacht habe, wonach die Geldentwertung auch bei dem Vermögenszuwachs Wird die Boraussetzung nicht erfüllt, so ist die Zustimmung unter berücksichtigt werden soll und nur der tatsächliche Bermögens irrtümlicher Boraussetzung erfolgt und wir müssen sie zuwachs aufs Schärffte erfaßt werden soll. dann noch nachträglich zurückziehen.
Für die Arbeitnehmer gab Tarnow vom Holzarbeiterver. band eine Erklärung folgenden Inhalts ab:
Wir stimmen den Vermögenssteuergesetzen zu, ohne damit zum Musdruck bringen zu wollen, daß damit eine ausreichende Erfassung des Besizes erfolgt. Der Plan wurde aufgestellt zu einer Zeit, wo der Dollar auf 50 oder 60 stand und damals schon war man sich darüber klar, daß damit noch nicht einmal der innere Etat gedeckt werden könne. Heute steht der Dollar auf 190 und die finanziellen Folgen bei dem Reichshaushalt machen sich bereits jetzt bemerkbar. Die Belastung, die dem Reich durch die Erhöhung der Beamtengehälter und durch die bevorstehende Erhöhung der Arbeiterlöhne erwächst, wird auf viele Milliarden Mart, der Ertrag der neuen Steuern aber war nur auf 35 Milliarden Mark geschäßt, so daß die neuen Steuern bereits zu einem erheblichen Teil von der Geldentwertung verbraucht werden. Die Frage, wie die Reparationsverpflichtungen aufgebracht werden sollen, liegt noch immer in Dunkel gehüllt. Wir können also diese
Vermögenssfeuer nur als eine fleine Abschlagszahlung auf die Besigbelastung ansehen. Die heutigen Steuerverhältnisse find deshalb auch unhaltbar, weil man noch nicht weiß, inwieweit tatfächlich Steuern eingehen werden. Sicherlich werden sie eingehen von der großen Menge der Nichtbefizenden durch die indirekten Steuern. Es ist aber noch zweifelhaft, in welchem Maße es möglich sein wird, die Vermögenssteuern einzuziehen. Das hängt ab fowohl von dem Verhalten der Finanzämter wie davon, ob es möglich sein wird, die Steuerhinterziehung zu unterbinden. Wir sehen davon ab, die Gesezentwürfe in diesem Stadium noch zu
In der darauffolgenden Abstimmung werden Anträge angenommen, rie die Steuerzahlung besonders der öffentlichen und der Genossenschaftsflaffen durch felbstgezahlte Kriegsanleihen ermöglichen. Von den Vermögenssteuern werden die ersten beiden Abfäße einftimmig angenommen. Zu dem dritten Absaß, der Bermögenszuwachssteuer aus der Nachkriegszeit, wurde ein Antrag von Arbeitgeberseite eingebracht, der sich mit der Gestaltung der Bermögenszuwachssteuer aus der Nachkriegszeit einverstanden er flärt in der Fassung, die der Reichsrat ihr gegeben hat. Diese Erflärung mirr gegen die Stimmen der Arbeitnehmer, die die Ausschußfassung wieder hergestellt wissen wollen, angenommen.
Dollar 206!
Als im September dieses Jahres Herr von Kahr seinen Republikaner wie erlöst von einem Alpdrud. So war es fein Wunder, daß Kahrs Nachfolger auf Grund seiner geschmeidigeren Formen und seiner äußerlich fonzilianten Art sowie auf Grund seines Versprechens die Opposition zu achten, eine faubere" Verwaltung durchzuführen und auch dem politischen Gegner die Türe zu seinem Amtszimmer offen zu halten, auch von der Sozialdemokratie mit einer gewissen wohlwollenden Neutralität begrüßt wurde.
Unterdessen sind aber doch verschiedene Dinge vorgekommen, die uns veranlassen müssen, den neuen Leiter des bayerischen Staatswesens gründlich unter die Lupe zu nehmen, damit nicht unter dem Schafspelz des gewandten Diplomaten die alte reichsverderberische und sozialistenfrefferische KahrPolitik mit neuen Mitteln zum Schaden des Reichs und des inneren Friedens fortgesetzt wird.
Wenn Graf Lerchenfeld eine Vertrauensstellung als Ministerpräsident des zweitgrößten Landes der deutschen Republit unter einer Reichstoalitionsregierung zwischen Sozialdemokratie und Zentrum genießen will, dann muß er sich aber ganz anders in den Rahmen des Bolksganzen einfügen, wie er es bis jetzt getan hat.
Nachdem an der gestrigen New Yorker Börse die Mark Die bayerische Sozialdemokratie hat sich ihren Grundsägen zeitweise einen Tiefstand von 0,491 Cents erreicht hatte, trat gemäß unter Wahrung der Achtung vor den Gefühlen der auch an der heutigen Berliner Börse eine entsprechende Steige- Mehrheit des Volkes bis jetzt in der Beurteilung der Trauerrung der Devisenkurse ein. Dollarnoten wurden anfangs un- fundgebungen aus Anlaß des Todes des ehemaligen Königs gefähr auf der Höhe der New Yorter Parität mit 202 gehan- außerordentlich zurückgehalten. Die monarchistische, Propabelt; im weiteren Verlaufe erhöhte sich der Kurs auf rund ganda ist aber in den letzten Tagen angesichts der bevorstehen206. Man sieht in hiesigen Finanzkreisen der weiteren Ent- den Haupt- und Staatsaktion der Bestattungsfeier" derartig midlung mit großer Sorge entgegen, da diese Bewegung angeschwollen, daß ein Zusehen hier nicht mehr am Blaze der deutschen Industrie die Rohstoffversorgung abzuschneiden wäre. Die Regierung Lerchenfeld hat aber ihr Teil nicht gedroht. Auch am Lebensmittelmarkte befürchtet man Komplita. tan, die aufdringliche und überschäumende Agitation für ein tionen. Die erneute Erhöhung der Devisenfurse regt natürlich pompöses Fest in der Hauptstadt des Freistaates Bayern abdie Spekulation start an; während vor wenigen Tagen fich zudämmen. Wer hat es dem Regierungspräsidenten von Obereine Ernüchterung geltend machte, wurde heute wieder in sinn banern, dem Herrn von Kahr, gestattet, sich an die Spige eines loser Weise gekauft. Bestattungsausschusses zu sehen? Wer duldet es, daß die Staatsbeamten unterschriftlich zur Teilnahme an der ,, Königsparade" gezwungen werden? Wer hat das Reichswehrminifterium so lange gequält bis es endlich seine Zustimmung zur Berwendung von Reichswehr als Ehrengeleite gegeben hat?
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Freie Königswahl.
der deutsch - französischen Abordnung bei Loucheur bringt der Matin" Budapest , 2. November. ( WTB.) In der heutigen Sigung der folgenden Bericht des Sekretärs der französischen Technikervereinigung, Francque: Die Arbeiten werden gemeinsam von der deut. Partel der fleinen Landwirte teilte Ministerpräsident Graf Beth. fchen Organisation der Bauarbeiter und der entsprechenden französi. len mit, daß er morgen der Nationalversammlung einen Gefeß schen Organisation ausgeführt werden. Die Arbeiter werden, nach entwurf vorlegen werde, der die Aufhebung der Herr republikanischen Regierung, die Staatszeitung", gerade in
fammengefchloffen werden. Techniker und Arbeiter werden bei be stimmien Arbeiten eng zufammenwirfen. Gewinne dürfen nicht er
zielt werden. Es wird feinerlei andere Bezahlung als die der geleisteten Arbeit geben. Es handelt sich für die Franzosen darum, die gelieferten Erzeugniffe in Empfang zu nehmen, nach einem feftgefeßten Programm zu arbeiten und späterhin eine gewisse Anzahl deutscher Arbeiter nach Frankreich fommen zu laffen. Die vorgesehenen Ausgaben sollen 60 Millionen nicht überschreiten. Es sollen 80 öffentliche und Privathäuser errichtet wer. ben. Durch dieses Beispiel soll dargelegt werden, was erreicht wer. ben tann, wenn zwischen Deutschland und Frankreich Einvernehmen herrscht. Man wird damit auch gleichzeitig zeigen, was eine enge 3usammenarbeit der Arbeiter, wie sie hier in Aussicht genommen ist, leisten kann. Es soll nur an die Arbeit gedacht wer.
fönnen.
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Karis
Wer duldet in der Presse eine geradezu hysterische Anhimmelung des ehemaligen Königs, die dem einfachen und nüchternen Ludwig von Wittelsbach sicherlich selbst am allerzuwiderften gewesen wäre? Sehr bedenklich ist es aber, wenn das offiziöse Organ der diesem Augenblic in unleugbarer Sympathie feststellt, daß burg zum Inhalt hat. die Einführung der Monarchie zum jeßigen Zeitpunkt In dem Gefeßentwurf heißt es: Die Herrscherrechte Rönig Karls ihren Anhängern als untunlich erscheine und nur auf verwerden aufgehoben. Die Pragmatische Sanktion, die die faffungsmäßigem Wege erfolgen fönne. In anderer WenThronfolgerechte des österreichischen Hauses regelt, hat ihre Birtdung heißt dies, daß die Monarchie kommen werde, sobald famteit verloren, und hiermit ist das Recht der freien unter der Republik das wieder gutgemacht sei, was die MonRönigswahl wieder an die Nation zurückgefallen. Die Nation archie verbrochen hat. hält die Staatsform des Königtums unverändert aufrecht, verschiebt jedoch die Besetzung des Königstuhls auf spätere Seiten und weist das Ministerium an, zu geeigneter Zeit entsprechende Bor Schläge zu machen. Das Gesez tritt am Tage der Veröffentlichung in Kraft. Die Partei hat beschlossen, dem Gefeßentwurf zuzuftimmen. Der Widerstand gegen die tschechische Mobilisation. Prag . 3. November.( Intel .)„ Prager Tageblatt" ,,, Bohemia", Reichenberger Zeitung ",„ Mährisch- Oftrauer Morgenzeitung" veröffentlichen folgende Mitteilung: mit Rücksicht auf die gegenwärti. gen Berhältnisse und die jekt geübte Handhabung der Benfur sehen ich die Redaktionen genötigt, bis auf weiteres auf jede Stellung nahme zu den politischen Ereignissen zu verzichten.
Aehnlich ist es mit der Duldung der von Kahr gezüchteten rechts bolichemistischen Bewegung, der fog. nationalsozialistischen Arbeiterpartei. Diese Leute, von denen die„ Münchener Post" die Teilnahme und Mitverantwortung an der Münchener Mordzentrale haarscharf nachgewiesen hat, werden man höre und staune Dom Ministerpräsidenten empfangen, anstatt durch den Hausdiener hinausgeworfen zu werden. Der ,, Miesbacher Anzeiger" und der ,, Bölkische Beobachter" hehen nach wie vor zu Mord und Totschlag auf, nur daß ihre Produkte von der sozialistischen Preffe totgeschwiegen wer den. Der Böllische Beobachter" beweist durch einen Artikel Der beattentatete Auer oder: Her mit dem Märtyrerfranz!" seine Mitwisserschaft und Mitschuld an dem Mordanschlag und erscheint luftig weiter!
Das düsterste Anzeichen einer Gesinnungswandlung oder einer gewollten und bewußten Heuchelei im Sinn der bayerischen Staatsräfon war die Rede Lerchenfelds in der Landesversammlung der Bayerischen Wolfspartei am 28. Oftober.
ben, nicht, wie bisher, an den möglichen Gewinn. Alles dies hat auch Loucheur in seinen Ausführungen dargelegt. Er versichert, baß er dieser Aktion in feiner Weise Schwierigkeiten bereiten werde. Obwohl eine neue Zusammenkunft zwischen Loucheur und Ra thenau am Montag in Aussicht genommen worden ist, glauben die Franzosen , nunmehr an die Berwirklichung des Projektes gehen zu Wie die Zeitung Sozialdemokrat" berichtet, finden in famt Die deutschen Vertreter haben Paris gestern abend ver lichen Städten Deutschböhmens Versammlungen der laffen. Deuvre" erfährt hierzu, daß es sich bei den aufzubauenden Drt- fozialdemokratischen Arbeiter gegen die Mobilisierung schaften um eine Gruppe von Dörfern zwischen Chaulnes statt. Die Resolution, die in den Versammlungen zur Annahme geund Péronne handelt. Fünf dieser Dörfer liegen dicht beiein- langt, wendet sich gegen die Kriegsabsichten der Regierung und er. Hier äußerte der Graf, es sei besonders wichtig, den ander, andere verteilen sich auf einen Raum von 30 Kilometern. Im flärt, daß sich die Kleine Entente so viele friedliche und wirtschaftliche Trennungsstrich gegen die Sozialdemokratie besonders klar zu gangen gab es hier 734 Häufer, bie von 3750 Einwohnern bewohnt Waffen befige, daß mit ihnen der Widerstand der Herrschenden in ziehen; man müsse auf der Hut sein, die grundlegenden UnterUngarn auch ohne Krieg gebrochen werden könne. Es wird gegen fchiede nicht verwischen zu lassen. Wie vertragen sich diese Die deutschen Delegierten wurden sehr freundlich empfangen. den Ausnahmezustand protestiert und die sofortige Außerfraft- Worte mit dem Satz von Lerchenfelds Regierungsantrittsrede, Auch der Ankunft deutscher Arbeiter sieht man ohne legung des Kriegsdienstleistungsgefeßes verlangt. man dürfe grundsäglich nicht gegen" einen Stand, sei es die Pravo Lidu" veröffentlicht am Kopfe des Blattes einen Auf Arbeiterschaft oder die Bauernschaft, regieren? Mißbehagen entgegen. Alle Bewohner find damit einverstanben, daß ihre Entschädigungsschuldverschreibungen in eine ge- ruf, der von sämtlichen bürgerlichen tschechischen Parteien gezeichnet meinsame Kasse abgeführt werden sollen. Eine Gesellschaft ift, und in dem die tschechische Bevölkerung aufgefordert wird, die mit beschränkter Haftung soll gegründet werden, in der Deutsche und Mobilifierungsmaßnahmen, besonders das tschechische Rote Kreuz Franzosen vertreten sein werden. Man nimmt an, daß die 2500 zu unterstützen. deutschen Arbeiter, auf die man rechnet, zwei Jahre tätig sein Laut ,, Boff. 3tg." fam es in Eger bei Pferdemusterungen zu werden. Die von Deutschland eingeführten Materialien sollen an Streitigkeiten zwischen Bevölkerung und Militär, das die Pferde Ort und Stelle verarbeitet werden. Beispielsweise sollen 15 3ie mit Anweisungen auf die Steuerbehörden bezahlte. Das Militär geleien errichtet werden, während bis jetzt bort nur dret in machte von der Waffe Gebrauch. 40 Tote und 80 Verwun. bete sollen zu beklagen sein.
waren. Hiervon sind nur 1550 in ihre Heimat zurückgekehrt.
Betrieb waren.
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Im übrigen ist es dem Herrn Grafen Lerchenfeld sicherlich bekannt, daß in der Reichsregierung Bertreter der christlichen und sozialistischen Weltanschauung zu gemeinsamer Arbeit vereinigt find. Hält der Herr Graf es für ein Unglück für das deutsche Volt, daß diese Zusammenarbeit über den Trennungsstrich hinweg" zur Tatsache geworden ist?
Des weiteren: ist dem Herrn Grafen bekannt, daß die Sozialdemokratische Partei Deutschlands auf ihrem Görlitzer Parteitag durch die Annahme des Görlizer Programms und