Ts wird von gewiffcn Kreisen in verhängnisvoller Weise übersehen, daß das Ausland das wahre Gesicht der deutschen Industrie viel besser kennt, als es vielen im deutschen Volke selbst bekannt ist. Bei diesem Widerspuch wird der Hebel an- gesetzt werden, auf ihn wird die Behauptung gegründet wer- den, daß sich hinter der Erklärung, nicht erfüllen zu können, die Absicht, nicht zu erfüllen, versteckt. Es gibt noch heute einflußreiche Industrieherzöge, die im Verlust des Ruhr- rsviers eine günstige Lösung erblicken. Es gibt unter ihnen so manchen, der die Ludendorsfsche Beschränktheit übermächtig in sich nach„Entscheidungsschlachten" drängen fühlt. Die Sehnsucht nach dem Frankenpreis für Ruhrkohle und die Hofs- nung auf den Segen des europäischen Westens für indirekte Steuern unter Schonung des Kapitals besorgt das übrige. Das Ausland weiß aber viel besser als wir, wieviel an Gegenwerten aus dem deutschen Exportgeschäft draußen stehen bleibt. Die Entwicklung noch der letzten Woche hat es jedem Amsterdamer Danklehrling und seinen englischen, amerikanischen, schweizerischen und sonstigen Kollegen an der Fülle der steigenden Konten klargemacht. Das Ausland kennt die Arbeitskraft des deutschen Volkes. Aber bei unseren großen Industriemännern meint man dennoch, Wahrheiten verheimlichen zu können. Weltpolitik wird nach anderen Grundsätzen gemacht Äs das Frisieren einer Bilanz. Es gibt auch im internationalen Leben scharfsichtige Bücherrevisoren. Wir sind gewillt, dafür zu sorgen, daß sie nicht kommen, wenn sie auch durch die Münä>ener Politik des Reichsverbandes der deutschen In- dustrie mit Macht herbeigelockt würden.
die Regierungskrise in Preußen. Um die orofjte Koalition. Die Situation in Preußen blieb auch am heutigen Vor- mittag so unklar wie zuvor. Die bürgerlichen Parteien be- stehen aus ihrem Verlangen nach der großen Koalition. Ilm Zeit für weitere Verhandlungen zu schaffen, hat man die heutige Plenarsitzung, in der die Wahl des Minister- Sräsioenten stattfinden sollte, ausfallen lassen. Der ieltestenausschuß tritt um 2 Uhr zusammen, um über die An- setzung einer neuen Sitzung zu beschließen. Die sozialdemokratische Fraktion des Landtags hat ihre Sitzung von 1 Uhr auf 5 Uhr nachmittags verschoben. Von dieser Sitzung wird die Entscheidung erwartet. Tie Mindestforderungen der USP. Die Fraktion der USP. des preußischen Landtags hat zur Regierungskrise in Preußen Stellung genommen und folgende Minde st forder ungen aufgestellt: 1. Demokratisierung der inneren Verwaltung. Wirksamer Schutz der Republik durch Schaffung eines Gesetzes, wonach Beamte und Angestellte zu entlassen sind, die im öffentlichen Dienst m o n a r ch I- stische Auffassungen oertreten, auf Personen, die ihnen dienstlich unterstellt sind, im Sinne monarchistischer Auffassungen einwirken oder kraft ihres Amtes die ihnen zugänglichen Einrichtun- gen In den Dienst monarchistischer Bestrebungen stellen. 2. Schleunigste Vorlegung einer freiheitlichen Gemeinde« Verfassung. 3. Kommunalisierung des gesamten Polizeiwesen». Auf- lösung aller privaten Vereinigungen mit militärischem Charakter, strengstes Verbot, für derartige Organisationen Zu werbet, insbesondere Auflösung der Arbeitsgemeinschaften ehemaliger Freikorps - oder RegimentsangchLrjger.' 4. Ersetzung des menschcnzerstörsnden Strafvollzuges durch ein humanes, menschenerhaltendes System des Strafvollzuges. 5. Entschiedene Fortführung der Umwandlung unseres Schul- wesen» zur Einheitsschule. Inangriffnahme der Reform der Lehrerbildung im Sinne de? Z 143 der Verfassung zur Herbeiführung der Einheitlichkeit des Lehrcrberufs. Sicherung der religiös�i Freiheit für Lehrer und Schüler in allen Schulen. Maßnahmen gegen den Mißbrauch unseres Schulwesens einschließlich der Hochschulen zu monarchistischen oder antirepublikanischen Zwecken. S. Einstellung aller Zahlungen an religiös« Gemein» s ch a s t« n aus Staatsmitteln. .------ f-------------------- I II. Hdit— öiese wliöen l Im Zoo einer Großstadt ist ein afrikanisches Dorf zu sehen. 5)audwerter haben im tarifgemäß bezahlten Achtstundentag ein Rudel schilfgeflochtener Hütten errichtet. Dieses Schilfbudendorf Ist die Kulisse für die Schaustellungen der schwarzen Menschen. Kulisse ist das Ganze. Es scheint ungefähr so zu sein, als ob man einen Pommer, einen Westfalen, ejnen Bayer, einen Mecklenburger, einen Thüringer , einen Schlesier und einige Landsmänninnen dazu nach Afrika bringen, sie dort zusammen in ein Gehege sperren und vor schwarzen Zuschauern Skat spielen und Polka tanzen lassen und sagen würde: Seht, das ist ein deutsches Dorfl Die schwarzen Zuschauer, sofern sie eine blasie Ahnung hätten, würden sagen: Gebt uns unser Eintrittsgeld, unsere Kaurimuscheln wieder!» So ähnlich steht's mit diesem afrikanischen Zoo-Dorf. Die schwarze Truppe springt und tanzt den Leuten irgend etwas vor. Die Schilfhütten im Hintergrund, errichtet von der Firma 1 und P. eine Negertrommel und der Waya-la-waya-Gesang der schwarzen Tänzer machen afrikanische Stimmung. Und der naive Beschauer im zlvilistlsch zurechtgeschneiderrw Feldgrau-Anzug und im Paletot aus gefärbter Schlafdecke bsst iunt die schwarzen Kerle im bunten Kattun und denkt: Nein— diese Wilden...! Ein andermal, wenn das Schilfhüttendorf verwaist feine ganze dünne Dürftigkeit zeigt, wenn die schwarzen Mitwirkenden aus ihrem europäischen Privatleben zur Filmaufnahme im Zoo auf dem Schau- platz des werdenden Zelluloiddramas eintreffen, sieht er sie wieder. Sie kommen: in noblen Raglans, in elegantesten Anzügen, tadellos auf Taille geschneidert. Die Farbe der Binder ist sorgfältig zu den farbigen Strümpfen abgestimmt. Tadellos ist das Schuh- werk. Die schwarzen Hände stecken in taubengrauen, eigelben, in rostbraunen Handschuhen— Nappa, Glace, Wildleder. Und die weißen Augen im schwarzen Gesicht blitzen im Bewußtsein der Un- widerstcblichkeit der Toilette. Die Glieder, die vorhin malerisch bunter Kattun umhüllte, umkleidet jetzt— Maß für Maß— kost- barster Homespun. Und man sieht es den schwarzen Kavalieren an, daß sie sich auf Boston und Foxtrott, auf Jazz und Jimmy besser verstehen als auf afrikanische Tänze. Sie führen dem Europäer vor, wie der elegante Mann sich kleidet. Und der naive Beschauer im zivilistisch zurechtgeschneiderten Feldgrau-Anzug und im Paletot aus gefärbter Schlafdecke bestaunt erschüttert die schwarzen Kavaliere im eleganten Homespun und denkt wiederum: Nein— diese Wilden!... E. H.
7. Entschädigungslose Enteignung der Vermögen der Hohen- z o l l e r n zugunsten der Allgemeinheit. 8. Energische Maßnahmen gegen den Raubbau in der F o r st- Wirtschaft. Selbstbewirtschaftung der Domänen und deren Aus- gestaltung zu landwirtschaftlichen Mustergütern. 9. Wirksamer Ausbau der gesamten Wohlfahrtspflege, insbesondere Kampf gegen die Volkskrankheiten. Durchgreifende Hilfe für die Arbeitslosen, Kranken, Invaliden, Witwen und Waisen. Wirksame Förderung des Wohnungsbaues. Rücksichtslose Bekamp- sung des Wucher- und Schiebertums. 10. Sichcrstellung des Existenzminimums der Arbeiter. Angestellten und Beamten, unter Berücksichtigung der jeweiligen Teuerungsoerhältnlsse. Der§a!l Rüge. Einschreite« des Jnstizministers. Wegen der Haftentlassung des schlesischen Bandenführers Rüge, des früheren Heidelberger Privatdozcnten, der erst verhaftet, dann freigelassen wurde, um n a ch seinem Verschwinden von der Staats- anwaltschaft wegen oersuchten Mordes steckbrieflich verfolgt zu wer- den, hatte der Abg. Genosse K u t t n e r eine Anfrag« im Preußischen Landtag eingebracht. Auf diese hat jetzt der Justizminister Am Zehn- hoff folgendes geantwortet: Der frühere Privatdozent Dr. Rüge Ist am 13. September d. I. wegen Verdacht des Hochverrats, des unerlaubten Waffenbesitzes, der Teilnahme an einer geheimen verbin- dung und der llreundensälschung durch die Polizei des Amtsgerichts in Breslau gemäß Z 125 StrPO. vorgeführt worden, ohne daß bis dahin ein Haftbefehl oder Steckbrief gegen ihn vor- lag. Der Richter hat nach verantwortlicher Vernehmung des Be- schuldigten das ihm damald vorliegende Material zum Erlaß eines Haftbefehls nicht für ausreichend erachtet und den Be- schuldigten daher entlassen. Mt der Staatsonwaltschast oder dem Polizeipräsidium hat sich der Richter vor der Entlassung des Beschuldigten nicht in Verbindung gesetzt. Zur Ausklärung der Frage, inwieweit der Richter bei der Bearbeitung der Angelegenheit es an der erforderlichen Sorgkalt und Aufmerksamtelt hat fehlen lassen und dadurch die Pflichten seines Amtes verletzt hat, ist die Ein- leltung des Disziplinarverfahrens beantragt worden. Der hier erhobene Vorwurf, daß Rüge au» der Haft entlasten worden Ist, ohne daß sich der Richter mit den amtlichen Stellen ln Verbindung gesetzt hat, die schwer belastendes Material gegen Rüge hinter sich hatten, wird durch diese Darstellung des Justlzminister» voll bestätigt. Ob man einen Kommunisten auch so leicht» fertig au» der Haft entlasten hatte? * Eine w eitere Anfrage dos Abg. Knttnor betraf das Verhalten der Staatsanwaltschaft in Gl atz, di« in zwei Fällen schwerer Ausschreitungen von Selbstschutzbanden—- es handelte sich um die barbarische Verprügel ung mißliebiger Per- s o n e n— das Einschreiten im öffentlichen Interesse abgelehnt hatte. Hierauf hat der Iustizminlster mitgeteilt, daß die General- staatsanwalischaft in Breslau auf die Beschwerde der Anzeigenden die Staatsanwaltschaft in Glatz angewiesen hat, unter Annahme eines öffentlichen Znkeresse» an der Strafverfolgung die E r m l t t- lung wieder einzuleiten. Die Antwort de» Justizministers schließt mit den Worten: Der Staatsanwaltschaft in Glatz ist eröffnet worden, daß auch ich die Verneinung de« öffentlichen Jnterestes in diesen Fällen nicht zu billigen vermag. Die in diesen Beschwerden angeführten Fälle sind leider keine Ausnahmen, sondern in gewister Weise typisch für die schlesische Justiz. Daß selbst der aus dem Zentrum hervorgegangene Justiz- minister das Bschalten seiner Untergebenen nicht decken kann, beweist die hohe Notwendigkeit einer Iustizreform auch auf personellem Gebiete. Der bremische Staatshaushaltsplan. Bremen, 4. November. (Eigener Bericht.) Am Donnerstag- morgrn begannen in der Bremer Bürgerschaft die Verhandlungen über das Budget für das Rechnungsjahr 1321. Es schließt ab mit einem Defizit von 11g 227 179 M. Die hauptsächlichsten Ausgaben waren: Polizei(inkl. Gefängnis, Krankenanstalten, Feuerwehr,
Vattistini als Rigolctto. Dieses Gastspiel des berühmten Italieners ist zunächst eine ökonomische Angelegenheit. Sollte die S t a a t s o p e r für den Abend 100 000 M. an den Gast zahlen, so bliebe ihr wohl immer noch bei gut verkauftem Hau» eine Viertelmillion. Damit läßt sich weiter arbeiten. Zu fragen bleibt ober, ob es einer republikanischen Staatsoper ansteht,«ine Vor» stellung nur für die Ausländer, für die Börsenspekulanten und einige hocherfreute Freibillettler zu veranstalten? Auch wird durch ein nachgerade übermäßig sich einwurzelndes Gast, und Starsystem die Einheit und Zusammengehörigkeit eine» Ensembles nicht ge» fördert. Das Publikum zeigte sich trotz der Carusopreise nicht sehr erhitzt, ja. zum Schluß war nur ein respektables Achtungsklatschen zu hören. Gerode die Partie des Hofnarren ist uns schauspielerisch schon von großen Theatermenschen ins Herz gehämmert worden: d'Andrade, Schwarz, Bohnen, Baklanoff(vom Schaljapin zu schwei- gen). Und ron all diesen ist die Rolle auch gut gesungen worden. Wir erwarten nun über das im Gedächtnis haftende Erlebnis hin- aus noch eine Steigerung. Der dritte Akt brachte sie: Rigoletto den Frohen spielend, in der Seele voller Angst, suchend, enttäuscht, fassungslos. Ein wundervoller Vater, ein im Gefühl aufgewühlter, Im Doppelleben gepeitschter Mensch. Das alles traf Vattistini in ebenmäßigen Linien ohne aufdringliche Geste, posenlos, herrlich durchlebt. Dann sank die Kurve ein wenig und der Zusammen- bruch schien müde, mehr eine Cntgeisterung, ein Nichtbegreifen. können als ein Aufbäumen und Nachlassen im Schmerz, Der San- ger Battistini gab sich dagegen nicht aus. Vom ersten bis letzten Ton zeigte er jene sprachliche und melodische Weichheit, jene selbst beim Hochziehen der Töne noch geschmeidig südländische Sinzart, wie sie uns als Schängesang, als bei canw der Auserwählten tn die Sinne schleicht. Herr Hütt wäre ein guter Herzog, wenn er sauberer intonierte und besser ausspräche: bei Battistini könnte er auch lernen. Ouetschräju Zu vermeiden. Das„clonna e mobile* wurde jubelnd beklatscht. Frau Catopol zeigt Sanftheit und Zierlichkeit im Beginn, wo man ihr allerdings noch die Schwierig- leiten der Arie anmerkt. Im dritten Akt wächst sie mit dem Gast zur Gestalterin größeren Stils. Sehr gut klang der nächtliche Chor der Edelleute und mehr als gut das Orchester in Blechs An- feucrung. K. S. Ein lustgekühlier Flugzeugmotor. Nach dreijährigen Arbeiten ist es einem englischen Erfinder gelungen, einen Flugzeugmotor zu konstruieren, der, statt wie bisher durch Wasser, durch die Luft ge- kühlt wird. Die Wichtigkeit der Erfindung geht schon daraus her- vor. daß der luftgekühlte Motor sich aus einer 25 Proz. geringeren Zahl von Teilen zusammensetzt als der waffergekühlte, ohne daß dadurch seine Leistungefähigkeit beeinträchtigt wird. Der neue Motor ist im Gegenteil stärker und nimmt dabei geringeren Platz ein als die bisher im Gebrauch befindlichen. Die Prüfungen haben ein glänzendes Ergebnis erbracht. Der Motor hat sich imstande gezeigt, bei einer Belastung mit acht Personen und einer Geschwin- digkeit von 160 Kilometern in der Stunde Flüge in einer Gesamt- länge von 160 000 Kilometern zurückzulegen. Dabei entwickelte er 450 Pferdestärken bei 840 Umdrehungen in der Minute und ist so leicht, daß er von vier Männern mühelos gehoben werden kann.
Standesamt usw.) 59 Millionen, Finanzen 52 Millionen, Bauwesen 42 Millionen, Justiz 16 Millionen, Eisenbahnen 33 Millionen. soziale Fürsorge ohne Kriegsfürsorge und Erwerbslosenunterstützung 21 Millionen. Insgesamt wurden 357 Millionen verausgabt, denen eine Einnahme von nur 24114 Millionen gegenübersteht. Die Staats- schuld, die sich im verflossenen Rechnungszahre nicht vermehrt hat, beträgt rund 350 Millionen Mark. Zur Deckung des Defizits sahen die gesamten bürgerlichen Par- teien keinen Ausweg: es waren nur Schlagworte: Einschränkung der Ausgaben und Vermehrung der Einnahmen, die dort fielen. Spar- samkeit und immer wieder äußerste Sparsamkeit wurde gepredigt. Ein Redner der Voltspartei lieh sogar durchblicken, daß die Frage der Notwendigkeit der für die soziale Fürsorge veraus- gabten Mittel zu prüfen sei, ebenso ob es notwendig sei, daß„so große Mittel" für Verbesserung des Schulwesen» ausgegeben würden. Unsere Etatsredner. Genossen Deichmann und Rhein , ver- langten vor allem Erschließung neuer Einnahmequellen durch Grund- steuern nach gemeinem Wert und Ausbau der vorhandenen Ein- nahmequellen, namentlich der B e s i tz st e u e r n. Im übrigen stimmten sie dem Etat zu mit Rücksicht daraus, daß auf sozialem Gebiet, wenn auch nicht alle unsere Forderungen erfüllt, doch Er- fteuliches geleistet wurde. Wie üie Schieber arbeiten. In der Antwort auf«ine Anfrage im Reichstag wegen der häufigen Beschlagnahme von Gütern durch die Polen beim Trans- port über den Korridor heißt es u. a.: .Zum Teil hat es sich übrigens, wie aus bestimmten Anzeichen entnommen werden konnte, auch um beabsichtigte Ber- schiebung von Gütern nach Polen durch die Versender gehandelt." Hiermit wird bestätigt, was Eingeweihte schon lange wußten. daß zwischen Deutschland und Polen ein schwunghafter und ganz offen betriebener Schieberhandelsoerkehr besteht, dem beizukommen man noch kein radikal wirkendes Mittel gefunden hat. Die Sache ist höchst einfach. Güter, welche in Deutschland von den Polen zu hohen Preisen gekauft und— im Vergleich zur polnischen Mark— mit gutem deuffchen Geld bezahlt worden sind, werden von dem fingierten oder nicht fingierten Versender ay eine oftmals gar nicht existierende Firma in Ostpreußen , meist in Königsberg , ver- laden. Gleichzeitig erhält der polnische Käufer mit Telegramm die Nachricht von dem Abgang der Waren unter genauer Bezeichnung des Waggons. Sobald nun der Güterzug im Korridor ist. hängen die Polen die ihnen bezeichneten Waggons ab, und die Verschiebung der Waren nach Polen ist erledigt— ohne Ausfuhrbewilligung und ähnliche unangenehm« Sachen. In Königsberg fehlen natürlich die Waggon». Doch wird da- von erst dann Ausheben» gemacht, wenn der angebliche Empfänger oder der Absender der verschobenen Güter noch die Unverfrorenheit besitzt und Schadenersatzansprüche gegen die Eisenbahnverwaltung geltend macht, denen sich diese gar nicht entziehen kann. Gewöhn- lich aber wird der Waggon weder von dem Empfänger noch von dem Absender reklamiert, und die Eisenbahn ist froh, von den Polen ihre leeren Waggons wiederzuerhalten. Diesem immer mehr um sich greifenden Unwesen zu steuern, hat sich, wie gesagt, bi, jetzt noch kein durchschlagendes Mittel ge- funden. Jede Maßnahme, die zur Sicherung gegen solche Verschic- bungen ergriffen wird, erschwert den Verkehr mit Ostpreußen und gibt zu Klagen Anlaß. Da« einfachste wäre ja. den ganzen Güter- verkehr über See zu leiten. Gegen Schiebereien der gedachten Art würde dies ein absolut wirkendes Mittel sein. Dies ist aber aus vielen Gründen nicht durchführbar.' Doch wozu haben wir die Handelskammern und in Verlin einen sogenannten.ostpreuhischen Gesandten*? Wäre es nicht möglich, die Frachtbriefe der nach Ostpreußen gehenden Waren durch sie prüfen und beglaubigen zu lasten?— Um die hierdurch unoermeid- lich werdende Erschwerung des Güterverkehr» nach dem Osten aus das geringste Maß zurückzuführen, ließ« stch denken, daß diese Prü- fung usw. bei bekannten solventen Firmen so einfach gestaltet wird, daß Verzögerungen ausgeschlosten bleiben. Wenn hierdurch den Schiebern das Handwerk auch noch nicht vollständig gelegt werden kann, wird e» ihnen doch außerordentlich erschwert. Vor allem aber bleibt das Reich vor ungerechten Schadenersatzansprüchen be- wahrt, deren Ertrag sich jene Betrüger al» Extraprofit in die Tasche stecken.
Deuffches Künstler-Theater:.Der heilige Ambrosius*, K o- m 5 b i e von 21. M. Willner und Arthur Rebner , Mustk von Leo Fall. „Schön, schön*, wären wir nur erst so weitl Wie schön, einmal diese» Operettengeklingel binter stch zu haben, wo di« Musik direkt zur Plage wird. Aber leider ist e» nur ein schwacher Der- such. Der erste Akt ist' vielversprechend, ernst« Kunst. Aber der zweite ist leichteste Poste, der dritte nicht viel bester. Wenn Adalbert und der talentvolle Fritz Schulz nicht wären, gäd« es einen faulen Abend. Leo Fall allerdings, der persönlich das nicht ganz� erst- klastige Orchester bewunderungswürdig meisterte, hat keine Schuld an dieser stilistischen Geschmacklosigkeit. Seine unaufdringliche Musik plaudert aufs Anregendste, um die Stimmungen oorzubc- reiten und Brücken zu schlagen. Wo die Bein« Trumpf sind, muß er natürlich sich anpassen. Er muß die Komödie finden, er ist der Berufene. Adalbert, der köstlich« Gymnosialprofestor, und Fritz Schulz, der in dem jungen Erich o. Lichtenau ein« feine Studie liefert, stechen von den anderen Darstellern beträchtlich ab, die Nied- liche Lilli Flohr und ein oder zwei Prosesiorentypen etwa aus- genommen. Belly Hermann weiß gut zu repräsentieren, ist aber etwas zu saftlos und Crni Jolan legt doch allzusehr den Nachdruck auf die irdischen Triebe— aber dem Publikum war's recht. H. M. Das guke Essen und die Weltgeschichte. Die Meldung, daß der Exkaiser Karl bei seinem mißglückten„Flug* nach Ungarn kostbare Zeit mit einem Festesten verloren habe, erinnert an eine ähnliche Verspätung, di<Ludwig XVI. zum Unheil ausschlug. Ludwig XVI . war ein großer Freund der Tafelgenüsse. und diese Neigung hat schließlich zu seinem Tod auf der Guillotine geführt. Während seiner Flucht konnte er den Verlockungen eines reichhaltigen Estens nicht widerstehen, das ihm fein erster Kammerdiener in Etoqes vorsetzte. Er hielt sich bei den verschiedenen Gängen so lange auf und konnte sich so schwer von der Tafel trennen, daß«r zu spät in Varennes ankam. Die Reiter, die ihn bis zur Grenze begleiten sollten, halten lange vergeblich gewartet und waren schließlich weggeritten: so fiel der König in die Hände seiner Verfolger.
HanS PfihnrrS Lplelover„DaS Ehrtstelflein- wird tn der zweiten Hälfte des November in der StaatSoper aufgeführt. Pfitzner übernimmt persönlich die Spielleitung. Dimltrt Smirnoff. der rulfifche Tenor, gibt ein drelmaNge««ailsplet im Deutschen Overn häufe: am 10. November al« Herzog in .Rigoletlo*, am 12. als LenZki in.Eugen Dnegin* und am 17. wieder als Herzog. Eine Professur für gewerbliche Pfychotechn» hat Prof. Moede an der Technischen Hochschule zu CharloHenburg erhalten. Dl- Prü'ung der Berus «eignung und Beruftübung ist damst zu« erstenmal al« Lehrfach anerkannt. Die Funkstation auf Long J»land wird, wie an« Washwaton ge- meldet wird, von Präsident Harding beute abend 8 Uhr dnrch«in- Bot- schaft an die ganze Welt eingeweib't. Die neue Station wird ql-nbzeitig in fünf verschiedenen Richtungen HandcISnachrichten zu geben imstande sein. Jbr Bereich erstreckt sich über Suropa, Südamerika und die Länder jenseits des Spillen Ozeans.