I»r Diskussion«der>rn Frankfurter Partritaa.AlS Antwort auf die Artikelserie des GenossenBebel liegt die folgende Erklärung in der„MünchenerPost' vor:„Die„Münch. Post' hat, um die Leser zu informiren, gesterndie gesammten Antwort-Artikel Bebel's in einer eigenen Beilagetmtgetheilt. Unsere Leser und Parteigenossen brauchen nicht zufürchten, daß nunmehr etwa Vollmar seinerseits oder dieRedaktion ihrestheils von dem Rechte einer Erwiderung einen}u weit gehenden Gebrauch machen werden. Jedes Ding hatein Maß, und wenn der Bebel'sche Streit für uns schon vonAnfang nichts weniger als kurzweilig war, so ist seine weitere Enl-Wickelung wahrlich nur geeignet, im Leser den Wunsch nach schnellst-möglicher Beseitigung dieser ebenso unerquicklichen als uninter-rfsanten Geschichte aus den Spalten unseres Blattes unwiderstehlichzu machen. Und wir unsererseits können diesem Wunsche umsoleichter folgen, als Form, Ton und Inhalt der Bebel'schenArtikel uns jeder eingehenden Antwort überheben und uns auwenige kurze Bemerkungen beschränken lassen.Bebel klagt über persönliche Angriffe. Und doch weiß jeder,daß es gerade Bebel war, der, sowie er denStreit überhaupt von» Zaun brach, ohne jedeVeranlassung Vollmar persönlich auf dasS ch onungsloseste— sprach er doch vom„Ferligwerden'mit ihm— angriff und denselben so wider seinen Willen indie Debatte zog. Nun, da Bebel die provozirte Antwort er-halte», beklagt er sich und gebraucht gegen seinen Widerparteine reiche Sammlung auserlesener, schmückender Worte, wie:lächerlich« Tiraden, unwürdige Insinuation, niedrigste Gesichts-punkte, schmutzigste Motive, elende Verdächtigungen, bewußteUnwahrheit k.Wenn von jemand, der auf Lebensart hält, gegen einenandern e i n derartiges Wort angewendet wird, so pflegt dasselbedas brennende Gefühl verletzten Ehrgefühls hervorzurufen unddem Getroffenen die Forderung nach entsprechender Genugthuungaufzudrängen. Wenn aber jemand gleich eine ganze Fluth vonBeleidigungen ausgeschüttet, dann zeigt er nur, daß dies zu seinemStil gehört; und der Betroffene nimmt die Sache mehr wie einkörperliches Unbehagen, gegen das sein inneres Fühlen uncmpfind-lich zu sein hat. Daffelbe gilt auch für all' das, was Bebel anAeußeruugen der Gegner über Vollmar diesem aufzumutzen sucht;namentlich aber die Geschichte von dem geheimnißvollen BekanntenBebel's, der mit den Berliner Regierungskreisen in intimer Ver-btndung steht und mit dem sich Bebel über seine eigene Parteiunterhält.Wir brauchen derlei und ähnlichen halbausgesprochenenDingen nicht erst den verdienten Namen zu geben.-Je srei-gebiger Bebel mit Zuthaten von diesem und ähnlichem Kaliberwar. desto magerer ist der eigentliche Kern seiner Ausführungenausgefallen. Es ist ihm vor allem die Unvereinbarkeit seinerStellung vor und nach dem Parteitag vorgeworfen worden.Was antwortet Bebel auf diese von ihm selbst als zutreffenden»falls ausschlaggebende Anklage?Derselbe Mann, der in seiner Berliner Rede behauptete,daß die„Verwäfferung" seit Erfurt 1891 systematisch gepflegtworden sei und immer mehr Anhänger gewonnen habe.— er will uns jetzt plausibel machen, daß er bis zumFrankfurter Parteitag keine Ahnung von dem Unheil gehabthabe, daß sogar die Regierung darüber besser alS er unterrichtetgewesen sei, und daß mithin ull' das Material für sein ver-ändertes Austreten erst aus den letzten paar Wochenstamme!Bebel hatte behauptet: er habe Symptome, daß systematischauf die Bildung einer eigenen bayerischen Sozialdemokratie hm-gesteuert wird. Nach Beweisen gefragt, weiß er kein Wortzu sagen.In bezug auf das traurige Vorwerfen der den Bayern ausder Parteikaffe zur Verfügung gestellten Gelder aber antworteter mit der Unwahrheit, daß nicht er, sondern Grillen-berger angefangen habe; während man doch blos seine eigeneBerliner Rede zur Hand zu nehmen braucht, um dasGegentheil zu erfahren.'Wir denken, das Gesagte genügt, um unseren Lesern be-greiflich zu mache», wie wenig Lust wir haben können, ein«derart geführte Auseinandersetzung weilerzuspinnen, auchnehmen wir an, daß unsere Genossen sich längst ihr Urtheil �e-bildet haben.Im übrigen ist die Sache für uns in München durch dieEntscheidung der große»„Orpheums'-VersammlMß im w e senk-lichen erledigt. Und wie wir hoffen, daß der ganze Streitim allgemeinen baldigst ein Ende nehmen möge, so werden wirunserseits— und darin ist tnit uns auch Vollmar einverstanden,in dessen Namen wir Mitsprechen— von heute an nur mehrsoweit zurückkommen, als es zur Abwehr von Unrichtigkeitennöthig sein sollt»Damit stirb wir vorläufig fertig; die Besprechung deS geringenRevolution, von der Rene nichts wußte. Nach der heftigenAbfertigung, welche der junge Mann ihrem letzten Ansturmaus seine Person entgegengesetzt hatte, bekam sie zuerst einen An«fall von Derzweiflnng, dann erwachte sie plötzlich zur Vernunft.Sie sah ein, daß sie ihr dreiunddreißigstes Jahr überschrittenhatte, sie erklärte sich damit für besiegt. Es war vorbeimit ihren armen, sterbenden Tränmen. Sie sagte damitder Hoffnung auf einen Gatten, sowie den feuerrothenBändern, den auffallenden Toiletten, den einladendenBlicken für immer Lebewohl. Wäre nicht in ihren Bc-wegungen noch immer manches übrig gewesen, so wäre ihrBenehmen jetzt vollkommen gewesen. In dem altenMädchen, das resignirt hatte, erschien das gute Geschöpf,das sie von Grund auS war, wieder, und mit einer nochhalbunruhigen Befriedigung stellte Rens die Wirkung fest,ohne die Ursache zu kennen.Er richtete einige höfliche Redensarten an sie, dieohne Koketterie aufgenommen wurden. Entschieden konnteer nun beruhigt sein. Indessen fuhr er fort, mit Annettein der Vergangenheit umherzustreifen.Erinnern Sie sich, sagte er, der Zeit, als Sie noch unserkleines Blumenmädchen waren? Meine Mutter hat ihrekleine Schweizer Freundin oft vermißt!Und Annette erwiderte mit leisem Beben in derStimme:Ich auch, ich habe so oft an Ihre Mutter gedacht.„An Sie" hätte der Wahrheit mehr entsprochen.Aber sie hätte sich geschämt, es zu sagen; und nun beeiltesie sich wieder, an irgend eine Episode aus früherer Zeit zuerinnern:.Was für ein Trotzkopf war ich damals! Meine armeRosa, wie habe ich Sie gequält!Dann erzählte sie von ihrem Leben in der Pension,ihrer tödtlichen Langeweile dort, der unerträglichen Längeder Jahre. Um sich zu zerstreuen, hatte sie eine Menge vonnützlichen und unnützen Dingen, Gesang, Deutsch, Tanzen,Geschichte, sowie die Kunst, Kuchen zu backen und sich geradezu halten, gelernt. O, sie wisse jetst sehr viel, sagte sie mitsilberhellem Lachen. Doch jetzt wäre alles vorüber. Seitvierzehn Tagen wäre sie zurückgekehrt, sie wäre zufrieden,sehr zufrieden sogar, daß sie nun nicht wieder abzureisenbrauche.(Fortsetzung folgt.)sachlichen Inhalts, welcher mit der Frage im Zusammenhangstehl, behalten wir uns für eine uns paffend ericheinende Zeitvor. Wir hoffen dadurch im Interesse unserer Leser wie imallgemeinen Parteiinteresse zu handeln."VolttiMis AeveoNckit.Berlin, den 5. Dezember.Aus dem Reichstag. Zum letzten Male fanden sichheute Nachmittag 4 Uhr die Reichsboten zu einer Sitzungim alten Reichstags-Gebäude zusammen. Der alte Sitzungs-saal, in dem die Beschlußunfähigkeit zu den ständigen Er-scheinungen gehörte, er war heute mit Abgeordneten über-füllt. Ganze 333 Mann waren beim Namensausruf an-wesend, eine Präsenz, welche in dieser Höhe bisher nur beiganz außergewöhnlichen Auläffen erreicht worden ist.Am Bundesrathstisch saßen.eine ganze Reihe preußischerVertreter, während die„Bank der Kleinen" rechtspärlich besetzt war. Der Stuhl, der bisher vonden martialischen Figuren der beiden ersten Kanzler,Bisniarck und Caprivi, eingenommen wurde, er war heutevon einem kleinen, der äußeren Erscheinung nach fast un-ansehnlichen Manne besetzt— es war dies der neue KanzlerFürst von Hohenlohe. Der Kanzler war— auch eine neueErscheinung auf diesem Platze— im Z i v i l a n z u g er-schienen. Neben dem Kanzler hatte Herr v. BötticherPlatz genommen, dessen sehr wohlgenährte Gestalt nebendem schmächtigen Kanzler sich noch mehr hervorhob, alsdies früher schon der Fall war.Der Herr Präsident von Levctzow ließ zunächst die demReichstag bereits zugegangenen Vorlagen zur Kenntniß desHauses bringen, wobei sich zur allgemeinen Ueberrafchungherausstellte, daß die Umsturzvorlage sich noch nicht unterden Eingängen befindet. Die Verhandlungen dürften alsozweifellos mit dem Etat beginnen, der im ganzen Umfangebereits zur Vertheilung gelangt ist. Außerdem liegen demtaufe die bei Beginn jeder Session üblichen schleunigennträge auf Aussetzung des gerichtlichen Verfahrensgegen diverse Abgeordnete vor. Von unserer Fraktion sindzunächst die Genoffen Schippe! und Herbert bei diesen An-trägen betheiligt, es werden aber noch einige Nachzüglerdazu kommen.Nach Erledigung dieser Punkte widmete der HerrPräsident dem Abschiede aus dem Hause einige Worte. DerRedner erinnerte daran, daß, als vor mehr als 20 Jahrendas Hans in der Leipzigerstraße bezogen wurde, die Grund«lagen des Reiches bereits geschaffen waren, daß aber derAusbau der Reichsgesetzgebung sich in den Räumen voll-zogen hat, die der Reichstag jetzt zu verlassen im Begriffesteht. Von den Abgeordneten, welche seinerzeit mit in dasHaus einzogen, gehören heute noch 21 dem Reichstage an.Darunter von den Sozialdemokraten Genosse Bebel.Uebcrraschen mußte es, daß der Redner Yg unterließ,als er von der Begründung des Reiches sprach, bei dieserGelegenheit auch der„Paladine" zu gedenken, die bei derGründung mitgeholfen haben. Uns sollte es wundern, wenndiese Unterlassung in Friedrichsruhe nicht eine arge Ver-schnnpfung im Gefolge habe., sollte. Sonst war dieAbschiedsrede ebenso einfach, wie warm empfunden und vor-getragen.Für unsere Partei knüpfen sich an daS Haus in derLeipzigerstraße reiche Erinnerungen. Als eS vom Reichstagseinerzeit bezogen wurde, befand sich ein einziger Sozial-demokrat unter den Abgeordneten; heute beim Auszug zähltunsere jFraktion 46 Mann. Und doch wurde gerade indiesem Hause das Schandgesetz vom Oktober 1878 aus-geheckt, das bestimmt war, uns zu vernichten. Und als diePeitsche sich als wirkungslos erwies und man es mitdem Zuckerbrot versuchen wollte, da war es daffelbeHaus, in dem die Werke des„praktischen Christenthums",die sogenannten Sozialreform-Gesctze berathen und beschlossenwurden.Unsere Parte, blieb, trotz all' dieser Maßnahmen zurBeseitigung der Umsturzgefahren, was sie war und sie wirdbleiben, was sie ist, obgleich zu den ersten gesetzgeberischenAufgaben im neuen Palast am Königsplatz die Berathungeiner frischen Umsturzvorlage gehören wird.Unsere Partei sieht mit frohem Muthe den Kämpfender nächsten Wochen entgegen; einig und geschloffen werdenDieKettenschlachtmldMeKimvern.Als wir gestern Abend zur Beleuchtung der KielerKaiserrede unsere Erinnerungen an die Kämpfe der Kimbernund Teutonen mit den Römern ausgekramt hatten,„ahmen wir uns vor, um unsere Angaben zu veriflziren,andern Tags sofort nähere Untersuchungen anzustellen. Wirsahen in Mommsen's römischer und Ranke's Weltgeschichtenach und fanden keine näheren Angaben über die Ketten-schlacht. Wir durchstöberten den Livius, Julius Cäsar undselbst Cornelius Nepos— nicht?! Da verfielen wir aufden Plutarch. Wie konnten wir auch nicht gleich anPlutarch denken; war er doch die Lieblingslektüre des großenRäubers und Umstürzlers Karl Moor, der ihm ein Denk-mal gefetzt hat, dauernder als Erz, in den Worten:„Michekelt vor diesem tintenkleckseuden Säkulum, wenn ich inmeinem Plutarch lese von großen Menschen!"Da fanden wir denn in der Lebensbeschreibung desMarius, waS wir suchten. Zunächst müssen wir etwas be-richtigen; wir haben die beiden Entscheidungsschlachten, dieden deutschen Heerhaufen den Untergang brachten, mit ein-ander verwechselt. Die Keltenschlacht war nicht dieSchlacht bei Aquae Sextiae, wo die Teutonen undAmbronen durch Marius vernichtet wurden, sonderndie Schlacht„auf den Raudischen Gefilden" bei Der-cellae, wo 101 v.Chr. die Kimbern ihren Untergang fanden. Diefragliche Stelle lautet, nachdem erzählt war, wie der Feld-yerr Catulus, der Kollege des Marius, zuerst mit den Kimbernzusammenstieß und sie schlug:„Aus dieser Seite wurde also der größte und streitbarsteTheil der Feind« niedergemacht; denn um nicbt getrennt zuwerden. Halle sich daS erste Glied mit langen Kelren, die anden Gürteln befestigt waren, zusammengedunoen."Thatsache ist also jedenfalls, daß die Kettenschlacht eineNiederlage war.Wir haben uns auch noch bemüht ausfindig zu machen.ob irgendwo etwas von dem Brauche dieser alten Heidenerzählt wird,„vor der Schlacht Gott die Ehre zu geben,indem sie zuerst beteten". Aber im Plutarch war nichtsdavon zu cntvecken. Aus sonstigen klassischen Schrift-'tellern wissen wir nur, daß die Germanen bei Beginnder Schlacht einen Kriegkgefang anstimmten, der den ver-unsere Reihen dieselben aufnehmen. Ob unsere Gegner unSeine ebenso geschloffene Phalanx werden entgegen stellenkönnen!?—Dank vom Hause—'in der Leipzigerstraße. WomitDu gegen Andere gesündigt hast, damit sollst Du gestrastwerden— an dieses Bibelwort mag Bismarck gedachthaben, als ihm die Rede telegraphirt ward, mit welcherder langjährige Präsident des Reichstags, Herr v. Levetzow,von dem alten Reichstagsbau in der Leipzigerstraße Abschiednahm. In dieser Rede, die der Gründung und gesetz-geberischen Festigung des Reiches schwungvoll gedachte, wardvon Vielem und von Dielen gesprochen. Der NameBismarck wurde nicht erwähnt. Fürst Bismarck,der selber nie das Gefühl der Dankbarkeit kannte, hat, iviees scheint, auch das Talent, Anderen, denen er nützlich ge-wesen, die Dankbarkeit zu nehmen. Doch so von de»eigenen Leuten vergessen zu sein, das mag er bitterempfunden haben. Die Nemesis straft den, der ihrerpottete, doppelt gründlich.—Ueber»infreiwillig aus dem Reichstag Abwesendeschreibt das„Berliner Tageblatt":„Drei Mitglieder des Reichstages sind aus„zwingendenGründen" heute verhindert, an der feierlichen Eröffnung desNeichshauses lheilzunehmen: A h l w a r d t, der im vorigen Jahre vonsich selbst sagte:„Ich hatte das Bedürsniß, gewählt zu werden.iveil ich wünschte, daß ich hier sei; und heut« sehe ich uinso mehr ein, daß ich hier durchaus eine Nothwendigkeil bin."teute wird er in Plötzcnsee zurückgehalten, wo auch Herrtadthagen augenblicklich die Beleidigung eines Richterssühnen muß. Als Dritter im Bunde ist endlich Herr Leu« zunennen, der in Hannover in Untersuchungshaft gehalten wird.Wenn das„Berliner Tageblatt" unseren ehrenhastenGenossen Stadthagen in unmittelbare Verbindung mitdem in einer sehr schmutzigen Ehescheidungssache wegenMeineids verhafteten Herrn L e u ß bringt, so kann»nanvon jenem sauberen Blatt wohl nichts besseres erwarten.—Die Umsturzvorlage ist währe>id der Sitzung beimReichstags-Bureau eingegangen, wie der Präsident v. Levetzoivin einer Zusammenkunft des Seniorenkonvents mittheiüc.Ueber den Inhalt der Vorlage ist uns z. Z. noch nichtsnäheres bekannt.—Die Umsturzvorlage enthält nach der„Franks. Zeitung"drei Artikel. Der Art. 1 enthält: 1. Aenderungen des Straf»gesetzbuches, zunächst des tz III desselben, wodurch die Auf-forderung zu Verbrechen und strafbaren Handlungen mitGefängniß bis zu drei Jahren bestraft werden kann und auch die-jenigen Personen bestrafl werden, die ein gemeingefährliches Ver-gehen anpreisen oder als erlaubt darstellen; 2. eine Erweiterungdes tz 112, der die Verleitung von Soldaten undMilitärpersonen mit schärferen Strafen bedroht, wenndabei Bestrebungen hervortreten, die auf den Umsturz der Staats-gewalt gerichtet sind; 3. wird§ ILb, der von der Androhungeines gemeingefährlichen Verbrechens handelt, auf die B e-drohung mit Verbrechen überhaupt ausgedehnt; 4. wirddurch einen neuen Paragravhen die Bestrafung des Komplottsvergesehen, daS darauf gerichtet ist, den Umsturz derS-natsordnung herbeizuführen; ö. wird§I30dahinerweitert, daßPersonen bestraft werden, dieReligion, Monarchie, Familie, Ehe und Eigen«thum in einer den öffentlichen Frieden gefähr-denden Weise durch beschimpfende Aeußerungenangreifen.— Artikel 2 betrifft die Disziplinirungvon Offizieren und Unteroffizieren desBeurlaubtenstandes. Diese sollen ihrer Stellungen ent-hoben werden, sofern sie wegen Verletzung der Strafbestimmungeniin Abschnilt 6 und 7 des Strafgcjetzbuches, also wegen Wider-standes gegen die Staatsgewalt, und wegen Verbrechen und Ver-gehen»vider die öffentliche Ordnung mit inindestens 3 MonatenGefängniß bestraft sind.— Artikel 3 betrifft die vorläufigeBeschlagnahme von Preßerzeugnissen im Falle deS Vergehens wider die oben eriväynten tz III, 112 und 130.Moloch geständig— diesen Titel sollte ein Artikeltragen, den die„Kölnische Zeitung" dieser Tage in höheremAuftrag veröffentlichte. Der Artikel richtet sich gegenunsere neuliche Notiz, die, anknüpfend an die Berathungender französischen Budgetkommission, auf arund der dortvorgebrachten amtlichen Zahlen, den Beivns lieferte, daßdas alle Argument unserer Patrioten und Militaristen:Die Franzosen hätten für die Armee viel mehr Geld aus-gegeben als die Deutschen, und sie seien überhaupt, ,vo essich um die Wehrhaftigkeit des Landes handele, weit opfer-wohnten Römerohren rvie ein abscheuliches Geheul erklang.Da müssen also wohl Kaiser Wilhelm II. besondere historischeQuellen zugängig gewesen sein, aus denen hervorgeht, daßdie Kimbern und Teutonen irgend welche gottesdienstkicheHandlungen vor Beginn der Schlacht verrichtet haben, diesich mit dem modernen Worte„Gebet" bezeichnen lassen.Nun hat aber die Geschichte der verkelteten kiin krischenSchlachthaufen bei Bercellae noch einen Haken. Währenddie Teutonen, die bei Aquae Sextiae geschlagen wurden,aller Wahrscheinlichkeit nach echte Germanen waren,haben neuere Forschungen eS mit fast ebenso großer Wahr-scheinlichkeit feitgestellt. daß die K i m b e r n gar keineGermanen, sondern Kelten waren. Dafür giebtes schon Anhaltspunkte bei den alten Schriftstellern: DerNamen des Königs Bojorix war unzweifelhaft keltisch, fernerwurden keltische Kundschafter inS timbrische Lager geschickt, weil sie die Sprache der Barbaren verstanden. Manhatte die Kimbern bisher aber dennoch für Germanen gehalten,weil ihre Heimath, die jütische Halbinsel, später, zur Zeit desTacitus, von Germanen beivohnt wurde und innerhalb rein-germanischen Gebiets lag. Aber gerade dieser Umstand sprichtbcidem Heuligen Stande der»Mschichtlichen Forschungen fürden keltischen Ursprung der Kimbern. Denn es steht jetztfest, daß in vorgeschichtlicher Zeit daS ganze westlicheTeutschland von Kelten bewohnt wurde. Nichts ericheintalso natürlicher, als daß die Kimbern der letzte in denjütischen Winkel getriebene Rest dieser Kelten»varen, dienun schließlich auch noch vor den unablässig vordringendenGermanen weichen mußten und im Bunde mit einigengermanischen Stäminen ihre ziellose räuberische Wanderungnach dem Süden antraten. Schließlich findet sich der kimbrischeStammeSname auch noch unter den keltischen Briten; diebritische Landschaft Cnmberland hat von ihnen den Namen.Somit sind wir denn vollkommen berechtigt, unseregermanischen Altvordern von dem Verdacht, als ob sie sichdieser barbarischen und unfreien Kampfesiveise des Zu-sammenschließens mit Ketten bedient hätten, zu entlasten.Um so treffender wird die Nutzanwendung, die wir unserer-seitS gestern aus der Kettenschlacht einerseits und der ur-germanischen PolkSfreiheit andererseits gezogen haben, daßdie Freiheit eines Volkes beste Wehr und Waffe ist.