Jagow-prozeS am 7. Dezember. ErHardt und Geuoffen kneifen! Das Reichsgericht hatte auf die angebliche Selbftstellung von Ehrhardt und Genossen den Prozeß gegen Jagow, Wongenheim und Schiele vertagt. Jetzt wird durch die PPN. eine offiziöse Dar stellung des ganzen Sachverhalts gegeben, aus dem wir entneh men, daß mit dem Verteidiger Dr. G r ü n f p a ch eine Aussprache herbeigeführt wurde, als durch die Presse bekannt wurde, daß Ehr- Hardt sein Angebot der Selbststellung verleugnete. Ehrhardt hat bekannllich erklärt, daß dieses Angebot ein Jahr alt fei und jetzt hervorgeholt werde. In der Besprechung hat Rechtsanwalt Grün - spach erklärt, daß er bei der Einreichung seines Antrags vom 14. Ok- tober tatsächlich geglaubt habe, daß Ehrhardt, Bauer usw. sich stellen würden. In dieser Annahme habe ihn ein Schreiben des Ober st en Bauer vom 14. September sowie eine Unter- redung mit Frau Ober st Bauer bestärkt. Rechtsanwalt Grünspach brachte in der Unterredung zum Ausdruck, daß er nach seinen neuesten Informationen allerdings befürchten müsse, daß seine Klienlen ihre frühere Absicht der Selbststellung aufgegeben hätten. Bei dieser Sachlage hat der Oberreichsanwalt Aufhebung des freien Geleits beantragt, das Reichsgericht hat am 24. Oktober entsprechend beschlossen. Der neue Termin gegen Jagow, v. Wangenheim und Schiele ist auf den 7. Dezember d. 2. festgesetzt worden. Eine frühere Verhandlung war bei der Ge- schäftslage des Reichsgerichts unmöglich.
parteineubilüung in(dberschlesien. Königshütte, 5. November. (DA.) Der Vorstand der Orts- gruppe Königshütte der Katholischen Volkspartei ver- sammelte sich unter Hinzuziehung einer Anzahl im politischen Leben stehender Persönlichkeiten am Donnerstag, den 3. Novemver, um zu den neuen politischen Verhältnissen Stellung zu nehmen. Die Ver- sammlung betrachtet mit dem Tage der Abtretung an Polen die bisherige Katholische Volkspartei als nicht mehr bestehend und deren Verbindung mit der Zentrumspartei des Deut- schen Reichs als gelöst. Sie sprach sich nach eingehender Vera- tung dahin aus, daß in Polnisch -Oberschlesien eine neue große Volkspartei entstehen müsse, die alle Schichten der Nationali- täten und Konfessionen der oberschlesischen Bevölkerung zu um- fassen habe und die sich etwa zu den Grundsätzen bekennen müsse: 1. der Parität, wonach alle Oberschlesier, ob deutscher oder polnischer Zunge, die gleichen staatsbürgerlichen Rechte genießen und in gleicher Weif« Zutritt zu den Staatsämtern haben; 2. des C h r i st e n t u m s d. h. der christlichen Staatsauffassung und des christlichen Gemeinsthastsgeistes; 3. der Autonomie der polnisch gewordenen Teile Schle- siens innerhalb des polnischen Staatsverbandes; 4. der Demokratie, die in der Hochhaltung von Recht und Freiheit und in der Heranziehung der breiten Massen zu den Auf- gaben des Staates und der Gemeinden besteht; S. einer Sozialpolitik, auf Grund deren die Partei mit besonderem Nachdruck für die sozialen Errungenschaften eintreten wird. Nach Aufstellung dieser vorläufigen Grundsätze beschloß man, in Fühlung mit den anderen Ortsgruppen der Katholischen Volks- pärtei und den wirtschaftlichen Organisationen zu treten. Ist dies geschehen, soll die neue Partei endgültig gegründet und ihr Pro- gramm festgelegt werden._ Das tschechisth-polnijche Dünönw. Prag , 5. November. (WTB.) Der polnische Minister des Aeuße- ren, S k i r m u n t, besprach heute mit dem Präsidenten der Republik politische Fragen und die Frage eines tschechoslowakisch- polnischen Einoernehmens. Nachmittags hatte der Mini- ster eine lange Besprechung mit Dr. Benesch. Die tschechoslowakisch- polnischen Fragen wurden eingehend durchberaten. Die Verhand- lungen werden Sonntag und Montag fortgesetzt werden.
dicke Tücher schützt. Bei dieser„Sonnenschutztracht* handelt es sich be- sonders um Rücken, Nacken und Kopf. Der Rücken wird mit ( inem dicken Tuch bedeckt, das t i e f r o t gefärbt ist. Tiefrot ist über- baupt die beste Schutzfarbe gegen die tödlichen„violetten* Strahlen. Auch der Tropenhelm Hot ein rotes Schutztuch, das dey Nacken be- deckt, und er selbst ist mit Rot gefüttert. In dieser Tracht darf sich auch der Europäer in die Sonnenglut der Wüste wagen; aber es gibt eine Tageszeit, in der niemand, möge er auch noch so gut geschützt sein, sich der Sonne aussetzt; das sind die drei Mittagsstunden. Der Wüstenreisende ist von der Morgenfrühe an bis etwa um 10 Uhr durch das weite, unfruchtbare (Zebiet gewandert. Dann schlägt er sein Lager auf, zieht sich in sein Zelt zurück, und nun folgt eine Zeit des grenzenlosen Schweigens, der tiefsten Ruhe, jene geisterhaft grausige Tageszeit, dadieSonne tötet.„Tiefste Stille ist dem fröhlichen Gelärm des Lagerlebens gewichen,* so schildert ein englischer Wüstenreisender Moore Ritchie diese Stunden.„Draußen sind die Schatten der wenigen Büsche in Nichts zusammengeschrumpft. Das Sonnenlicht, das am Morgen gelblich war, hat sich zu einem grellen Weiß gewandelt. Kein leben- des Wesen ist mehr zu sehen; alles hat sich in den Schutz der Zelte geflüchtet; selbst die Kamele pressen sich dicht an die Zeltwände beran. Es ist, als ob die Welt plötzlich hypnotisiert wäre, und sie ist es tatsächlich durch das schauerliche Riesenauge der Sonne, das die ganze Natur in eine Art Ohnmacht hüllt und mit dem weißen Schrecken seiner Strahlen alle Geschöpfe verscheucht.* Ein Schädling des Brakes. Ein kleines 3 Millimeter langes, kurzwalzenförmiges, rötlich gelbbraunes Käferchen(Litotrepa ranicea) hat während der Kriegszeit in den Speisekammern und Vorratsräumen der Häuser, in Kaufläden und Drogerien und Apo- t beten aroße Verbreitung genommen. Die runde dick«, gelblich-weiße, sechsfüßige Larve macht ihre Entwicklung in harten Backwaren, Nudeln, Haferflocken, Reis. Graupen, getrockneten Pflanzen, Apothekerwaren, Sämereien usw. durch. Sie schädigt nicht nur durch Fraß, sondern verekelt auch die befallenen Nahrungsmittel und Gebrauchsmittel. Selbst die giftigsten Drogen werden häufig befallen. Auch an lange lagernde Supyenwürfeln wird der Brotkäfer gefunden. Die befallenen Stücke sind besonders an der Unt«rleit«, an runden Löchern von etwa 1 Millimeter Durchmesser kenntlich, welche die auskriechenden Käfer in das Papier gefressen haben. �. Die Biologische Reichganstalt für Land- und Forst- mitrschaft in Berlin-Dahlem bittet um Einsendung von'Proben befallener Waren mit lebenden Tieren. Berein Volksbühne. Die heutige Nachmittagsvorstellung von Schön- herrs„Kindertragödie* im Kleinen Schauspielhaus muß aus technischen Gründen ausfallen. Der Arbeitermaler Ott« Nagel macht am heutigen Sonntag eine Führung durch die„I u r y f r c i e K u n st f ch a u". Treffpunkt: 11 Uhr am Eingang Alt-Moabit, Landesausstellung. Niedersächsische Musikvereiulgnng. Dienstag, den 8., 7H Uhr, findet im Schubertsaal ein Kammermusikabend des Hekkingtrio statt, zu dem Eintrittskarten zu ermäßigtem Preis bei Dorsch, Engelufer 15, z» haben sind. Zum Bortrag gelangen Werke von BrahmS , Mendelssohn und Wilhelm Rohve.
Inöustrieverbanö gegen Kreöithilfe.
Der Reichsverband der deutschen Industrie hat auf seiner gestrigen außerordentlichen Mitgliederversammlung folgende Erklärung mit überwältigender Mehrheit angenommen: Der Reichsverband der deutschen Industrie er- m ä ch t i g t seinen für die Behandlung der Angelegenheit der Kredit- Hilfe eingesetzten Ausschuß, der angemessen zu ergänzen ist, unter Zu- Ziehung der deutschen Banken die Verhandlungen mit der Reichs- regierung mit dem Ziel« weitgehender geldlicher Stützung des Reichs für Reparattonszwecke fortzusetzen unter folgenden Voraussetzungen: Es muß gleichzeitig Sicherheit dafür gegeben werden, daß Reichs- regierung und Reichstag ein« sparsame Finanzwirtschaft auf allen Gebieten des Staatslebens unverzüglich eintreten lassen und das Wirtschaftsleben von allen die freie Betätigung und Eni- Wicklung schädigenden Fesseln befreien. Insbesondere müssen die Reichs- und sonst in öffentlicher Hand befindlichen Betriebe derart behandelt werden, daß sie nicht weiter die öffent- lichen Finanzen belasten, sondern sie e n t l a st e n. Ein Ziel unserer tnneren Wirtschaftspolitik muß sein, alle in der Wirtschast vorhande- nen nicht voll beschäftigten Kräfte sicher zu produktiver Arbeit zu bringen. Die Industrie muß die Sicherheit haben, daß durch ihre Mitarbeit aus unproduktiven Unternehmungen Unternehmungen gemacht werden, die solche Erträge bringen, daß sie zur Berzin- sung und Tilgung des geplanten Gelddarlehns ausreichen und die jetzt vorübergehend und freiwillig eintretende In- dustrie entlasten. Es wurde weiter beschlossen, daß, wenn«in fester Plan für die Durchführung der Kredithilfe vorliegt, eine Mitgliederver» sammlung des Reichsoerbandes der deutschen Industrie damit befaßt werden soll. Vorausgegangen war eine lebhafte Debatte, in der eine erheblich günstigere Fassung der Resolution, wie sie vom Vorstand ausgearbeitet war, nach einer Rede von Hugo Stinnes abgelehnt wurde. Dabei haben sich Szenen abgespielt, die nach der TU. folgendermaßen geschildert werden: Die erste Resolution war vom Vorstand« aus Grund der Vorschläge der in München gewählten Kommission eingebracht worden, gelangte aber nicht zur Abstimmung, weil die Wort- führe? der Opposition überraschend starken Widerhall fanden. Dem Präsidium wurde Eigenmächtigkeit vorge- morsen. Di« schärfsten Angriffe richteten sich gegen die Ausführungen Georg Bernhards im Reichswirtschaftsrat. Insbesondere wurde der Vorwurf zurückgewiesen, daß sich die Oppositton von parteipolitischen und nicht von sachlichen Gesichtspunkten leiten ließ«. Ueberein- stimmend wurde betont, daß der Gesamtertrag der Kredit- a k t i o n bestenfalls für die lleberbrückung einer Galgenfrist aus- reichen würde. Reichsbankpräsident Häven st ein empfahl die Annahm« der Kommissionsvorschläge aus politischen Gründen, hob aber hervor,
daß eine internationale Anleihe zurzeit undenkbar und in Amerika und England frühestens nach Abschluß der Washing - toner Konferenz unterzubringen wäre. Die Wiesbadener Ab- machungen wurden als französische Konjunktur- spekulationen(!) unter allgemeiner Zustimmung scharfer Kritik unterzogen. Es wurde der Versammlung die oben wiedergegebene neue Resolution vorgelegt, die Hugo Stinnes eingehend be- gründete. � Es ist in der neueren Geschichte wohl der erste Fall, daß Steuerzahler ihrem Staat Bedingungen stellen, unter welchen Voraussetzungen sie ihm helfen wollen. Der Reichsverband hat den Gedanken einer Kredithilfe, die automatisch mit einer inneren Deckung der Anleihe verbunden. sein müßte, abgelehnt. Er will lediglich einen Uebergangs- kredit geben für die Zeit, bis es gelungen ist, die Reichs- eifenbahnen zu einem Pfandobjekt de r Entente oder der Privatindustrie zu machen. Diese Absicht spricht ganz deutlich aus dem Antrag. So will man sich um eine tatsächliche Besteuerung des Vermögens, die über die gewöhnlichen Papiermarksteuern hinausgeht, drücken. Hält der Reichsverband seine Stellung aufrecht, so muß die Kredithilfe als abgelehnt angesehen werden. Sicherheiten dafür, daß die Reichsbetriebe Wirtschaft- lich werden, kann das Reich nicht geben, solange die Industrie selbst durch Preiserhöhung und ziellose Gewinnpolitik die Arbeitsbedingungen der Reichsbetriebe untergräbt und auf der anderen Seite jede Erhöhung der Tarife bekämpft. In der Resolution konimt ganz deutlich zum Ausdruck, daß der Ausbau der Reichsbetriebe nach den Absichten der Industrie erfolgen muß. Wie aber die Absichten der Industrie aussehen. darüber hat die Stinnes-Presie der letzten Zeit keine Zweifel gelassen. Man will auf die Privatisierung der Reichsbetriebe hinaus und versucht sie auf dem Wege des wirtschaftlichen Druckes gegen das Reich durchzuführen. Das ist dann aber keine Kredit„hilf e* mehr, das ist höchstens ein politisches Geschäft, das leicht zum Wuchergeschäft werden kann. Die Reichsregie- rung darf darauf nicht eingehen, sondern sie hat unseres Erachtens die Pflicht, jetzt mit der E r f a f f u n g d e r S a ch- werte ernst zu machen, nachdem mehr als vier Monate ins Land gegangen und der Dollar seit dem Ultimatum von 60 auf 2SV M. gestiegen ist. Dem Volke liegt der Hun- g e r st r i ck um d e n H a l s. Die Industrie macht Ge- schäftchen. Das Reich darf es nicht den hinlänglich bewährten Bankrottpraktiken eines Stinnes ausliefern, dessen Einfluß auf die Industrie durch die gestrigen Verhandlungen wieder bestätigt wurde. Der Ausschuß des Reichswirtschaftsrat? tritt bereits am Mittwoch zusammen. Wir verlangen, daß die Regierung keinen Zweifel darüber läßt, wie sie sich jetzt zur Erfassung der Sachwerte stellt.
Die Absetzung üer Habsburger . Budapest , 5. November. Die Nationalversammlung hat den Gesetzentwurf betreffend den Thronverlust des König» Karl und des Hauses Habsburg in erster und zweiter Lesung a n g e- n o m m« n. Bukarest , S.November.(Orient Radio.) Karl und Zita von Hrbsburg sind mit dem Sonderzug von Orsooa nach Galatz ab- gereist. Sie werden unverzüglich auf das englische Kriegsschiff „Carbi ff* befördert werden. Die Reise zu Land« hat ihren Grund in dem niedrigen Wasserstande der Donau . Englische Poli- zeibeamte haben die Bewachung übernommen. Der Kreuzer „Cardisi* wird von vier rumänischen Torpedobooten begleitet werden. Die Mobilisierungskosten. Prag . 5. November. (WTB.) Freitag abend erschienen beim Ministerpräsidenten Dr. Benesch die Gesandten der alliierten Mächte, um ihm die letzte Entschließung der Botschafterkonserenz mitzuteilen. Die Bezahlung einer Entschädigung für die Mobilisierung müsse gegebenenfalls nach den Forderungen rangieren, die sich aus dem Bertrag von Trianon ergeben.
Rücktritt üer japanischen Regierung. Tokio , 5. November. (Reuler.) Zu einer kabinettisltzong, die heute morgen stattfand, erklärte das Mnisterium seinen Rücktritt. Washington , S. November.(TU.) Zufolge der Ermordung des japanischeu Ministerpräsidenten wird der Chef der j a p a- nischen Kommission ans der Washingtoner Konferenz nach Tokio zurückkehren._ Moskau unü RmfterÜam. Berlin , 5. November. (OE.) Die fowjetamlliche Zentralhllss- kommifsion hat den Vertrag bestätigt, der kürzlich in Berlin von den Vertretern der Sowjetregierung Kopp, Ionow und Bratman-Dro- dowski mit den Vertretern des Amsterdamer Internatio- nalen Gewertschaftsbundes Fimmen und Graßmann abgeschlossen worden ist. Die Amsterdamer Gewerkschaftsinternatio- nale errichtet in Rußland zum Zwecke der Hungerhilfe ihre Ver- tretung. Die Sowjetregierung gewährt deren Mitorbettern die gleichen Rechte, wie sie die Mitarbeiter der amerikanischen Hilfs- administration, des deutschen Roten Kreuzes und der Ranfen-Hilfe genießen. Alle Güter der Gewerkschaftsinternatio» nale in Sowjetrußland bilden ihr unanta st bares Eigen- tum. Ihrerseits soll die Vertretung in Uebercinstimmung mit der sowjetamtlichen Hilfskommission arbeiten, und ihre Mitglieder haben sich jeder polltischen Tätigkeit zu enthalten.— Der Gewerkschaftsbund hat für die Hilfsaktion bereits 10 Millionen Mark angewiesen; weitere 100 Millionen sollen bereitgestellt werden.
Die Berhaflung in der Mordasfäre Dato. Zu der Ver» Haftung der des Mordes an dem spanischen Ministerpräsidenten Dato verdächtigen drei Spanier wird uns mitgeteilt, daß dem Rechtsanwalt der Verhafteten der freie Verkehr mit seinen Klienten untersogt wurde. Auf die Beschwerde der Rechtsvertreter vom 3. d. M. ist ein Bescheid hierüber nicht eingegangen. Im übrigen bestreiten Nicolaus Fort und Frau entschieden, an dem Mord beteiligt zusein. Amerikanische Arbeiler für Rußland . Die Sowjetregierung hatte vor einiger Zeit mit verschiedenen Arbeiterorganisationen VerHand- lungen über eine Tellnahme am Wiederaufbau der russischen Wirt- schast angeknüpft. Jetzt wurde mit einer Gruppe a m e r i k a n i- scher Arbeiter ein Vertrag abgeschlossen, der dieser die Au«» b e u t u n g einiger Bettieb« im Donezbecken überläßt. Die amerikanischen Arbester bringen Wertzeuge selber mit.
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Der Marksturz. Wieder klegt eine Woche scharfer Geldentwertung hinter un» Der Dollar, den man als Barometer des Geldwertes anzusehen gewohnt ist, hat sich von rund 180 auf rund 2 50 M. rerteuert. Die Mark gilt kaum mehr den vierten Teil dessen, was sie noch zur Zeit der Unterzeichnung des Ultimatums gegolten hat, ein Vergleich mit ihrem Vorkriegswert ist geradezu vernichtend. Die Entwicklung der Devisenkurse in den letzten Monaten beleuchtet folgende Tabelle der Berliner amtlichen Notierungen: Man zahlte für: am 23. 7. 1. 10. 17. 10. 2S. 10. 5. 11. 100 Boll. Gulden 2477,50 8896,10 5894,10 6033,95 8591,40 1 Pfd. Sterling 289,70 462,50 704,25 699,30 981,50 1 Dollar... 81,03 124,37 184,81 177,57 248,75 100 französ. Fr. 620,85 874,10 1348.65 1288,70 1828,15 100 Schweiz . Fr. 1321,15 2147,85 3596,40 8246,75 4645,35 100 österr. Kr. abgestempelt 9,13 7.82 9,23 7,98 8 43 100 tschech. Kr. 101,25 127.35 179,80 171.80 251,70 Die Kursbewegung zeigt alle Züge einer durchaus ungesunden Entwicklung. Obwohl die Preise, insbesondere von Auslands- lebensmitteln und diejenigen von Fertigfabrikaten, sich erheblich gesteigert haben, ist die Kauskrast der Mark im Inland immer noch well über ihrem Auslandswert. Es sprechen viele Anzeichen da- für. daß die Preise fremder Zahlungsmittel durch die Zurück- fialtung der Devisen durch Industrie und Handel herbeize- ührt ist. Zwar haben sich die Ablieferungen fremder Zahlungsmittel an die Reichsbank erhöht, doch ist das Angebot am Devisen markt so gering, daß es sich nur auf diese Weise erklären läßt. Die In- vustrie. die für ihre Rohstoffeinfuhr Devisen braucht, oersucht eben die billig erworbenen fremden Zahlungsmittel zu behalten, an- statt sie dem Markt zur Verfügung zu stellen. In dieser Zeit un- geheurer Finanznot und großen Devisenbedarfs des Reichs sind die Folgen für die Valuta von so katastrophaler Wirkung.
Erhöhter Bankvotenumlaus— Goldoerpsändung. Der neueste Ausweis der Reichsbank Ende Oktober zeigt wieder eine starke Er- höhung des Banknotenumlauss, nämlich um 3,38 Milliarden Mark auf 91,5 Milliarden Mark. Ferner sind noch für 7,3 Milliar- den Mark Darlehenskassenscheine im Umlauf. Zusammen befindet sich also für 98,8 Milliarden Mark Papiergeld im Verkehr. Die Reichsbank hat, um den zur Erfüllung des Ultimatums in der Schweiz aufgenommenen Kredit von 270 Millionen Goldmark abdecken zu können, einen Teil seines Goldbestandes, nämlich 30 Mil- lionen Mark, nach der Schweiz geschafft und dort verpfändet, weil es sonst nicht möglich gewesen wäre, ohne neue schwere Er- schütterungen des Devisenmarktes die zur Zahlung benötigten Sum- men aufzubringen. Damit sind die Kredite vorläufig gedeckt. Das Gold bleibt im Eigentum der Reichsbank, kann aber nicht zur Grund- läge neuer Notenausgaben gemacht werden. Da wir di« Gold- Währung längst nicht mehr haben, ist das für den Notenverkehr ziemlich belanglos. Der Vorgang zeigt aber die S ch w i e r i g k e i- t e n, mit denen das Reich in den letzten Monaten zu kämpfen hätte, um selbst noch die Restschuld der ersten Reparationsmilliarde vor- läufig zu tilgen, während sie jetzt schon daran arbeiten muß, sich für die nächsten Zahlungsforderungen der Entente vorzubereiten. Erfolg der Neckaranleihe. Die Ausgabe der von der Neckar- Aktiengesellschaft aufgenommenen Sprozentigen Reckar-Anleihe hatte einen ausgezeichneten Erfolg. Infolge der außerordentlich stark einlaufenden Anmeldungen war das Endergebnis so reichlich, daß die Gesellschaft, um die Zuteilung der verlangten Beträge zu ermöglichen, mit Genehmigung der zuständigen Stellen sich ent- schlössen hat, an Stelle der anfangs vorgesehenen 350 000 000 Mark einschließlich Schuldschemdarlehen einen Betrag von insgesamt 450000000 Mark aufzunehmen. Nachdem dieser Betrag er- reicht ist, wurde die Zeichnung nunmehr geschlossen.