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nt.SM» ZS. Jahrgang flusgabe A Nr. 267

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Geburtstag öer-Republik.

Zum 9. November. Don Otto Braun . Die Republik begeht heute ihren dritten Geburts- t a g. Das ist ein Anlaß, nicht zu Jubelfeiern, aber zu ernstem Gedenken. Die Monarchie in Deutschland ist nicht an der Kraft ihrer inneren Gegner zugrunde gegangen, sondern an ihrer eigenen U n f ä h i g k e i t. sich in einer Weltkrise zu behaupten. Alle Parteien stimmen darin überein, daß die Politik des kai- ferlichen Deutschland nach Bismarck verhängnisvoll falsch ge- wesen ist. Selbst bei den Monarchisten findet sie keinen Der» teidiger. Und doch haben diese einst mit dem RufWir wollen keinen Schattenkaiser!" das persönliche Regiment Wilhelms II. Ikemt die Monarchisten jetzt wieder von derKaiser- i d e e" sprechen, so schulden sie uns Aufklärung darüber, was sie darunter verstehen. Einen Kaiser, der chofbälle veranstaltet und Orden verleiht, ohne auf die Politik Einfluß zu haben? Oder einen Monarchen, der die Rechte der Volksvertretung beschränkt und das Volk in den alten Zustand politischer Un- »nündigkeit zurückwirft? Das erste wäre eine Lächerlichkeit, das zweite ein Verbrechen. Nach der totalen Auflösung der alten Ordnung wäre Deutschland ins Chaos versunken, wenn nicht die A r b e i- t e r die Führung übernommen und die deutsche Republik auf- gerichtet hätten. Das bleibt ein Ruhmesblatt in der Ge- schichte der deutschen Arbeiterbewegung, soviel auch später durch Zersplitterung und Bruderkampf gesündigt worden ist. Das Recht stolz zu sein, haben aber vor allem diejenigen Ar- beiter, die in allen Fährden und Röten der S o z i a l d e m o- kratischen Partei treu geblieben sind. Denn sie waren es, welche die Notwendigkeiten der Zeit am klarsten erkannt hatten. Sie begriffen dank ihrer politischen Schulung, daß die Entwicklungsstufe, für die Deutschland im Augenblick seiner Niederlage reif wurde, keine andere war als die der d e m o- kratischen Republik. Sie begriffen, daß man nun dieses Erreichbare schaffen und mit den Fäusten festhalten mußte, um für spätere Fortschritte erst einmal den Boden vorzubereiten. Wären die Arbeiter in ihren Massen politisch weniger reif gewesen, hätten sie sich von dem Trugbild Sowjetrußland verleiten lassen, das jetzt längst allen Glanz verloren hat, welches Unheil hätten sie über sich selbst und über das ganze deutsche Volk heraufbeschworen? Damals war es nur eine Minderheit, die irrte, ein großer Teil von ihr hat seinen Irrtum längst erkannt. Jetzt gilt es, sich fest auf den Boden der Tatsachen zu stellen und ohne Illusion, aber auch ohne Schwäche alles zu tun, um den weiteren Niedergang aufzuhalten, dem Auf- stieg den Weg zu ebnen. Wir Sozialdemokraten sind heute noch eine Minderheit in einem Staat, dem seine Handlungen in wesentlichen Punk- ten durch die Macht der Sieger im Weltkriege vorgeschrieben werden. Täuschen wir uns also darüber nicht, daß unsere Macht nach innen und außen begrenzt ist. Was folgt daraus für uns? Daß wir unablässig be- strebt sein müssen, für unseren Staat mehr Bewegungsfrei- heit nach außen, für unsere Partei mehrMachtim Innern zu gewinnen. Beides hängt eng miteinander zusammen. Der Kampf gegen den Nationalismus der Entente kann nicht vom deutschen Nationalismus, sondern nur vom beut-! schen und vom internationalen Sozialismus geführt werden, i Der Nationalismus von hüben und drüben fetzt Gewalt gegen Gewalt. Da sind wir geschlagen. Der deutsche und der inter -! nationale Sozialismus setzt gegen die plumpe Gewalt die I Macht der Ideen. Nur auf diefem Felde können wir noch hoffen zu siegen. Den Kamvf der Ideen gegen die plumpe Gewalt hat die deutsche Sozialdemokratie jahrzehntelang im Innern füh- ren müssen. Dabei hat sie manches gelernt, vor allem auch,' daß der schwächere Teil seine Lage durch Verzweiflunasstreiche' nicht verbessern kann. Wie oft haben wir da die Zähne zu- sammenbeißen und tragen müssen, was unerträglich schien. Die besitzenden Kreise, die Angehörigen der bürgerlichen! Parteien, vor allem aber die Mitglieder der alten Herrenkaste kennen diese harte Schule nicht. Sie haben zum großen Teil aus den bitteren Erfahrungen der Niederlage wenig oder gar nichts gelernt. Darum neigen sie zu einer Desperado» Politik, die unsere äußere Lage nicht verbessern, sondern nur verschlechtern kann. Man stelle sich vor, Deutschland würde über Nacht wieder Monarchie und triebe einePolitik des Widerstandes" nach deutschnationalen Rezepten. Welche Folgen würden sich dar»

aus entwickeln? Selbst die Deutschnationalen reden ja nur von einer' solchen Politik, weil sie wissen, daß es keine Mög- lichkeit gibt, in ihrem Sinne zu handeln. Selbst von ihnen würden die allermeisten, wenn es ernst würde, vor den grauenvollen Folgen zurückschrecken, nur eine Schar gewissen- loser Abenteurer würde übrig bleiben, um das Schicksal des Voltes in seine Hand zu nehmen. Deutschland kann nicht Politik treiben unter der Parole Monarchie und Revanche", sondern nur unter der Parole Republik und Frieden". Alle Macht der Tatsachen spricht für die Politik, die wir Sozialdemokraten treiben. Darauf gründet sich unsere Hoffnung, für sie einen so großen Teil der bürgerlichen Parteien gewinnen zu können, daß wenigstens die allerfchlimmsten Gefahren äußerer Gewalt und inneren Bürgerkriegs von unserem Volk abgewendet werden. Wer leugnet, daß es tausendmal besser wäre, wir brauch- ten uns nicht mit solchen Hoffnungen abgeben, die trügerisch sein können, sondern wir könnten uns ganz aus unsere eigene Kraft verlassen?! Ich verstehe, daß man ein Gegner der Koali- tionspolitik sein kann. Aber ich verstehe nicht, daß man aus dieser Gegnerschaft einen anderen Schluß ziehen kann als den: Die Sozialdemokratie muß durch die Kraft ihrer geistigen Waffen, durch die Werbekraft ihrer Anhänger, durch Einigkeit, Geschlossenheit, Disziplin so stark werden, oah sie keine Koalitionen mehr braucht. Ich verstehe n i ch t, daß man aus dieser Gegnerschaft den Schluß zieht, die Sozialdemokratie müsse auf jeden Anteil an der politischen Macht verzichten und tatenlos zusehen, wie sich die Feinde der Republik der Herrschaft über die Republik be- mächtigen. Durch solches tatenloses Beiseitestehen würden wir nie den Einfluß erringen, den wir erringen wollen, wir würden dadurch nicht stärker, sondern nur schwächer werden. Auch wenn wir kn die Opposition gehen, dürfen wir es nicht tun, um zu warten, bis wir die ganze Macht ergreifen können, sondern müssen uns bereithalten, auch einen Teil

von ihr wiederzuergreifen. Durch verantwortungsfreudig« Mitarbeit werden wir die Achtung unserer Anhänger wie unserer Gegner erringen, die es uns schließlich möglich machen wird, uns ganz durchzusetzen. Wir vertrauen auf die Zukunft. Wir sind fest davon überzeugt, daß der am 9. November betretene Weg der ein- zige ist, der zur Rettung unseres Volkes führen kann, während der ihm entgegengesetzte nur schnell ins tieffte Verderben führt. Deutschland wird und muß Republik blei- den. In der deutschen Republik wird der Einfluß der Ar- beiterbewegung steigen, wird die Mehrheit des Volkes für die Gedankenwelt des Sozialismus gewonnen wer- den. Inzwischen mutz alles getan werden, damit sich das deutsche Volk die Reste seiner Selbständigkeit erhält und sie nicht in einem Anfall kopfloser Verzweiflung den Gewaltpoli» tikern des Auslands preisgibt. Kein ehrlicher Mensch in der ganzen Welt soll daran zweifeln können, daß wir keine neuen gewaltsamen Auseinandersetzungen suchen, sondern daß wir nach dem Wahnsinn des Krieges und der Siegesdiktate nichts anderes anstreben als eine ehrliche Verständigung von Volk z u Volk, die Europas dauernde Ruhe und seinen ökonomischen Wiederaufbau verbürgt. Noch sind wir über das Schwerste nicht hinaus. Der Sturz unserer Währung bedroht das wirtschaftliche und infolgedessen auch das politische Leben mit tiefen Er» schiitterungen. Mehr denn je gilt es, den Kopf oben zu be- halten. Nur Geduld, Arbeit und die feste Zuversicht, daß wir trotz allem auf dem rechten Wege sind, können uns retten. In diesem Sinne feiern wir heute den 9. November als den Tag. an dem das deutsche Volk unter Führung seiner Arbeiter sich von den verhängnisvollen Irrtümern der Ver- gangenheit loßriß und auf einem neuen Weg zu einer beste» ren Zukunft den entscheidenden ersten Schritt tat. Unerschüt- terlich auf ihm zu beharren, weiterzukämpfen für Demokratie Sozialismus und ehrlichen Völkerfrieden, fei unser Gelöbnis zu seiner dritten Wiederkehr.

Gesitz und vaterlanöspflicht. Heute, gerade am 9. November, kommt die interalliierte Reparationskommission nach Berlin , um über die Reparationsverpflichtungen zu verhandeln. Diese Tatsache er- innert daran, was die Revolution vor drei Iahren noch zu tun übrig ließ, daß wir erst am Anfang einer Aufgabe stehen, die viele schon erfüllt sehen wollten. Wäre, wie es manche gefor- dert haben, die gesamte deutsche Wirtschaft mit radikalen Ein- griffen sozialisiert, so lasteten ganz auf dieser sozialisierten Wirtschaft Kapitalschulden von 132 Milliarden Gold- mark, eine Schuldenlast, die den Ertrag der Arbeit Jahr für Jahr um viele Milliarden gemindert, die Ursache an der Minderung des Arbeitsertrages dem Sozialismus zugeschoben hätte. Wir stehen eben noch vor der Lösung des Wiedergut- machungsproblems, nicht der Wiedergutmachung im Sinne des Friedensvertrags, sondern der wirtschaftlichen Ueberwindung des Krieges und seiner Folgen. Und zur gleichen Zeit werden die Steuern beraten. Im Parlament debattiert man, streitet um persönliche Auf- fastungen und Meinungsverschiedenheiten, mit dem Ziel bei den Regierungsparteien, ihre Politik finanziell zu stützen, bei den Oppositionsparteien, sie zu untergraben. Morgen, Donnerstag, kommt der Ausschuß des Reichsverbandes der deutschen Industrie zum Reichskanzler und wird ihm die Pläne und Bedingungen zur Gewährung eines Zwischen- kredites an das Reich unterbreiten. Es scheint, daß selbst das engere Präsidium sich nicht mehr zu den Münchener Be- schlüssen bekennt, die einen langfristigen Kredit immerhin in Aussicht stellten. Statt dessen macht man jetzt, so besagt wenig- stens die Resolution, den kurzfristigen Zwischenkredit von Forderungen abhängig, die eine einseitige Einfluß- nähme der Industrie auf die Regierung be- deuten. Die Industrie ist im Begriff, die durch die Revolution verlorene Regierungsgewalt der Rechtsparteien unter Aus- Nutzung der Notlage des Reiches wieder zu erkämpfen. Nicht sie selbst will zahlen, sondern die Reichsbetriebe sollen zur»nel- kenden Kuh werden, zum Unterpfand des Kredites. Natürlich wünschen auch wir, daß die Reichsbetriebe wirtschaftlich wer- den. Aber nicht um den Preis eines Verzichts auf den Acht- stundentag und auf die gemeinwirtschaftlichen und sozialen Fortschritte, die die Revolution gebracht hat. Das, und nicht weniger, will aber der Reichsverband. Die Reichsbetriebe sollen zum Unterpfand der langfristigen Anleihe gemacht, sie sollen an das Ausland verpfändet werden, damit die Industrie nicht zu zahlen braucht. Der Besitz sträubt sich zu zahlen. Cr entzieht sich seiner

Vaterlandspflicht. Der Dollar steht auf 310. Weite Volksmassen verelenden. Nicht nur Hondarbeiter, auch breite Schichten des sogenannten Bürgertuins werden von der Geld- entwertung erdrückt. Die Industrie, die Landwirtschaft, die Banken aber, die an der Geldentwertung nur gewinnen, wei- chen ihrer Staatsfjslicht aus und tragen so dir Schuld an den Zuständen, die jetzt Deutschland beherrschen. Auch die gekaufte Preste wird nicht verhindern können, daß das Bürgertum die Schuldigen erkennt. Darum warnen wir die Regierung, auf überspannte Forderungen der Jndu- strie einzugehen, und die Unternehmeroerbände, ihre Macht und ihre Interessen zu überschätzen. Wenn die Arbeiterschaft einig und wachsam ist, wird der Industrie ihr Anschlag nicht gelingen. Kermes gegen Srann und �vorwärts". Der provisorische Verwalter des Reichsfinanzminifte- riums, Minister Dr. Hermes, hat gestern im Reichstag ge- glaubt, einen Trumpf gegen unseren Fraktionsredner in der. Steuerdebatte ausspielen zu können, indem er behauptete. nicht er, der Minister, trüge die Verantwortung für die von ihm vertretenen Steuervorlagen, sondern die Regierungsparteien trügen sie einschließlich der Sozialdemokratie. Er bemängelte auch die Ueberschrift im gestrigen Morgenblatt des Vorwärts"Kritik an Hermes' Steuerpolitik" und meinte, sie müsse richtig heißen:Kritik des Dr. Braun an der bisherigen Steuerpolitik der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion". Damit hat Herr Minister Dr. Hermes einen billigen rednerischen Effekt erzielt, den die Rechte mit heiterem Beifall quittierte, er hat dies aber nur auf Kosten der Tat- fachen vermocht, von denen er sich weit entfernte. Herr Dr. Hermes muß sehr genau wissen,'daß die sozialdemokra- tische Reichstagsfraktion die Steuervorlagen in Hinsicht auf die Belastung des Besitzes nie für hinreichend erachtet, son- dern stets weitergehende Forderungen vertreten hat. Auch eine Festlegung auf die einzelnen Vorlagen ist niemals er- folgt, die Fraktion hat die Hände frei. Herr Minister Dr. Hermes kann ahfo nicht glauben, er sei gegen Kritik schutzgeimpft, weil er eben nur die Vorlagen des Kabinetts vertritt und nichts weiter. Man darf auch von ihm Ideen verlangen oder das Eingehen auf Ideen, die ihm entgegengebracht werden. Auch hat der Sturz der Mark eine veränderte Lage geschaffen, und die Anpassung an sie muß vom Leiter des Reichsfinanzministeriums ausgehen, auch wenn er sein Amt nur provisorisch versieht. Daß die Leitimg des Reichsfinanzministeriums kein Ber,