Nr.531 38. Jahrgang Ausgabe A nr. 268
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Donnerstag, den 10. November 1921
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Am 12. November, einen Tag nach dem Jahrestag des Waffenstillstandes, tritt die Konferenz von Washington zu=
Mailand , 9. November. ( EP.) Der„ Secolo" meldet aus Maßnahmen gegen die Markentwertung. fammen, an der neben den Bereinigten Staaten, Großbritan
Das Reichstabinett wird am Donnerstag Beratungen über Eindämmung der Martentwertung pflegen, um Richtlinien für die kommenden Beratungen mit dem Reparations ausschuß aufzustellen.
London : In britischen Finanzfreijen verlautet, daß die Alliierten Deutschland einen Aufschub der Januarzahlun gen bewilligen würden, um dessen Lage und die der allgemeinen Baluta nicht weiter zu verschlechtern. Dies werde jedoch nicht ein ganzer Berzicht auf die Wiedergutmachung bedeuten. Wenn Deutsch land banker oft machen wolle, werden es die Alliierten nicht daran hindern, sie würden vielmehr Pfänder für ihr Guthaben Vor den deutsch - polnischen Verhandlungen. zu erlangen fuchen. In diesem Zusammenhang wird auf den wertvollen Befih Deutschlands an Eisenbahnen und kohlen. Wie die PPN. an zuständiger Stelle erfahren, fand zur Vorbergwerten hingewiesen, deren Ausbeutung durch die Alliierten bereitung der deutsch - polnischen Verhandlungen über Oberschlesien vorgenommen werden könnte. Mit anderen Worten: Deutschland heute im Auswärtigen Amt unter dem Borsiz des Ministerialderettors würde einer Kontrolle durch seine Gläubiger unterstellt, wie es Eng- v. Stod hammern eine Sigung des Unterausschusses für das land mit der Türkei bereits in Aegypten und Griechenland getan 301lwesen statt. Bei der eingehenden Besprechung waren neben hat. Diese Drohung rüßte vielleicht Deutschland veranlassen, der den Bertretern aller dabei beteiligten Refforts fowohl der Reichs Notenausgabe ein Ziel zu setzen und andere Finanzmittel zu be- als auch der preußischen Staatsregierung auch der deutsche Bevollfchaffen. Indeffen bleibt die englische Deffentlichkeit überzeugt, daß mächtigte Reichsminister a. D. Schiffer fomie fein Stellvertreter, die von Deutschland geforderten wiedergutmachungen der Staatssetertär v. Lewald, zugegen. Fernerhin nahmen an übertrieben sind, und die Alliierten beffer fun würden, wenn der Besprechung u. a. teil der Generalbevollmächtigte der preußischen fie fich so bald wie möglich mit Berlin über eine Herabsetzung Staatsregierung , Staatssekretär a. D. v. Göppert fowie als Geverständigen, und die ganze Wiedergutmachung in Erwägung ziehen famtvertreter für die Wirtschaftsfragen Reichsminister a. D. v. Ra u mer. Während der mehrstündigen Berhandlungen find die für Oberschlesien und für das Reich überaus wichtigen Zollfragen sowie alle Fragen der Ein- und Ausfuhr im Zusammenhang mit den Be ftimmungen des Genfer Dittats einer genauen fachlichen Prüfung
würden.
Paris , 9. November. ( EC.) Der„ Temps" präzisiert den 3wed der Berliner Reise der Reparationsfommiffion nach Berlin folgendermaßen: Um die Zahlung von 500 Millionen Goldmark am
unterzogen.
Der stellvertretende deutsche Bevollmächtigte für die deutsch polnischen Berhandlungen über Oberschlesien , Staatssekretär v. Le wald, und der preußische Generalvertreter beim deutschen Bevollmächtigten, Staatssekretär a. D. Dr. v. Göppert, werden in den nächsten Tagen in Breslau und Oberschlesien mit Bertretern ber Unternehmer wie der Beamten, Angestellten und Arbeitnehmer so. wie mit den Reichs-, Staats- und Kommunalbehörden die aus der Botschafterkonferenz über Oberschlesien sich ergebenden wirtschaft lichen und verwaltungstechnischen Fragen erörtern und dadurch in die Lage kommen, die Wünsche des Abstimmungs gebietes wie der Propinz Schlesien noch einmal mit berufenen Bertretern dieser Gebiete eingehend zu beraten.
15. Januar sicherzustellen, hat das Garantiefomitee eine Vorschußzahlung für den 15. november und eine solche für den 1. Dezember vorgeschrieben. Die erste Zahlung sollte aus den 3olleinnahmen beffeiffen werden, die zweite aus der Ausfuhrabgabe. Diese Garantievorschiffe follten vier Fünftet der halben Goldmilliarde, die am 15. Januar fällig ist, ausmachen. Die Reparationsfommission wird sich darüber klar werden, welche Maßnahmen die deutsche Regierung in diefer Richtung ergriffen hat. Sie wird fich ferner mit den Bedingungen für die kredite befassen, die die deutsche Industrie dem Reiche bewilligen will, ferner mit der Rüdwirkung des Kurssiurzes der deutschen Mart, mit der Gesundung des deutschen Haushaltes und mit der Schaffung neuer Einnahmequellen zur Erfüllung der Zahlungsbedingungen. Andererseits ist es wahrscheinlich, daß die Reichsregierung und die deutschen Industriellen die Anwesenheit der Reparationskommiffion benuhen werden, um gewisse Bedingungen bezüglich der Zahlungsfristen zu stellen, die lauf Rom , 9. November. ( EB.) Infolge mehrerer Zwischenfälle Artikl 248 des Friedensvertrages von der Reparationsfommiffion zwischen Fascisten und Eisenbahnern wurde in Rom der Genebewilligt werden fönnen. Dabei wird auch das Vorzugsrecht, ralstreit erklärt, der je nach Umständen ein bis zwei Tage daß die Alliierten auf gewiffe Güter und Einnahmequellen des Deutschen Reiches und der deutschen Länder haben, aufgehoben
werden.
Generalstreik in Rom.
bauern tann. Heute nachmittag ging fein Zug mehr ab. Die mehrere tausend am Rongreß teilnehmenden Fascist en drohen mit Gegenmaßnahmen und der zwangsweisen Wiederherstel lung des Betriebes. Es werden weitere Zusammenstöße befürchtet. Die Behörden treffen Borsichtsmaßnahmen.
Es ist vielleicht nicht unrichtig, die Meldung des„ Secolo" mit der Verlautbarung des New York Herald "( vgl.„ VorDie Ursache des Streits ist darin zu suchen, daß es bei der Anwärts" Nr. 530) in Zusammenhang zu bringen. Danach funft einer Gruppe Fafciften aus der Provinz auf dem Bahnhof von würde die Reparationsfommission die am 15. Januar nächsten Rom zu Schießereien zwischen Fascisten und Bahnarbeitern tam, Jahres fällige Rate stunden, dafür aber sofort einen Bor - wobei ein Bahnarbeiter verlegt wurde. schuß auf diese Rate verlangen. In der Folge hätten dann
Verhandlungen über eine Neuregelung des Repa. rationsproblems stattzufinden, da sich der vorgesehene Zahlungsmodus als ungangbar erwiesen hat. Die Besserung des Markkurses scheint darauf hinzudeuten, daß man in Finanzkreisen derartige Gedankengänge nicht ohne weiteres
von der Hand weist.
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nien und Japan als den Hauptbeteiligten, auch Frankreich , Italien , Holland und China teilnehmen. Der amerikanische Botschafter in London , Harvey, bezeichnete es im Mai dieses Jahres als den Zweck der Konferenz, Abkommen für die Dauer statt vergänglicher Kompromisse abzuschließen und rungen in Zukunft alle Weltprobleme instinktiv von dem die Beziehungen so zu gestalten, daß die beiderseitigen Regiefelben gemeinsamen Gesichtspunkt und als unauflösbarer Konzern betrachten werden". Die angelsächsische Welthegemonie wird hier mit nüchternen Worten angekündigt. Dem feßen sich zwei Widerstandszentren entgegen: einmal das Bestreben Englands, selbst der erste Beherrscher der Meere zu sein, und das andere Mal der Anspruch Japans , im Kongern der feebeherrschenden Großmächte zum mindesten als gleichberechtigter Faftor anerkannt zu werden. Die Frage ist, ob sich diese Gegenfäge ausgleichen laffen.
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England war vor dem Kriege der Geldgeber der gesamten Welt. Schon während des Krieges traten die Vereinigten Staaten an die Stelle Englands. Nach dem Kriege schuldeten England, Frankreich , Belgien , Italien , Canada mit Neufund land und Rußland den Bereinigten Staaten an öffentlichen Anleihen eine Summe von 11 803 624 816 Dollar. England steht mit 5 094 633 000 Dollar bei weitem an der Spike der Schuldner. England nannte vor dem Kriege die größte Handelsflotte der Welt sein eigen. Auch hier hat sich das Verhältnis erdrückend zugunsten der Vereinigten Staaten verfchoben. Die englische Handelstonnage nahm in den Jahren 1914-20 um 781 000 Tonnen ab, die der Ver einigten Staaten um 10 379.000 Tonnen zu. Die a meritanische Handelsflotte beförderte im Jahre 1920 die Hälfte aller aus den Bereinigten Staaten fommenden Güter gegen weniger als ein Zehntel vor dem Kriege. Sie umfaßt zurzeit zwei Drittel der englischen. Hinzu kommt, daß die Ver einigten Staaten billiger verfrachten als England. Auf wirt fchaftlichem Gebiet ist die Lage für England nicht minder nieterdrückend. Vor dem Kriege hielt fich die Kohlenaus fuhr der Bereinigten Staaten in bescheidenen Grenzen. England beherrschte das Feld. Heute ist die Kohlenausfuhr des Bereinigten Staaten größer als die Englands. Sie belief h im Jahre 1920 auf 7 694 296 Tonnen gegen 923 261 Tonnen im Jahre 1914. Die Zunahme beträgt alfo 6 771 035 Tonnen. Die amerikanische Industrie ist im Laufe des Krieges von dem Erport an Rohstoffen und Halbzeugfabrikaten immer mehr zur Herstellung von Fertigfabrikaten übergegangen. Der amerikanische Außenhandel hat während des Krieges Märkte erobert, die vor dem Kriege rein englische Abfah gebiete waren. Der Export nach Canada hat sich verdreifacht. der füdamerikanische vervierfacht, der asiatische verzehnfach Der Exportüberschuß, der in den Jahren 1911-14 zwischen 500 und 600 Millionen Dollar schwankte, erreichte nach der legten Beröffentlichungen drei Milliarden.
Die Bereinigten Staaten sind demnach für England ein Die Einreiseerlaubnis nach Sowjetrußland. ungleich gefährlicherer und unangenehmerer Handelskonturrent geworden, als es Deutschland vor dem Kriege war. Auf Riga , 9. November. ( DE.) Der Rat der Bolfskommissare hat friedlichem Wege fann diese Konkurrenz weder ausgeschaltet angeordnet, daß die Einreise von Ausländern in die Russische noch eingeschränkt werden. Soll England seinen Ronkurrenten Sowjetrepublik nur auf Grund von Genehmigungen erfolgen durch einen Krieg zerbrechen? Bei Deutschland gelang bas darf, welche bei den sowjetrussischen Auslandsvertretungen nachzu- Experiment. Für einen Krieg mit den Bereinigten Staaten Die Meldung des„ Temps", die nicht in allen Teilen flar fuchen sind. Einreisegenehmigungen nach einer der Sowjetrepubliken würde Japan als Bundesgenosse unschwer zu haben sein. ist, würde dieser Annahme nicht widersprechen. Auch hier der ruffischen Föderation ermächtigen nicht zur Einreise in das Aber die Stimmung im Lande selbst kommt einem berartigen wird angedeutet. daß man in der Frage einer Abänderung eigentliche Sowjetrußland. Die Einreise ohne Genehmigung Unternehmen in feiner Weise entgegen. Außerdem stehen von der Zahlungsmodalitäten mit sich sprechen lassen will. Augen- soll von den Gerichten mit Freiheitsstrafen geahndet werden. Den britischen Kronländern Australien , Neuseeland und scheinlich legt man auf der Gegenseite Wert darauf, auch die Die amtlichen Moskauer Jswestija" veröffentlichen eine Ver- Canada in scharfem Gegensatz zu Japan . Auf der britiKreise der Großindustrie in die Verhandlungen einzubeziehen. fügung des Rates der Volkskommissare, wonach die diploma- schen Reichstonferenz im Juni und Juli d. 3. erklärDagegen läßt sich an und für sich nichts einwenden. Wir möchtische Bagage nach Sowjetrußland 10 Kilogramm für eine Ber- ten die Vertreter Australiens , Neuseelands , Canadas und Südten aber betonen, daß bisher die Arbeiterorganisa son nicht übersteigen darf. tionen das Rückgrat der Erfüllungspolitik gebildet haben, während das Programm der Finanz-, Handels- und Wirtschaftskreise jeden festen Kern entbehren ließ. Deshalb ist es nicht mehr wie recht und billig, wenn auch die Arbeitnehmerfreise bei den Verhandlungen zu Wort kommen.
Frankreich kündigt den Handelsvertrag mit Italien ! Rom , 9. November. ( WTB.) Die französische Regierung hat den Ende Februar 1922 ablaufenden Handelsvertrag und alle Sujahabkommen mit Italien gekündigt.
Das Allrussische Zentralegekutivkomitee hat die Wiederein führung der Strafansiedlung verbrecherischer Elemente in den entlegenen Randgebieten der Sowjetrepublik beschlossen. Diese Strafmaßnahme wurde in Rußland seit altersher angewandt und ist erst furz vor dem Kriege durch die 3arenregierung abge fchafft worden!
Für den Konsumentenschutz. München , 9. November. ( TB.) Das bayerische GesamtDas Programm der englischen Opposition. ministerium hat zum Schuge der Verbraucher einen Erlag veröffentlicht, worin es heißt, daß viele gewissenlose Leute die Not des London , 9. Rovember.( EP.) Der Führer der Liberalen Volkes infolge der rapid wachsenden Teuerung mißbrauchen, um sich Asquith hielt gestern eine große politische Rede, in der er aus- in trasfer Selbstfucht und Habgier maklos zu bereichern. Gegen fübrte, daß das Ende der Regierungstoalition nabe biefe Bollsausbeuter solle durch umfangreiche Maßnahmen und bevorstehe. Er protestierte gegen die Wiederaufnahme des Krieges empfindliche und fofort wirlfame Strafen seitens der Gerichte mit Jrland. Die Lösung der industriellen Krise sei an drei Be- und Polizeiorgane energisch vorgegangen werden. dingungen geknüpft: Sparsamkeit im Innern, Revision der Reparationstlaufeln der verschiedenen Friedensverträge, Aufhebung der Schulden der Aliterten an England unter ber Boraussetzung der Abrüftung.
Coucheurs Washingtonreise dementiert. Der„ Temps" stellt die Nachricht, daß Briand Loucheur nach Washington gerufen habe, als unzutreffend hin
afrifas, feinem britisch- japanischen Bündnis zustimmen zu fönnen, das seine Spige gegen Amerika richte. Die Erneue rung des Allianzvertrages, der am 13. Juli abgelaufen ist, fam nicht zustande, so daß der Vertrag zwar automatisch weiterläuft, der Zwischenzustand ohne einen festen Vertrag aber doch zu einer Neuregelung des englischjapanischen Verhältnisses drängt.
Inzwischen nehmen die Flottenrüftungen aller dret Großmächte ihren Fortgang. Nach einer Aufstellung von Archibald Hard wird im Jahre 1924 die Flotte der Vereinig ten Staaten 35 Schlachtfchiffe und Schlachtfreuzer mit einer Gesamttonnage von 1 150 650 Tonnen umfaffen, die Groß britanniens 31 Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer mit 883 290 Tonnen und die Japans 17 Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer mit 479 950 Tonnen. Die Vereinigten Staaten wer den nach dieser Berechnung im Jahre 1924 nicht nur die größte, sondern auch die bestarmierte und schnellste Flotte befizen. Es ist möglich, daß Großbritannien dies Berhältnis zu seinen Gunsten zu verschieben suchen wird, indem es einzelnen Kronländern die Schaffing eigener, selbständiger Kriegsflotten überrägt. In dieser Hinsicht scheint die Reichs= fonferenz ein günstiges Resultat gezeitigt zu haben, und die