Nr.538+38. Jahrgang Ausgabe B Nr. 267
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Montag, den 14. November 1921
Die Beamten gegen den Industrieraubzug.
Der Deutsche Beamtenbund teilt mit:
den Industriellen erhobenen Forderungen unbedingt ab. zulehnen. In der Entschließung der beiden Bundesvor stände, die wir bereits veröffentlicht haben, heißt es bekanntlich, die Forderungen. der Industrie ließen erkennen:
Der Deutsche Beamtenbund hat sich mit den Forderungen des Reichsverbandes der Deutschen Industrie beschäftigt und wehrt sich mit aller Entschiedenheit gegen den Bersuch, die Not des Boltes auszunuzen, um daß mit der Gewährung der Kredithilfe das Reich und damit die Reichseisenbahnen und die übrigen Reichsbetriebe, den die breiten Schichten der Bevölkerung in eine wachsende und unerwertvollsten Besitz des deutschen Boltes, in die Privathand zu trägliche Abgängigreit von den tapitalistischen bringen. Die Kreditaftion, die ursprünglich als eine patrio- Unternehmern gebracht werden sollen. tische Großtat ausgegeben wurde, soll nunmehr zur Stär. Die Kreditaktion der Industrie, die anfangs als eine nationale fung einseitiger politischer Macht benutzt wer- Tat angefündigt wurde und die auch ie Buftimmung der Gewert den. Die Sanierung der Eisenbahnen, die nötig ist, kann ohne schaften gefunden hätte, ist durch die Beschlüsse des Reichsverbandes Auslieferung der Reichseijenbahnen in die Hand des privaten der deutschen Industrie als ein neues Machtinstrument des Großfapitals bei Durchführung gesunder wirtschaftlicher organisierten Unternehmertums entlarot worden." Grundsähe erreicht werden. Mit der Eisenbahnbeamtenfchaft find auch alle anderen im Deutschen Beamtenbund organisierten Beamten darüber einig, daß dieser selbstsüchtige, mit dem Allgemeinwohl unvereinbare Verfuch der Industrie mit allen Mitteln abgewehrt werden muß.
Falsche Gerüchte.
Diese Entschließung der Gewerkschaften ist dem Reichs. fangler und dem Reichsverkehrsminister auch schriftlich über mittelt worden, und in der erwähnten Besprechung bei dem Reichstanzler hat Leipart auch mündlich die bestimmte Erwar tung ausgesprochen, daß die Reichsregierung die unerhörten Unternehmerforderungen st rifte ablehnen werde.
Einen anderen Standpunkt foll, wie wir hören, allerdings der Geschäftsführer Baltrusch von den christlichen GeGewisse interessierte Kreise verbreiten unwahre Gewertschaften eingenommen haben. Darauf ist es wohl rüchte über die Stellung der Gewerkschaften zu den vom zurückzuführen, daß das„ Berliner Tageblatt" am SonnabendReichsverband der Deutschen Industrie an die Kredit abend die Meldung brachte, ein Beschluß über den end. hilfe gefnüpften Bedingungen. So wird behauptet, der gültigen Standpunkt der Gewerkschaften liege noch nicht Bundesvorsitzende Leipart habe dem Reichskanzler gegen oor. Es fann sich hierbei nur um die christlichen Gewerküber erflärt, daß der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund Ichaften handeln, was schon daraus zu schließen ist, daß in der und auch die Sozialdemokratische Partei bereit wären, fich Meldung des„ Berliner Tageblats" von dem Ausschuß des auf eine Entstaatlichung der Reichseifenbahnen einzulassen. Deutschen Gewerkschaftsbundes", der bekanntlich nur die Das Gegenteil ist richtig. Genoffe Leipart hat den christlichen Gewerkschaften umfaßt, die Rede ist. Reichstanzler in der Besprechung am 11. d. M. darauf verBir können im übrigen nicht glauben, baß wirklich die wiesen, daß der Borstand des Allgemeinen Deutschen Gewert- chriftlichen Gewerkschaften sich in dieser für die gesamte schaftsbundes schon am 9. d. M. in llebereinstimmung mit dem deutsche Arbeiterschaft so überaus wichtigen Frage von den Borstand des Afa- Bundes einstimmig beschlossen habe, die von übrigen Gemertschaften trennen werden.
Hughes Abrüstungsrede.
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vorläufig zurüdzustellen. Da bei der Frage der Seerüstungen Staliens und Frantreichs infolge des letzten Krieges be fondere Bedingungen vorlägen, schlage er vor, auch diesen Gegenstand später zu erörtern.
Nach der Rede von Hughes, die große Bewegung hervorrief, wurde eine Abrüftungstommiffion aus den Führern der Abordnungen der fünf Großmächte gebildet; dazu treten als Bei geordnete für die Fragen des Stillen Ozeans je ein Abgeordneter der vier anderen Mächte.
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Briand spricht.
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Der Sieg der Demokratie.
Bon Rudolf Jiloog.
Die folgenden Ausführungen unferes Prager Mitarbeiters geben bie in der the cofiomatischen Sozialdemokratie vorherrschenden Auffassungen wieder. Wir verkennen dabei nicht, daß für die Ausführung der gegen den Karl- Putsch getroffenen Maßnahmen die Sorgen der Tschechoslowakei und Jugoslamiens um die Erhaltung ihres Befibftandes mindestens ebenso wirksam gewesen find wie demokratische Strömungen.
Redaktion des ,, Borwärts".
Das Gefeß über die Entthronung der Habs. burger ist vom ungarischen Parlament angenommen und tritt sofort in Kraft, Karl und Zita befinden sich schon auf dem Wege nach Madeira und die Tschechoslowakei führt soeben ihre Demoblilisierung durch. Das Spiel mit dem Feuer, welches Karl so leichtsinnig begonnen hatte, ist beendet, und es hat nicht viel gefehlt, daß aus dem Funken, den er entfachte, ein Weltbrand geworden wäre. Frei atmen alle demokratisch gesinnten Elemente Mitteleuropas auf, denn die gefährlichste Reaktion, die klerikal- monarchistische Meute der Habsburgerfreunde, erlitt eine vollständige Niederlage.
Die Reaktion ist besiegt und ein Wiederaufleben der habsburgischen Gefahr ift, hoffentlich für alle Zeiten, beseitigt. Dieser freiheitliche Erfolg ist einzig und allein dem energischen und selbstbewußten Auftreten der Kleinen Entente zu verdanten, die die Entthronung der Habsburger verlangte und sie auch troß anfänglicher ungarischer Intrigen in den Kreisen der Großen Entente durchsetzte. Die durchgeführte Mobilifie rung verlieh ihren Forderungen Kraft. Interessant ist es, daß vielfach österreichische Sozialdemokraten ein militärisches Einschreiten der Tschechoslowatet und Jugoslawiens in Ungarn nicht nur begrüßten, sondern direkt verlangten.
Die Magyaren selbst haben sich als Bortrab der Reaktion erwiesen, und es gibt gewiß feinen freiheitlich gesinnten Menschen, welcher mit ihnen fympathisiert hätte. Natürlich fondern magnarische Feudale und Rapitalisten, die nicht das ungarische Boft als Ganzes, das selbst gefnechtet ist, für die Wiedereinsetzung der Habsburger fo eifrig tätig waren. Der Kampf Horthys und der Regierung Bethlen gegen Karl einig und trachteten nur durch fluge Schachzüge ihre wahren war ein Scheinmanöver, denn im Prinzip waren alle drei Absichten zu verbergen, um gleichzeitig fich selbst retten zu tönnen, falls es fajief gehen sollte.
Nach der Rede Hardings und nach der Wahl des Staatssekretärs der Bereinigten Staaten Hughes zum ersten Vorsitzenden, ergriff dieser das Wort, um den 2 brüstungsvorschlag der Ber einigten Staaten vorzubringen und zu verteidigen. Es wäre dem Bräsidenten der Bereinigten Staaten, so führte er aus, ange nehm gewesen, alle Mächte nach Washington einzuladen, aber da die Kontrolle über die Rüstungen in den Händen der alliierten und Was wird jetzt aus Ungarn werden? Eine Monarchie unter einem Ententeprinzen als König? affoziierten Hauptmächte liege, habe man die Einladung auf diese Werden die Gruppe beschränkt und im übrigen nur die Mächte herangezogen, Wittelsbacher in Budapest ans Ruder kommen oder wird Horthy selbst die fönigliche Gewalt" an sich reißen? die an der Regelung der Frage im fernen Osten direkt beteiligt feien, alfo Belgien, holland, Portugal und China. Rede Briands und riefen wiederholt seinen Namen. Briand, magnarischen Magnaten willkommen sein, da sie sich durch Darauf verlangten die Mitglieder der Konferenz nach einer Ein Ententeprinz als magyarischer König dürfte jetzt den Ein Abrüftungsvorschlag sei an und für sich nichts Neues. Bereits der sehr überrascht schien, hielt eine Ansprache aus dem Stegreif einen folchen in ihren Hoffnungen auf die Wiedergewinnung das Manifest des ehemaligen Baren Nikolaus II . habe darauf hin und sagte barin, als Frankreich die Einladung Hardings erhalten der verlorenen Gebiete bestärkt wiffen würden. Ein Wittels gewiesen, wie gänzlich unproduktiv die übertriebenen Rüstungsaus. gaben seien. In der Tat sei bie rise in der Weltwirt. babe, habe es hier!" gerufen fowohl aus unauslöschlicher Dant. bacher als Rönig würde eine neue reaktionäre Union Ungarnfchaft zum großen Teil auf die übersteigerten Rüstungen und ihre barkeit gegenüber den Bereinigten Staaten, als auch aus persön Desterreich- Bayern bedeuten, für die sich bereits bei der KarlFolgen zurückzuführen. Die Fortdauer dieser Zustände müsse zuricher Eingebung und geleitet von dem brennenden Wunsche, bei Butsch gewisse flerifale Elemente eingesetzt haben. Ratastrophe führen. Deshalb sei es unbedingt geboten, fich in Friedens diene und geeignet sei, ihn im Rahmen des möglichen zu unterhielten während dieses Putfches rege Beziehungen zu der Lösung jeder Frage mitzuarbeiten, welche der Befestigung des Die deutschen Christlichfozialen in der Tschechoslowakei ben militärischen Rüstungen Beschränkungen aufzuerlegen. Am besten beginne man mit der Beschränkung der Seerüft undie Bereinigten Staaten Frankreich zu Hilfe geeilt mittels der österreichischen Chriftlichsozialen andererseits. Aber, einem dauernden zu machen. Briand erinnerte dann daran, daß den bayerischen Monarchisten einerseits und ver= gen, da man hier fofort und wirksam vorgehen könne. Das ba Hauptübel liege in dem Wettbewerb der verschiedenen feien und mit den Alliierten dazu beigetragen hätten, bie Unab mag was immer in Budapeit gefchehen, eine Monarchie wird Flottenbauprogramme. Diesem Zustand müsse ein hängigkeit Frankreichs zu schüßen. Da wir zufammen den krieg sich dort nicht lange halten können, denn schließlich wird und Ende gemacht werden. Das erfordere aber Opfer auf allen gewonnen haben", fagte Briand, müssen wir uns gemeinsam be- muß doch das ungarische Boit aus joiner Lethargie erwachen. mühen, den Frieden zu gewinnen". Briand fügte hinzu, daß Der Horthy- Terror wird sich nach der jetzigen Schlappe nicht Frankreich troß der ihm von der Nachbarsseite drohenden mehr lange halten fönnen und mtrb einem demokratischen Der Abrüftungsvorschlag Gefahren mit ganzem Willen und ganzem Herzen auf der Regime weichen müssen. Es scheint, daß Karolni wieder der Namens der Delegation der Bereinigten Staaten machte Hughes Ronferenz die Mittel suchen wolle, die foftspieligen Rüstungen ein- tommende Mann fein wird. Erst wenn Ungarn tatsächlich zuschränken. Frantreich habe schon viel getan; es eine demokratische Republik feln wird, hört es auf, der ewige Die beteiligten Mächte beginnen fofort mit einer Schiffsbau- werde diesen Weg bis zu Ende gehen. Besser als sonst jemand Störenfried in Mitteleuropa zu sein. Dann wird es sich auch pause, deren Dauer auf sehn Jahre festgesetzt wird. Bei An- wiffe Frankreich, was ein Krieg fofte, und es liebe daher über alles in freundschaftlicher Anlehnung an feine Nachbarn ruhig nahme des Programms feien die Vereinigten Staaten bereit, ihre den Frieden. Briand schloß seine Rebe, indem er fagte, wenn mor- politisch und wirtschaftlich entwidein tönnen. Der Sturz ber fünfzehn augenblidlich im Bau befindlichen Kriegsfiffe gen die Sicherheit Frankreichs wiederhergestellt sei, werde es bereit jeßigen Regierung und die Einführung einer demokratischen fein, zu sagen: Die Waffen nieder!" Regierungsform in Ungarn mar in den Tagen, da es hieß, Großbritannien, die Vereinigten Staaten und Japan werden Nach Briand( prachen die Bertreter Japans, Italiens, Bel. die Tschechoslowakei und Jugoslawien werden gegen Budapest marschieren, auch wirklich beabsichtigt. fünftig insgesamt sechsundfechzig Großlampfschiffe mit einem Ge- giens, Chinas, Hollands und Portugals, famttonnengehalt von 1878 043 Tonnen aus der Lifte der Kriegsfchiffe ftreichen; davon entfallen auf die Bereinigten Staaten 845 740 Tonnen, auf Großbritannien 583 375 Tonnen und auf Japan 448 928 Tonnen.
Seiten.
darauf folgende Borschläge:
Großbritannien wird also 22 Großtampffchiffe( 604 450 Tonnen), 2 merita 18( 500 650 Tonnen) und Japan 10 ( 299 600 Tonnen) behalten.
Für diese Schiffe dürfen innerhalb zehn Jahren teine Erfahbauten vorgenommen werden. Nach Ablauf dieser zehn Jahre foll für die Flottenstärte eine Grundlage von je 500 000 Tonnen für England und die Bereinigten Staaten und von 300 000 Tonnen für Japan gelten.
Im weiteren Verlauf seiner Rede schlug Hughes vor, sofort in Die Erörterung ber Abrüstungsfrage einzutreten und bie Frage bes Stillen Ozeans und fernen Oftens demgegenüber
Beratungen.
Die englischen Marinesachverständigen find am Sonnabend nachmittag zu Beratungen über Hughes' Borschläge zu fammengetreten. Auch die japanischen Sachverständigen traten in Erörterungen über den amerikanischen Blan ein.
Damit fünftig alle Bersuche der Reaktionäre im Reime erstickt werden, ist es nötig, baß sich alle demokratischen Ele mente aller Staaten Mitteleuropas einander nähern. Aufrichtung und Erhaltung von Demokratien in ganz MittelDie europa ist ein vitales Interesse der tschechoslowakischen Republit, welche gewiß alle zu biefem Biele führenden Bestrebungen begrüßen und, foweit es möglich ist, unterstützen wird. Bahlreich find die Rommentare, die sich mit der angeblichen Die beste Stüße der Demokratie ist jedoch die Arbeiterschaft. Haltung der englischen und japanischen Delegierten zu den unerwar. Die Bourgeoisie ist überall mehr oder meniger reaftionär, und tet weitgehenden Borschlägen Ameritas befaffen. Auf beiden Eeiten es tam feit jeher nur der Arbeiterschaft die Aufgabe zu, die soll man entzüdt sein. Aber in welcher Situation ist ein Diplomat Demokratie gegen alle Angriffe zu schützen. einem Breffevertreter gegenüber nicht entzüdt? Bon Interesse ist lediglich die Meldung, daß England und Japan voraussichtlich in der nächsten Sigung, die am Dienstag stattfindet, die Bedin gungen vortragen werden, unter denen sie bereit sind, dem ameri tanischen Borschlag näherzutreten.
Aus diesem
Grunde sollten die sozialistischen Parteien speziell in den von der Reaktion bedrohten Staaten in eine engere Fühlung als bisher zueinander treten, um im Notfalle auch eine„ fozialiftische Entente" gegen die Reaktionäre zu bilden. Die Bour geoisie ist zwar in den letzten zwei Jahren in allen Staaten