Nr.339+ 38. Jahrgang Ausgabe A nr. 272
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Dienstag, den 15. November 1921
Vorwärts- Verlag G.m.b.H. , SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Abteilung Morisplay 11753-54 Verlag, Expedition und Inseraten.
Der Zentralbetriebsrat bei General Nollet.
Die Arbeitnehmer haben ihre weitere Haltung davon abhängig gemacht, ob durch die Botschafterkonferenz die baldige Rüdnahme der Noten erfolgt.
Der Gewaltakt gegen die Deutschen Werke. In einem Bericht des Werkes Wolfgang bei Hanau an die Wie wir bereits furz meldeten, fanden gestern zwischen den Hauptverwaltung der Deutschen Werte A.-G." in Berlin über den Bertretern des Gesamtbetriebsrates des Werkes Spandau der Deut- Fortgang der von der Interalliierten Militärtontrollfommission an schen Werte unter Führung des Vorsitzenden Cued im Auftrage der geordneten Zerstörungsarbeiten heißt es, der TU. zufolge, u. a.: deutschen Arbeiterschaft mit General Nollet Verhandlungen statt. ,, Wir hatten heute den Besuch des Kommandanten Gosse von Bei der Besprechung war auch General Bingham zugegen. In der Interalliierten Kontrollkommission, Frankfurt a. M., und der der mehrstündigen Besprechung begründete der Vorsitzende des Ge- Herren Ferrari ( von BLMG. in Berlin ) und Herrn Jadoul famtbetriebsrates die Forderungen der Arbeitnehmer, die auf 3 u-( BLMC.) in Frankfurt ). Die Herren bemerkten, unter ausdrücklicher rückziehung der seit September 1921 gegen die Deutschen Werte Betonung, daß sie nicht in der Lage seien, an den Vorschriften der erlaffenen Noten abziellen. Die Vertreter der Arbeitnehmerschaft Interalliierten Militärtontrolitommission etwas zu ändern, daß aber ließen teinen 3 weifel darüber, daß sie auf Erfüllung ihrer die erfolgte bzw. angeordnete Zerstörung viel zu weitgehend sei. BeForderungen bestehen würden. General Nollet erklärte, daß er die züglich der Kapselgebläse, die auf Anordnung des Herrn Goffe zer von den Arbeitnehmervertretern gegen die Ententemaßnahmen vor- stört werden müßten, meinte Herr, Ferrari , daß diefe so gut wie in gebrachten Gründe für Aufhebung der Noten durchaus jeder anderen Gießerei in Italien sehr gut hätten verwendet werden würdige. fönnen. Die Zerstörungen, soweit dagegen Einspruch nicht er hoben ist, sind auch in den letzten Wochen fortgelegt worden. Bei den Prüfungen der darüber hergestellten Berzeichnisse bemerkte Herr Goffe in vielen Fällen, daß Bernichtung, wenn auch wesent ficher Teile einer Maschine, einer Zerstörung der ganzen Maschine nicht gleich zu achten sei. Es find deshalb bei einer Reihe von Maschinen( die Eisenteile sollen stückweise zerschnitten, sämtliche Bahnräder zerschlagen werden), Racharbeiten nötig. Diese neuerliche Stellungnahme entspricht nicht der früheren, von Herrn Goffe gegebenen Borschrift, nämlich zur Beschleunigung der Zerstörung nur die wesentlichen Teile zu vernichten. Es ist überhaupt bemertenswert, daß Herr Gosse, im Biderspruch zu feiner sonstigen Schärfe, bei feinen Vorschriften nicht klar und tonsequent ist, indem er einmal gestattet, daß eine Maschine erhalten bleibt, das nächste Mal deren 3erstörung verlangt, unter ausdrücklicher Genehmigung, daß die Bernichtung der wesentlichen Teile genügt, beim nächsten Mal aber diese Zerstörung als nicht weitgehend genug bezeichnet. Aus dem Schreiben der Interalliierten Militär. kontrollkommission vom 22. d. M. ergibt sich ferner, daß die Interalliierte Militärkontrollkommiffion die Fortsetzung der Waggon. unb Lokomotivreparatur von ihrem jederzeit beliebigen Widerruf abhängig macht. Die gestrige Aeußerung, wir fönnten auf unserem Grundstück feinetwegen Kartoffeln bauen, wurde heute in Beugengegenwart von Herrn Gosse bei einer mehr allgemeinen Unterhaltung nochmals wiederholt."
Die Note der Reichsregierung über die Deutschen Werte ist dem Vertreter der französischen Regierung am Sonntag in Berlin überreicht worden. Da anzunehmen ist, daß die Note im Laufe des Montags in den Besitz der französischen Regierung gelangte, fann mit ihrer Veröffentlichung am Dienstag gerechnet werden.
Gegen Malzahns Arbeiterverrat. Erfurt , 14. November. ( BTB.) Die Gesamtbelegschaft der Deutschen Werte A.-G. Bert Erfurt protestiert in einer Entfchließung gegen die Erklärungen des Reichstagsabgeordneten Malzahn in der Reichstagssigung vom 10. November d. J. Es sei unwahr, daß im Wert Erfurt jetzt oder nach Ausbruch der Revolution jemals Maschinengewehre angefertigt worden feien. Unwahr sei es auch, daß in derselben Zeit überhaupt eine Patrone hergestellt worden sei. Am Schlusse der Entschließung heißt es: Der Gesamtbetriebsrat bittet den Reichstag , den Abgeordneten Malzahn zu veranlassen, seine unwahren Behauptungen zu widerrufen.
Henderson gegen den Alliiertenvertrag
Condon, 14. November. ( WTB.) In einer Rede in Liverpool | erklärte Henderson, die englische Arbeiterschaft sei der Ansicht, Deutschland müffe bestimmte gerechte Reparationen leisten. Die Verminderung der Produktionskraft Deutschlands durch die Teilung Oberschlesiens mache dies jedoch unmöglich. Die englischen Arbeiter verurteilten die wirtschaftlichen Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages und seien der Ansicht, daß die auferlegten Bedingungen die Wiederherstellung des wirtschaftlichen Lebens in Deutschland verhinderten.
In einer Rede in Newcastle erklärte Ramsay Macdonald , die Washingtoner Konferenz sei eine Wiederholung der Haager Konferenz, und wenn man fich nicht aufraffe, so werde man einen neuen schredlichen Krieg haben, der noch zerstörender und ebenso finnlos
fein werde wie der lehte.
Die Hughesbombe.
Washington , 14. November. ( WTB.) Offiziell wird angekündigt, daß morgen auf der Konferenz Balfour im Prinzip den ameritanischen Borschlag, betreffend die Begrenzung der Rüstungen zur See, annehmen wird.
Paris , 14. November. ( WTB.) Nach einer Meldung des New Dort Herald" aus Tokio sieht das japanische Budget für das tom mende Jahr im Abschnitt für das Heer eine Herabsehung von 273 Millionen auf 253 Millionen, für die Flotte eine solche von 490 auf 394 Millionen Ven vor.
Nordamerika und der Marksturz. meldet: Führende amerikanische Finanzleute haben an den Senat Paris , 14. november.( DA.) Die hiesige Chicago Tribune" und die Regierung eine Eingabe gerichtet, in der angesichts des rapiden Sturzes der deutschen Mart das Ersuchen gestellt wird, auf der Washingtoner Konferenz die Finanzfrage und die Konsolidierung der Markwährung zur fofortigen Beratung zu stellen.
New York , 13. November.( WIB. Funtspruch.) New York Times " meldet aus Washington : Als die Abrüstungsfonferenz fich am Sonnabend vertagte, war die allgemeine Ansicht, Hughes Vor- New- Bort, 13. November. ( WTB.- Funtspruch.) ,, Associated Pres" schlag bezüglich der Einschränkung der Flottenrüstungen wirte wie meldet aus Washington : Die Veröffentlichung der Friedensprofla eine Bombe. Die Marinesachverständigen nahmen ihn aber mation wird für Anfang nächster Woche erwartet. Es wird beruhig auf, Admiral Rato, das Haupt der japanischen Delegation, hauptet, Amerifa würde bereit sein, Borschläge Deutschlands ent. fagte: Der Vorschlag ist der konkretefte und logischeste Antrag, den gegenzunehmen, durch welche der Handelsvertrag von 1913 erfekt ich jemals gehört habe. Ob er unmittelbar in die Braris umgefeht wird. werden tann, muß geprüft werden. New York Tribune " schreibt: Hughes packte den Stier fühn bei den Hörnern. Hughes' Borschlag ift Ameritas bemerkenswerter Beitrag zu einem Erfolg der Konferenz. Sind Großbritannien und Japan geneigt, einen ähnlichen Beitrag zu leiften? Werden sie vielleicht sogar veranlaßt werden,
mehr zu bieten?
"
Washington , 14. November.( DA.) Briand und Bipiani hatten mit Senator Lodge in seiner Wohnung eine einstündige Besprechung. Biviani fagte nachher, die Ronfere zarbeiten würden schnell zu Ende geführt, die Hauptfragen bis zum 15. Dezember geregelt sein. Die Ausarbeitung der Einzelheiten überlasse man dann der Sachver ftändigentommiffion. Aehnlich äußerte sich Balfour gegenüber Journalisten. Er sagte u. a.: Ich bin der Auffassung, die Konferenz entspricht den Wünschen der ganzen Welt, und ich hoffe daher, daß sie sich nicht, wie die Amerikaner anfündigen, monatelang hinziehen wird. Es liegt gar fein Grund vor, warum biese Konferenz ebenso lange bauern soll wie die Parifer Friedenskonferenz."
Der Saarbrückener Konflikt. ausichuß der Saarregierung hat auf Grund des§. 53 Abjatz II des Saarbrüden, 14. November. ( MIB.) Der VerwaltungsGesetzes über die allgemeine Candesverwaltung in Preußen vom 30. Juli 1883 bestimmt, daß den Gemeindebeamten ihre Bezüge in brüdener Einwohner nur Marteinkommen haben, also auch nur in Franken ausgezahlt werden müssen! Da drei Biertel der SaarMark Steuern, Gas, Wasser und Strom bezahlen können, ist nicht abzusehen, wie die Stadt diesen Befehl ausführen soll.
Ing. Martin Wagner.
der
In der demnächst erscheinenden Nummer Sozialen Bauwirtschaft" berichtet Dr. Wagner als Teilnehmer an den bisherigen Berhandlungen zwischen den deutschen und französischen Organisationen über den Wiederaufbau. Wir geben diesen Bericht verfürzt wieder. Boran liegt es, daß der Wiederaufbau von Nordfrankreich fo geringe Fortschritte macht?
den Franzosen die heftigsten Vorwürfe darüber zu machen. Jenseits der französischen Grenze ist man zu leicht geneigt, Man glaubt, daß Amerika und Deutschland , die Länder der modernen Organisation, ganz andere Erfolge in fürzerer Zeit erreicht hätten. Diese Kritiker vergessen aber, daß die zerstörten Gebiete nicht in Amerifa, auch nicht in Deutschland , fondern in Nordfrankreich liegen und den französischen Gesetzen und der französischen Gefühlsmelt unterstehen. Hinzu kommt, daß die französischen Hilfsquellen, die verfügbaren Arbeitskräfte und Materialien gar nicht ausreichen, um das Riefenwert des Wiederaufbaues in fürzester Frist durchzuführen.
Wenn man den Franzosen einen Vorwurf in der Wiederaufbaufrage machen will, dann fann es nur der sein, daß sie ihre ganze Politik auf die Hilfe anderer Nationen nicht eingestellt und daß sie den organisatorischen Rahmen für den Wiederaufbau zu eng auf die eigenen Hilfskräfte zugeschnitten haben. Jebenfalls sind auch heute noch die gesetzlichen wie verwaltungstechnischen Grundlagen für eine internationale Wiederaufbauhiife nicht förderlich.
Liest man den Bericht der franzöfifchen Gewerkschaften, dann ist man erstaunt zu hören, mit welchen Reibungsflächen der von den Franzosen geschaffene Wiederaufbauapparat arbeitet. Der ſtart, zentralistisch aufgezogene Apparat bringt es mit fich, daß, wie die Geschädigten berichten, die Wiederaufbauarbeiten oft eingestellt werden mußten, weil die 3 a h- Iungen des Staates ins Stoden gerieten. Dadurch fonnten in Nordfrankreich bisher nur die fapitalträftigen oder kreditwürdigen Bersonen die zerstörtén Gebäude wieder aufbauen Es ist also in erster Linie die unzureichende Lösung des Finanzproblems, die bisher eine erfolgreiche Arbeit verhindert hat. Inwieweit das Schlagwort: Die Deutschen müssen zahlen", den Wiederaufbau behindert hat, wollen wir ganz dahingestellt sein lassen.
In zweiter Linie ist es der Mangel an Material und die Preisgestaltung der Baustoffe, die den Wiederaufbau verhindert haben. Die Denkschrift der fran zösischen Gewerkschaften berichtet, daß die Baustofffpetulanten und die Baustoffhändler, durch hohe Zölle gegen die Einfuhr ausländischer Baustoffe geschüßt, ein Baustoffmonopol in der hand haben, das sie zu privatem Nuken nur allzuoft und allzu reichlich ausnuten. Während die Arbeitslöhne nur auf das 4,8fache gestiegen sind, sollen die Materialpreise das 7. bis 10fache des Friedenspreises erreicht haben. Man geht sogar soweit, Baustoffe zurückzuhalten, um eine günstigere Preissteigerung zu erreichen.
Ebenso wie das privatkapitalistische Bu ftoffgewerbe arbeitet das private Bauunternehmertum. Wir hören, daß die privaten Bauunternehmer 80 bis 100 Broz. Gewinnaufschlag auf die Arbeiter. löhne verbuchen. Wir wissen nicht, ob der obige Gewinn die Ausnahme oder die Regel bildet. Sicher ist aber, daß es den " toten Bone" äußerst erschwert ist, zuverlässige Kalkulationen privaten Unternehmern in der Döllig zerstörten sogenannten aufzustellen. Die Folge ist, daß jeder Unternehmer in seine Kaltulationen einen besonders hohen Risikoaufschlag hineinrechnet, um jeden Schaden abdecken zu können.
Es ist einleuchtend, daß diese Widerstände, die sich dem erfolgreichen Wiederaufbau der zerstörten Gebiete entgegenstellen, in den Kreisen der Geschädigten große Enttäufchungen und Verstimmungen ausgelöst haben. In den primitivsten Wellblech- und Holzbaracen untergebracht, harren die Geschädigten schon seit Jahren sowohl auf Die endgültige Festsetzung der Entschädigungssumme als auch auf Arbeitskräfte und auf Baustoffe, die sie unter den heutigen Berhältnissen mit der ihnen zugebilligten Entschädigungsginnen sich darum die Geschädiaten zu Genossenschaften fumme nicht beschaffen tönnen. In wachsendem Maße be
fammenzuschließen, um die Selbsthilfe, aber auch die Oppo= fitibn gegen Staat, Behörde, Unternehmer- und Händlertum Wiederaufbau- Broblems traten die Organisationen au organisieren. In diesem Stadium der Entwicklung des der französischen Hand- und Kopfarbeiter ( Confédération générale du travail und Ustica) auf den Plan und faßten den Beschluß, die internationale Hilfe, als den einzig möglichen Ausweg aus der Not ihres Landes, zu organisieren.
400 Millionen Mark für Oppau. Ludwigshafen, 14. November .( Mtb.) Die für die Ver- In der richtigen Erkenntnis, daß die Annäherung der unglüdten in Oppau von den verschiedenen Organisationen und Be- Intereffen Frankreichs und Deutschlands erfolgreicher auf zuhörden eingeleiteten Sammlungen, einschließlich der Sammlungen nächst schmaler Basis zu erreichen sei, wurde von den beder Zeitungen, haben bisher den Gesamtbetrag von 400 millio- teiligten Organisationen Frankreichs zunächst der Plan er nen mart ergeben.
örtert, einen fleinen Abschnitt des zerstörten Gebietes