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Lohnkämpfe in Italien   getreten sind, in folgender Weise: diese Kämpfe gehen heute nicht von der Arbeiterschaft, sondern vom Unternehmertum aus, sie zielen nur scheinbar auf die Löhne, ihr wirkliches Ziel ist die gewerkschaftliche Organi» sation, der die Unternehmer an den Kragen wollen: sie setzen überall mit einem starken Prozentsatz von Streikbrechern ein. Unter diesen Umständen war es nötig, eine andere Taktik der Abwehr zu finden, als die des Streiks: aus diesen Erwägungen entstand die Kampagne für die Erhebung über die Finanzlage der verschiedenen In-- dustrien. Die Entschließung, die das Verharren bei der bis heute von der Konföderation eingehaltenen Taktik bestätigte, erhielt, wie vorauszusehen war, eine ungeheure Mehrheit, nämlich 1 426 521 Stimmen, gegen 415 712 kommunistische Stimmen, bei 18 006 Stimmenthaltungen. Angenommen wurde auch ein kommunistischer Zusatzantrag, der ziemlich zweischneidig ist: er macht nämlich allen Gewerk- schaftsmitgliedern die strengste Disziplin aufgewerkschaft» lichem Gebiet" zur Pflicht, was der Antragsteller ausdrücklich in dem Sinne verstanden sehen wollte, daß für die p o l i- tische Aktion volle Freiheit herrschen soll. Hier liegt der Kern zu einem ewigen Zwist, denn sobald den kom- munistischen Mitgliedern der Konföderation der Arbeit irgend- ein taktisches Verhalten, das die Konföderation vorschreibt, unbequem sein sollte, werden sie sofort bei der Hand sein, die betreffende Aktion als politisch, nicht gewerkschaftlich, hinzu- stellen und für sich volle Bewegungsfreiheit zu fordern. Was die Abstimmung betrifft, so haben die Kommunisten seit dem Gewerkschaftskongreß von Livorno   im Februar dieses Jahres 2713 Stimmen eingebüßt, die Sozialisten 71295 Stimmen gewonnen. Noch wichtiger als diese Feststellung, die im Grunde dar- auf hinausläuft, den reformistischen Führern der italienischen   Gewerkschaftsbewegung das Vertrauen der organisierten Arbeiterschaft zu bestätigen, das die Kommunisten systematisch zu erschüttern suchen, ist das Votum über das Verbleiben deritalie- nischen Gewerkschaftszentrale in der Inter  - nationale von Amsterdam  , die noch vor einem Jahre als diegelbe Internationale" in unseren maximalisti- schen Parteikreisen verschrien war. Solange die sozialistische Partei ganz unter dem Einfluß Moskaus   stand, war es der Konföderation der Arbeit schwer. sich entschieden für Amsterdam   zu erklären, obwohl sie sich der Schattenhaftigkeit der Gewerkschaftsbewegung der Moskauer Internationale sehr gut bewußt war. Trotzdem hat auch in der Zeit der Hochflut des Maximalismus in Italien   die Kön- fäderation sich nicht zu dem ihr von der Partei nahegelegten Austritt aus der Amsterdamer Internationale bewegen lassen. welcher Austritt die Zersplitterung der italienischen   Gewerk- schaftsbewegung zur Folge gehabt hätte, da alle inter- nati onal organisierten Zentralverbände Italiens   der Amsterdamer Internationale angeschlossen sind. Die Zentralverbände hätten also wählen müssen zwischen ihrer internationalen Zentrale und ihrer Landeszentrale. Die Kommunisten bekämpften die Entscheidung für Amsterdam   nur, indem sie den Nationalrat für inkompetent erklärten, und die Frage vor den Kongreß bringen wollten. Ihre Auffassung drang nicht durch, da es sich gar nicht um eine Entscheidung handelte, sondern um Durchführung eines Kongreßbeschlusses. Interessant ist, daß Losowsky in Moskau  der italienischen   Konföderation ihr Bündnis mit der fozialisti- sehen Partei weiter zuerlauben" bereit war. Interessant ist weiter, daß der Gewerkschaftskongreß, der diesen Sommer die roten Gewerkschaften in M o s k a u vereinigte, durch seine Be- schlckung mit lauter Minderheiten der Gewerkschaftsbewegung der großen Länder und durch die dadurch verhältnismäßig große Zabl der anarchistischen und syndikalistischen Organi- sationen in dem italienischen   Delegierten denEindruckder u n g c h e u erlichsten Konfusion hinterlassen hat.
Lotteriespkel. Konzert-Umschau von Kurt Singer  . Alke Monate einmal gehen wir suchen nach dem großen Un» bekannten, der das Zeug hat, uns mehr zu sagen und zu geben, als die vielen gerühmten Namen der vorübergehend Unsterblichen. Aber nur ganz selten wird in dieser Zufallslotterie das große Los gezogen. Auch die verflossene Woche war unfruchtbar, und stärker als je drängte sich die Sinnlosigkeit des sich verzettelnden Berliner  Musik-Budenzaubcrs auf. Und die vielen, die immer draußen stehen, mögen beruhigt sein: auch am Panzer jener Musikmatadore und klischierten Größen ist nicht alles Gold, was glänzt. Die große Offenbarung kommt sicherer von den wenigen Stillen, Ergriffenen, zeitlos und gegen die Massen schaffenden Meistern, die Musik als Religion, Glauben, Gottgefühl in sich trugen. Immer wieder wollen wir, wenn von der großen Kunst, von Feiertagen der Musik ge- sprochen wird, an Bruckner   denken. Langsam wird der Interpret seiner Werke Nebensache, wenn er nur nicht deutelt und geheimnis- voll tut. Furtwängler, Wölfs, Scheinpflug: alle fangen ihn an zu lieben. Den Vruckner-Gläubigen aber, die schon lange mit Herz und Seele ihm verschrieben sind, sei als bisher schönstes Vermächtnis seiner Gemeinde, als wundervoll tönendes Erlebnis der Bruckner- Seele, als tiefsinnigste, als Musikanalyse der Noten in die Tiefe dringende Erkenntnis seines Ewigkeitswertes und Welteinflusses die Bruckner  -Pjychographie Erich Schwebsch' ans Herz gelegt (Stuttgart  , VerlagDer kommende Tag"). Wie es in das Herz hineinklingt, so wird es hcrausklingcn. Höret nur und glaubet nur! Bruckner   wird der große Führer und Erlöser deutscher Musik wer- den, und seine Saiten, rein wie die der Majestät Bach, tönen Liebe im Erklingen für den, der ehrfurchtsvoll naht. Segen ruht auf dem Volk, das ihn erlebt. Und vor den Alltag stellt sich, als Vorahnung der Bußtags- stimmung, die H-Moll-Messe Bachs, das einsamste und größte Wahrzeichen deutscher Musikkultur, die dogmen- und kon- fessionslo'este Messe des frommen Protestanten, ohne jeden inneren Riß zwischen Messentext und gestaltendem Geist(wie ihn etwa Beethovens Wundermesse zeigt). Die H-Moll-Messe ist(wie die Bruckncrsche G-Moll-Messe) Entrückung aus der Weltlichkcit in das Reich tiefster Gefühle, ist Objektivierung des Glaubens in der Form reiner Musik. Der Genius zweier Jahrtausende rauscht flüqel» schlagend vorüber. Der Mensch in seinen Aengsten, Leidenschaften, Energien und Kämpfen scheint ausgeschaltet; fühlbar, sichtbar bleibt nur die gottgesegnete Geste des Beters, des Sünders, des Staub.  geborenen, der an den Stufen des Himmels kauert. Die fast strich- lose Ausführung unter Siegfried Ochs   ist das Resultat einer lang- jährigen Denk- und Erziehungsarbeit, ist, bei der allmählichen Ver- flachung sonstiger Chorleistungen, ein historisches Meisterstück. Das Allerletzte an Kraft, Ausdruck, Vcrhaltenheit zwingt Ochs seinem 5)ochschulchor ab, und selbst das Hausorchester der Schüler zeigt sich trotz technischer Entgleisungen schon im Bach-Stil heimisch. Das Solistenquartett Leonhard, Philipp!, Wilde, Nißen verstärkte den großen Eindruck der Messe. Im ersten Scheinpflug-Konzert sang Richard Tauber  
So bedeutet die Tagung von Verona  , zu der die Mos- kauer Eewerkfchaftsexekutive eigentlich einen Gesandten hatte schicken wollen, der aber aus unbekannten Gründen nicht ein- getroffen ist, eine Etappe auf dem Wege des Abbaus des kommuniftijchenEinflusfesunterdemitalie- nischen Proletariat. Der Abbau hat in Livorno   be- gönnen. Vergebens versucht Moskau  , ihn bald durch Strenge, bald durch Nachgeben auszuhalten. Er ist unaufhaltsam.
Man so üuhn... Tie KPT- auf dem Wege zum Opportunismus. Wir wiesen jüngst auf die talmudistischen Haarspaltereien der Roten Fahne" hin, die in ellenlangen Ausführungen die Unter» stlltzung der rein sozialistischen Regierungen Sachsens   und Thüringens  durch die Kommunisten als revolutionäre Taktik verteidigte und dabei abwechselnd von der Notwendigkeit sprach, dieseSchutzwlllle der Bourgeoisie" durch Volksaufstände zu stürzen, um gleich daraus die parlamentarische Unterstützung anzuempfehlen. Diese Erziehung der Arbeitermassen zum höheren Blödsinn setzt jetzt die kommunistische Zentrale durch ein nicht minder umfang- reiches Exposezur politischen Lage und zur Politik der Partei" fort. Die Zentrale scheint keinen leichten Stand zu haben. Sie muß sich gegeneinzelne Genossen" verteidigen, die ihr die Beteiligung an der Protestdemonstration des 31. August verübeln, weil diese Bewegung die Partei nichts angegangen habe! Dann kommt wieder die gefährliche Klippe der Unterstützung rein sozialistischer Regierun- gen. Man höre diesmal und staune: In Fällen, wo die Kommunistische Partei   Gesehen zustimmt. die sie bekämpft, um den bürgerlichen Parteien nicht Gelegenheit zum Sturz einer Regierung zu geben in einer Lage, die für die Kommunisten nicht erwünscht ist, fällt die volle Berantmor- t u n g dafür auf die sozialistischen   Parteien, in solchen Fällen muß der Kamps gegen das betreffende Gesetz in den Äkasjen energisch weitergesührl werden. Diese Taktik bedeutet, ins Deutsche übersetzt: die Kommunisten bekämpfen eine Gesetzesvorlage, stimmen ihr aber zu, um die sozialistische Regierung nicht zu stürzen. Nachdem mit ihrer, der K o m m u n i st e n. Hilfe die Vorlage nunmehr Gesetz g e» worden ist, führen sie den Kampf gegen das von ihnen selbst geschossene Gesetzin den Massen energisch weiter". Kann man sich eine größere Hanswurstiade vorstellen l Und für diese akrobatischen Gliederverrenkungen der KPD  - sollen die Sozialdcmo» traten dieVerantwortung" tragen. Nein, das ist zuviel verlangt. Wir, die wir uns täglich unserenOpportunismus" von den Kom- munisten um die Ohren hauen lassen müssen, haben doch solch ein opportunistisches Kunststück noch nicht zuwege gebracht, daß wir ein Gesetz, das wir bekämpften, angenommen, nach der Annahme aber den Massenkampf dagegen entfesselt hätten! Wir können nur wieder feststellen, daß man sich Im kommunistischen   Lager der Sprache des höheren Blödsinns bedienen muß, um eine leidlich vernünftige Haltung zu rechtfertigen. Die KPD. bemäntelt ihren Opportunismus nicht mit radikalen Phrasen, sondern- mit absolutem Unsinn, den der Arbeiter nicht verstehen soll, damit er ihn für der Weisheit letzten Schluß halte. Als die nächsten großen Aufgaben der Partei bezeichnet dann die Zentrale folgendes: 1. Die Ausdehnung und Zusammenfassung der Wirtschaft» lichen Kämpfe(Lohntämpfe). 2. Der Kampf um die Steuern, in deren Mittelpunkt die Erfassung der Goldwert« unter Arbeiterkontrolle steht. 3. Eine umfassende' Kampagne zur Verhinderimg der Stinncs-Koalition im Reiche. Auch dieses Programm atmet den Geist des Opportunis» m u s. Es ist bezeichnend, daß die KPD  . jetzt ihr warmes Herz für die Erfassung der Goldwerte entdeckt hat, die sie zunächst al» Schwindel und' Bluff abzutun suchte, als sie von einem sozialistischen   Minister zur Programmforderung erhoben wurde. Stimmt die KPD  . nun der Erfassung der Goldwerte nur zu, um dos Kabinett W i r t h nicht zu gefährden, und will sie hinterher den Massenkampf dagegen entfesseln, oder ist es ihr dies» mal ernst?
aus Dresden   mit gewinnendem Ausdruck Mozart-Arien. Eine Na- vität von Kunfemüller Interessiert, weil man den Komponisten als moderne Begabung schätzte.(Er starb leider im Krieg.) Ein Reger-Schüler? Die Serenade op. 9 weiß davon nichts. Eine kleine, allzu lange, mit kargen Einfällen, niedlichen und sauberen Instrumentalscherzen geschmückte Orchesterarbeit leichtester Form, bürgerliche Unterhaltung, die auch dem Spießbürger gefallen mag. Scheinpflua hat sich in Duisburg   nicht verändert, er ist der sichere, solide, ein bißchen trockene Stabführer geblieben. Und sein Publikum ist ihm in Begeisterung treu. Lola Mysz-Gmeiner schien am Ende ihrer Singekunst an- gelangt. Nun offenbart sie eine zweite Jugend, die schöne Stimm« hat' wieder neuen Schmelz, neue Kraft, und die Gestaltung des Textfinncs hat in nichts gelitten. Interessant die Rcichardtfchcn Kompositionen auf Goethesche Texte: diese Balladen sind nun alle tot, nachdem Schubert. Mozart und andere sie genial umspielt haben. Wie banal dünkt es uns heute, den Erlkönig strophenweis zu ver- tonen! Der Begleiter Vollerthun möge im Anschlag nicht mehr voller tu». Zu Schubert oer'ucht Johannes Beiden vortragsmäßig hin- zuleiten. Spricht die Musik nicht allein? Nun, manch kluges Wort und manche psychologische Feinheit im Sezieren der Müllerlieder, im Erklärungsversuch genialen Schaffens klang durch. Doch dürfte gerade das interpretierte Forellen-Ouintett(und etwa das B-Dur- Trio) die Ansicht widerlegen, daß Schuberts   letzte musikalische Kraft innere Resignation bedeutete. Mit Verlaub: Wiener Luft und Wiener Ländler oerträgt so etwas nicht. Charlotte Kaufmann illustrierte das Gesprochene geschickt am Klavier. Luise Hoch spricht italienisch sehr scharf und sehr angelernt: man sollte ihr ein Billett zu Battistini   schenken. Ihr Alt klingt in der Tiefe verbraucht und rauh; doch ist sie eine kluge Gcstalterin, die charakteristische Linien zeichnet und sich für neue Begabungen(Edmund Schröder) nach- drücklich einsetzt. Elisa S t ü n z n e r soll begrüßt sein: Zwar fehlt ihr die tiefste religiöse Anteilnahme an Wolfs  schlafendem Jesuskind", doch streichelt sich der seine Sopran mit Drahms-Liedern lieblick ins Herz hinein. Don zartem Reiz und gesunder Schulung ist auch der Sopran von Frau v. S t o s ch- Hoyer. Arthur Wolif begleitet sie dezent: gegen einen Flügel, der aus dem Arsenal   der Steinzeit, nicht des Steinwegs stammt, kämpft auch er vergeblich. Und Alfred L i ch t e n st e i n flötet dazu höchst virtuos, leidlich seelenvoll auf einer ganz und gar goldenen Flöte eine langatmige Sonnte. Ein weniger kostbares Instrument gab früher mehr tonliche Kostbarkeit her. Es ist nicht alles Talmi, was glanz'os ist. Aber Hinze- R e i n h o l d s akademisch-korrektes Bach-Spiel ist auch noch lange nicht Gold, nur weil es glanzlos wirkt. Bleiben die richtigen Nieten: des Sängers Höflichkeit verschweigt ihre Namen.
Deutsches Thealer. Am Bußtaa im Deutschen Theater St r i n d- b e r g sO st e r f p i e das mit Freude und Helligkeit endet, weil es dem lieben Gott zufällig beliebt, die Kümmernisse der Menschen zum Guten zu wenden. DiesesOsterspiel" ist ein Stück von der Strindbergischen Gottesbekehrung. Leugnen und Ecldmachen liehen den Seligkeitsjuchcr leer und er klammerte sich an den Himmel und das Dogma, indem er reuig zum Kreuze heranrutschte. Es ist zwei Akte lang ein Stück grau in grau, in dem die Liebenden sich hassen, in dem nur die Kinder da» gesunde Gefühl der Zärtlichkeit finden.
Dänische Kulturarbeit. Wenn wir an Grenzlandpropaganda denken, so geschieht das nicht mit den besten Gefühlen. Der Abstimmungskampf in Oberschlesien   ist in junger Erinnerung. Die Formen, die er annahm, waren nicht immer erquicklich. Ebenso wenig er- freulich ist der Werbefeldzug, den Frankreich   im Saargebiet treibt. Marktschreierische Methoden und Gewalt sind die Hilfsmittel, deren man sich vorzüglich bedient. Tatsächliche, aufbauende Werte werden kaum geschaffen. Ist unsere Kultur soweit gesunken, daß sie einen rein geistigen Kampf nicht mehr mit geistigen Mitteln zu führen vermag? Die Kulturarbeit der Dänen im deutschdänischen Grenz- gebiet gibt auf diese Frage Antwort. Dänemark   hat in Schleswig   keine Politik der großen Worte getrieben. Aber in stiller zäher Tat hat es eine Aufbauarbeit geleistet, die ver- dient, in der Oeffentlichkeit bekannt zu werden. Gleich nach der Abstimmung begann es, die dänischen Bodengesetze, die das Kleinbauerntum in den Vordergrund der Bodenpolitik stellen, auf die neuen Gebiete auszudehnen. Die Hand» w e r k e r, die unter der Herrschaft des ehemaligen Königtums Preußen eines festen Zusammenschlusses ermangelten, wurden in Vereine zusammengeschlossen, die neben Interessenvertretung praktische Ausbildung und Beratung bezwecken. In ganz anderer Weife als unter der altpreußischen Verwaltung werden den Handeltreibenden, Handwerkern, Landleuten, Arbeitern, Fischern usw. K r e d i t e zur Verfügung gestellt. Für Ausbau und Herstellung der Verkehrswege sind im Etat 1920 29 Millionen Kronen, für weitere 11 Jahre 12 Millionen Kronen angesetzt. Die an Dänemark   gefallenen Häfen von Apenrade  , Hadersleben  , Sonderburg   und Gravenstein   werden in großzügiger Weise ausgebaut. Neben dieser wirtschaftlichen Durchdringung hat eine leb- hafte kulturelle Werbearbeit eingesetzt. Die etwa fünfzig däni- schen Vereine Nordfchleswigs wurden zu einer Arbeits- g e m e i n f ch a f t zusammengeschlossen, um auf diese Weise jeder Zeit-, Geld- und Kraftvergeudung vorzubeugen. Dem Schulwesen wird die größte Aufmerksamkeit geschenkt. Vier dänische Hochschulen stehen bereits auf dem neuen Boden. Ein dichtes N«tz von Iugendschulen(etwa unsere Fort- bildungsschulen mit einem stark kulturellen Einschlag) erfaßt die Jugend. Die neuen dänischen Lehr- und Lesebücher werden unentgeltlich abgegeben. Den nordschleswigschen Schulkindern wird auf den dänischen Bahnen zum Besuch von geschichtlichen Erinnerungsstätten freie Fahrt gewährt. Jedes Kirchspiel hat seine dänische Bücherei erhalten, jede Stadt eine Biblio- thek, eine Zentralbücherei wird auch höheren Ansprüchen ge- reNt, Wanderbibllotbeken dringen auch in den entferntesten Bauernhof. Während im Jahre 1914 nur zehn kleine dänische Buchhändler in Nordschleswig existierten, hat allein der Verlag Gyldendal im Jahre 1920 dort 17 Buchhandlungen mit 40 Filialen errichtet. Es würde zu weit führen, diese gedrpngie Uebersicht durch die sehr interessanten Einzelheiten zu vervollständigen und die finanzielle wie ideelle Unterstützung, die die dänische Re- aierung auch allen kulturellen Veranstaltungen in großzügigster Weise zuteil werden läßt, auszuzählen. Sie genügt, um detrzu- tun, daß es auch in unserer Zeit möglich Ist. Nationalitäten- fragen nicht nur in vornehmer und sachlicher Weile zu behan- deln, sondern darüber hinaus inmitten desNationa» litätenkampfes Kulturarbeit im guten Sinne des Wortes zu leisten. Denn das wollen wir nicht vergessen, daß es stch auch in Nordschleswig um einen National�ätenkampf handelt. Aber in diesem Kampf, der unter dem etcyen der weißen Fahne geführt wird, sind nicht große Worte, Gummiknüppel und Revolver Sieger, sondern die höhere Kultur und die besseren Sachleistungen. Viel wäre gewonnen, wenn diese Art Nationalitätenkampf auch in anderen Grenz- gebieten die Oberhand gewänne. Der Zakernalionale Arbeitskongreß nahm am Montag nach- mittag die Konvention über den wöchentlichen Ruhetag in Handel und Industrie mit 78 gegen 23 Stimmen an.
Die schäbigen Alltagsdinge spielen eine wichtige Rolle. Aber die Grimmigkeit des Schicksals wird plötzlich verwandelt, da sich erweist, daß der schuldige Zerstörer oll dieser leidenden Menschen einmal eine Wohltat an einem leidenden Nebenmenschen beginnt. Dorum   kommt Gott   selber, der sich als lauchender Menschenfeind verkleidet, um spätes Glück auszusäen. Man denke sich, Strindbcrgs Gott   verrät Humor, geniale Galle, sogar Herzlichkeit. Mit Hosianna endet alle Qual und der Dichter lobt die schöne Welt. Wir loben die schöne Borstellunq, die wohl im Ganzen nicht mit Originalität überladen war, doch sie bot Inniges: vor allem das Traumkind, die Eleonore der Frau Bahn, die mit ihrem Tempera- ment die hektische Heiligkeit kostbar erfüllte. Aber auch Emilia U m d a, die Mutter des geretteten Marterhause». Frl. Hagen» b r u ch, die schwerblütige Braut, Hans S ch w e i k o r t, der ringende Sohn und Moralist, 5)ans Brausewetter, der artige Gym- nasiast, und endlich Eugen K l ö p f e r, der unter der Maske de» Bösewichts das Glückshorn Gottes trägt, dienten gehorsam dem be- hutsamen Regisseur Karl-Heinz Martin  . MaxHochdorf. Der Maler Eugen Bracht   ist im 89. Lebenzjahre in Darmstadt  g e st o r b e   n. Er war von Geburt Schweizer und hatte seine Lehrzeit an der Düsseldorfer Akademie zugebracht, wo Ihn namcnt- lich die Landschastsmoler Schirmer und Gude beeinflußten. Schon früh bildete sich seine Spezialität heraus: melancholische Stimmungs- bilder aus Heide und Moor, einsame Gräber unter schwerem Wolkenhimmel, stürmende Wogen an düsterer Felsenküste waren die Motive, die er immer wieder behandelt«. Unsere National» g a l e r i e besitzt von ihm einHünengrab in der Heide  " und eine Abenddämmerung am Toten Meer": im Reichstagsge- b ä u d e hängen die LandschaftenArkona" undBallet  ". Zwei Jahrzehnte(18821992) war er Lehrer an der Berliner  , dann bis 1919 an der Dresdener Akademie. An Titeln, Orden und Me» daillen hat es ihm nicht gefehlt, in der Geschichte der Kunst wird sein Name nicht lange fortleben. Ein deutsch  -böhmisches Grcnzbild. Ein deutschböhmischer Ge- nosse, der soeben in Berlin   eingetroffen ist, erzählt uns: Der Zug, mit dem wir gewöhnlich von Rcichenberg nach Zittau   fahren, ist in vollem Gegensatz zu normalen Zeiten so überfüllt, daß wir stehen müssen. In der letzten böhmischen Station G r o t t a u wird die Paßbude, in der auch die Grenzverkehrschcine ausgestellt werden, derart gestürmt, daß ein wildes Durcheinander entsteht, zumal sie auf Masseiibctrieb nicht eingerichtet ist. Mit rollenden, gierigen Augen drängen sich die Frauen nach Deutschland   hinein, um mit der so rasch von einer halben Mark auf zwei Mark achtzig gestiegenen Krone billig zu kaufen. Ein paar Schuhe 499 Mark? Das sind sa nur 129 Kronen, und in der tschechischen Republik kosten sie 499 Kroncn. Freilich, die deutschen   Zollbeamten sagen den Leuten gleich, daß heute nichts mit hinübergenommen werden darf. Aber viele sind schon drüben, es gibt auch Fußwege, und immer ist's nicht so streng gewesen, seitdem die Krone so stieg. Dabei stehen die Leute alle mit �em Herzen zu Deutschland  -- allein die Valuta kennt keine Nücksichten mehr; bei den einen ist es der Drang, sich aus der Not zu helfen, daheim Unerschwingliches billig zu erwerben, bei den anderen ist der Raubliergeist erwacht, oder sie kaufen, um drüben mit Gewinn und doch noch wohlseil zu verkaufen!