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verletzt und das kflnsttkhe Dein beschädigt. Ein Kriegsblinder wurde von bartlosen Strolchen durchsucht, blutjungen Nürschchen, die vom Kriege nur vom Hörensagen wissen. All dies zur größeren Ehre des Fascismus, der nun einmal die fixe Idee hc:. das Vaterland gerettet zu haben. Zweck des Generalstreiks war es, die Abschiebung der Fafristen aus Rom zu erlangen. Auf dieser Grundlage"schien schon am Abend des zweiten Streiktages ein Einoernehmen zustande gekommen: die Eisenbahner waren bereit, die Züge zu führen, die den Abzug dieses Unrates aus der Hauptstadt bewerkstelligen sollten. Sie stellten aber an den Direktor der römischen Polizei die Frage, wer ihnen denn ihr Leben ge- währleistete, sobald sie die Fascisten an Ort und Stelle ge- bracht. Der Polizeidirektor sah die Berechtigung der Frage ein und versprach, andere Mittel zum Abtransport zu finden. Die Fascisten wurden also am Montag abend in Castel SantÄn- gelo und in anderen Lokalen zusammengesperrt und dann nachts mit Lastautomobilen zu einer abgelegenen Bahnstation tPortonaccio) geschafft, von wo sie in ihre Heimatsorte abge- schoben wurden. Die Abschiebung geschah durch Polizisten und Carabinieri mit gezogenem Revolver und aufgepslanztein Ba- jonett. In Rom weiß man heute, mich ohne einen Lokalaugen- schein im städtischen Konzertsaal, den sie als K�auptgtlartier benutzten und sinnlos beschmutzten, was die Fascisten sind. Früher kannte man sie vom Hörensagen... und da konnte noch etwas wie Prestige bestehen. Heute hat man den Fascis- mus erlebt und bedarf keiner Schaustellungen mehr, um ähn als ein Produkt gemeinen Verbrechertums, verstärkt durch die Kriegs- und Rachkricgsverwahrlosung, zu erkennen. Aber auch ein Reinemachen inhöheren Sphären" wird dem tragi- komischen Abzug folgen müssen. Es scheint schlechterdings un- denkbar, daß das Ministerium diesen Skandal überlebt. Wenn aber eine Regierung praktisch abwesend ist, so daß sie es ohne besondere Vorsichtsmaßregeln zuläßt, daß sich 30 000 Fascisten, zum Teil bis auf die Zähne bewassnct, in Rom zusammenziehen, wenn sie soneutral" ist, einen Fascisten- umzug zu erlauben während eines durch eine sascistische Mord­tat heraufbeschworenen Generalstreiks, so muß auch der ver- faffungstreueste Biedermann auf den Gedanken verfallen, daß eine solche Regierung abkömmlich ist. Der während dieser vier Streiktage herrschende Zustand der Rechtlosigkeit der friedlichen Bürger und der Straflosig« keit der bewüskneten Fascisten steht sozial noch unter dem des Faustrechts. Wenn schließlich Rom von den Fascisten befreit wurde, so ist das nicht der Regierung zu oerdanken, sondern einzig der streikenden Arbeiterschaft. Bor die Alternative ge- stellt, die Stadt ohne Verkehrsmittel, ohne Brot, ohne Wasser und ohne Licht zu lassen oder die Fascisten abzuschieben, hat die Regierung sich für die Abschiebung entschlosien. Sie hat den Streit sich ausloben lasten, wobei sie den Fascisten mehr oder weniger offen die Stange gehalten hat, und hat dann unter dem Druck der siegreichen Mäste getan, was sie nicht lasten konnte. AlsRegierungsaktion" ist das etwas zu wenig..., » Der deutsch « Südtiroler Abgeordnete Walter wurde in Verona von den Fascisten g e h i n de r t, die Rückreise nach Bozen anzutreten. Erst nach langwierigen Verhandlungen gelang es, den Abgeordneten frei zu bekommen.

Angst bekommen hat der Verantwortliche des Wulleblatts, Dr. Bernhard Sand. Am Donnerstag versuchte sein Blatt den Verdacht zu erwecken, als sei derVorwärts" oder einer seiner Mitarbeiter mit dänischem Geld bestochen. Auf unsere Ankündigung hin, daß wir ihn wegen seiner Verleumdung stellen würden, erklärt jetzt Dr. Sand, etwas ganz anderes gemeint zu haben. Er markiert damit die Linie des Rückzugs, den er vor Gericht anzutreten gedenkt. Radck nicht in Berlin . Wie uns von unterrichteter Seite mit- geteilt wird, entbehrt das von uns gestern mit Vorbehalt registrierte Gerücht, Radek befinde sich in Berlin , der Begründung. II---- ni--------.................... j- 1 1 Schämst du dich, Republikaner! Betrachtung und Frage von E. Hildebrandt, Kiel . Im v-Zug Magdeburg Berlin . Alle Gänge und Abteile sind überfüllt, draußen nasies, kaltes Wetter. Man ist froh, im trockenen Wagen überhaupt noch mitgekommen zu sein. Ich werde ange- rufen:Hier ist noch ein Platz frei!" Froh und dankbar eile ich nach dem Abteil, bringe mein Gepäck unter und dann-1- aufatmend sehe ich mir meine Reisegefährten an. Vielleicht ist ein Bekannter darunter? Nein! Alles fremde Gesichter. Doch der ältere Herr mlr gegenüber lächelt mich an, als ob er sagen will: Wir kennen uns! Deshalb rief ich dich auch, damit du noch diesen Platz be- kämst! Es ist mir ja sehr angenehm, dieses offensichtliche Wohl- wollen des viel älteren Reisekomeraden, doch kann ich mich nicht besinnen, durch irgend etwas darauf Anspruch zu haben. Da fällt mein Blick auf sein Knopfloch und ein Blick des Derstehens durchzuckt mich. Schwarz-Rot-Goldl Die Farben der deutschen Re- publik. Aha, auch er hat mein Bändchen schon längst gesehen. Des» halb seine Fürsorge, sein Vertrautsein. Wir gehören, wenn auch in sonst nichts weiter, in dem einen zusammen, wir sind Republikaner . Nun ist der Bann gebrochen. Eine recht interessante Unterhaltung kommt in Fluß, und viel zu schnell ist Berlin erreicht. Ich habe »ine nette Fahrt gehabt. Am Abend dachte ich über die Begegnung nach, als ich in meinem Hotelbett lag und nicht gleich einschlafen tonnte. Und da kam mir der Gedanke, wie selten und wenig ich auf meinen Reisen, in und bei den Behörden, Dienststellen, in den Kreisen der Be- amten, der Lehrer, der Gebildeten, wo es doch Tausende gibt, die echte, rechte Republikaner sind oder sein wollen, fast nie einen ge- troffen habe, der die Farben der Revublit auf seinem Rock trägt. Es ist richtig, es braucht nicht äußerlich immer gezeigt werden, wie man denkt und was man ist. Die Hauptsache, daß das Herz davon voll ist. Aber gerade setz», wo die Kreise, die in der Wiedcrein- führung der Monarchie ihr höchstes Ziel sehen: wo sie schon meinen, bald gewonnenes Spiel zu hoben, da sie ja nirgends etwas von der Republik sehen, da ist es Zeit, ihnen allen zu zeigen: Sieh, wo du auch hinblickst, überall siehst du Männer und Frauen, die schwören zur Republik . Sie zeigen dir's, indem sie auf ihrem Arbeits» und Sonntagsrock das schwarzrotgoldene Bändchcn tragen. Mehr als an die Arbeiter in den Fabriken möchte ich mich an die Beamten, Soldaten, Lehrer wenden und ihnen zurufen: Habt ihr Furcht oder schämt ihr euch, ertonnt zu werden, daß ihr Republikaner seid? Wenn nicht, dann zeigt es, zeigt es auch äußerlich! Der Arbeiter in der Fabrik, er weiß: Alle die Hunderte, die Taufende um mich herum sind mit mir eines S!nn»s, auch wenn sie anderen politischen Parteien angehören, sie sind mit mir Revublikaner. Der Beamte der Eisenbahn, der Pol beamte. der Polizeibeamte, der Reichswehrsoldat, Lehrer und so weiter, sie alle, soweit sie sich zur Republik bekennen, müssen dies ihrer Umgebung zeigen. Niemond kann und darf ihnen dieses mehren. Lernen wir da von den echt tentfchea Jünglingen und teutscben Jungfrauen, von den Männern und Frauen, die als Zeichen ihrer Zugehörigkeit das Hakenkreuz und sonstige Abzeichen tragen, oft sogar recht auffällig und taktlos.

Auflösung der ffunöertsthast z. b. v. Aus Anordnung des Berliner Polizelpräsidenten ist die in Berlin staiionicrle Hundertschaft z. b. B.(zur besonderen Ver­wendung) am Freilag ausgelöst worden. Bekanntlich wurde diese Hundertschaft der verschiedensten Vergehen beschuldigt. Die Auslösung erfolgte aus Grund des Ergebnisses, das die letzte ver- Handlung gegen Schupobeamte wegen vlihhandlnng zu Tage förderte und das die trüben Verhältnisse innerhalb der ge- nannten Hundertschaft kennzeichnete. Die Polsieibeamten werden. soweit sie sich zum Polizeidienst überhaupt noch eignen, an anderer Stelle innerhalb der Schupo Verwendung finden. Dle Anordnung des Volizeiprästdenten erfolgte aus Veranlassung des preußischen Ministers des Innern.. Mit der Auflösung der Hundertschaft ist ein Brandherd ver- schwunden, der monatelang eine Gefahr für die Bepublik bildete. deutschnationale helöen. Boldts Offiziersehreuwort. Erklärung eincS Fahncnfchänders. Hamburg , Ig. November.(Eigener Drahtbericht.) Wie wir erfahren, sind dem U-Boot-Berbrecher Boldt. der zur Verrichtung von Schreibarbeiten nach dem Hamburger Untersuchungsgefängnis versetzt worden war, Erleichterungen zugestanden worden, nachdem er sein Ehrenwort gegeben hatte, daß er keinerlei Versuche zur Flucht machen würde. Er hat sein Wort in schmählicher Weise ge- brachen, indem er gerade eine ihm durch die Erleichterung ermög- lichte Gelegenheit zur Flucht benutzt hat. Boldt war in ein Zimmer eingeschlossen und dort ohne Beaufsichtigung tätig. Das Alleinsein hat er benutzt, um eine im Fußboden des Zimmers eingelassene dicke Glasplatt«, die nach den unterirdischen Außenanlagen führte, mit einem Hammer, den er entwendet hatte, durchzuschlagen. Durch die Oeffnung ist er in die unterirdischen Heizungsgänge hinabge- klettert und hat sich, augenscheinlich gut orientiert durch einen Plan, der ihm von einem ungetreuen Beamten übergeben worden sein muß, nach einem anderen Gebäude begeben, durch das er dann ent- kommen ist. Es ist ganz offenbar, daß Boldt Helfershelfer gehabt hat. » Ein deutschnationaler Held,«in Korpsstudent, der an der Ham- burger Universität bei der Rektoratsübergabe die schwarzrotgoldene Fahne heruntergeholt und beschimpft hat, gab dem Präsidenten der Hamburger Hochschulbehörde gegenüber eine Erklärung ab, die des- wegen bemerkenswert ist, weil sie den Heldengeist deutschnationaler Jünglinge offenbart. In dieser Erklärung heißt es: Als ich zur llniversttät kam und die schwarzrotgoldene Fahne sah, befiel mich eine solche Erregung, daß ich beschloß, sie unter allen Umständen herunterzuholen. Nachdem ich die Tat begangen hatte und vernommen worden war, wurde mir sofort klar, daß ich sehr unbesonnen gehandelt, den Frieden der Universität gestört habe und die Tat einen Anlaß zu palitischen Schwierigkeiten geben würde. Ich bedauere aufrichtig diese meine unbesonnene Tat, die ich nicht unternommen hätte, wenn ich mich der tatsächlichen Folgen bewußt gewesen wäre. Ich verspreche fest, daß ich mich nicht mehr zu solch unüberlegten Handlungen hinreißen lassen werde und erkläre, daß ich den entstandenen Sachschaden ersetzen will. Euer Hochwchlgeboren bitte ich ergebenst, diese meine Erklärung ent- gegenzunehmen und mit Rücksicht auf meine Unerfahren» heit und meine Jugend von einem Strafantrag gütigst absehen zu wollen."_ Raöbruch über die �uftizreform. Der Reichsjuftizminister Gevosie R a d b r u ch äußerte sich in einer Unterredung mit einem Mitglied derVorwärts"» Redaktion über die kommende Iustizreform u. a. wie folgt: Es müsse zwischen Justiz und Presse eine bessere Fühlungnahme angebahnt werden: zu diesem Zweck sei eine Stelle zu schaffen, die bei Angriffen auf die Justiz für sachliche Klarstellung des betreffenden Falles sorge. Der gegenwärtige Stand der Straf- rcchtsreform sei der folgende: Zu dem Vorentwurf haben die Länder ihre Gutachten abgegeben. Jetzt gelte es, den e n d- gültigen Referentenentwurf aufzustellen, der starke Aenderungen,

Wir wollen es«licht so tun, daß es aufdringlich wirkt, ganz zart und fein, am schlechten und am guten Rock, da» schmale Band. Wir werden dadurch erreichen, daß diejenigen, die da meinen, die Stunde der Republik hätte bald geschlagen, eines Besseren belehrt werden. Und daß sie erschrecken, wenn sie. wohin sie auch kommen, wohin sie auch blicken, im Theater, in der Bahn, im O-Zug, in der vierten, in der zweiten Klasse, in den Bureaus, auf der Straße immer Frauen und Männer sehen, die durch ein kleines äußerliches Zeichen, das schmale Band, sich zu dem bekennen, was sie sind. Und wir selbst werden dadurch gleich vertrauter mit den vielen Menschen, die mit uns zusammenkommen, wenn wir sehen: Aha, das ist auch einer, der denkt wie ich, wenigstens in bezug auf die deutsche Republik! Ob dann der andere parteiisch anders steht als ich, daß ist in diesem Falle gleich, mag er Kommunist, mag er Demotrat, mag er Zentrumsmänn oder Sozialdemokrat sein. Eins ist sicher: Er ist Republikaner . Dielleicht, ihr republikanischen Frauen und Männer aller Stände, die ihr dies lest, vielleicht denkt ihr einmal darüber nach und laßt euch überzeugen. Wer Republikaner ist und wer mit uns geht und Hilst, daß Deutschland wieder besseren Zeiten zugeführt wird als Republik , der zeige es, was er ist und trage die Farben der Freiheit und schaffe so einen Ring, ein Band, schon äußerlich sichtbar, das uns niemand zerreißt.

Karl Blechen . Die Akademie der Künste plant eine Reihe von Ausstellungen, durch die die Schätze der Vergangenheit, die in den Sammlungen versteckt ruhen und nur von wenigen ge- kannt sind, der Oeffentlichteit vorgeführt werden sollen. Als ersten, den sie zeigt, hat sie den Berliner Maler Karl Blechen (17931840) gewählt. In drei kleinen Räumen des Akademie» aebäudes, Pariser Platz 4, sind hundert und einige Gemälde und Zeichnungen des seltsamen Künstlers zusammengestellt, der auf der Deutschen Jahrhundertausliellung vor 15 Iahren neu entdeckt wurde und seitdem ein Objekt der Sammler und der wissenschaftlichen For- schunq geworden ist. Man schätzte ihn damals vornehmlich als einen Vorläufer der imprcssionr ischen Freilichtmalerei, der mit seinem Blick auf Gärten und Häuser" ähnliche Tendenzen zu verfolgen schien wie der junae Menzel mit dem berühmtenBalkonzimmer ". Jetzt, wo wir das Werk Blechens im Zusammenhang übersehen, er» kennen wir den damaligen Irrtum. Diese Malerei zeigt zwar nicht den üblichen Galerieton, sie Ist in der Farbe heller und durchsichtiger, aber an Stelle derbraunen Sauce" bevorzugt sie eine Art hell- gelber Sauce, die der naturalPischen Eindruckswiedergabe ebenso fern steht wie jene. Blechen erwarb sich feinen Lebensunterhalt als Kulisscnmaler am Köniq�ädtifchen Theater, und diese Tätigkeit drückte seinem ganzen Schaffen den Stempel auf. Die dekorative Note herrscht vor. Di« Farben werden nicht so gegeben, wie die Wirtlichkeit sie bietet, sondern die Schmuckwerte entscheiden. Man betrachte den Himmel auf Blechens italienischen Landschaften(29), der nie etwas vom südlichen Blau hat, sondern stets zur hellgelben Tonigkeit des Bildes abgestimmt ist. Alle Gegenstände stehen im luftleeren Raum, und wo zarter Nebelduft die Konturen verschleiert und miteinander verbindet(«7, 90), da geschieht dies nicht um der korrekten Naturwiedergabe willen, sondern zur Erzeugung einer'

1 namentlich im zweiten Teil, bringen werde. Er dürfte im Früh» jähr fertig sein. Gegenüber dem alten Strafgesetzbuch wird der neue Entwurf zweifellos gewaltige Fortschritte bringen. Die Straf» prozehreform kann nur im Zusammenhang mit der Reform des materiellen Straf: echts durchgeführt werden. Bezüglich der Zivilprozeßrcform schweben Erwägungen>-i der Hinsicht, ob man das Güteoerfahren als Novelle vorwegnimmt oder der großen Re- form vorbehält. Die Forderung des Tages sei die Novellengesetzgebung. für die eine ganze Reihe van Gesetzen bereits vorliege, Ueber das sogenannteGesetz zum Schutz der Republik" sagte der Minister: Unser Entwurf führt nicht den Titel:Gesetz zum Schutze der Republik", sondern hat nur die bescheidene Ausgabe, das Strafrecht den neuen verfassungsmäßigen Verhältnissen anzupassen. Abgesehen von formellen Aenderungen plant der Entwurf eine Strafbestimmung gegen öffentliche oeschimpfende oder verleumderische Aeußerungen sowie Kundgebungen, durch die Staatsform, Reichs- und Landesfarben, Staatsoberhaupt, Regierung oder Mit- glieder der Regierung des Reiches oder eines Landes der Der- achtun g preisgegeben werden. Unter den Strafen, auf die er- kannt werden kann, befindet sich auch der A m t s v e r l u st." Noch wichtiger, so äußerte Genosse Radbruch , erscheine ihm die Kleine Iustizreform", deren Entwurf im Dezember vorliegen werde. Er bringt die Einführung der Berufung auch in den Straf- fachen, die bisher als Strafkammersachen der Berufung entzogen waren. Ferner bringt er die durchgehende Laienbeteiligung in der ersten wie in der Berufungsinstanz, eine Revision der Be- stimmungen über die Auswahl der Schöffen und Geschwore- nen, endlich die Zulassung der Frauen zum Amt des Berufs- richters und Staatsanwalts, zur.Rechtsanwaltschaft usw. Von besonderer Bedeutung sei die Reform des Ehe- scheidungsrecht s. Der in Vorbereitung befindliche Entwurf schalte das Verschuldensmoment(8 508 BGB.) aus und lasse nur das Zerrüttungsmoment übrig. Die Frage der Ver- besserung der Rechtsstellung der unehelichen Kinder werde gegenwärtig geprüft, und man arbeite an einem Entwurf, der das Recht des unehelichen Kindes weit mehr berücksichtigt als bisher. Bei Gelegenheit der Studienreform werde der Ausstieg besonders befähigter Personen zum Berufsrichter, die nicht den regel- mäßigen Ausbildungsgang absolviert haben, berücksichtigt werden. Freilich könne dies nicht ohne eine Aenderung des Gerichtsver- fassungsgesetzes geschehen. Es sei zu erwarten, daß gerade diese Juristen neue soziale, wirffchoftliche und arbeitsrechtliche Ge- stchtspunkte mitbringen. Einen breiten Raum der Tätigkeit des Reichssustizminlsters nimmt die große Begnadigungsaktion ein, die sich auf die von den Sondergerichten gefällten Urteile erstreckt. Sämtliche auf Zuchthaus lautenden Urteile der Sondergerichte werden nachgeprüft, auch ohne daß ein besonderes Gnadengesuch vor- liegt. Ferner olle anderen Urteile, soweit Gnadengesuche ein- gereicht sind. Grundsöhlich werden alle Personen begnadigt, die als vlilläufer" des Aufsiandes anzusehen sind. Die Prüfung soll periodisch wiederholt werden, erstmalig am 1. April 1922.

öoelitz und der 9. November. Der Hauptausschuß des preußischen Landtages setzte die Beratung des K u l t u r e t a t s beim Abschnitt Provinzialschulkollegien fort. Abg. H a e n i s ch(Soz.) hält die Vereinheitlichung schon vor der Verwaltungsreform für nötig. Er habe feinerzett als Minister einen Gesetzentwurf zur Reform des Berliner Prooinzialichul- kollegiums der Lanoesversammlung vörgelegt, der aber am Wider- spruch der Rechten gescheitert sei. Der Redner befürwortet die Abschaffung der Mittelschullehrerprüfung. Zu der Frage, ob Schüler zum Fest des Iungdeutfchlandsbundes vom Ministerium tat- sächlich beurlaubt worden seien, erklärt ein Regierungsoer» t r e t e r, daß der Erlaß in den Tagen des I n t e r r e g n u m s des Kultusministeriums herausgeaangen sei nach sorgfältiger Orientierung an maßgebender Stelle. Minister B o e l i tz bemerkte, der Erlaß, der die Unterstellung staatlicher Berliner Schulen unter P a u l s e n verfüge, sei bereits aus dem Ministerium herausgegangen. Wen» man für den 9. November eine Beurlaubung der Schüler gestattet hätte, so müßte dos Konsequenzen auch nach anderen Seiten haben.

romantischen Stimmung, die bei Blechen übrigens nicht wurzelecht, sondern dem großen Romantiker Kaspar David Friedrich nach- empfunden ist. Merkwürdig erscheint bei diesem ausgesprochen farbig-dckorativen Stil die zeichncrisch-spitzpinselige Technik und die Vorliebe für kleinste Formate. Kaum eins dieser Gemälde kann als Wandschmuck dienen. Um sie recht zu genießen, muh man sie in nächster Nähe betrachten und sich in alle feinen Einzelheiten ver- tiefen. Dann entdeckt man auf schlichten Mauerwänden und ein- fachen Wolkengebilden farbige Reize und Kostbarkeiten, einen in tausend Nüancen schimmernden Duft und einen Reichtum an Har- monien, der unerschöpflich ist. Wer für diese Art der Kunst und des intimen Kunstgenießens Sinn hat. dem sei ein Vormittogsbesuch in der Akademie empfohlen. Die Ausstellung ist auch an den Sonntagen geöffnet. Eintritt: 5 M. I. S. Neues Bolkstheaker. Die dramattschePassion" von Paul B a n d i s ch ging als Sonderaufführung der Volksbühne erfolg- reich über die Bretter. Hundert beifallsbereite Hände siegten über einen vereinsamten Hausschlüsselpfeifer. Ein junges Wert, ein junger Regisseur, junge Schauspieler. Ihnen allen muß noch der Puls ab- gefühlt werden. M. H. Eine allgemeine deutsche Theakerpenssonskasse. Ein Projekt, das schon seit langem die Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen und den Deutschen Bühnenoerein beschäftigt, soll bald Wirklichkeit werden. Es wird beabsichtigt, eine allgemeine deutsche Theater- penstonskasse zu gründen, die den gealterten Schauspieler vor den größten Gefahren des Alterelcnds schützen soll. Die Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen hat ein Projekt ausgearbeitet, das sehr bald zusammen mit dem Deutschen Bühnenverein zur Beratung kommen wird. Nach einer Stattstik, die von der Genossenschaft Deutscher Dühnenangehörigen aufgestellt wurde, gibt es im In- und Auslande 432 deutsch« Theater. Von diesen Bühnen können 190 in Rechnung gestellt werden, w�nn es sich um den Aufbau der neuen Pensionskasse handelt. Es wird nämlich beabsichitgt. für jedes Billett, das diese 190 Theater ausgeben, ein Ausschlag von 10 bzw. 2 0 Pf. vom Publikum zu erheben. Nimmt man an. daß sedes dieser Theater an jedem Abend nur zur Hälfte gefüllt ist. so würde dieser Billettzuscblaq eine jährliche Gesamtsumme von 2 084 210 M. »nd bei einem Zuschlag von 20 Pf. pro Billett eine Summe von 5 368 420 M. ergeben. Wenn nun dieses Geld 4 Jahre angesammelt würde, so ergibt sich nach Ablauf dieser Zeit mit Zins und Zinses- zins eine Summe von mindestens 12 bzw. 24 Millionen Mark. Diese könnten als Reserve-onds festgelegt werden, der der ganzen Theater- pensioiiskasfe zum Fundament dienen fall. Es würde auf solche Weise möglich sein, im Jahre 415 DüHnengngebörige mit einer Pension von 0000 M. bzw. 12 000 M. zu unterstützen. Niederländische Wörter ln der Mark. Eine für die Sprach- aeschichte der Mark Brandenburg wichtige Erscheinung hat setzt Prof Dr. Wilhelm Scelmann festgestellt: das Borkommea mittel- niederländischer Worte, den Zeiten entstammend, als die Mark i m 12. Jahrhundert dem Deutschtum wiedergegeben wurde. Wie Seelmann im Niederdeutschen Jahrbuch ausführt, sind eine Anzahl Wörter niederländischen Ursprung« damals in die Mark übertragen