Nr. 55438.Jahrgang
Aembled Beilage des Vorwärts
Groß- Berlin
Es gibt Vorsichtige, denen die graue Wirklichkeit unseres Wirtschaftslebens im allgemeinen und das der Stadt Berlin im besonderen noch nicht trist genug aussieht. Sie malen das Grau noch grauer, machen die, guten Bürger gehörig topfscheu und preisen die privattapitalistische Wirtschaftsweise als das Allheilmittel an.
So naht sich denn auch P. M. im B. T." dem hilflosen Berlin als retender Engel, dem eine bürgerliche Mehrheit zur Seite steht. Berlin fann nicht mehr weiter," sagt er, die Erhöhungen der Löhne und Gehälter für die städtischen Arbeiter und Beamten haben den städtischen Finanzen den legten Stoß gegeben. Als ob nur in Berlin die Löhne der städtischen Arbeiter und Angestellten erhöht werden müßten und nur die Finanzen der Stadt Berlin ins Gedränge geraten seien.
rung seiner eigenen Interessen genötigt gewesen sei, dem Publikum Aufklärung über die Vorgänge am 22. Februar zu geben. Das Ge richt schloß fich den Ausführungen des Berteidigers an und sprach Direttor Sladet auf Kosten der Privatfläger frei.
Der Rattenkrieg.
Als eine der unangenehmsten Nachwirkungen des Krie ges fann das leberhandnehmen der Ungezieferplage betrachtet werden. Durch das Halten von Kleintie. ren, Federvieh, Kaninchen usw. in Wohnungen und Kellerräumen, haben sich insbesondere Ratten und Mäuse in un
Zur Deckung der vermehrten Ausgabeverpflichtungen werde die am Freitag, den 25. November, abends 7 Uhr Schraube der Tariferhöhungen für Wasser, Gas und Elektrizität, sowie für die Etraßenbahn zunächst abermals angezogen. Die Er in folgenden Lokalen: höhung des Wasserpreises laffe die hygienischen Rücksichten noch Brauerei Königstadt, Schönhauser llce 10 11. Paßenhofer- Ausschant, Fidicinftr. 23. mehr zurüdtreten, während die Erhöhung für Gas und Elektrizität Krieger- Vereinshaus, Chauffeeftr. 94. das Kochen mit Gas unmöglich mache und den Verbrauch von elek- Arminius- Hallen, Bremer Straße 73 74. trischem Licht auf ein Mindestmaß reduziere. Finster, Lalt Wilmersdorf: Bittoriagerten, Wilhelmsaue 114 116. und unsauber: das wird das Rennzeichen des fünftigen Berlin Lichtenberg : Cäcilien- Eyzeum, Rathausstraße. fein." Es bleibe ein Defizit von 220 Millionen, für das Niederschöneweide : Schulaula, Berliner Straße 31. es teine Dedung gäbe. Das Reich solle wohl mit einspringen, Spandau : Metropolfäle, Schönewalder Straße 98. doch sei die Frage, ob es überhaupt in der Lage sei, helfend einzuTagesordnung: springen. Teuerung Steuern Lohnbewegungen. Referenten: Erwin Barth , Clara Bohm- Schuch , Robert Breuer , Ernst Seifmann, Franz Krüger , Hermann Lüdemann , LimbergEffen, Heinrich Ströbel .
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„ Deshalb fann es diesmal nicht damit getan sein, nur wieder neue Unsummen in das städtische Danaidenfaß zu schütten, sondern man wird endlich" nachdem man eine bürgerliche Mehrheit hat, steht zwischen der Zeile an die ernstliche Prüfung der Frage gehen müssen, in welcher Weise es gelingen kann, den ungeheuerlichen tommunalen Aufwand durch eine Sanierungsaftion großen Stils zu vermindern und die Gemeinde von der Sorge um die schlimms'en Defizitträger, nämlich die f'ädtischen Berke und Anlagen, freizubekommen." Diefe Sorge foll das allezeit hilfs. bereite Privatfapital übernehmen, das in seiner Liebe zur Berliner Bevölkerung weder die Gas, Elektrizitäts-, Wasser und Straßenbahntarife erhöhen wird, selbst wenn die Mark noch weiter fallen, die Löhne der Arbeiter und die Gehälter der Angestellten noch weiter steigen sollten.
Die Beleidigten".
Ein deutschvölkischer Reinfall.
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Sonntag, den 27. November, vormittags 10 Uhr: Neuföln: Schultheiß- Ausschant( Wintergarten), Hafenheide. Ref.: Reichswirtschaftsminister Robert Schmidt .
Friedrichshain : Konfordia- Festfäle, Andreasftr. 64. Ref.: Abgeordneter Eraft Heilmann. Pantow: Lindners Konzertgarten, Breifeftr. 30. Ref.: Abgeordneter Hermann Lüdemann.
geahnter Weise vermehrt, so daß sie geradezu zu einer Landplage geworden sind. Ganz abgesehen von der gesundheitlichen Gefahr ist die wirtschaftliche Schädigung, die durch die Arbeit dieser Nagetiere herbeigeführt wird, von großer Bedeutung. Riesige Nahrungsmengen fallen ihrer Gefräßigkeit zum Opfer. Nicht nur Deutschland ,, sondern auch andere europäische Länder haben unter der Rattenplage zu leiden. So wird berichtet, daß der durch Ratten verursachte Schaden in Großbritannien und Irland auf min. destens 15 millionen Pfund jährlich zu schätzen ist.
Donnerstag, 24. November 1921
an diesem Rattenfrieg beteiligen. Kontrollbeamte find angewiesen, nach einiger Zeit die beim Kauf der Giftmittel ausgestellten Quittun gen nachzuprüfen. Ob diese Maßnahmen den gewünschten Erfolg haben, muß allerdings abgewartet werden.
Eigenartig berührte die Tatsache, daß der behördlich fest. gesezte Preis für 60 Gramm Phosphorlatmerge von 2,50 M. häufig nicht eingehalten, sondern erheblich( bis zu 100 Pro 3.) überschritten wurde.
Nicht anerkannte Kohlenpreise.
Der Verband der Berliner Rohlengroßhändler hat, wie das Nachrichtenamt des Magistrats mitteilt, mit rüdwirkender Kraft vom 1. November ab, die Preise für Steinkohlen, Anthrazit, Westfälische Schmiedefohlen, Rotbraunkohle, Grundeket und auch für Holz wiederum erhöht. Diese Erhöhung ist ent= gegen einer ausdrücklichen Bereinbarung von dem Berband der Berliner Kohlengroßhändler allein ohne Zuziehung der Preisprüfungsstelle erfolgt. Die Preisprüfungsstelle fann daher diese Preise nicht anertennen, bevor nicht durch eigene Nachprüfungen die Angemessenheit der neuen Breise festgestellt ist, und sie behält sich gegebenenfalls vor, megen übermäßiger Preissteigerung einzu schreiten.
Der Magistrat beschloß die Festsetzung neuer Höchstpreise für Brifetts, und zwar betragen diefe von morgen, ben 24. November 1921, für Küchen- und Ofenbrand 24,15 bis 25,15 mart je 3entner. Für Brikettlieferungen an das Kleingewerbe sowie für 3entralheizungs- und Warmwasserbereitungsanlagen in Fuhren nicht unter 30 Zentner betragen die Preise 24, 15 bis 25,10 Mart je 3entner. Diese Säge bleiben hinter den vom Handel vor. geschlagenen um 1 M. zurück.
Sozialistenheze bei der Reichstreuhandgesellschaft.
Die mit diefer Ueberschrift veröffentlichten Mitteilungen in Str. 532 des Vorwärts" find von der Direktion der Reiche treuhandgesellschaft beachtet worden. Sie bittet uns um Aufnahme folgenber Erwiderung:
Zu der in dem Artikel Sozialistenbeze bei der Reichetreu handgesellschaft" gegebenen Echilderung bemeift die Tireft on ter Reichstreuhandgesellschaft fürs erste grundsäglich, daß fie auf dem Standpunkt steht, daß politische, während der Arbeitszeit geführte Aussprachen, gleichviel welder Art, nur idädigend auf die Arbeitsleistung einwirlen und deshalb nach Möglichkeit unter bunden werden müssen. Bei Nichtbeachtung greift die Direttion jederzeit, soweit sie ihr befannt wird, durch entsprechende Maß nahmen ein. Jm vorliegenden Fall fann nur festgestellt werden, daß die Entlastung der Stenotypistin und auch die Gründe, die dazu führten, durch die Entscheidung des Echlid tuna sausid ufies und des Demobilmachungskommissars ihre velle Bestätigung und Rechtfertigung gefunden haben. Echließlich fann nur erklärt werden, daß eine Ausfunft über die Stenotypistin, wie in der Notiz angegeben, selbstverständlich allen Gerflogenbeiten bei der Reichetreuhandgesellschaft direkt widerspred en würde und tats iächlich auch nicht von ihr gegeben worden ist."
Die Störung der Reigen" Vorstellung am 22. Februar dieses Jahres hatte gestern noch ein gerichtliches Nachspiel. Die deutschvölkischen Radauma cher fühlten sich durch Direktor Gladet beleidigt, weil er von der Bühne aus erklärt hatte, daß es fich um eine Demonstration handele, die der Deutschvöltische Das Ueberhandnehmen von Ratten und Mäusen hat den BerSchuh- und Truzbund und der Verband national- liner Magistrat veranlaßt, energische Maßnahmen zur gefinnter Soldaten veranstaltet habe. Er richtete alsdann an Bertilgung dieser Plagegeister durchzuführen. Das Hauptge Ob über die sozialistische Stenotypistin die Auskunft folche das ruhige Publikum die Bitte, sich durch diese Vorgänge nicht stören fundheitsamt der Stadtgemeinde Berlin hat nach Tamen beschäftigen wir nicht" erteilt wurde, farn die Direktion zu lassen und der Vorstellung bis zum Schluß beizuwohnen. eingehenden Untersuchungen über die wirksamsten Mittel zur Be Die Führer des Deutschvölkischen Schuß- und Truzbundes, Orts- fämpfung der Ratten Phosphorlatwerge und Meer- wissen. Sie bestreitet es, weil ihr femme Feststellung darüber gruppe Berlin , Dr. Lemberg und Rittmeister a. D. v. Rammin, 3wiebelpräparate empfohlen. Die bakteriologische Bekämp- möglich gewesen ist, wer sich diese Ungehörigkeit erlaubt bat. Mit sowie der Geschäftsführer Roch vom Verband nationalgesinnter fung wie auch die Bergasung läßt sich in einer Großstadt wie Berlin Befriedigung hören wir, daß eine solche Auskunft allen Ge Soldaten sowie ein gewisser Günther v. Kugleben hatten wegen infolge besonderer Verhältnisse nicht einwandfrei durchführen. Bepflogenheiten bei der Reichstreubandgefellicaft diefer Morte Privatflage gegen Direktor Sladef erhoben, die vor reits im vorigen Jahre versuchte der Magiftrat die Hausbefizer Ber - widersprechen würde. Daß für die Entlassung der Stenohem Schöffengericht in Charlottenburg verhandelt wurde. Die fins zur freiwilligen Mitarbeit an der Bekämpfung dieser Schäd- typistin ihr Verhalten in dem Konflikt mit ihrem Borgesetzten den Zeugen der Kläger , die größtenteils den genannten Verbänden linge heranzuziehen. Leider war diese Hilfe völlig ungenügend. Die Grund abgegeben hat, bezweifelt ja niemand. Aber auch die Bes angehören, behaupteten, daß von einer planmäßigen Störung der Arbeit des einzelnen war wertlos, wenn sie nicht von allen unter ftätigung durch Schlichtungsausschus und Demobilmachungskommisiar Reigen"-Borstellung nicht die Rede gewesen sei. Einige aber gaben stüzt wurde. Auf Grund einer Polizeiverordnung vom Oktober d. J. schafft nicht die Tatsache aus der Welt, daß die Wurzel der Reibe doch zu, von der Absicht solcher Störungen gehört zu haben, und er wurde für den gestrigen Mittwoch eine allgemeine Ratten von Konflikten, deren letzter mit einer gewaltiamen 2öfung endete, fiärten außerdem, daß der seinerzeit wegen der Störung verhaftete vertilgung in Berlin angeordnet. Die Eigentümer der Ber in den politischen Gegenfäßen und in Hänfeleien befoldete Geschäftsführer des Gauverbandes liner Grundstücke, der Lager- und Schuttpläge, sowie die Inhaber Berlin des Deutschvolfischen Schuh und Truz von Laubengrundstücken hatten die Verpflichtung, die vom Magistrat der Stenotypistin zu suchen ist. Der Tireftirn pelten politische bundes Arthur Schmolte die Billetts besorgt habe. Rechts empfohlenen Phosphorlatwerge oder Meerzwiebelpräparate unter Aussprachen während der Arbeitszeit als die Arbeitsleifurg idäanwalt Wolfgang Heine nahm die Zeugen in ein ziemlich scharfes Beachtung der dazu herausgegebenen Anweisungen auszulegen. Eine digend, und sie unterbindet sie, toweit sie ihr betannt werden, aber Kreuzperhör und wies ihre Unzuverlässigkeit nach. Er beantragte Geldstrafe von 150 mart oder entsprechende haft die von uns erwähnten allzu aufdringlichen Befundie Freisprechung des Direktors Gladet, weil dieser zur Wah- strafe ist für diejenigen Hausbefizer ufw. angedroht, die sich nichtungen der monarchischen Gesinnung einiger beilegit. Er ist das Resultat einer egoistischen Weltanschauung."
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,, Annemarie, wer ist das?" Es war das erste Wort, das er bisher eingeworfen.
,, Ach so, du weißt auch nicht ihren Namen. Fräulein. Aber jegt heißt sie Annemarie."
Es ist
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Sie erzählte, wie die Flut der Sehnsucht höher, immer höher gestiegen sei, bis sie zu ertrinken drohte, bis sie ihn den anderen herrief. Sie verschwieg nichts, verschönte nichts und ließ nichts aus.
lind als sie fertig war mit ihrem Geständnis, sprang fie auf, blieb aber am Stuhl stehen und fragte leise, fast gleichgültig: Willst du mich trotzdem noch?"
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,, Bist du nicht auch ein Egoist?" Ich?"
" Ja. Willst du mich nicht mitsamt meiner Vergangenheit? Du verlangst ein bißchen viel. Begnüge dich doch mit der Zukunft."
" Mit der Zukunft-" sagte er und fah sie fast lauernd an. Ja, ja, das ist alles schön und gut. Aber-"
nicht so schwer zu begreifen. In ihm tämpfte ein jäh erwachtes Thea begriff, was er meinte. Der gute Henning war Mißtrauen mit der Verlegenheit, wie er es äußern fönne. Und als Thea ihn ganz und gar begriff, ging fie von ihm fort zum Fenster und sagte:„ Also lebe wohl!"
Er fuhr auf.„ Thea, was soll das?" Sie schwieg und fah zum Fenster hinaus. Er trat zu ihr.„ Thea, du bist mir Rechenschaft schuldig." Er war bleich geworden und hielt wie in übernatürlicher Anstrengung die Augen geschlossen. Die Hände hatte er fest Ich bin dir nichts mehr schuldig." Jeht nicht mehr.. Langsam drehte sie sich um. Nein, mein Lieber, du irrft. Aber um den Stuhl gekrampft." Ja," sagte er nach einer langen nun geh und bleibe nicht, bis ein böses Wort fällt, das uns Bause. Und wie um sich zu fräftigen, wiederholte er laut: " Ja." Und nun blidte er sie an, und als er sie so scheu und beiden leid tut. Wir wollen in Freundschaft auseinander fluchtbereit dastehen faher hatte sie nie so gesehen und fand gehen, nicht wahr?". fie hübscher als jemals, sprang er auf und eilte zu ihr. Ich bin schwach," flüsterte fie, sich an ihn lehnend." Halte mich, daß ich wieder stark werde." Er zog sie an sich.
Du fannst mich ruhig füffen," sagte sie.„ Das andere ist vorbei. Ja, es ist vorbei."
Er ließ fie los und trat zurück. Ein bitterer Zug überflog fein Gesicht.„ Weil er dich nicht wollte!"
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Ja," sagte sie ruhig. Aber so ist das Leben. So sind mir Frauen. Du liebst mich ja ober. So dente doch wie- ist es nicht Mignon? denke: Wenn ich dich liebe was geht's dich an?" Er fah fie verblüfft an. Das sagt nicht die holde Mignon, sondern die dreiste Philine." ,, Nun ja
Das ist ein großer Unterschied, liebes Kind. Der hilologe in ihm war erwacht. Sie merkte: er fühlte sich ihr rlöklich überlegen. In belehrendem Ton, als stünde er auf em Ratheder, fuhr er fort:„ Es ist ein gänzlich unmoralischer Spruch und hat einen ganz anderen Sinn, als den du ihm jezt
" So war das nicht gemeint," stammelte er verwirrt. " Doch. So ist es gemeint," beharrte sie. Ich sah es dir an: Du gingst in Gedanken von mir fort, da du mir nicht traust. Ceh nun auch in Wirklichkeit." Als er noch zögerte, setzte sie lächelnd hinzu:" Nicht wahr? Es wäre dir lieber gewesen, wenn ich das alles nicht gesagt hätte?"
an diese Möglichkeit. Ja," sagte er schnell, wie aufatmend bei dem Gedanken
" Siehst du? Und das ist es gerade, was uns nun trennt. Begreifst du das nicht?"
Nach einer Weile nickte er.„ Ich konnte nicht anders. Berzeih!" Er ging langsam zur Türe.
Als er schon die Hand auf der Klinke hatte, wandte er sich noch einmal um:„ Ich glaube, ich hätte dich dennoch immer lieb gehabt." dem er fie ftreifte, bat
Und der Blick, mit dem er sie streifte, hatte wieder das Demütige und Schüchterne des früheren Henning.
Thea ging schnell zu ihm und gab ihm die Hand. Du haft es gut mit mir gemeint, fa, und es tut mir von Herzen leid, dok ich nun so viel Unruhe in dein Leben gebracht habe." " Nein, nein," stotterte er.
" Hab Dank!" Aber als sie merkte, daß er sich niederbeugte, um ihre Hand zu küssen, ging sie schnell von ihm fort zum Fenster und sah hinaus. Sie wandte sich auch nicht um, als sie die Türe zufallen hörte.
Nach einer langen, langen Zeit sah sie ihn unten aus dem Haufe treten und den Plaz überqueren. Zwei junge Leute, die ihm begegneten, grüßten ihn. Wahrscheinlich waren es Schüler. Er erwiderte den Gruß nicht. Sie sah, wie die beiden sich nach ihm umdrehten.
wie
Liebe für den stillen, bescheidenen Mann. Er tat ihr leid. Fast empfand sie zum ersten Male etwas Armer Kerl," sagte sie leise. Wie damals am Ber
lobungstag.
Das legte Mal.
Der Mondschein glitt durch die hohen schmalen Fenster. Er füllte das ganze Zimmer mit seinem frommen Glanz. Ein blaufilberner Schleier lag auf den Wänden, dem Boden, den Möbeln und über Hermann Görte, der in einem alten Bolsterstuhl hockte. Sein junges Gesicht fah fahl und eingefallen aus. Brust gesenkt.
Er saß leblos, wie abgestorben, den Kopf tief auf die
Im ganzen Hause war fein Laut zu hören. Alle schliefen. Bater und Mutter waren fort, auf einem Geburtstagsfest bei Konsuls. Er war der einzige Wachende in dem alten Hause.
Auch die Straße draußen und der Fluß schliefen. Kein Dampfer meldete sich. Keine Menschenstimme flang herüber. Alles war eingeschlafen oder tot.
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Schlafen können das müßte herrlich sein. Es war schon so lange her, daß Hermann eine Nacht ruhig geschlafen hatte. Schlafen, bis alles vorüber war, welch föstlicher Gedanke. Hermann erhob sich. Nein nicht schlafen- wachen, leben. leben!
Er ging zur Türe. Leise drückte er auf die Klinte; teise, mit unendlicher Borsicht öffnete er fie. Alles mar still.
Hermann streifte die Hausschuhe von den Füßen und ging langsam auf den Flur. Als er den Fuß auf die erste Trepren stufe seẞte, zögerte er und blieb eine Meile stehen. Ihn fröstelte, und er mußte wohl, daß das falte Rieseln vom Naden her über den Rüden nicht nur von der Kälte der Oktobernacht tam. Er nahm sich zufommen: Boh, es war ja das letzte Mal! Schnell eilte er die Stufen hinunter.
( Forts. folgt.)