Nr.556 38. Jahrgang Ausgabe A nr. 281
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Expedition Morigplak 11753-54
Freitag, den 25. November 1921
Vorwärts- Verlag G.m.b.H., SW.68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Abteilung Morisplas 11753-54 Berlag, Expedition und Inseraten
Die Opfer der Kommunisten.
Bon dem Hungerstreit in Lichtenburg ausgehend haben| die Kommunisten eine Aktion für die Opfer ihres Märzauf: standes, die in den Gefängnissen sizen, inszeniert. Wenn nicht alles täuscht, so soll aus dieser Aktion eine neue Aktion er wachsen, die der Justiz neue Opfer in den Rachen treiben wird.
Wir haben stets die Justiz verurteilt, die verführte Arbeiter mit barbarischer Strenge für die Sünden ihrer unfähigen und gewissenlosen Führer büßen ließ. Aber auf der anderen Seite müssen wir mit größter Deutlichkeit hervorheben, daß die ursprüngliche Schuld an dem Elend der politischen Gefangenen die kommunistischen Führer tragen, die ihre Gefolg schaft mit einer Hinterhältigteit in das Ber berben gelodt haben, die in der Weltgeschichte ihresgleichen fucht. In ihrer gestrigen Abendausgabe versucht die Rote Fahne" erneut, ihren alten Schwindel auf zuwärmen, daß Severing und Hörfing den Aufstand provoziert" hätten. Sie schreibt:
Der Borwärts" verbindet mit seinen Zersplitterungsversuchen eine schamlose Kommunistenheze. Wir werden durch bie Lügen des ,, Borwärts" nicht betroffen. Wir weisen aber auch die fozialdemotratische Arbeiterschaft darauf hin, daß feststeht, daß Severing und Hörsing die sogenannte Märzaktion ieimtüdisch provoziert haben, um hinterher eine Möglichkeit zu befizen, revolutionäre Arbeiter und Funktionäre der Kommunistischen Partei in die Zuchthäuser zu mer. fen und unsere Partei in den wichtigsten Induftriebezirken zu des organisieren.
Demgegenüber wollen mir nun einmal auf die Gefahr hin, daß der Roten Fahne" die Augen übergehen, die wirkliche historische Wahrheit an den Tag bringen, und zwar an der Hand von unwiderleglichen Dokumenten fommunistischer Führer. Wir werden beweisen, daß in der frivolften Weise die mitteldeutschen Arbeiter von ihren Füh rern belogen und betrogen worden sind, daß man sie mit verbundenen Augenindas Verderben gehegt hat, daß man durch ein System von Schwindeleien und Provokationen die Massen in fiebernde Erregung verfeßt hat, aus dem selbst ein Kriegspresseamt hätte lernen fönnen.
Wir bringen im nachstehenden die Berichte, die die Füh rer der kommunistischen Märzattion über ihre Tätigkeit verfaßt haben. Schon Paul Levi hat in leiner betannten Broschüre über den Märzaufstand darauf hingewiesen, daß es im Plan der kommunistischen Kampfleitung gelegen hat, die Schutzpolizei zu reizen und dann die Ausschreitun gen der gereizten Bolizei als Agitationsstoff in der Arbeiterbevölkerung zu verwenden. Leni betont aber an anderer Stelle seiner Broschüre, daß er sich in seinen tatsächlichen Angaben mit Rücksicht auf seine bisherige Parteizugehörige feit große zurückhaltung auferlegt habe. Wir können ihm das bestätigen. Seine Angabe ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem System geriffenster Provokationen, mit dem die kommunistische Kampfleitung arbeitete. Wir wollen auf die Quellen dieser Behauptung zurückgehen.
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Die Aufstandsleitung in Halle lag bekanntlich in den Händen der Kommunisten emd und Bowißtn. Beide haben nach übereinstimmenden Aussagen Organisation und Leitung der Märzattion in Händen gehabt. Ihre Berichte an die Zentrale sollen nunmehr zeigen, wo die mittlichen Angreifer und Provoka teure gesessen haben. Beide können nicht von der KPD wie Levi als Ueberläufer verdächtigt werden, sondern sie sind der KPD. bis zum Schluß treu geblieben. Aus ihren eigenen Berichten soll die Arbeiterschaft nunmehr erfahren, wie sie von diesen beiden und der gesamten fommunistischen Zentrale heimtüdisch ins Unglück geriffen worden ist.
Aus dem Bericht Lemas.
Am 19. März tagte die Bezirksausschußfizung in Halle. Dort wurde vereinbart, welche Haltung die Partei für Halle- Merseburg
einnehmen sollte..
Wir waren uns flar, daß eine Affion in Deutschland niemals auslöfen würde der Hörfingfche Erlaß, Jondern eine Provotafion herbeigeführt werden muß, und daß der erste, der berüchtigte erste Schuß von der gegnerischen Seite fallen müßte.
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Hölz mit der Zentrale in Verbindung zu bringen. Am 18. fuhr Hölz abends gegen 6 Uhr 12 Min. nach Eisleben .. nachdem Schumann Muschka mitteilte, daß er Hölz mit der Zentrale in Verbindung bringen solle.( Es folgen noch meitere Angaben über die Rolle Hölz', die in diesem Zusammen hang meniger interessieren. Red. d.„ Borm.")
Schon am Montag waren jeltens der KAP. die ersten Schüffe gewechselt, nicht von der anderen, sondern von unserer Seite. Das waren aber nur alles Plänteleien.( Folgt Bericht über mehrere Sigungen. Reb.)
Am 20. fand in Halle eine Sigung der Oberbezirksleitung statt. Anwesend waren Vertreter aus fämtlichen Bezirken Mitteldeuffchlands und M.- P.- Letter. Dort wurde Bericht erstattet aus den einzelnen Bezirken. Die Stimmung war so schlecht und mieß, daß man der Meinung war,
es bedürfe fünftlicher Mittel,
Aus dem Bericht Bowistys.
Q., den 12. April 1921. Offizier M. P. und politischer Kommissar für Mansfeld . Da über die Einleitung der Aktion meiner Zentrale eine ganz falsche Ansicht vorherrscht, so sehe ich mich veranlaßt, der Zentrale einen Bericht zu übermitteln, wie er mir noch im Gedächnis, ist. Es war am Freitag, den 18. März, als der Genosse Delsner und der Genosse Schumann- Halle mit dem direkten Auftrag der Parteizentrale in Halle erschienen,
Dies waren die Berichte des Genossen
die Aktion unverzüglich einzuleiten. Den Anlaß hierzu sollte die Besetzung Mitteldeutschlands mit Sipo und Schupo abgeben.... Man war sich im großen und ganzen darüber einig, daß die Aktion unter allen Umständen eingeleitet werden müsse. Bon einigen Genossen jedoch wurden Bedenken darüber geltend gemacht, daß gerade Mitteldeutschland mit der Kernum die Sache hochzubringen.( Folgen weitere Sigungs- nehmen solle.( Folgt eine Schilderung, wie diese Bedenten widertruppe des revolutionären Broletariats den ersten Anstoß unterberichte. Red.) legt wurden. Red.) Am Mittwoch, den 23., nachmittags, mar Eberlein( der kommunistische Landtagsabgeordnete. Red.) in Halle. Es fand eine Eberlein. Red.) aus Berlin als Beauftragter der Zentrale, um die Am Dienstag, den 22., erschien dann der Genosse Hugo( Hugo Eizung statt. Anwesend: Die Oberbezirksleitung, die beiden Ge- Aktion In Mitteldeutschland vorwärtszutreiben und zu leiten. E: noffen, Eberlein und ich. Es wurde die Aktion durchgesprochen. machte nunmehr über die Durchführung der Aktion ganz fon Hugo Eberlein machte den Vorschlag, toenn wir keine Parole finden, trete Borschläge und brachte den Auftrag der Zentrale, unfc. dann sollen im Laufe der nächsten Tage die Genossen Cemd und allen Umständen in Mitteldeutschland eine Parole zu schaffen, d Bowihty verhaftet werden, um so die Hallesche Arbeiterschaft her durchschlagend für das ganze Reich in Frage tommen könnte. Dies auszuloden. Die populärsten Führer sollten verschwinden. Es war insofern außerordentlich schwer, weil die zur Besegung erschiesollten Märchen aufgebracht werden, wie man sie befreit hat, und nenen Sipomannschaften sich trog aller Propofationen außer versucht werden, ordentlich zurüchielten. Es war selbst im Mansfeldschen durch Attentate die Stimmung der Arbeiterschaft jo aufzuputschen, nicht möglich geworden, fie irgendwie, selbst durch Beschimpfungen daß fie in den Kampf zieht. Mir war einige Tage vorher die Mit- aus ihrer Reserve herauszuloden. Sie spielten Karten, rauchten teilung geworden, daß auf dem Thüringer Bahnhof in Halle ein ihre Pfeife und brachten ihre Freude über die Zurückhaltung underwaggon 15-3entimeter Granaten, Deklariert holen zum Ausdruck. als Sauerbunnen" nach Bildpart bei Botsdam, angekommen wäre, är der Teutschenthal . Es wurde dann von dem Genossen M. 7 und ein Baggon Infanteriemunition. Als ich dieses mittellte, machte( Müller 7. Red.) der Vorschlag gemacht, dann doch in freund. Eberlein den Borschlag, menn die Sachen noch da sind, dann schaftlicher Weise sich mit den Sipomannschaften zu unterhalten, werden beide Waggons in die Luft gesprengt. Wir bringen dann einzubringen in ihre Wachtlokale oder Unterkünfte, sie entweder damorgen im„ tlassentamp"( das fommunistische Blatt in Munition der Konterrevolution in die Luft geflogen, die Woh Halle. Reb.) noch den Bericht: Durch unvorsichtigteit die nungen der Arbeiter zusammengestürzt, hundert rbeiter sind tot. Wenn das nicht wahr ist, widerrufen wir es nach einigen Tagen. Ich wurde sofort von Eberlein beauftragt, mit den führenden Genossen unserer Spreng tolonne in Verbindung zu treten und dann in der Nacht die Sachen hochgehen zu laffen. Abends 7 Uhr war die Sigung der Bezirtsleitung in Anwesenheit von Eberlein. Teilnehmer: Borsiz Delsner, die gesamte Bezirksleitung, Bomizky, Don Halle einige Genossen und Eberlein. Da wurde über die ganze Lage Bericht erstattet, und war Schumann derjenige, der abriet, die Aktion weiterzutreiben. Siebenmüller und Schumann sagten, daß wir noch Zeit hätten, den Generalstreit abzublafen.... Eberlein sagte, wir müffen die Sache weitertreiben, die Munition müsse in die Luft fliegen, oder man macht eine andere Sache, es passiert eine Erplosion, so daß die Arbelterschaft aufgerüttelt wird. Die meisten Genoffen, waren damit einverstanden. auch Delsner.
Auf Antrag der Bezirksleitung mußt sich Eberlein, Robert Siebenmüller, Lemd und Schneidewind in die Küche zurückziehen und Attentate für die kommende Tacht beraten. Da wurde der Borschlag von Eberlein und Siebenmüller gemacht, in der Mittwoch Nacht
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durch zur Abwehr zu reizen, und falls dies nicht gelänge, ihnen einveranstalten und bei dieser Gelegenheit in der vorbezeichneten Weise fach dann ihre Waffen gewaltsam zu entreißen. Mörder erhielt den Auftrag, in Eisleben eine Versammlung unter freiem Himmel zu veranstalten und bei dieser Gelegenheit in der vorbezeichneten Weise einen konflikt zu schaffen.
Bis dahin war in Mitteldeutschland auch noch nicht ein Betrieb von der Sipo besetzt worden, und die gegenteiligen Berichte, monach die Leuna - Werte von Sipoleuten besetzt gewesen seien, en t- behren jeder Grundlage. Das Leunawerk ist durch Sipo erst befeßt worden nach der Beschießung am Mittwoch, den 30. März. Genoffe ugo machte nunmehr den Genossen der Jllegalen verschiedene Vorschläge, wie eine wirksame Barole unter den gegebenen Berhältnissen geschaffen werden könne. Er gab den offiziellen Auftrag, das Munitionsdepot in Seefen und einige Stunden darauf, um die Wechselwirkung glaubhaft zu machen,
das neuerworbene Grundstück der Produkfiogenossenschaft in die Luft zu sprengen. Einigen Zufällen ist es zuzuschreiben, daß beide Aufträge nicht zur Durchführung gelangen konnten. Ferner wurde folgender Plan in Ermägrung gezogen: Der Genosse Leme und ich sollten uns bereithalten, um für einige Zeit von Halle spurlos zu derschwinden. Der Plan war folgendermaßen gedacht: Es sollte in der Nacht durch einige Stoßtrupps eine lebhafte Schießerei, möglichst auch mit Handgranaten, an einigen Punkten der Stadt einsehen. Es sollte dann die Meldung verbreitet werden, der Genoffe Ceme sei bei den Kämpfen schwer verwundet und durch Sipooder Orgefch- Leute im Auto verschleppt worden, unbekannt, wohin. Eine ähnliche Komödie sollte mit meiner Wenigfeit aufgeführt werden. Da unsere Namen bei der Arbeiterschaft einen
unser Heim trachen gehen zu laffen, weil wir sagten, das würde die Arbeiter am meisten aufregen, wenn man ihnen fagt, sie beschädigen Euer Eigentum. Ich sprach dagegen und sagte, sprengt lieber die Munitionsanstalt. Es wurde beschlossen, 2 Uhr nachts die Munitionsanstalt hochgehen zu lassen und 3 Uhr die Produffio- guten Klang haben, so erhoffte man genossenschaft. Schneidewind wurde bamit beauftragt. Eberlein, Siebenmüller und Schneidewind gingen dann um 20 Uhr weg, um die Leute zusammenzufriegen. Das war am 18. In der ersten Nacht hat die Sache versagt. In der nächsten Nacht glückte es auch nicht....
dadurch ein gutes Ansteigen der Empörung und einen spontanen Ausbruch des Generalstreifs. Bon der Durchführung dieses Planes fam man durch die Weiterentwidlung
der Verhältnisse ab.
funft in der„ Stadt Dresden" seiner Entrüstung darüber Ausdrud, Am anderen Morgen gab der Genosse Hugo in einer Zusammendaß in Halle nicht das geringste flappe. Die Illegale wäre vollkommen verfaut, es wäre geradezu unerhört, daß noch nicht einmal ein anftändiges Stück Zündschnur
( Der Bericht Lemas, der das Datum des 8. April 1921 trägt, geht noch sehr ausführlich weiter. Lemd schildert hauptsächlich seine Rampftätigkeit während der Unruhen. Mit Mar Hölz hat er heftige Differenzen gehabt. In einer der Auseinanderseßungen mit Hölz wird betont, daß DON der Zentralleitung Bowity Schneider, der teilnahm, war mächtig impulfio und wollte los als politischer Sommiffar, Lema als militärischer vorhanden wäre, mit dem zuverlässig ein solcher Auftrag durchgeführt hauen. Ihm wurde erklärt, daß er erhöhte Alarmbereitschaft vor. Oberbefehlshaber eingesetzt war. Auf Hölz ist Lemd sehr werden fönne. Gemeint war damit der Anschlag auf das Ge bereiten solle für die Generalstreifparole, daß er sich jeder anderen schlecht zu sprechen, er erflärt ihn für cinen Schinderbannes noffenschaftsgebäude, weil dort die Zündung versagt hatte. Handlung enthalten solle. Das war bis mittags 1 Uhr. Nachmit- und Räuberhauptmann, der für sich Geld machen wolle. Er gab den direften Auftrag, beide Befehle in der folgenden Nacht tags erfuhr ich, daß der Hölz bereits am Freitag in Halle war. Er Wir behalten uns die Wiedergabe einzelner Teile dieses Berichts unbedingt auszuführen. Ich äußerte meine Bedenken in bezug hat geschlafen bei Baul Muschka. Das war alfo am 18. Georg für einen späteren Zeitpunkt vor. Zunächst wollen wir einiges aus auf das Munitionsdepot und wies den Genossen Hugo ziemlich Schumann hat mir am 4. April erzählt, daß er schon seit längerer dem Bericht Bomißfys wiedergeben, der bie Angaben Lemos, energisch zurüd, weil er scheinbar nur einen Sündenbock suche für Beit einen Auftrag von der Zentrale hat, so unglaublich diese flingen, volfinhaltlich bestätigt die übereilte Aktion der Zentrale... Meine Einwände wurden