Etat»es Wohlfahrtsmmisterlltms Der Landtag hat gestern die Verordnungen über die vor- läufige Aenderung von Gerichtsbezirken anläßlich der Aus- führung des Alliicrtenvertrages debattelos angenommen. Darauf wurde die Hmishaltberatung fortgesetzt. Abg. Meyer-Solingen(Soz.): Das vom Wohlfahrtsminister gestern entwickelte Programm können wir im großen und ganzen billigen. Von unseren An- trögen zu diesem Etat hat der Hauptausschuß leider die meisten abgelehnt. Wir meinen aber, daß dies«ine falsche Spar- s a m k e i t ist und daß gerade an der B o I k s g e s u n d h e i t sich jede Vernachlässigung bitter rächt. So muß z. B. das Krüppslheim in Dahlem bei seiner großen internationalen Bedeutung unbedingt erhalten bleiben, und deshalb müssen wir die SM lXV M. Staatszuschuß bewilligen. Die Wohlfahrtsvflege und die soziale Fürjorge muß immer mehr als eine a e s c l l s ch a f tl i ch e Pflicht betrachtet werden, nickt als eine Wohltätigkeit, die In das Belieben des einzelnen gestellt ist. Auch in das Ministerium muß diese neue Auffassung einziehen. Ca gibt im Wohlfahrtsministerium noch einige Beamte des alten Systems. die stch den neuen Verhältnissen nicht recht anpassen können. So hat sich im chauptausschuß ein Ministerialdirektor gegen die Kritik, die sich unser Frakiionskollege Regimmasrat Beyer an einigen Maß- nahmen der Regierunq erlaubte, Bemerkungen erlaubt, �die wir zurückweisen müssen Geklagt wird vielfach über ein« Zurücksetzung der Krankenkassen seitens des Ministeriums. Man gibt ein- schneidende Erlasse heraus, ohne mit den Krankenkassen vorher Fühlung zu nehmen. So hat man ohne vorherige Fühlungnahme in einem Erlaß über die Gehälter der Kranken lassenangestellten in die Tarifverträge eingegrissen. Unberechtigt ist auch die Gebührenerhöhung für die Aerzte im besetzten Gebiet. Nähere Aufklärung wünschen wir über die Tättgkeik Drunuer» im Ulohlsuhrtsmiuistcrium und die Mittel, die dafür zur Verfügung stehen. Einverstanden sind wir mit dem Standpunkt des Ministers in der W o h n u n g s- frage. Auch wir glauben, daß die freie Wirtschast den Wohnungs- bau nicht fördern würde. Aber geändert werden muß die bisherige Art der Zuschußpolitik an die Gemeinden. Staatliche Woh- nungszuschüsse sollten überhaupt nicht an Private sondern nur an Gemeinden und gemcinwirtschaftliche Betriebe gezahlt werden. Die sozialen Baubetriebe sind möglichst zu fördern. Eine grundlegende Aendenmg unseres Wohnungselends kann aber nur erwartet werden, wenn man die Richtlinien annimmt, die von den Gewertschastsn und den beiden sozialistischen Parteien für einen ge- meinwirtschastlichen Betrieb der Wohnungsbeschafsung aufgestellt sind. lLebhoster Beifall bei den Soz.s Abg. Frau Dr. Lauer(Z.)c Die bisherigen Bauzufchüsse sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Verkümmerung und Verwahr- losung unserer Jugend muß mit allen Mitteln vorgebeugt werden. Abg. Stuhrmann sDnat. Vp.): An der ethischen Unterbilanz unsere» Volkslebens ist vichl die Revolution schuld. sondern es liegt ein Allgemeinverschulden vor. Denken Sie an das Wort Schenkendorfs vor 100 Jahren: Wir hoben alle ge- sündigt! Erst nach dieser Erkenntnis war die Bahn für den Stein- Hardenbergschen Aufbau frei. Diese» Aufbauprogramm v. Stein» hat noch heute Geltung. Abg. Engberding(D. Vp.): Die jetzige Wirtschastspolltik ist für den Ha us besitz unerträglich, er muß wieder zu seinem Recht krmmen. Abg. Sänig(Komm.) begründet einen Antrag auf völlige Eni- cignung des Hau»- und Grundbesitzes und Ueberjührung aus Reich, Staat und Gemeinde. Abg. Dr. weyl(U. Eoz.): Das Programm des neuen Ministers bat uns imponiert. Ich wünsche ihm nur einen eisernen Besen. Wenn ich ober höre, daß Prof. B r u n n e r Dezernent für die Lugendmohlfahrt ist. so weiß ich nicht, wen Ich mehr bedauern soll. Prof. Brunner, den Minister oder die Jugend.(Heiterkeit.) Solche Sittlichkeitsschnüfflcr gehören nicht in unseren Staat.(Zuruf rechts: Unerhört!) Das Hebammengesetz muß zeitgemäß umgearbeitet wer- den. Hoffentlich greift der Minister auf dem Gebiete des Wohnungs- wefens energisch durch. Abg. Dr. höpker- Aschhofs lDnat.) erklärt sich grundsätzlich gegen die Sozialisierung des Wohnungswesens. Abg. Quaet- Zaslen(Dnat.): Wir sind immer sozial gewesen, schon vor dem Kriege.(Lachen links.) Bei aller Bewilligungsfreudig- ksit müsien wir aber an die Deckung denken. Abg. Frau Ege(Soz.): Unter dem Minister Stegerwald ist viel versäumt worden, obwohl Stegerwald großen Einfluß hatte. Unsere Anträge bezwecken eine erhöhte Bereitstellung von Mitteln, um die Frauen stärker z.ir Mitarbeit in der Wohlfahrtspflege und sozialen Fürsorge heran- Zuziehen. Selbst Stegerwald hat anerkannt, daß es ohne die Frauen in der Wohlfahrtspflege nicht geht. Die Säuglingssterblichkeit hat in der letzte» Zeit wieder stark zugenommen. In erster Linie ist der hohe iflilchprcis daran schuld. Alle schönen Reden von .e'mer intensiven Bekämpfung der Tuberkulose sind gleichfalls bei diesem Mi'.chpreis nur Phrasen, denn jeder weiß, daß gerade Tuberkulosekranke sehr der Milch bedürfen. Wir verlangen ferner die Verwaltung der Heilbäder durch das Wohlfahrts» lninisterium. damit endlich einmal auch den Armen die Gelegenheit ergeben wird, ihre Krankheiten durch Kuren zu heilen. Die »lnzeigepflicht für ansteckende Krankheiten, ins- i rwadere von Geschlechtskrankheiten ist dringend geboten. Auf diesem Gebiete hat Preußen vollkommen oersagt, und wir haben ne Pflicht, möglichst schnell diese Versäumnisse nachzuholen.(Beifall b. d. Soz.) Nach weiteren Ausführungen der Abag. Frau P ö h l m a n n �D. Vp.) und Frau A r e n d f e e(Komm.) ergreift nochmals das Wort Volkswohlfohrtsminister hlrtfiefer: Herr Prof. Brunn er steht auf dem Etat meine, Mini- slsriums, wo er einzelne Angelegenheiten-der Jugendpflege bearbeitet. Die kriminelle Bekämpfung von Schmutz und Schund ist Gegenstand seiner Tätigkeit beim Polizeipräsidium. Sollten sich bei der Verwendung des Prof. Brunner im„Reigen"- Prozeß Schwierigkeiten ergeben haben, welche dienstliche Vorhaltungen erwünscht erscheinen ließen, so wäre dies Sache des Innenministers oder des Polizeipräsidenten ge- wesen. Es ist aber keine solche Mitteilung an mich gegangen. Mit der Theaterpolizei har das Wohlfahrtsministerium nichts zu tun und verfügt auch nicht über Mittel, die zur Störung von Theater- Vorstellungen mißbraucht werden können. Abg. Frau Christmann<U. Soz.): Die Prügelstrafe muß In den Fürsorgeanstalten aufgehoben werden. In den Fürsorgeanstalten Mörz bei Düsleldorf und Kaiserswerth am Rhein sind u n g l a u b- liche Mißhandlungen der Zöglinge vorgekommen. (Hört, hört! b. d. U- Soz.) In Kaiserswerth wurde ein Mädchen bis zum Selbstmordversuch getrieben. Nach weiteren Ausführungen der Abg. Frau Dönhoff(Dem.) und des Abg. Laden darf(W. P.) vertagt sich das Haus auf Dienstag, den tz. Dezember, 1 Uhr: Landmlrtschaftsetat, kleine Nor- lagen, Abstimmungen. Schluß nach 9 Uhr. Lanöru zum Toüe verurteilt. Der vielfache FrauriimSeder Landen wurde vom Schwurgericht zum Tode verurieiit.
Unsere Aufgaben in öer Vor den Berliner SPD. -Funktionären sprach gestern im Luckauer Hof zunächst Ministerpräsident Genosse Otto Braun über die augenblicklich im Vordergrund des Interesies stehenden Fragen der inneren Politik und über unsere Aufgaben in der Regierung. Er führte aus- Wir haben in der Regierung im Sinne unserer sozialistischen Weltanschauung für die proletarischen Masten zu wirken. Das wäre eigentlich alles.(Heiterkeit.) Unser ganzes Streben in der Partei war darauf gerichtet, die politische Macht zu erringen, aber wir haben uns einstweilen mit einem Teil der Macht begnügen müssen. Es ist viel vorteilhafter, einen Teil der Macht auszuüben, als stch völlig ausschalten zu lasten, und danach haben wir stets ge- bandelt, wenn man davon auch eine Schwächung der agitatorischen Kraft fürchtete. Aber man muß den Mui zur Unpopularikät hoben, und der ist um so größer, als das deutsche Volk Jahrhunderte lang am Gängelband geführt wurde und dessen politische S ch u- lung noch sehr im aiigen liegt. Wir kamen in einer Zeit zur Macht, die so ungünstig als nur möglich war. Aber die Partei muß imstande sein, die Aufgabe durchzuführen, die uns die Geschichte zugewiesen hat. Manche Genossen sagen:„Laßt doch die anderen regieren, sie sind schuld on dem Zusammenbruch!"(Sehr richtig!) Wir haben das Experiment ja im Reiche und in Preußen gemacht, und die Ergebnis,« liegen nicht im Interesse des Volkes. Wir müsten uns entscheiden, ob wir die Katastrophenpolitik der äußersten Linken oder vernünftige Aufbaupolitik treiben wollen. Es kann doch noch schlimmer kommen, das lehrt Rußland ! Wir müssen Ge- setzgebung und Verwaltung in unserem Sinne beeinflusten. Wir müsten den Kampfboden der demotrakischen Republik, auf dem der Wirtschaftskampf der nächsten Jahrzehnte ausgefochten werden wird, so festigen und erhalten, daß keiner die Republik stürzen kann. Die dringenden Gesetze über eine neue Gemeinde-, Kreis- und Provinzialordnung und ein neues Ver- waltungsrecht lagen fertig vor, als wir ausschieden, in dem halben Jahre unserer Abstinenz sind sie nicht an das Parlament ge- kommen. Nun müsten wir ste erneut weiterführen. Wenn wir die Republik nicht festigen, wenn wir nicht die Jugend erziehen— (Zwischenruf: Boelitz!). Genosten, wir können leider nicht Wunschpolitik treiben, sondern müsten Wirklichkeitspolliik treiben. Dazu zwingt der Ausfall der Wahlen. Ich fürchte, daß Re- formen überhaupt nicht durchgeführt werden können, weil d I e Mittel fehlen. Ein Schulsystem, das Jahrzehnte bestanden hat. ist nicht in wenigen Jahren umzustellen.(Lebh. Zustimmung.) Genau so wenig ist es möglich, den alten Beamtenkörper in drei Jahren um- zugestalten. Wie die Konservativen die Beamten auf die Monarchie eingestellt haben, müsten wir die Beamten auf die Republik umstellen. Es muß für einen aufrechten Beamten viel leichter sein, frei der Republik zu dienen, als geknechtet in einem monarchischen Staate zu arbeiten. Wenn es gelingt, die Republik zu festigen, wird die Beamtenschaft sich aucb auf die Republik einstellen. Ist da» schneller zu erreichen, wenn dt« Sozialdemokratie außerhalb der Negierung bleibt? Nein, da» kann nur erreicht wervcn, wenn wir teilhaben an der Regierung. Gewiß können stch die Ver. höltniste so gestalten, daß es günstiger ist, nicht hineinzugehen. Kann sich in der großen Koalition die Sozialdemokratie nicht auswirken? Wir müssen un» hüten vor den Schlagwörtern, die nur da» Denken einschläfere wl« z. B. dem von der„Stinnespartei". Noske Ist äußerst links nicht mehr aktuell, jetzt ist Stinnes dran. Die Volksparteiler werden sich auf die mittlere Linie der Politik der vier Koalitionsparteien einstellen müsten. Es muß«ine gewisse S t e t i g t« i t in unser politische» Leben! Es kommt darauf an, daß die Parteigenosten Verkrauen haben zur Partei und ihren Führern, denn es spricht sich Schwäche darin aus, wenn man fürchtet, daß volksponeiliche Denkart auf uns abfärbt. Ist es In der steigenden Not bester, jetzt nicht in der Regierung u sein, oder kann es bester werden, wenn die Sozialdemokratie in er Regierung ist. Keine Regierung kann«ine schnelle Desterung herbeiführen, da die ganze Welt verarmt ist. Die sozio- listischen Ideen werden Ihre werbende Kraft behalten. Vielleicht werden wir einmal sagen, die derzeitige Koalition war ein Fehler. Wer aber nicht den Mut hat, einen Fehler zu machen, der hat überhaupt keinen Mut zur Tat, und darum werden wir, die wir den Mut zur Tat haben, so ckenke ich. doch beweisen, daß die Eni- Wicklung in unserem Sinne fortschreite und zu unseren sozialistischen Zielen führt.(Großer Beifall.) Reichsjustizminister Genosse Radbruch führte zur Frage der A m n e st i e aus: Alle Kommissionen haben bestätigt, daß die Hungerstreiks nicht wegen der Behandlung, fon- dern wegen der Lage der Angehörigen und wegen der noch nicht erfolgten Bestrafung der Kapp-Derbrecher geführt wurden. Es sollte eine allgemeine Amnestie erreicht werden. Wir muhten uns gegen diese Hungerstreiks wenden, da wir sie sonst überall be- kommen hätten, auch bei den nichtpolitischen Gefangenen. Der Redner zeigt, ohne zu verallgemeinern, an Beispielen, welcher Art die Vergehen einzelner Gefangener waren, die teilweife lebhafte Erregung erweckten. Es ist gelungen, die Lzungerstreikcnden vor Gesundheitsschädigungen zu bewahren. Außerdem soll für die Angehörigen gesorgt werden. Leider ist der Iustizminister kein Minister der Justiz, er ist nur«in Gesetzgebungs minister. Er hat nur zwei Mittel, sachliche Kritik und die— Zeit. Auch in der Justiz wird vieles anders, wenn erreicht wird, daß die Republik als unabänderlich feststehende Staatsform jedem erkennbar wird. Lichienburg war ein Versuchsballon der Kommunisten.(Sehr richtig!) Als ich die Zetkin-Dokumente bekam, war ich entsetzt. Es galt, sie der Oeflentlichkeit bekanntzu» geben, um der Arbeiterschaft zu zeigen, wo die wahren Arbeiter- verräter sitzen, und es galt die Oeflentlichkeit für die Gefangenen zu interessieren, die schuldlose Opfer dieser Arbeiterverröter geworden sind.(Sehr richtig!) Zur Festigung der Republik gehört auch, daß wir den Mut haben, gegen alle Leute aufzutreten, die sie untergraben. Ihnen gegenüber müssen wir nicht nur Gerechtigkeit üben, sondern auch die Kraft zur Rolwehr ausbringen.(Lebhafter Beifall.) In der Diskussion unterzog Horn den Mieterschutzgesetzentwurf der Kritik. Genosse Löwcnthal: Wo immer wir mit der Stinnespartei zusammen- gewirkt haben, hat es der schaffenden Bevölkerung keinen Erfolg gebracht. Man mache die Erfassung der Sachwerte zum Gegen- stand einer Volksabstimmung! Genosse Katzensteln: Stinnes und seine Gruppe beherrschen die Deutsche Dolkspartei und so wird diese Partei für eine Politik in unserem Sinn« nicht zu haben sein. — Genosse Herrn» hält das Arbeiten in der großen Koalition für notwendig.— Genosse Bernhard Krüger : Wir haben die Pflicht, unser« Parteigenossen in der Regierung zu unterstützen. Es gilt vor allem die Einheit der Partei zu wahren. <Lebh Zustimmung.) An vielen Beispielen zeigte der Redner das Vorgehen der Kommunisten. Wenn sich Parteigenossen finden, die
Regierung � Mnmeftie. dieser Gesellschaft bei ihrem RummZl noch zustimmen, dann steht einem der Verstand still. Wir sind als Sozialdemokraten berufen, Führer der deutschen Arbeiterschaft zu sein, und in diesem Sinne haben wir zu wirken.(Lebh. Bravo!)— Genosse Plewe führt aus, es sei mehr Sympathie für die Sozialdemokratie unter den Beamten vorhanden als allgemein angenommen wird.(Zustimmung.) Ein Schlußantrag wird angenommen. Im Schlußwort sagt Genosse Braun: Auch ich weiß, daß hinter dem Werke Stinnes sich eine große wirtschaftliche Macht verbirgt, aber ich wende mich dagegen, daß man jeden Vorgang als Stinnessache kennzeichnet. Hier ist die Frage, ob man eine große wirtschaftliche Macht allein wirken lassen will oder nach Maßgabe seiner poli- tischen Stärke on der Macht teilnimmt Ich glaube, dos letztere Ist besser. Man tut unserer Partei Unrecht, wenn man sagt, daß in den letzten drei Jahren nichts getan worden sei Denk: nur an die Kämpfe srüherer Jahrzehnte, wie wir um eine Aenderung des Dreiklossenwahlrechts große Demonstrationen veranstalteten. Und wer damals erklärt hätte, daß im Jahre 1321 der preußische Minister- Präsident und der Reichsjustizminister vor den Parteifunktionären reden würden, den hätte man m eine Kaltwasserheilanstalt gesteckl. (Stürmische Zustimmung.) Nehmen Sie das nicht als einen Aus- spruch der Selbstzufriedenheit, ich bin unzufriedener als Sie. Aber diese Unzufriedenheit darf uns nicht den Blick für die Reali- täten der praktischen Politik trüben. OKne die Zersplitterung der Arbeiterschaft hätten wir mehr schaffen können. Daher haben die Zersplitterer das allergrößte Verbrechen an der Arbeiterschaft begangen und ste trifft die Schuld, wenn nicht mehr erreicht wurde.(Lebhafte Zustininnmg.) Wir müssen jene proletarischen Kräfte zusammenfassen, die noch „linksradikal" oder indifferent sind. Ich rede einer Einigung nach links unter Aufgeben unserer Prinzipien nicht das Wort. Da darf es keine Schwäche und keine Ruhe geben. Konsequent müssen wir unsere Politik treiben.(Stürmi- scher Beifall.) Alsdann wurden einstimmig folgende Entschließung?» angenommen: I. „Die Ausgabe der Sozialdemokratie In den Regierungen des Reichs und der Länder ist die Verhinderung des wirtschaftlichen und staatlichen Zusammenbruchs Deutschlands , die Sicherung der Repu- blik und der Demokratie, die tatkräftige Anbahnung des Wirtschaft- lichen und sozialen Wiederaufbaues mit dem Ziel der sozialistischen Gesellschaft. In der Regierungskoalition mit bürgerlichen Parteien kann dcshaib die Sozialdemokratische Partei nur bleiben, solange ihre Vertreter in diesem Sinne arbeiten können. Die Funktionäre und Betriebsvertrauensleute der SPD . Groß-Berlins haben zu ihren Genossen das Vertrauen, daß sie mit aller Kraft an der Durchsetzung dieser Grundsätze arbeiten und ihre Aemter der Partei zur Verfügung stellen werden, wenn sie hierbei auf unüberwindliche Hindernisse sto- ßen. Insbesondere erwarten die Funktionäre, daß die Steuergesetz» gebung, die eine Lebensnotwendigkeit Deutschlands ist, mit einer gerechten Belastung des Besitzes und einer ausreichenden Erfassung der Sachwerte sofort durchgeführt oder an die Entscheidung de» Volke« appellier wird." II. „Die Funktionäre und Betriebsvertrauensleute der SPD . Groß- Verlins billigen die Haltung des Reichsjustizminister» Genossen Rad- bruch und der sozialdemokratischen Fraktionen in den Parlamenten gegenüber den Hungerstreiks in den Strafanstalten und erwarten, daß die versprochene Nachprüfung der Urteile au» dem mitteldeutschen.. Putsch und weitgehende Begnadigung schleunigst erfolgt. Mit tieffter Empörung haben die Funktionäre aus den veräffent- lichten Zctkin-Dokumenten erneut Kenntnis erhalten von der verbreche- rischen Rolle kommunistischer Führer im mitteldeutschen Putsch. Di« Funktionäre werden alles daran setzen, um durch restlose Aufklärung»- arbeit auch den letzten Arbeiter der Gefolgschaft dieser Verbrecher zu entreißen." Nach einem Schlußwort des Genossen Franz Krüqer, da» in einem begeistert aufgenommenen£>och auf die Partei ausklang, wurde die Konferenz um)410 Uhr geschlossen.
Schtvmöel über Schwinöel! Von der Zentrale der KPD. ist die rettende Parole heraus- gegeben worden: Lügt und schwindelt auf Teufel komm raus, damitderEindruckder Eberlein. Dokumente v e rw i s ch t wird. Diese Parole wird redlich befolgt. Hugo Eber- lein Hot seinen Getreuen erzählt, der„Spitzel" F e r r y, der Urheber des SIegcssäulenattentat», sei von der Regierung au» dem Zucht- Haus entlassen worden. Die Regierung hat hierzu bereits er- klärt, daß Ferry nach wie vor im Zuchthaus zu Rendsburg sitzt. Da die Kommunisten diese Erklärung aber bezweifeln werden, so sei die Erklärung hinzugefügt, die der Verteidiger Fcrrys, der kommunistische Justizrat Vroh(KAPD.), der B.-S.- Korrespondenz übermittelt. Vroh erklärt: Eberleins Angaben siyd aus der Luft gegriffen. Ferry ist vor kurzem aus dem Zuchthaus zu Sonnen- bürg nach dein Rendsbnrger Zuchthaus übergeführt worden. Gegen diese Ueberführung nach der dänischen Grenze hat Ferry Beschwerde erhoben, da hierdurch seinen Angehörigen Besuche zur Unmög- lichteit gemacht werden. Sollte sich Ferry wirklich nicht mehr im Zuchthaus befinden, so könne nur eine Aluchl in Frage kommen. die der Verteidiger aber auch für ausgeschlossen hält. Eine Ve- qünstigung Ferrys durch die Regierung sei vollkommen ausgeschlossen, da Ferry niemals in irgendwelcher Beziehung zur Regierung gestanden Hobe und das Attentat lediglich seinem Kopfe entsprungen sei. Mit Ferry ist es übrigens eine eigentümliche Sache. Er wird von den Kommunisten obwechselnd als„proletarischer Held" gefeiert und dann wieder als„Spitzel" beschimpft. Es ergeht ihm ähnlich wie K e m p i n, dem Aufstandsführer im Leunawerk, den die Kam- munisten im Untersuchungsausschuß für einen ehrlichen Kämpfer erklärten, dagegen im Plenum durch Zwischenrufe als Spitzel bezeichneten, je nachdem man's braucht! » Mustergültiges im Schwindel leistet sich die„Rote Fahne". Sie schreckt auch vor offensichtlichen Fälschungen nicht zurück. Ein Bei- spiel für viele: Im„V o r w ä r t s"(Abendblatt vom 29. November) heißt es unter anderem: „Daß diese Komödie(die Gründung der„provisorischen Leitung" einer neuen Betriebsrätcorganisation)«inen tragikomischen Abschluß fand, ist nicht das Verdienst der Kommunisten, sondern der Veröffentlichung des„Vorwärts". In der„Roten Fahne" wird dieser Satz so umgefälscht (Morgenm'o-irbe vom 30. November): „Dieses Verdienst," fährt der„Vorwärts" wörtlich fort,„ist nicht das Verdienst der Unabhängigen, sondern usw." Aus den„Kommunisten", gegen die sich der„Vorwärts" wandte, sind dadurch Im Handumdrehen die Unabhängigen geworden! Der Zweck des Fälschens liegt klar zutage!