2. Beilage zum ,, Vorwärts" Berliner Volksblatt.
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Ur. 287.
Sonntag, den 9. Dezember 1894.
Arbeiter! Varteigenossen!
11. Jahrg.
Die Verhandlungen wegen Beendigung des Bierboykotts find abgebrochen worden, weil die Ringbrauereien eine Bedingung stellten, deren Annahme mit der Ehre der Arbeiterschaft unvereinbar ist. Die Vertreter des Brauerrings hatten die Stirn zu fordern, daß der Friedensschluß davon abhängig gemacht werde, daß 33 Arbeiter nie mehr in den Betrieben der Niugbrauer beschäftigt werden.
Arbeiter! Parteigenossen! Ohne jeden Anlaß seitens der betreffenden Arbeiter sind am 16. Mai Hunderte aufs Pflaster geworfen worden. Und nun sollen nach monatelanger Aussperrung, nach monatelangen Entbehrungen dreiunddreißig Arbeiter dauernd dem Elend, für immer der Eristenzlosigkeit, also dem langsamen Zugrundegehen überliefert werden, dreiunddreißig Mann, von denen keiner Schuld an dem Boykott trägt. Sie sollen als Opfer des Kapitalistenübermuthes auf der Strecke bleiben. An der barbarischen Doppeldezimirung des 16. Mai hatte der Brauerring nicht genug- seine Rache verlangt die Vernichtung von weiteren dreiunddreißig Existenzen. Arbeiter! Genossen! Wir wissen, daß wir in Eurem Sinne gehandelt haben, als wir diesem ungeheuerlichen Anfinnen ein empörtes furzes Nein entgegenseiten und die Verhandlungen abbrachen. Die Arbeiter Berlins konnten und wollten einen ehrlichen Frieden schließen; niemals aber werden wir unsere Hand dazu bieten, niemals werden die klasseubewußten, in den Gewerkschaften und der Sozialdemokratie organisirten Arbeiter dulden, daß ein
geschlossen wird.
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ehrlofer Friede
Nun ist die Entscheidung getroffen. Der Boykott muß mit erneuter und vermehrter Energie fortgeführt werden. Die Parole
Kein Tropfen Ringbier
muß mit unwiderstehlicher Macht zur Durchführung gelangen.
Jeder einzelne Arbeiter muß seine ganze Kraft aufwenden, um den Boykott zur vollen Wirkung zu bringen. Dazu ist nöthig, daß die gesammte Arbeiterschaft mit verdoppelter Kraft Hand aus Werk legt, die zur Organisation, Ueberwachung und Durchführung des Boykotts erforderlichen Maßregeln energisch zu unterstützen. Es bedarf aller Kraft, aller Energie, denn die Brauerdirektoren haben offen erklärt, die Unterwerfung der Berliner Arbeiterschaft durch neue Massenmaßregelungen erzwingen zu wollen! Arbeiter, Parteigenossen! Der Brauerring hat zwar Millionen zur Verfügung und wird in diesem Klassenkampfe auch fernerhin Hunderttausende opfern; hinter uns aber stehen die Massen, auf unserer Seite ist das Recht, ist die Begeisterung, ist der Opfermuth. Und an Euren Opfermuth appelliren wir abermals. Die unschuldigen Opfer tapitalistischen Uebermuthes dürfen nicht dem Hunger preisgegeben werden. Seit Monaten liegen diese Hunderte existenzlos auf der Straße. Wir wenden uns deshalb an die Arbeiter von ganz Deutschland um thatkräftige und schnelle Unterstützung. Der Kampf ist uns aufgezwungen worden. Die Berliner Arbeiterschaft hat den Handschuh aufgenommen und sie wird den Kampf durchführen bis zum Ende. Arbeiter! Euer Klassen Juteresse nicht blos, Eure Klassen Ehre ist im Spiel. Da giebt es keinen anderen Gedanken als Sieg! Vorwärts zum Sieg! Kein Tropfen Ringbier! Hoch der Boykott!
lottenburg.
Brauerei Wilhelmshöhe, E. Lehmann, Berlin . Brauerei Pichelsdorf, Direktor Hoffmann. Münchener Brauhaus, Attien- Gesellschaft, Berlin . Süddeutsche Brauerei, Karl Ring 1. Ko., Berlin . Brauerei Müggelschlößchen, Friedrichshagen . Nordstern- Brauerei, Berlin . Rathenowver Exportbrauerei Niederlage. Juh. Mar Dennhardt, N.W. , Hannoverschestr. 18a. Tel. III. 8178. Schloßbrauerei, Fürstenwalde . Niederlage bei Franz Heiser, N., Liesenstr . 5. Bürgerliches Brauhaus( in Firma Müller), Frant furt a. D. Niederlage Greifswalderstr. 228. Phönig- Brauerei, C. Radon, Lichterfelde . Brauerei Jagdschlößchen, Eberswalde . Niederlage Edm. Renter, Swinemünderstr. 45. Brauerei Tivoli, Strausberg . Niederlage Stabernad, Mühlenstraße 49a. Louisen- Brauerei, Bellermannstr. 71a/ 72. Brauerei Königs Wusterhausen , Niederlage Reichenbergerstraße 33. Brauerei Danz, Freienwalde a. D. Bertreter: M. Marten, N., Gartenstr. 152. Bürgerliches Brauhaus, Luckenwalde . Niederlage Gust. Spiekermann, Krautstr. 48, Tel. VII, 1487. Export- Brauerei Grabow a./D. bei Stettin . Niederlage Marthen, Bellermannstr. 6. Brauhaus Hohen- Schönhausen bei Berlin .
W.
Boykottirt sind die folgenden, dem Ring angehörenden Brauereien:
Aktien- Brauerei Friedrichshain , Berlin . Aktien- Brauerei- Gesellschaft Friedrichshöhe, vorm. Paßenhofer, Berlin .
Aktien- Brauerei- Gesellschaft Moabit , Berlin . Attien- Gesellschaft Schloßbrauerei Schöneberg, Schöneberg . Bergschloß- Brauerei, Aftien- Gesellschaft, Berlin . Berliner Bockbrauerei, Aktien- Gesellschaft, Berlin . Berliner Kronen- Brauerei, Attien- Gesellschaft, Berlin . Berliner Unions- Brauerei, Berlin .
Böhmisches Brauhaus, Kommandit- Gesellschaft auf Aktien, A. Knoblauch, Berlin .
Brauerei Oswald Berliner, Berlin . Brauerei Julius Bözow, Berlin .
Brauerei Borussia , Aktien- Gesellschaft, Niederschönweide bei Johannisthal.
Die Boykott- Kommission.
Der Reichshaushalts- Etat
für 1895/96.
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Beamtenbesoldungen ist ein Betrag von 1 439 950 M. eingestellt von diesem Etatssage entfallen 1 390 000 m. auf die Reichspost und Telegraphenverwaltung, welcher Betrag denn auch im Reichspost- Etat bei den fortdauernden Ausgaben erscheint.
541 339.
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Der soeben dem Reichstag vorgelegte Gtat schließt in Gin- Die einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats nahmen und Ausgaben mit 1247 256 063 m. ab; von den Aus- sind mit 98 844 584 m., das sind 22 521 341 M. höher vergaben entfallen 1 100 554 613 M. auf die fortdauernden, anschlagt. Es entfallen hiervon auf das Auswärtige Amt 98 844 584 M. auf die einmaligen Ausgaben des ordentlichen 6791 100 M.(+2 094 100), auf das Reichsamt des Innern Etats und 47 856 866 M. auf die einmaligen Ausgaben des 3 609 860 M.(-695 410), auf Post- und Telegraphenverwal außerordentlichen Etats. tung 9 397 895.(+697 912), Verwaltung des Im einzelnen setzen sich die fortdauernden Ausgaben Reichsheeres 55 113 540 m.(+ 16 780 600), Marines folgendermaßen zusammen: Seichstag 422 958 M., Reichsfangler verwaltung 23 025 050.(+4 029 400), Reichsjustizund Reichstanzlei 153 780 M., Auswärtiges Amt 10 556 487 M., Verwaltung (-458 661), Reichsschazamt barunter ein Wehr von 173 500 M. für Gesandtschaften, Konsulate 195 800 M.(+34 400). Reichsschuld 170 000 M.(+170 000). und Schutzgebiete, Reichsamt des Inneru 28026 295 M., darunter Tie einmaligen Ausgaben des außerordentlichen ein Mehr von 605 540 M. bei den allgemeinen Fonds und Etats, welche auf 47 856 866 M., d. f. um 82 418 509 M. 128 100 m. beim Reichs Patentamt; Berwaltung des niedriger, veranschlagt sind, feßen sich folgendermaßen zu Weich sheeres 471 288 465., im ganzen weniger gegen den sammen: Reichsamt des Innern 1565 174(-19 144 826), laufenden Etat 8 788 440.; Verwaltung der kaiser- Werwaltung des Reichsheeres 34 167 892(- 58 560 533), lichen Marine 55 994 636 M., im ganzen mehr 5 298 532 M.; erwaltung der Marine 7342 800(+3 111 600), Reichs Justizverwaltung 2 085 366 M.; Reichs Schazamt Eisenbahnverwaltung 4781 000(-7 824 750) 9. 374 321 990 M., D. h. 13 793 555 Wt. mehr als im laufenden Etat, Die Einnahmen sind veranschlagt: Zölle und Verbrauchswovon 13 737 000 m. auf die Ueberweisungen an die Bundes steuern mit 623 140 420 M., b. f. 1204 860 m. mehr; es ent Die staaten entfallen; diese Ueberweisungen sind im ganzen mit fallen auf die Zölle 347 612 000 9.( 2 094 000). 369 187 000. veranschlagt; Reichs- Eisenbahnamt 346 900 M.; Tabatsteuer ist veranschlagt auf 11 381 000(+ 249 000) W., Reichsschuld 75 193 800 Mart mit 8481 000 art Zuckersteuer 77 097 000(+1691 000) M., Branntweinsteuer: mehr für Verzinsung; Rechnungshof 735 503 M.; Maischbottich- und Materialsteuer 18 820 000(+ 832 000) M., allgemeiner Pensionsfonds 55 034 754 M., um Verbrauchsabgabe 98 957 000(-1136 000)., Salzsteuer 6 789 316 m. mehr als im laufenden Etat, von 43 657 000(+ 915 000) M., Brausteuer 25 603 000(+ 747 000) welch letzterer Summe 6 416 625 m. auf das Reichsheer, Mart, Reichsstempel- Abgaben und zwar: Spielkartenstempel 339 741. auf die Marine entfallen; Reich 31312 000(+ 57 000) M., Wechselstempel 7 727 000(+ 139 000) Invaliden fond3 26 393 717 M., d. h. 864 778 M. weniger Mart, Stempel für Werthpapiere 9 751 000(+ 5 320 000) M., als pro 1894/95; auf die Invalidenpensionen infolge des Krieges Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte 13 867 000(+ 2 827 000) 1870/71 entfallen 21 430 857 M., b. b. 1 249 935 M. weniger, Mart, Lotterieloose 17 624 000(+8571 000) M., statistische infolge der Kriege vor 1870 3 532 581 m., d. h. 420 154 m. Gebühr 720 000(+42 000) M., zusammen an Stempelabgabe mehr, auf die Pensionen für Angehörige der ehemaligen 51 001 000(+16 956 000) M., Reichspost- und Telegraphen Schleswig- Holsteinischen Armee 280 000 m., Ehrenzulage an Verwaltungsüberschuß 27 932 879(-471 138) M., Reichsdruckerei. die Juhaber des Eisernen Kreuzes 38 084 Mart, für überschuß 1 474 155(+37 355) M., Eisenbahn- VerwaltungsüberPensionen an ehemalige französische Militärpersonen 200 000 schuß 23 173 000(+ 91 900), Bantwesen 7 182 100(-62 700), Mark, für den Dispositionsfonds des Kaisers verschiedene Einnahmen 10 247 525(-2 291 688), aus dem 350 000 art, und für die Invaliden- Justitute 865 452 Mart. Reichsinvalidenfonds 26 398 714(-864 778), Zinsen aus belelgten Zur weiteren Durchführung des Altersstufen Eystems bei den Reichsgeldern 10 000 M., Veräußerung ehemaliger Festungsbesitzverhältnisse und andere Wissenschaften versenite; wie er, um die ganze vorhandene Literatur heranziehen zu können, zu den germanischen und romanischen Sprachen, die er alle fannte, auch noch altslavisch, russisch und serbisch dazulernte, bis ihn dann im Jahre 1883 der Tod aus seinen Studien und Arbeiten herausriß.
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Der III. Band des„ Kapitals".
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Es ist ja richtig, wenn gesagt wird, daß unsere Partei auch ohne das Vorhandensein theoretischer Bücher entstanden wäre, weil Mehrwerth- Produktion, Ausbeutung des Volkes, ständiges Hinabsinken aus den mittleren Volksschichten in die Reihen des Proletariats, wachsende Erbitterung der Lohnarbeiter, weil So erzählt Engels . Von dessen eigener Arbeitslast aber, die alle diese weltgeschichtlichen und weltumgestaltenden Er- er sich freiwillig durch Uebernahme der wissenschaftlichen Grbscheinungen im Leben der modernen Wölfer eingetreten schaft seines Freundes Mary aufbürdete, hat noch kein Fremder wären, ob nun der Gang dieser Entwicklung und die erzählt, und er selbst, der jetzt schon ins 75. Lebensjahr geht, zu Grunde liegenden Geseze theoretisch ergründet und in ge- macht darüber nur in den Vorreden der von ihm herausBände dürftige Angaben, soweit es lehrten Büchern dargestellt worden waren, oder ob dies nicht ge- gegebenen Go theilt schehen war. Aber immerhin findet das moderne, im Klassen- die literarische Pflicht zu gebieten scheint. fampf geeinte Proletariat( abgesehen von dem unbefangenen er jegt, in der Vorrede des dritten Bandes, mit, daß Interesse der reinen Wissenschaft, das Wahre zu erforschen,) in er bei Herausgabe des zweiten, im Jahre 1885, geglaubt habe, der diesen Büchern sein„ theoretisches Rüstzeug", werden viele seiner dritte würde wohl nur technische Schwierigkeiten machen, mit Glieder erst durch die von diesen Büchern gewährte verstandesgemäße Ueberzeugung in die Reihe des fämpfenden Prole: tariats geführt, werden dem Proletariat Ziele, Wege und Mittel gewiesen.
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ihm
Ausnahme freilich einiger sehr wichtigen Abschnitte. Von den Schwierigkeiten jedoch, die gerade diese, die wichtigsten Abschnitte des Ganzen, ihm bereiten würden, habe er damals doch keine Ahnung gehabt, ebenso wenig wie von den sonstigen Hinders, nissen, die die Fertigstellung des Buches so sehr verzögern sollten.
Das bedeutendste und unentbehrlichste dieser Bücher ist Das Kapital" von Karl Marx . Unserm größten Theorerifer Mary selbit war es leider nicht beschieden, sein Lebenswerk Zunächst und zumeist, so erzählt er, störte mich eine anselbst zu vollenden. Er hat nur den ersten Band gedruckt in die haltende Augenschwäche, die meine Arbeitszeit für Schriftliches Welt hinausgehen sehen, und mußte dann die Ausarbeitung der Jahre lang auf ein Minimum beschränkte, und auch jetzt noch Entwürfe für die folgenden Bände als Erbschaft seinem viel- nur ausnahmsweise gestattet, bei tünstlichem Licht die Feder in jährigen Freunde Friedrich Engels überlassen. Den zweiten die Hand zu nehmen. Dazu kamen andere, nicht abzuweisende Echultheiß' Brauerei, Attien- Gesellschaft, Berlin , Abth. I Band des Sapitals" fonnte Engels nach langen Studien Arbeiten: Neuauflagen und Uebersetzungen früherer Arbeiten Schönhauser Allee . und Vorarbeiten im Jahre 1885 erscheinen lassen, und von Mary und mir, also Revisionen, Vorreden, Ergänzungen, vor wenigen Tagen ist nun, nach neunjähriger die ohne neue Studien oft unmöglich, u. f. w. Vor allem die Arbeit, dem zweiten auch der dritte Band gefolgt, dessen sach- englische Ausgabe des ersten Buchs, für deren Text in letzter Spandauerberg- Brauerei, vorm. C. Bechmann, Westend bei licher Inhalt in diesen Spalten noch von berufener Feder ein- Instanz ich verantwortlich bin, und die mir daher viel Zeit weggehend gewürdigt werden soll. Den vierten und letzten Band genommen hat. wird Engels, wie er in der Vorrede des eben erschienenen verspricht, sobald wie möglich bearbeiten.
Vereinsbrauerei Rixdorf.
Versuchs- und Lehrbrauerei, Berlin . Viktoria- Brauerei, Aftien- Gesellschaft, Berlin . Germania- Brauerei, David u. Martin, Berlin . Brauerei Stralau.
Dazu habe ihm das Auwachsen der internationalen Arbeiterbewegung viele neue Pflichten auferlegt. Von den ersten Tagen In einer Biographie seines Freundes Mary erzählt Engels unserer öffentlichen Thätigkeit an, so heißt es, war ein gutes von dem ungeheuren Fleiß, der unendlichen Sorgfalt, die Mary Stück der Arbeit der Vermittlung zwischen den nationalen Beauf die Ausarbeitung seines Kapitals" verwandte, wie er sich wegungen der Sozialisten und Arbeiter in den verschiedenen noch in seinen lezten Lebensjahren für die Vorarbeiten zu dem Ländern auf Mary und mich gefallen; diese Arbeit wuchs im eben erschienenen Band in tiefe Studien über Ur- Verhältniß der Erstarkung der Gesammtbewegung. Während geschichte, Agronomie, russische und amerikanische Grund- aber bis zu seinem Tode. auch hierin Mary die Hauptlast über