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Marschalls F r e n ch und seiner Nachfolger. Altpreußische Minister und Generäle hätten sich darauf verbissen, den ein- mal beschrittenen Weg bis zur unbarmherzigen Niederwerfung der letzten Widerstände zu gehen, auch wenn dies hundert Jahre Mord und Brand bedeutet hätte. Die englische   Regie- mng dagegen hat es verstanden, im letzten Augenblick umzu- lenken. Und war einmal der Weg der Berhandlungen be- schritten, da ließ sich Lloyd George   nicht mehr davon abbrin- gen. Auch die radikalsten, übermütigsten Forderungen und Redensarten de Valeras, die ein bismarckisch geschulter Der- Handlungspartner sofort mit dem Faustschlag aus den Tisch beantwortet hätte, vermochten nicht, seine Absichten umzu- stoßen: er wollte eben zu einem Ergebnis gelangen. Wohl ließ er es nicht an ernsten Mahnungen fehlen, die manchmal sogar wie ein Ultimatum klangen, aber nie ließ er sich dazu hinreihen, das letzte Wort auszusprechen. Er verstand es vielmehr, das auch von Erzberger   in einer geistreichen und klugen Formel einmal empsohlene Verhandlungsverfahren: Man soll feine Politik stets auf das vorletzte Wort ein- stellen", in die Praxis umzusetzen. Das ist die alte englische  Regierungsmethode und auch das Geheimnis ihrer Erfolge in der Weltgeschichte und in allen Erdteilen. In der preußisch­deutschen Methode desBiegen oder brechen?" liegt daher das Geheimnis des Unglücks des deutfchen Volkes. Das Prestige der englischen Krone, die übrigens auf ganz anderen ethischen und materiellen Grundlagen und Voraus- fetzungen beruht, als die frühere deutsche Kaiserkrone, wird nur in den Augen der blinden Anbeter des absolutistischen Gottesgnadentums durch die Tatsache erschüttert sein, daß die Regierung Seiner Majestät" sich mit Rebellen an einen Der- Handlungstisch gesetzt hat. Der DurchschnittsenglSnder, dem die Frage Republik   oder konstitutionelle Monarchie deshalb gleichgültig ist, weil er das Regime der Hohenzollern   oder der Romanows   nur vom Hörensagen kennt, denkt über diese Dinge ganz anders, viel vorurteilsloser. Das PrinzipderSou- veränität des englischen Königshauses über Irland   wird in einer Eidesformel gewahrt, die an sich aber als ein kleines Meisterstück britischer Regierungskunst angesehen werden darf. Aber das Prinzip der irischen Unab- hängigkeit wird ebenso deutlich, vielleicht sogar noch viel klarer in dem AusdruckJrischerFreistaat" und in der Gleichstellung der Insel mit Kanada  , Australien  , Südafrika  und Äeu-Seeland betont. Diese Gleichstellung ist aber das weltgeschichtliche Ereignis des 6. Dezember 1921 und, mögen auch einige rabiate irische Nationalisten, die von einer gänzlich unabhängigen, vom britischen Reich vollständig losgelösten iri- schen Republik träumten, damit nicht zufrieden sein, sie ist doch ein ungeheurer Sieg der irischen Freiheits- bewegung. Ein Sieg, der übrigens auch als eine Folge des Weltkrieges und des von Wilson proklamierten Grundsatzes des Selbstbestimmungsrechts der Völker zu werten ist. Aber die Tatsache, daß Irland diesen Sieg davongetragen hat, wird dem Prestige Lloyd Georges keineswegs schaden. Die Stellung des englischen Ministerpräsidenten hat sich insofern noch gewaltig befestigt, als die übergroße Mehr- heit des britischen Volkes ihm dafür dankbar ist, daß er das schier unlösbare irische Problem zu einem friedlichen, für olle Teile befriedigenden Abschluß gebracht hat. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß Lloyd George   auf der Grundlage dieses Ergebnisses in der nächsten Zeit allgemeineNeuwah- l e n ausschreiben läßt eine Möglichkeit, die schon seit lan- gem vorausgesehen wird und die in der Rede des Lord Birken- head für den Fall einer Nichtratifizierung des Abkommens an- gedeutet wurde. Und damit würde dem schlauen Fuchs jene? Streich gelingen, den er seit langem erwägt: die O p p o s i- tion der Arbeiterpartei und der Asquith-Liberalen dadurch zu entwaffnen und zu schlagen, daß er sich vor den Wählern mit den Erfolgen seiner Politik der Verständigung mit Irland brüsten könnte, obgleich diese Politik der Verständigung ihm eigentlich erst von der Arbeiterpartei und von den Asquith- Liberalen aufgezwungen werden mußte?
Laßt Raum öeutscher Arbeit!
Mit großer Erbitterung, aber ohne jede �nationalistische Note, wandte sich der Betriebsrätekongreh für die M e t a l li n d u st r i e in Leipzig   einstimmig und unter allgemeinem Beifall gegen die unberechtigten Ein- griffe der Interalliierten Kommission in die deutsche Pro- duktion. Die Vorgänge sind bekannt. Beabsichtigt ist nicht nur eine Reihe von Maßnahmen, die die Friedensarbeit der Deutscheu Werke A.-G. auf das empfindlichste treffen, son- dern auch ein Verbot des Baues gewisser Diesel- motorcn. Ueber diese Schritte wird der Botschafterrat in den nächsten Tagen zu entscheiden haben. Deshalb ist es notwendig, ihn noch einmal mit allem Nachdruck auf das Widersinnige und Törichte eines derartigen Vorgehens hin- zuweisen. Deutsche   Arbeiter haben sich dafür verbürgt, daß nicht mehr für Kriegszwecke gearbeitet wird. Wo trotzdem Ver- suche gemacht wurdara, Kriegsgeräte der interalliierten Kon- trolle zu entziehen, war es die organisierte Arbeiterschaft, die dagegen Einspruch erhoben hat. Vor den Augen der Kontroil- tommission liegt die deutsche Gütererzeugung offen. Ihr Stieben, die deuffche Rüstungsindustrie nicht hochkommen zu lasten, wird von der Arveiterschaft, die den Weltfrieden ge- wahrt wissen will, hauptsächlich von den großen gewerkschast- lichen Verbänden nach bestem Können unterstützt. So war es bis heute. Jetzt will man anscheinend dazu übergeben, der deutschen   Produktion Fesseln anzulegen, die die Friedeusarbeit wichtigster Fabrikationszweige bedrohen und ihre künftige EntwicÜung vollständig untergraben. Insbe- sondere im Falle der Dieselmotoren, die ausschließlich süx Friedenszwecke hergestellt sind, entbehrt das Vorgehen der Kontrollkommission nuht eines peinlichen Beigeschmacks. Die »eutsche Industrie war schon vor dem Kriege in der Her- tellung schnellaufender Dieselmotoren cm der Spitze der Welt- iroduktion. Der Fabrikationszweig selbst eröffnet unüber- ehbare Möglichkeiten nicht nur für die inländische Industrie, andern auch für den Export, also für den Dienst an der ge- amten Menschheit. Es scheint nun, als ob ausländische Interessenten aus Sorge uni die deutsche Konkurrenz die Meinung der Kontrollkommission beeinflußt hätten. Sonst wäre es unerklärlich, daß man zugegeben hat, die alten U-Boot-Motoren könnten im Friedensbetrieb nicht mehr als Kriegsgerät angesehen werden, während man die neu herzustellenden Typen, die niemals für U-Boote be- stimmt waren, auf einmal als Kriegsgerät erklären will. Man sollte doch nicht verkennen, daß man mit der Schädigung der deutschen   Arbeit letzten Endes dieselbe Arbeiterschaft trifft und an ihren Forderungen irre macht, die jetzt die E r f ü l! u n g s- politik auf sich genommen hat und unterstützt. Oder sollte man im Ausland« ein Interesse daran haben, die Freunde einer Völkerverständigung in Deutschland   um ihr Lebens­recht zu berauben?_
Heranziehung öer Auslandsguthaben.
Von der steuerlichen Erfastung sind bisher die Inhaber des ins Ausland verschobenen Kapitals so gut wie ganz verschont worden. ES ist aber unmöglich, daß Deutschland   die ungeheuren Reparationslasten aufbringen kann, wenn der Sprung über die Grenze und der internatio­nale Schutz der Steuerflucht jedem Unehrlichen die Hinter- Ziehung großer Vermögenswerte vor steuerlichem Zugriff er- möglicht. Wohl vermag eine scharfe Außenhandelskontrolle die Erfassung von Erportdevisen zu erleichtern, eine Verschleppung von K a p i t a l w e r t e n ist mit ihrer Hilfe nicht zu ahnden. Nun ist bekannt, daß die Zahl der deutschen   AuSlandsgut- haben in die Goldmilliarden geht. Die Besitzer dieser Werte hingegen erstrecken sich, soweit nicht Guthaben aus Industrie- exPorten die zu einem Teil auch Kapitalflucht sind in Frage kommen, meist hinter Strohmännern. Wäre es nicht denkbar, diese Leute durch eine Eideserklärung dazu zu zwingen, sich über den Umfang, Höhe und Gründe des
Auslandsguthabens auszuweisen? Dieser Gedanke sollte ein- mal ernsthaft erwogen werden. Selbstverständlich werden auch die größten Privatguthaben nicht ausreichen, das offene Loch der Reparationsleistungen zu stopfen, wenn nicht das Friedens- diktat grundlegend verändert wird. Aber es ist ein gegen- über dem Volksganzen unhaltbarer Zustand, daß einzelne Besitzer von Auslandswerten vor steuerlichen Leistungen privi- legiert werden, zu denen der ehrliche Zahler bis zur Grenze des Möglichen belastet werden muß.
Erhöhte Erwerbslosenfähe.
Die Reichsregierung hat beschlosten, mit Rücksicht auf die gegenwärtige Teuerung vom 5. Dezember 1921 ab erhöhte Srwerbslosenunterstützungssätze zuzulassen. Diese Höchstsätze betragen: In den OrtSllasten: 1. Für männliche Personen: B C Dm. E. a) über 21 Jahre, sofern sie nickit in dem HanShalt eines anderen leben......... 15,- 13,75 12,50 11,25 b) über 21 Jahre, sofern sie im Haushalt eines anderen leben 12,50 11.25 10, 8,75, c) unter 21 Jahren..... 8,50 7,75 7, 6,25 2. Für weibliche Personen: a) über 21 Jahre, sofern sie nicht imHauShalt eines anderen leben 12,50 11,25 10, 8,75 b) über LI Jahre, sofern sie im HauShalt ein», anderen leben 8,50 7,75 7, 6.25 c) unter 21 Jahren..... 7, 6,25 5,50 4,76, 3. AIS Familienzuschläge für: a) den Ehegatten...... 7, 6,25 5,50 4,75 b) die Kinder und sonstige unter« stützungSberechtigte Angehörigen 6, 5,50 5, 4.50 Die neuen Unterstützungsätze gelten ebenso wie bisher als H ö ch st s ä tz e. Es bleibt den Gemeinden, gegebenenfalls auch den Aufsichtsbehörden, dort, wo Anlaß dazu geboten sein sollte, überlassen, Unterstützungssätze festzusetzen, die n i ch t das höchst zulässige Maß erreichen, namentlich in Bezirken, in denen durch die Gewährung des Höchstsatzes die Unterstützung sich den üblichen Löhnen nähern oder sie gar überschreiten würde. Für Berlin   sind maßgebend die Sätze unter A.
Mecklenburgische Meinungsfreiheit.
Schwerin  . 7. Dezember.(Eigener Bericht.) Im Mecklenbur- gischen Landtag kam es bei der Beratung des Geseyes betr. Schutz der ein öffentliches Ehrenamt bekleidenden Arbeitnehmer gegen Maßregelungen zu sensationellen Zwischenfällen. Beide Rechts- Parteien erklärten sich gegen das Gesetz. Wie eine Bombe wirkte darauf die Mitteilung des sozialdemokratischen Redners, daß der deutschnationale Führer Iustizrat Knebusch als Generalbevollmäch­tigter eines Gutes durchgesetzt hat, daß der neue GutspSchter den Dorfschulzen nicht als Fischer weiter beschäftige. Der kommunistische Redner sägte hinzu, daß Knebusch einem KrankenkastenangesteUten gegenüber in ähnlicher Weise gehandelt hat. well dieser sein Mando» als sozialdemokratischer Landtagsabgeordncter ausübte. Knebusch!>< stritt zwar beide Angaben. Die Feststellungen werden mit Bestinmu- hell aufrechterhalten. Der Entwurf wurde dem Rechtsaussckütz überwiesen._
Leamtenrecht.
stox,
Reicheausschutz für Beomtenangelegenheiten, Vn der Mittwoch-Abstimmung über die in den Anträgen enthaltenen zyaD Grundsätze ergibt sich, daß im 8 I 1. der Aufgabenkreis umschrieben, 2. die Beamten der Körperschaften öffentlichen Rechts eingezogen, S. für Dienstvorgesetzte der Ausdruck»Dienststelle" gewählt, 4. Be- zirksbeamtenausschüfse eingerichtet, 5. nicht mehr als drei Instanzen gebildet, K. für Ausschüsse der Ausdruck»Räte" gewählt werden soll. Für die Punkte 2 und 4 sind Ausnahmen in den nächsten Ab- sähen festzulegen. Ein Unterausschuß soll nach diesen Abstimmungen den ersten Absatz de« g 1 neu formulieren.§ 2 der Borlage bezeich­net den Personenkreis und zählt als Beamten auch Beamtenanwärter und solche Angestellte aus, die nicht cmter das Betriebsrätegesetz fallen.
�llerhanö Suggestionen.
Konzerwmschou von Kurt Singer  . Es passierte jüngst, daß eine Kapelle, die nicht genannt war, von klugen Musikem als minderwertig bezeichnet wurde: es war die beste Kapelle Berlins  , die der Staatsoper. Es geschah, daß ge- legentlich einer Ausführung der H-Moll-Messe unter Ochs ein schüler, Haftes Hornsolo beanstandet wurde, das Meister Rembt geblasen hatte, daß ferner der Schülerchor mitleidig belächell wurde, der nicht einmal die Noten der Messe lesen könnte. Unter den Singenden waren mehr als 250 Mitglieder des ehemalig philharmonischen Chors. Das sind Suggestionen, denen wir alle einmal unterliegen. Man sollte jedenfalls im Urteil oorsichtia sein, sollte lernen, Namen nicht auf den Knien zu verehren und Leistungen nie und nimmer von Ruf oder Klichee des Bekannten, vom dünnen Schall und Rauch des Nichtetikettierten abhängig zu machen. Wer traut« sich mutig zu, deu   Dirigenten zu erkennm, wenn die Philharmoniker hinter einem Vorhang musizierten; wer hört den Unterschied zwischen Stradivarius- und lclotz-Geige auf Anhieb heraus? Wer will bei Beethoven   op. 18 die Roses von den Busch-Leuten unterscheiden? Es gibt Ausnahmen, ganz spezifisch« Geister und Ausdeuter: Nikisch, Kreisler, dMbert, Vecfey und alle Sangesmeister. Man erkennt sie, wie man Schreker  - und Tschaikowsky  -, Chopin  , und Brahms  - Töne erkennt. Im allgemeinen aber ist das Auge der große Be° trüger des Ohrs, wir»rieben Musik mit doppelten und dreifachen Sinnen. Die Täuschung ist riesengroß imd verheerend die Macht der Autosuggestion. Wie stark wirkt heute schon der Name Gustav M a h l e r l Die Propaganda wird gestört, nicht gefördert, wenn man ein so schwaches Iugendwerk wieD a s klagende L i e d" an die Ocsfentlichkeit zieht. Dieses mühseligen Gesanges Schönheit meldet kein Helden- buch. Kaum«ine Vorahnung der schwerblütigen Melodik, der zar- ten Orchestermalerei in Liedzytlen, wenig nur von der Interessant- heit, der aus Not zu den Noten führenden Ergriffenheit des späteren Meisters. Das Balladeske ertrinkt im Lyrischen  , die Details der Rede und der Reflexion find hart auseinandergerissen, und es bleibt nur eine klagende, bange Stimmung zurück, trub, naßkalt, ohne Er- schütterung. Heinz Unger   brachte das Werk, das ihm wohl lieb fein muß, mit gewohnter Genauigkeit und sehr bedachter Verteilung, Abspürung aller Kontraste heraus, zuweilen brutaler, als es dem Stück ansteht. Cr tonnte mit aller Kunstfertigkeit diese Musik der bunten Tupfer nicht retten. Große Chöre waren sachlich nufge
boten, die Solisten unzulänglich bis auf Frau Harth zur Rieden. Mahler würdeo Leide weh, o Leide" gerufen haben. Ur
__________..... m.. W». pp,»» Und hätte heute vielleicht die Partitur zerrissen. Bei Nikisch begegnen uns zwei Neuheiten, ein Wert und «in Solist. Solist war Judith B o k o r, eine bisher unbekannte holländische Cellistin. Sie spielte leider das abgestandenste Konzert der Literatur, Dolkmann in A-Moll op. 33. Ihre sehr musikalische Art, auch Altmodisches frisch herunterzugeigen, ihre vollendete Passa. gentechnik sicherten ihr trotz der Stumpsheit des kleinen Tons einen großen Erfolg. Den hatte die»Sowmer-Jdylle" von August Reuß nicht. Der erste Satz hat den freundlichen Ton und die Melodie ländlicher Unbekümmertheit, die Variationen des zweiten. lange» Satzes hingegen brüten und ermüde» wie die Sommerhitze,
doch ohne Sonne; kaum, daß man aufwacht, um einen schönen Kontrapunkt zu entdecken. Eine richtig«, begabte, inspiration»- fremde Papierarbeit. Nikisch suggerierte durch Smetana  (und Beethoven  ) die Müdigkeit sort. Frau Chop-Groenevelt, deren pianistischer Ruf jetzt auch ins Ausland dringt, bewährt sich immer wieder(im Bcetho- ven-Spiel) als Frau von feinem Kunstverstand und als sattelfester Techniker: Berta Taubmann hat schon viel gelernt, ihr Mufl- zieren oerrät Geschmack, die Darstellung klavieristischer Feinheiten bekommt lebendiges Aussehen. Nur will mir scheinen, als sei die Treffsicherheit noch unvollendet und die Hand zu schwerfällig für Chopinsche Klangbilder. Doch das wird werden. Kreisler ver- abschiedet« sich endgültig: und es ist schwer, seinen Ton, seine menschlich geadelte Künstlerschast für Berlin   in Gedanken auszu- schalten. Die zarten Rokokoitückchen führte er in die höchsten Ge- filde der ernsten Kunst und der freudigen Lust. Ihn begleitete der wieder genesene Rauch eisen, der nicht nur unser elegantester Accompagnateur ist, sondern der, als führende Persönlichkeit der München  «? Kammermuflk-Bereinigung, auch ein nobler, Hochachtung heischender Pianist im Cnsemblespiel ist. Ob dag Gassenhauertrio Beethovens statt der Klarinette, die nur im Schlußsatz humoristisch wirkt, nicht lieber die Geige bemüht, mag dahingestelll bleiben. Im Quartett der Herren W a g h a l t e r, Kolb, Kornsand, Kraus erklingt zum ersten Male R e s p i g h i' s Streichquartett D»Dur kokett im Klang der Instrumente, wirksam in Form und Farbe, nicht sehr himmelstürmend und neu, aber Wagner-, Brahms- und Grieg  -Stil durch hübsche Einfälle und lehr gute Technik in eins bindend. Die Morgenandachten der Waghalter-Leute werden im- mer prächtiger, ihr Zusammenspiel immer intimer trotz des Raum- gigonten. Den klassischen Beethoven   meistern sie edel, nur brauchte das Andante des op. 18 Nr. 5 nicht plötzlich in ein Adagio um- gebogen zu werden. Der Singenden find gar zu viele, und gar zu viele noch ohne Charakter. Man freut sich schon einer guten Stimme, die viel, doch nicht alles bedeutet und nimmt gelegentlich welche neue Sug­gestion! dm Genuß eines Werks als Genuß am Mitwirkenden hin. Die Lieder E. W. Sternbergs, von Hugo Wolf   kommend und mit eigenem dithyrambischem Pathos nachgedichtet, waren bei Leo Barczinski gut aufgehoben: ein breit ausladender, schöner, männlich starker Bariton, auf dessen Fittichen zarte und dramatische Stimmungen wirkungsvoll hochsteigen. Alfred W a l d m a n n be- darf noch der fprochlichen und gesanglichen Kultur; sein ungeschlach- ter, voluminöser Baß kann Anspruch darauf erheben, ausgebildet zu werden, bevor er der Ber-Bildung unterliegt. Die gute Schule hat Maro D u v e zwar; aber Kleinheit der Stimme und Indis- Position arbeiteten gemeinschaftlich gegen jedes höhere Gefühl des Befriedigtseins. So konnten auch die wertvollen, mit feinstem Stift gezogenen Liedlinim Schattmanns nicht voll zu ihrem Recht kommen. Die Suggestion der Stimme war zu klein.
3a deu   Sommerspielen des Leffingmufeum» wurde»Das Suppenhuhn", eine Komödie in zwei Akten von Viktor Auburtin, dem liebenswürdigen Plauderer, aufgeführt. Auburtin e.___ tue....:.-_____________ 4.: iL s.........
begnügt st» mit einer govi kleinen Vorlage, die Iii den Ai.gen des |-'"-"-ß zu dramatiicher BetivSntztMg I
Spießers aber auch gar keinen'.'!»Iaß zu
bietet. Eine alltägliche Angelegenheit und doch ein geschüttelt Maß voll tiefinnerstem Leid. Der Knerbt Karl aus dem hinterpommerschen Gut will die Suppe schon aussressen, die er sich eingebrockt hat; er verspricht seiner Line, die ein Kind von ihm erwartet, dir Herrat. Aber als der Bauer ihm eine Kuh schenken will, wenn er dafür die Grete nimmt, schüttelt er die Line kaltherzig ab. Die Grete ist nämlich ihrerseits von dem Bauern schwanger, Line ergibt sich endlich in ihr LoS. nachdem sie vom Bauern als Schmerzensgeld ein lahmes Huhn bekommen bat. Das Feilschen um mateiiello Güter da, wo«S sich um Menschenschick'ale handelt, die verlogenen schwulstigen Worte eines verkommenen Pastors, der sich für einen guten Christen hält, sind so brutal, daß wir über die Selbstver- ständlichkeit lacken müssen, mit der diese Gemeinheiten begangen werden. Da? Suppenhuhn ist ein Siück Leben, ein Trauerspiel, wie es sich tagtäglich abspielt in der Form einer lustigen Komödie. Die besten Leistungen de» Abends waren der Pastor des Wolf Trutz   und der Karl des Harry Anspach. E. D r. Freie Bahn für die Sakire! Die vom»Vorwärts" wiederholt als Mißgriff gekennzeichnet» Beschlagnahme der im Malik-Derlog erschienenen Karikaturenmappe von Georg Groß  :»Das Gesicht der herrschenden Klasse" klärt sich jetzt aus. Der Verlag hat sich in einer Beschmerdeschrist an den preußischen Innenminister gewandt und um Aufhebung der Beschlagnahme gebeten. Wie die PPN. hören, beabsichtigt Minister Seoering tatsächlich, die durch seinen Amtsvor- ganzer ausgesprochene Beschlagnahme aufzuheben. Genosse Severing ist also genau so unschuwig an diesem Rückfall in altpreußische Gewohnheiten wie Genosse Köster. In der Tat: Sozialdemokraten anerkennen das Recht des Künstlers auf Satire, selbst wenn sie zur Zielscheibe genommen werden. Staatliche Fortbildungskurse für Ehordirigenten. Die mit vor- stehender Svitzmarle in der DienStagabendnummer versehene Notiz bedarf insofern einer Richtigstellung, daß nicht nur der Deutsche Sängerbund an der Durchführung der Kurse beteiligt ist, sondern auch der Deutsche Arbeiter-Sängerbund. Chor- dirigenien, die einen dem Demichen Arbeiter- Sängerbund an- geichlossenen Berein dirigieren und an dem KuriuS teilzunehmen wünschen, verweisen wir aus die in der Januar-Nummer der »Deutschen Arbeiter-Sängerzeitung" erscheinende Bekanntmachung. Der Trick des verleldigers. Während es d«m Verteidiger Lan- drus nicht gelungen ist. seinen Klienten vor dem Todesurteil zu be- wahren, gelang einem anderen berühmten Pariser Rechtsanwalt Lachaud dieses Kunststück In einem anderen Fall, in dem ebenfalls bei einer Anklage auf Mord die Leiche nicht gefunden worden war. Er suchte nachzuweisen, daß der angeblich Getötete sehr gut noch leben könne und rief aus:Wenn ich Ihnen sage, meine Herren. daß dieser Mann, den sie für ermordet hatten, nicht tot ist. daß er noch lebt und in unserer Stadt wohnt, nicht nur in unserer Stadt. sondern hier an Ort und Stelle... Sehen Sie, meine Herren, da ist er!..." Und mit erhobenem Arm zeigte er nach der Decke des Saales. Alles blickte empor, und eine Unruhe und Aufregung be- mächtigte sich der Richter. Lachaud aber fuhr fort:»Ein einziges Wort, eine einzige Gebärde hat genügt, um in Ihnen den Z w ei f e l zu erwecken. In dem Augenblick, da Sie zweifeln, verbietet Ihnen Ihr Gewissen zu v e r n r t e« l e n." Und wirklich wurde der Angeklagte freigesprochen.