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Nr. 596 58. Jahrgang

2. Seilage öes vorwärts

Ssnntag, 18. Dezember 1921

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In früheren Zeiten, als die Feen und die guten Geister noch so zum Vergnügen über die Erde gingen und zum Teil aus Groß- mut und zum Teil, weil es ihnen Spatz machte, die Leute in Ver- legenheit zu bringen, das Spiel mit den drei Wünschen trieben, lohnte es noch, sich hen Kopf anzustrengen. Heute, da dock) keiner nennen?» wert erfüllt, was sich ein anderer wünscht, nimmt leider niemand seine eigenen Wünsche so recht ernst. Tun es die Kinder? Lebt in ihnen heute, wenn sie den Weihnachtswunschzettel schreiben, noch die feste Hoffnung auf Erfüllung? Ach, im Lauf der letzten bösen Jahre sind selbst die Kinderwünsche so bescheiden geworden, daß man ihre Erfüllung für sicher halten mützte wenn bleibt doch wieder nur das: wenn es noch gute Feen gäbe. Uns liegen die Originale von Wunschzetteln Berliner Kinder vor, die im Norden Berlins eine Gemeindeschule besuchen. In vielen dieser Wunschzettel kommt die wirtschaftliche Not und eine durch sie bedingte Bescheidenheit zum Ausdruck. Auch der Wille, schon früh- zeitig mitzuhelfen und so die Lage der Eltern zu verbessern, ist bei vielen deullich erkennbar. Die öescheiöenen. Bemerkenswert erscheint auch der oft wiederkehrende Wunsch vach guten ober wie die Kinder schreiben schönen Büchern: »Das Weihnachtsfest ist bald da. Gestern Hab ich die ersten Weihnachtsbäume gesehen. Die meisten Kinder haben schon ihren Weihnachtswunsch geichrieben. Dorum will ich auch meinen schreiben. Ich wünsche mir ein schönes Buch und e i n Paar Hosenträger und glückliche Feiertage/ R. B. Etwas größere Wünsche werden im folgenden geäußert: «Weihnachten naht jetzt. Da setzte ich mich an einem Regen» tage an den Tisch und schrieb einen Wunschzettel. Ich wünsche mir ein Paar Stiefel und dann ein« M a n d o l i n e und ein schönes Buch zum lesen. Ich würde auch dafür sehr dankbar sein." F. B. Ein älterer Junge, der im nächsten Jahre die Schule verlassen will, denkt nur noch an praktische Dinge. Er fühlt sich schon über »die kleine Jugend" recht erhoben und nur, weil sie ihre Wünsch« niederschreibt, läßt er sich ebenfalls herbei, es zu tun: »Jung und alt freut sich schon. Die kleine Jugend sitzt emsig am Schreibtisch und schreibt Wunschzettel an den bekannten Weihnachtsmann. So will ich auch gern meinen Wunsch aus- sprechen. Denn ich werde Ostern konfirmiert und möchte meinen Einsegnungsanzug haben." P. P. Ein anderer schreibt an den Weihnachtsmann einen richtigen Brief, den er.hochachtungsvoll" unterzeichnet, und der betont, daß er sich sehr freuen würde, wenn er sein Spielzeug bekäme. «Lieber Weihnachtsmann! 1 Straßenroller, 1 Buch von Wilh. Dusch, 1 Paar Strümpfe wünsche Ich mir. Ich hoffe, daß ich die Sachen auch bekomme. Wie werde ich mich freuen, wenn ich dieses bekomme. Hochachtungsvoll W. T." Der bunte Teller und eine Tafel Schokolade ist bei vielen ein ganz besonderer Weihuachtswunich, und dos ist ein Beweis dafür, daß Näschereien nicht zu den Alltäglichkeiten unserer Jugend ge, hören. So spielt dieser«bun« Teller "«in« ganz besondere Roll« in den Wunschzetteln. «Bon meinem Vater wünsche ich mir«in Paar Stiefel und ein Paar Strümpfe zu Weihnachten. Einen bun- t e n Teller und eine Tafel Schokolade." E. PH. Der«glücklichste Mensch von der Erde " ist ein anderer, wenn er außer seinem bunten Teller noch eine Geige erhält. «Weihnachten ist jetzt heran gekommen. Jeder wünscht und wählt«twas recht schönes. Ebenso wie ich mir etwas wünsch«. Mein Wunsch ist nähmlich der: Eine ganze Geige und daß wir all« gesund und fröhlich beisammen sein können. Der Weihnacht». bäum muß recht jchön glänzen und strahlen. Bor allen Dingen aber einen schönen Teller mit etwas schönes zu essen darin. Hoffentlich geht mein Wunsch in Erfüllung, dann bin ich der glücklichste Mensch von der Erde." E. W.

Die Anspruchsvolleren. Biel Spaß bereitet es, wenn einer den Spuren Goethes folgt und sich einKaspateater" wünscht, und es berührt seltsam, wenn von einem Knaben der mädchenhaste Wunsch geäußert wird, daß er sich«ein Knäuel Wolle und Stricknadeln" wünscht, um sich Hand- schuhe zu stricken. Ich wünsche mir ein Buch von Wilhelm Busch und ein Kaspateater von meiner Großmutter. Von meinen Eltern möchte ich ein Klavierstück, ein Paar neue Schlittschuh und ein dickes Kneuel Wolle und ein Spiel Stricknadeln, denn ich will mir ein Paar Handschuh stricken." R. R. Auch Wünsche nach technischem Spielzeug treten hervor. Sehr oft werden mechanische Baukästen gewünscht, oft auch Maschinen: Don meiner Mutter wünsch« ich mir ein« D a m p s m a- schine, damit ich mir, wenn es regnet, die Zeit vertreiben kann. Dann möchte ich gerne ein Luftdrruck(Luftdruckge­wehr. Red.) haben, um im Sommer mit meinen Freunden Trapper und Indianer zu spielen. Dann möchte ich gern von meinem Onkel«ine Laubsäge, damit ich mein Zimmer mit hübschen Sachen schmücken kann. Dann wünsche ich mir ein Paar derbe Stiefel, um im Sommer viele Fahrten in die Natur zu machen." H. S. Ein anderer denkt neben vielem Kuchen auch an eine elektrische Eisenbahn, hegt aber schon die leider nur zu berechtigte Befürchtung, daß alles zu teuer sein wird. «Ich wünsche mir zu Weihnachten eine elektrische Eisenbahn mit einem Akomolator. Die Hauptsache aber ist recht viel Kuchen mit Pfeffernüsse und einen bunten Teller. Ich mächte mir auch recht viel und schönes wünschen, wenn es bloß nicht so teuer wäre. Aber vteleicht bringt es dir der Weihnachtsmann doch noch." A. D. Ein Unzufriedener. Nun wollen wir noch Beschreibungen des Weihnachtsfestes geben, wie es sich in der Phantasie kleiner Jungen malt, die ganz ?enau wiflen, daß alle ihre geheimen Wünsche nicht erfüllt werden önnen. »Wie freue ich mich jetzt schon auf Weihnachten . Ich sehe schon im Geiste den Weihnachtsbaum in unserer Stube stehen. 2 Tage vor Weihnachten muste ich schnell den Kuchen zum Bäcker tragen, denn ich hatte viel zu besorgen. Endlich brach die verhänknisfolle Stunde an. Ich konnte es kaum noch erwarten. Endlich durfte ich hinein. Ich halte mir viel mehr vorgestellt. Aber da fragte meine Mutter: Was ist dir denn? Ich wollte meinen Aerger nicht zeigen, deshalb sagte ich gar nichts. Unter dem Weihnachtsbaum lagen zwei Paar Strümpfe und ein Anzug für mich. Von meinem Bruder bekam ich«in Spiel. Dann wurden die Lichter ausgelöscht und ich ging schlafen. Als ich am Morgen aufwachte, war es schon hell. S. Sch. Refnc prügelt Ein anderer äußert den Wunsch, daß seine Eltern ihn über Weihnachten nicht prügeln möchten, und das leuchtet in eines der traurigsten Kapitel de» Kinderlebens hinein. Es gibt also«inen, der ist so bescheiden, daß er gar keinen Wunsch mehr zu äußern wagt, der ihm irgendeinen«ig«nen Besitz ein» trägt. Dieser ein« kleine Junge ist so bar jeder kindlichen Hoff- nungsfreude, daß ihm jeder Wunsch unnütz und vergeblich erscheint. Bielleicht würde ihm der in seinen Augen verborgene Wunsch, ein kleines Spielzeug zu besitzen, nur Hohn eintragen und so wünscht er: keine Prügel. Arme Zeit, der die Feen entschwanden....

Vieüer in Setrieb. Die Hoch- und Untergrundbahn konnte gester» in de» Abendstunden wieder in Betrieb gesetzt werden. Nur aus der kurzen Nebenstrecke Wittenbergplatz Uhlandstraße wurde zunächst noch nicht gefahren. Die Benutzung der Züge war anfangs mäßig, weil die Betriebsausnahme nicht sogleich allgemein bekannt wurde. Erst nach einiger Zeit tonnte man wieder das gewohnte Vergnügen haben, bei der üblichen Wagenüberfüllung sich wie in einer Herings- tonne zu fühlen. Uebrigens wird gerade jetzt versprochen, daß der Fahrplan schon in den nächsten Tagen durch Einführung einer engeren Zugfolge verbestert werden soll. Aenderungen im Skrafzcnbahnbetriebe. Dom 21. Dezember ab wird die Linie 67 von der Frankfurter Allee anstatt bis zum Roederplatz durch die Boxhagener Straße, All-Boxhagen, Marktstraße, Karlshorster Straße, Prinz-Albert- und Stadthausstr. bis zum Biktoriaplatz(zurück durch die Türrschmidt- straße) geführt. Hierdurch wirv vielfachen Wünschen folgend wieder «ine unmittelbare Straßenbahnverbindung zwischen dem Lichten- berger Ortsteil Boxhagen-Rummelsburg und dem Alexonderplatz hergestellt. Für den Verkehr nach dem Roederplatz wird zum Ersatz für die Linie 6? die jetzt nach Box- Hagen-Rummelsburg verkehrend« Linie 92 vom Alexanderplatz über Königsberger Straße, Zentralviehhos und Möllendorfstraße nach dem Roederplatz geführt. Gleichzeitig wird diese Linie von, Andreasplatz ab anstatt über Grüner Weg, Blumen- und Schickler- straß« durch die Andreas-, Breslauer und Holzmaektstraße geleitet und dadurch die fehlende, seit langem gewünschte Verbindung von Lichtenberg , Möllendorfstraße, und dem Zentralviehhos nach dem Schlesischen Bahnhof hergestellt, auch eine neue Berbindung vom Westen nach dem Schlesischen Bahnhof geschossen. Am gleichen Tage tritt auf den Linien 16, 116, 39, 189«in neuer Fahrplan in Kraft unter gleichzeitiger Verlegung des Endpunktes der Linie 39 von der Platanenstrahe nach dem Bismarckplatz in Niederschön- hausen. Späte Gäste. Nächtliche Polizelunkernehmnngen. Beamte des Polizeipräsidiums unternahmen in der vergangenen Nacht umfangreiche Streifen und Razzien in ver- fchiedenen Gegenden der Stadt. Den Anfang machte die«K e i b e l- diele", die um 1 Uhr nachts ausgehoben wurde. IL Gäste mußten den Weg zum Polizeipräsidium antreten. Dann ging es in schneller Fahrt nach dem Hause Ierusalemer Str. 6 2, wo man dem im 1. Stockwerk wohnenden Händler Richard G r e i n e r t einen Besuch abstattete. 49 Personen wurden bei Glück- spielen betroffen und aus Lastautos nach dem roten Gebäude am Alexonderplatz gebracht. Kurz darauf wurde ein zweiter Spielklub im Haufe Stallschreiber- straße 12e geschlossen. Diesertagte" bei dem Händler Block, der die Räume angeblich für einenFrisiersalon" gemietet > hatte. Hier fanden die Beamten schwere Arbeit; da ihnen , die hinteren Zimmer nicht geöffnet wurden, mußten zwei Türen erbrochen werden. Man überraschte ca. 39 Personen. darunter auch einige Frauen, und nahm sie zur Feststellung ihrer Persönlichkeit mit. Späte Gäste hatte noch derAugust- kell er" in der Auguststraße. Hier trafen die Beamten um S Uhr früh etwa 26 Personen meist Zuhälter und Dirnen an. Aehnlich war die Lage imB e s s e l k e l l e r" in der B e s s e l p r a ß e. Den Abschluß der nächtlichen Fahrt bildete die Räumung des Eaf6»Nizza " in der Landsberger Straße. Obgleich es bereits 7 Uhr war, saßen hier noch zahl­reiche Pärchen. Insgesamt waren 139 Personen beiderlei Geschlechts ststiert worden, von denen ein erheblicher Tell sich auf einen längeren Aufenthalt tm Polizeipräsidium einrichten mußte.

Heute goldener Sonntag. Die Geschäfte sind am heutigen Sonntag von?>/, bis S'/z Uhr vormittag« und von Ibis 6 Uhr nachmittag« geöffnet. Auch die Händler auf den Weihnachtsmärkten werden nachmittags von 1 b,« 6 U h r ihre Waren feilbieten.

Die Störungen öer Kohlenzufuhren. Der Oberbürgermeister hat an den Reichskanzler nachstehende Drahtung gerichtet:.Kohlenvorräte städtischer Werke mangels Zu» fuhr stark abnehmen. Strombeschränkung industrieller Werke und damit Betriebsstillegungen und'Srbeiterentlaffunge» in Berlin unvermeidlich. Erbilten schleunigste Einwirkung bei Reichskohlenkommissar und Reichkeifenbahnveiwattung. Böß, Oberbürgermeister." Ein entsprechendes Telegramm ist an den ReichSkohlenkommlssar gegangen.

Ser Zrambahnwagen der Freiheit. $ Novelle von Otto Rung . Diese köstlichen und tiefsinnigen Wanderungen mit dem auf die Natur gehesteten Künstlerauge, im Rucksack viele Meter Malerleinwand Nummer 4, bloß abzuschneiden, sobald er Landschaften fand, die er an Hüfner oder Schankwirte ver- kaufen konnte, ja selbst an Gutsbesitzer, zuweilen sogar an Dorfschulzen. Für fünf Kronen das Stück ohne Rücksicht auf die Größe, aber für zehn Kronen mehr, wenn Menschen im Vordergrunde waren oder andere größere Kreaturen. Ein schwaches Schnauben scholl heraus es war Solborg; er konnte sie schlafen hören. Und Manghild sprach im Schlummer, jammerte, ja schluchzte sogar und rief«inen, der Frederit hieß. Es klang geradezu herzzerreißend! Ankersen kroch auf dem Kondukteursitz zusammen und seufzte. Und dennoch genoß er seine Schlaflosigkeit, wie man einen Rausch genießt. Sein waren der hohe Himmel und alle Sterne der Nacht und die schwarzen Roggenfelder bis ganz hinan an den Nörre Skov. Und hier stand er auf einem Goldaltan vor seinem Kristallpalast, in dem die Prinzessinnen in Seiden- betten schliefen. Die Nachtigallen gurgelten in dem tiefen Buschwerk und der Bach glitzerte von den Spiaelbildern der Sterne gleich einem Wasserläuf in Venedig , und der goldene Kristallpalast ward zu einem Schiff, das dahinfchaukelte und taukelte, über See nach den fernen Ländern des Südens, nach iortugal und Korsika und Italien mit den blauen Bergen und den Palmenbäumen. Er taumelte bei tiefem Glockengeläut aus dem Schlafe auf. Er rieb sich die Augen. Es war hellichter Tag. Ueber die Wiesen floß der Morgennebel, und dl« Lerche Jubilierte genau über seinem Tramwagen. Gen Osten funkelte der Himmel in den ersten Sonncnflommen und alle Felder dufteten frisch und süß von Klee und Tau. Kühe brüllten in der Ferne, sprenkelten die Landschaft mit Zinnober- rot, und der Bach sprudelte eiskalt und klar an den blauen Korn- und den roten Mohnblumen vorbei, die drinnen im Roggen unter dem Winde seufzten. Er reckte freudig die Arme: Heute wollte er malenl Das Feld, die Blumen, de»

Bach und den gelben Tramwagen ein großes Bild der langen Landstrecke! Kling! Lina! Ein unglaubliches Gebeier, ein Feuer- alarm der Tramoahnglocke. die ihm zu Häupten dröhnte und nun begriff er, daß es Sotborg war, die an dem Riemen zog, um ihren Morgentee zu oerlangen. In einem Nu hatte er seinen Kocher angezündet. Ein Päckchen Tee vom Kaufmann hatte er in der linken Hosen- tasche. im Bach war Wasser, und die drei Wecken, die er gestern gekauft hatten im Morgentau gelegen, um wieder frisch zu werden. Er servierte den Tee in dem Blechbecher durch die kleine Billetfcheibe des Kondutteurs, unterschied einen runden weißen Arm. der Solborg gehörte, und fühlte sich so seltsam gerührt, der Morgen machie ihn vor Glückseligkeit schwin- dein. Er konnte Solborg ihr Haar mit seinein Kamm kämmen hören. Es knisterte in diesem Haar wie Feuer und Flammen, es war so wild und unbändig, daß es dem Kamm zwei Zähne ausbch. Plötzlich sprudelt« ein Wasserstrahl durch die Ziehscheibe heraus. Es war der Tee. Und Solborgs Stimme rief, sie trinke des Morgens kein Kloakenwasser mit Kröten! Kurz danach kam sie dennoch heraus, ein wenig versöhn- licher gestimmt, von der verschlafenen, morgenheiseren Mang- hild gefolgt. Sie begann an die Zukunft zu denken und darum mst ihrer Vergangenheit Abrechnung zu halten. Herr.Ankersen glaube etwa, sie sei an« Aergste gewohnt, aber nie habe sie Polizeivorschriften bekommen oder sei auf die Gasse gegongen, weder in Nyhavn noch auf Vesterbro, und daß sie zum Tanze ging, kümmerte keinen anderen was. Die Nacht gehörte ihr! Und niemand sollt« sie beschuldigen, daß sie Herren bestehle, das mußte selbst der Schwede damals bezeugen, als er feine Brieftasche in dem rechten Hakenstiefel fand, nachdem er aus dem Fenster heraus noch der Polizei gebrüllt hatte. Und darum hatte er ihr einen Hundertkronenschein gegeben, frei- willig, ganz ohne Bezahlung, so daß es bei Gericht ein Frei- sprvch wurde.Nein, stehlen tu ich im Leben nicht! Aber für die Penfianswirtin, Frau Storck, setzte es vier Monate, für die eklige Kaffeevettel, weil ich anfänglich unter der Altersgrenze i war, obwohl ich ihr eingeredet hatte, ich sei voll, und dann ging's hinaus nach dem Rettungsheim zu Fräulein Sljödt und 1 zur Wassergrütze!" Sie schwieg und saß auf der Tramwagen- 1 stufe, scharf in die Zukunft hinausstarrend. 1 Auch Manghild träumte noch. Immer mußt« sie au den

Soldaten denken, von welchem die Polizei behauptete, daß er nicht existiere, obwohl er sie damals beim lebendigen Gott da- hingebracht hatte, fünfhundert Kronen aus dem Loppelschreib- tisch des Bäckers zu nehmen, bei dem sie Halbtagsmädchen war, und sie ihm draußen auf den Feldern zu geben, alles nur, weil er sie so gewiß angesehen, daß sie in Schlaf verfiel und viele Stunden später, patschnaß bis auf die bloße Haut, im Regen- wetter ohnmächtig aufgefunden wurde. Und sie erinnerte sich genau, daß er eine Zifter auf der Uniformmützc hatte und Frederik hieß und sie mit seinem Bajonettmesser bedroht hatte, wenn sie ihm das Geld des Bäckers nicht hole, und das vom Fleck weg! So oft aber die Polizei behauptet hatte, die Ge- schichte mit dem Soldaten stimme nicht, war sie wieder in Ohnmacht gefallen, und daß sie das Geld mit der Blechichachiel in den Dörnehus-Kanal geworfen, sei erwiesenermaßen nicht wahr, denn sie hätten mit Bootshaken und Kicker dort gesucht und nichts anderes gefunden als ein rostiges Korsett und einen Herrenkoffer voll Tee und Kakao wenigstens nicht an der Stelle, wo sie suchten, natürlich an der verkehrten Seile des Kais. Na!" sagte Solborg endlich,jetzt wird's wohl Zeit, daß Ankersen sich auf die Strümpfe macht und Einkäufe besorgt." Sie hatte eine lange Liste über das, was sie benötigte: Eine Tube Creme für die Haut und«in Stirnhaarnetz und selbstredend irgendwelche paar Fetzen, die man sich an den Leib hängen konnte statt dieser Heilsarmeehemden aus dem Rettungsheim, und für Manghild ein kleines Ringlein. Als Frühstück wünschte sie entweder einen Hackbraten oder ge- bratene Eoldbutte. Ankersen lüftete rotlos denValörhut". Die Kasse wies bloß vier Kronen als Rest auf; dessen Erwähnung zu tun. erschien ihm aber ungalant. Er würde wohl die Mittel auf» bringen, ja, er zweifelte nicht an seinem Glück. Er holte die Rolle mit den fertigen Bildern; in der Gegend gab es Bauern- böfe genug mit großen kahlen Wanden! Dann winkte er den Dmnen Lebewohl zu. Solborg gähnte und sagt«, sie wolle noch einmal schlafen, und trieb Manghild in den Beiwagen zurück. Und Ankersen begab sich auf die Wanderung. Er trug den Kopf hoch: er fühlte, er war Versorgcr geworden. Auf seinen kurzen Säbelbeinen stiefelte er dem Weg dahin, die Bilderrolle im Arm und die dazugehörenden Blendrahmen m. k-a.