Nr. 6 39. Jahrgang Ausgabe Nr. 3

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Mittwoch, den 4. Januar 1922

Mißstimmung gegen Frankreich.

Paris, 4. Januar .( WTB.) Nach einer im Betit Parifien"| frage auf praktischer Grundlage führe zum Wiederaufbau des euro­wiedergegebenen Meldung aus Washington ist im amerita- päischen Handels, was für den Bestand Englands wesentlich sei. nischen Repräsentantenhaus eine Resolution eingebracht Dafür werde England selbst bereit sein, seine Forderungen worden, die beantragt, daß Franfreich verpflichtet werden soll, an Deutschland zu streichen. In der Rüftungsfrage feien die mit der Zahlung der von ihm während des Krieges in Amerifa Franzosen der Ansicht, Europa werde stets der Schauplatz bleiben, aufgenommenen Schufben zu beginnen. In der Begründung wo unter bem System von Bündnissen, Rüftungen und des Gleich diefes Anirages wird gesagt, daß Frankreich auf diese Weise für gewichts der Mächte von Zeit zu Zeit Kriege geführt würden. Nur feine Haltung in der Frage der Rüstungen bestraft werden folle. diejenigen Länder würden nach der Ansicht der Franzosen bestehen Washington, 4. Januar .( E.) Der Abgeordnete eapis hat bleiben und ihre Macht erhalten, die auf ein wohlgerüstetes geftern im Repräsentantenhause erflärt, daß die Bereinigten Staaten Heer vertrauen. England dagegen sei der Anficht, es drehe völliges Verständnis für die Netlage Europas hätten, sich nicht allein um feinerlei triegerische Gewalt von feiten Deutsch und daß sie bereit wären, die Schulden Europas zu vermindern, lands im gegenwärtigen Augenblid, sondern es bestehe sogar die wenn sich die Notwendigkeit dafür tatsächlich einstellen würde. Aber wirkliche Hoffnung, daß der Friede und einem Frantreich gegenüber, bas trot allen Bittens der die Sicherheit Europas auf eine andere Grundlage gestellt Welt unerschütterlich bei feiner Absicht bleibt, die Zahl seiner Unter- werden fönnten als auf die militärische Borherrschaft einer einzigen feeboote, diefer verbrecherischen Kriegswaffe, zu vermehren, ist Madyt oder auf ein allgemeines Bettrüften. Bolitikus ist der An­es an der Zeit, die Tränen bes Mitleids auszuwischen, ficht, es würde sich für England lohnen, Frantreich und die unsere Augen verdunkeln, und der Lage gerade ins Geficht zu Belgien ein Borrecht an den Reparationen zu geben und die schauen. Der Abgeordnete erMärte weiter, daß Frankreich eine große Neutralität der Rheinlande zu garantieren, wenn es im Armee befige, wie sie Deutschland nicht vor dem Kriege hatte, und Austausch möglich sein würde, eine dauernde Regelung sowohl der daß es diese nicht nur reduzieren will, sondern völlige Handlungs. Reparationsfrage als auch der Abrüftungsfrage in Europa zustande freiheit verlangt, um sie noch zu vermehren. Das franzöfifche zu bringen. Die Echwierigkeit von Cannes liege nicht bei den Flottenprogramm fieht Ausgaben von vielen hundert Millio- politischen Führern, sondern bei der öffentlichen Meinung. men Dollar vor. Meine Nation, die mit finanziellen Schwierigkeiten zu tämpfen hat, fönne nicht an ein solches Rüftungsprogramm benten. Das amerikanische Bolt ist der Meinung, daß folche Rüstungen nur dazu dienen, den Krieg herauszufordern, und daß man mit Recht fordere, daß Frankreich seine Rüstungen mit franzö­ftchem und nicht ameritanifdem Gelde bezahle.

Amerika und die Wirtschaftslage Europas. Condon, 4. Januar .( WIB.) Neuter meldet aus Washington, Bräsident Harding und das amerikanische Rabinett ver. brachten zwei Stunden mit der Erörterung der europäischen Wirtschaftslage. Amtlich wird mitgeteilt, daß feinerlei Be. schluß, bezüglich der amerikanischen Politit in der Frage der Teil­nahme an einer europäischen Ronferenz gefaßt wurde. Bisher sei von seiten der europäischen Mächte kein offizieller oder halboffizieller Borschlag für eine Beteiligung an Präsident Harding gelangt.

Neue Kombinationen.

Paris, 4. Januar:( WIB.) Nach dem Matin haben die ursprünglichen Pläne Lloyd Georges eine starte Einschränkung er. fahren durch die Tatsache, daß Amerita von Anfang an teine Neigung gezeigt hat, an den Projekten zur Wiederaufrich tung Europas teilzunehmen. Das sei einer der Hauptgründe gewesen, weshalb Lloyd George bei seiner Zusammenkunft mit Briand feinen Plan zur Neuregelung der Reparationsfrage zurückgehalten habe, denn die darin enthaltenen Ronzessionen Englands seien un. durchführbar, solange nicht auch Amerita auf sein Guthaben gegen über den Alliierten.verzichte. Aus diesem Grunde habe man an Stelle eines Moratoriums für mehrere Jahre, das durch eine inter­nationale Anleihe ermöglicht werden sollte, nur ein Teilmora torium für die Dauer eines Jahres ins Auge gefaßt. Frant. reich folle dafür als Rompensation 300 Millionen Goldmart er halten, und zwar in der Weise, daß der ihm für die Saargruben zur Last geschriebene Betrag annulliert werden solle. Belgien , Unbehagen und Niedergeschlagenheit." würde an Stelle der beträchtlichen Beträge, auf die es im Jahre 1922 London, 4. Januar. Der Times" wird aus Baris berichtet, Anspruch gehabt hätte, nur 250 millionen erhalten, zu ben ihm be­es herrsche dort am Borabend der Abreise Briands nach Cannes reits von der ersten milliarde zugeteilten 550 Millionen. Da Bel­ausgesprochenes Unbehagen und Niedergeschlagen- gien aber bereits 25 milliarden feinerseits seinen Geschädigten vor. heit. Niemand scheine zu wissen, was eigentlich in Cannes geschehen geschossen habe, fei seine finansielle Lage nicht minder pretär als folle. Jedermann frage sich ernstlich, womit Lloyd George auf der die Frankreichs. Unter diesen umständen würde es ebenso sehr Ronferenz Briand überraschen werde. den Grundfäßen einer verünftigen Politik wie den Empfindungen ber öffentlichen Meinung in Frankreich widersprechen, Belgien irgendwelche Opfer aufzwingen zu wollen, zu denen es nicht aus freien Stücken bereit sei.

Die Durchführung der Entwaffnung.

Den PPN. geht von zuständiger Stelle folgende Bufammen­ftellung der auf Grund des Ultimatums und der Entwaffnungsnoten pom Mai 1921 von der Reichstreuhandgesellschaft zur Zerstörung übernommenen Bestände an Waffen, Munition und Kriegsgerät nach dem Stande vom 15. November 1921 zu:

In einem Leitartikel der Times" heißt es, bie Aussichten für Cannes feien nicht fehr hoffnungsvoll. Ein Programm sei nicht festgesetzt und der Gedante des Aufbaus ganz Osteuropas einschließlich Rußlands durch ein internationales Ronsortium scheine noch nicht so weit geführt zu sein, daß er der Kritit der Geschäfts. welt standhalten könne. Der Berfuch, Deutschland in den Plan hineinzubringen, unter der Bedingung, daß es bie Sälfte feines Gewinnes als Reparationen bezahle, fei ein wirtungs­loser Ausgleich zwischen zwei einander entgegengesetzten An­fichten. Bielleicht steckten hinter dem Plane Swede, von denen man nichts wisse. Der Oberste Rat tönne während der furzen Dauer der Sigung in Cannes nicht die Grundlage für eine neue Aera schaffen. Er fönne nur dringende Brobleme bes Augenblids Artilleriemunition und Minen, 2022 197 Stück 3ünder- Artillerie behandeln und nükliche Vorschläge in ber Reparationsfrage machen, benen die Alliierfen zustimmen Bönnten, und wenn die Ronferens gefunden habe, das Reparationsverlangen werde kaum ohne Schaden für den britischen Handel sein, so müßte es bestimmt möglich sein, bie französischen und die britischen Ansprüche mit größerem Erfolge

als bisher miteinander zu vereinen.

Eine englische Stimme.

546 Geschüße, 546 Geschützrohre, 978 Bafetten, 2 465 143 Stüd

e

munition, 3 950 661 Kilogramm Pulver und Sprengstoff, 1577 Weinen und Granatwerfer, barunter 334 Signalwerfer, 9902 Maschinenge wehre, 415 512 Gewehre, Rarabiner und Tankgewehre, 27 242 e- volver und Bistolen, 246 482 blanke Waffen, 2419 356 Gewehr, Burf- und Handgranaten, 2849 260 Zünder für Handgranaten, 62 735 477 Stüd Handwaffenmunition, 420 842 Kartuschen aller Art, 839 963 Sprengladungen und Sprengpatronen, 18 283 Wagen aller

Art, 1357 Feldküchen.

Außerdem große Mengen an sonftigem Rriegsgerät, wie Ge London, 4. Januar.( WTB.) Im„ Daily Chroniese schüß- Ersak- und Bubehörteilen, optischen Geräten, Nachrichten erörtert der sehr gut unterrichtete Politicus( " Politicus" ift der gerät, Brückengerät und Bontons, Gasschutzgerät, Werkzeugen aller frühere Privatsekretär von Lloyd George, Sir Phi- Art, Feld- und Förderbahngerät, Geschirr- und Stallsachen, Wagen lipp Rerr, der zwar diese amtliche Stellung nicht mehr be subehörteilen, Textilien, Feldfüchengeräten, Schiffszubehörteilen, fleidet, jedoch, wie die gutinformierte Pariser Zeitschrift Europe ferner 120 Felbbadöfen, 214 Kraftwagen, 35 Kraftwagenanhänger, nouvelle" in ihrer jüngsten Nummer versichert, weiterhin 18 Motorräder, 289 Fahrräder, 12 232 Armeefättel, 2557 Rodfättei, engste Beziehungen zum englischen Ministerpräsidenten 2321 Gielengeschirre, 500 000 Blappatronen. unterhält. Red. d.„ Borwärts".) die Frage der Aufrecht­erhaltung der englisch- franzöfifchen Entente und schreibt: Die Tat­sache, daß die alte franzöfifch englische Entente heute teine feste Grundlage habe, bebeute feineswegs, daß nicht morgen eine fefte Grundlage gefunden werden könne. Die augen blicklichen Meinungsverschiedenheiten zwischen England und Frant reich beträfen zwei fundamentale Fragen,

die Reparations- und die Rüftungsfrage.

Die ruffischen und die türfi'chen Fragen feien im Vergleich dazu von untergeordneter Art. Der Standpunkt Frankreichs fei , Deutsch lanb müsse bezahlen, und wenn es dabei zugrunde gehe, der englische Standpunkt dagegen fei, eine endgültige Regelung der Reparations­

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Der französische Kommunismus"

Ein charaktervoller Führer.

Bor dem Beginn des Marseiller Barteitages der fran­3öfifchen Rommunisten hatten wir im ,, Borwärts" vom 27 . De ember die ganze französische RP. als eine einzige große Farce bezeichnet, da es in Frankreich wirkliche Rommu­nisten überhaupt nicht gebe, und erklärt, daß die Führer dieser Partei sich zumeist in materieller Abhängigkeit von Moskau befänden. Die ,, Rote Fahne", die fich sonst nicht genug über die Bogromheze" der nichtkommunistischen Ar­beiterpreffe gegen die Anhänger der Dritten Internationale entrüsten tann, hat bis heute zu diesen immerhin nicht leichten Borwürfen nicht Stellung genommen, obwohl wir sie recht eindeutig dazu aufforderten und sie aus internationaler Soli­darität eigentlich verpflichtet wäre, ihre französischen Genossen Dor solchen Angriffen in Schuß zu nehmen. Zur Entschuldi­gung der Redakteure des Zentralorgans der deutschen KP. fei allerdings zugegeben, daß sie in letzter Zeit die Hände voll zu tun hatten mit dem Bersuch, ihre eigenen Führer rein­zuwaschen.

Indessen wollen wir, trotz biefem Stillschweigen, der deut­schen Arbeiterklasse den Genuß einer besonderen Borstellung einzelner prominenter Röpfe der französischen Kommunisten­partei nicht vorenthalten und werden uns einstweilen mit der Schilderung des Werdeganges und des Charakters ihres be­fanntesten Führers, Marcel Cachin, begnügen:

Der jegige politische Leiter der Humanité" hat sein De­but in der Bolitit in feiner Heimatstadt Bordeaux als- but in der Politit in feiner Heimatstadt Bordeaux als überzeugter Royalist gemacht. Bon diefer extremen Geg­nerschaft zur Republit fam er jedoch bald ab, um sich als überzeugter Sozialist zu betätigen. Doch war ihm die Jaurès­fche Richtung viel zu zahm und er schloß sich ber rabitaleren Don Guesde geführten Gruppe an, die jedes Baktieren mit der bürgerlichen Linfen, und sei es nur um die Republik vor den schlimmsten reaktionären Gefahren zu schützen, schroff ab­lehnte und sogar den Ausschluß von Jaurès und feiner Freunde aus der Internationale auf dem Pariser internatio­nalen Rongreß im Jahre 1900 verlangte. Nach der Eini­gung zwischen den beiden Gruppen, schwankte er einige Jahre lang zwischen den verschiedenen Tendenzen, vor allem darauf bedacht, sobald wie möglich ein Deputiertenmandat zu er haschen. Dies gelang ihm aber erst im April 1914.

Bald danach bricht der Krieg aus , Jaurès ist ermordet, eine glänzende Gelegenheit, endlich die ersehnte Führerrolle u spielen. Da die Maffen friegsbegeistert find, macht man in Kriegsbegeisterung mit. Und nun fennt Cachin keine Hem mung mehr. Die sozialpatriotische Haltung der Humanité" wird oft auf das Ronto Renaudels gesezt. In Wirklichkeit ist es Renaudel, der vom Beginn des Krieges an die patriotische Begeisterung Cachins zu dämpfen bemüht ist. Im Frühjahr 1915 wird die Frage des Eintritts Italiens in den Krieg atut. Die italienischen Sozialisten widersehen sich mit allen Kräften dem Bestreben, auch das italienische Proletariat im­perialistischer Biele wegen in das Gemezel zu treiben. In einer Fraktionsfigung der französischen sozialistischen Deputier­ten wird darüber beraten, wie man sich zu dieser ablehnenden Haltung der italienischen Genoffen verhalten solle. Cachin ist Feuer und Flamme für den Eintritt Italiens in den Krieg. Er beantragt die Entsendung einer Delegation der Fraktion nach Rom, um auf die Italiener in diesem Sinne einzuwirken. Dieser Antrag wird u. a. auch von Renaudel be­fämpft, der zwar aus nationalen Gründen den Eintritt Italiens zugunsten des schwerbedrängten Frankreichs wünscht, es aber für unsozialistisch erklärt, daß von außen her ein der­es aber für unsozialistisch erklärt, daß von außen her ein der­artiger Druck auf eine ausländische Partei ausgeübt werde. Schließlich siegt der Standpunkt Renaudels, aber Cachin sekt es dennoch durch, daß ihm gestattet werde, inoffiziell nach Italien zu fahren, um bort für den Kriegseintritt Stimmung zu machen.

Etwa zwei Jahre später bricht die ruffische Revolution aus. Große Bestürzung in Frankreich ob der Möglichkeit eines russischen Separatfriedens. Den gilt es um jeden Preis zu verhindern. Französische sozialistische Agitatoren werden nach Rußland schleunigst entsandt, um die neue Regierung und das friegsmüde, und nur beshalb revolutionäre Kanonen­futter aufzumuntern. Am eifrigsten betätigt sich natürlich- Marcel Cach in. In Petersburg, in Reval und andermärts hält er flammende Reden vor ben Matrofen und Soldaten und fordert sie zum Durchhalten auf. Noch nach seiner Rück­tehr nach Frankreich über Stockholm, wo er eine Begegnung Heute fand an der Berliner Börse ein offizieller Berkehr mit deutschen Sozialdemokraten natürlich ängstlich vermeidet, nur in Devisen und Noten statt. Die ausländischen Bah- betätigt er sich unentwegt für den Krieg bis ans Ende. Aus lungsmittel zeigen weiter feste Tendenz. Der Dollar wurde dieser Zeit stammt folgende Anekdote, die in franzöſiſchen um 1 Uhr mit 190-191 gehandelt. An der Börse wurden politischen Kreisen kursiert und deren Richtigkeit uns verbürgt die Meldungen der Frankfurter Zeitung" über eine angeblich wurde: In einer Ministerratssigung unter Poincarés in Londen zustandegekommene Einigung viel erörtert, wonach Borsik äußerten sich einzelne Rabinettsmitglieder, darunter Deutschland im Jahre 1922 nur 500 Millionen Goldmark in der Munitionsminister Albert Thomas, in nicht allzu opti pier Raten zu zahlen habe. Man hält eine derartige Ab- mistischem Sinne über die Fortsetzung des Krieges. Da wandte machung für eine verhältnismäßig erträgliche Lösung. fich Poincaré vorwurfsvoll an Thomas mit den Worten:„ Ich

Der Dollar steigt weiter.